Titel Prof. Dr. Gottfried Merzyn Göttingen  

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 Präsentation transkript:

Titel Prof. Dr. Gottfried Merzyn Göttingen   Experimentieren im Physikunterricht. Empirische Befunde und offene Fragen

Gliederung Empirische Befunde 1 Basisdaten und -informationen zum Experimentieren 2 Das Experimentieren aus Schülersicht 3 Das Experimentieren aus Lehrersicht 4 Experimentieren und Lehrerausbildung

Aktionsformen Zeitlicher Anteil der Aktionsformen im Physikunterricht (Befragung von 577 Physiklehrern) (Merzyn 1994)

Schülervers. Krause „Haben Sie im Physikunterricht selbst experimentieren können?“ Anteil zustimmender Antworten von Studienanfängern Physik

Schülervers. Schulform Der Zeitanteil der Schülerversuche beträgt bei ... .

Schülervers. Bundesland Zeitanteil der Schülerversuche bei Gymnasiallehrern in ....

Bestandsaufn. Nds. Bestandsaufnahme Niedersachsen:

Tätigkeiten Schülertätigkeiten (nach Hoffmann u. Lehrke)

Interesse Tätigk. Schülerinteresse an einzelnen Tätigkeiten. Anteil der Schüler mit großem oder sehr großem Interesse an der Tätigkeit (Merzyn 2008)

Interesse u. Alter Schülerinteresse und Alter Anteil der Schüler mit großem oder sehr großem Interesse (Merzyn 2008)

Interesse Exp.-Tätigk. Rangfolge des Interesses an einzelnen Tätigkeiten beim Experimentieren (U.Müller 1980) 1.Das Aufbauen der Versuchsanordnung 2.Das Beobachten des Verlaufs der Experimente 3.Die Anwendung der gewonnenen Erkenntnisse beim Lösen von praktischen Aufgaben 4.Die Planung des Experimentes 5.Das Aufstellen einer Vermutung über das Ergebnis des Experimentes 6.Das Erklären des Ergebnisses des Experiments oder das Vergleichen des gefundenen Ergebnisses mit der 7.Die Herausarbeitung des Problems 8.Das Berechnen von gesuchten physikalischen Größen 9.Das Anfertigen von Diagrammen

Lehrer I Eine Lehrerin (Sachunterricht) erinnert sich an ihren Physikunterricht: Es war eigentlich immer so, dass also ein Versuch entweder vorgeführt wurde oder wir etwas selbst machen durften, was allerdings nur selten der Fall war, was ich schade fand, weil es war halt dann immer  ja, meistens war es ein Lehrerversuch. Und wir mussten dann darauf irgendwas begründen oder eine Theorie aufstellen. Und das fand er der Physiklehrer ganz toll.

Lehrer II Interview mit einem Physiklehrer Also, Experimenten sind sie eigentlich sehr aufgeschlossen gegenüber, sowohl Demonstrationsexperimenten als auch Freihandexperimenten und auch selber das zu machen. Was ihnen nicht so sehr daran gefällt, ist, daß sie jedes Mal, wenn sie selber ein Schülerexperiment machen, ein Protokoll dazu schreiben müssen, und ganz schwierig ist für sie die Fehlerbetrachtung.

Lehrer III

Zeitaufwand SV Physiklehrer nehmen Stellung zum Satz „Der Zeit- und Organisationsaufwand bei Schülerversuchen lohnt sich nicht“ (Merzyn 1994)

SV, Ist und Soll Anteil der Schülerversuche in verschiedenen Schulformen. Ist □ und Soll ■ (Merzyn 1994).  

Arbeitsmethoden Physiklehrer nehmen Stellung zum Satz „Es ist wichtiger, die Arbeitsmethoden der Physik zu vermitteln, als ein umfangreiches Faktenwissen“ (Merzyn 1994).

Experiment. Ausbildung Physikfachleiter beurteilen die experimentelle Ausbildung im Studium (Zensuren) (Merzyn 2004)

Zeitanteil im Seminar Zeitaufwand für Experimentieren in den Fachseminarsitzungen (Fachleiterbefragung) (Merzyn 2000)

Gliederung (Forts.) Offene Fragen, Probleme, Kritik 5 Kritik am Experimentiergeschehen 6 Zwei gegensätzliche Auffassungen vom Experimentieren 7 Defizite der fachdidaktischen Diskussion 8 Offene Fragen beim Experimentieren – sieben Thesen.

Kritik bei Manthei Kritik bei Manthei: Die aktive Eingliederung der Schüler in das Experimentiergeschehen gelingt selten. Zu oft werden die Versuche vom Lehrer faktenartig an die Schüler herangetragen. In etwa 12% der Fälle waren Schüler an der geistigen Entwicklung des Versuchsgeschehens beteiligt. Die Aktivität der Schüler bei der Versuchsdurchführung und -auswertung reduziert sich in günstigeren Fällen auf das Niederschreiben einiger Notizen. ... In der Mehrzahl der Fälle ist die Schüleraktivität bei Demonstrationsversuchen noch geringer: Sie erschöpft sich im bloßen Zusehen und einfachen Zuhören.

Kritik bei TIMSS Kritik bei TIMSS:

Kritik von Prenzel Kritik von Prenzel und Euler: ·        Experimente sind keine didaktischen Selbstläufer. Nur wenige Lehrkräfte sind in der Lage, Experimente effektiv einzusetzen (vor- und nachbereiten, aus dem Unterricht heraus entwickeln). ·        Experimente werden häufig unzureichend durchgeführt: unabhängig von Vorwissen, Fähigkeiten und Interessen der Schülerinnen und Schüler. ·        Bei gelenkten Schülerexperimenten folgen viele Schülerinnen und Schüler nur den Anleitungen, ohne selbst zu denken.

Kritik bei Sinus Kritik bei Sinus (LISA Halle): Demonstrationsexperimente werden deshalb von vielen Lehrern bevorzugt, weil sie „glatte“ Versuchsergebnisse und störungsfreie Versuchsabläufe sichern. Erst recht bei komplizierteren Versuchsaufbauten und bei elektronischer Meßwerterfassung werden die Schüler vorrangig „Konsumenten“ störungsfrei dargestellter Erscheinungen und Zusammenhänge. Experimentelle Kompetenzen werden im Unterricht kaum systematisch überprüft und reflektiert.

Erkenntnisgewinn. Kompetenzbereich „Erkenntnisgewinnung“, Anforderungsstufen Stufe I - Beschreiben eines Experiments - Aufbau von Experimenten nach vorgelegtem Plan - Durchführung einer Messung nach einfachen Verfahren Stufe II - selbständiger Aufbau und Durchführung von Experimenten - Planung einfacher experimenteller Anordnungen zur Untersuchung vorgegebener Fragestellungen - Gewinnung von einfachen mathematischen Abhängigkeiten aus Meßdaten Stufe III Entwicklung eigener Fragestellungen oder sinnvolles Präzisieren einer offenen Aufgabenstellung - Planen, Durchführen und Auswerten eigener Experimente für vorgegebene Fragestellungen - Entwickeln alternativer Lösungswege

Erwartungen Fortb. Was erwarten Lehrer von einer Lehrerfortbildung? Kennenlernen neuer Experimente 39 % Anregungen für den Unterricht 17 % Ausgabe von Materialien für den direkten Einsatz im Unterricht 15 % Methodische Anregungen 12 % Informationen 10 % Beispiele für Alltagsbezug und –orientierung 7 %

Thesen 1-3 Sieben Thesen These 1. Die Überlegungen von Fachdidaktik, Studienseminar und Schule zum Experimentieren sollten als Grundlage vor allem haben, was mit dem Experimentieren erreicht werden soll. These 2. Sie sollten dabei die Anforderungen an die Schüler, die Form der Schüleraktivitäten und die Lernprozesse möglichst genau untersuchen und beschreiben. These 3. Der Unterricht sollte beim Experimentieren hinreichend Raum auch für anspruchsvollere geistige Schülertätigkeiten geben, ohne aber das Gros der Schüler zu überfordern.

Thesen 4-7 These 4. Untersuchenswert sind die Einflüsse, denen die Lehrer bei ihren methodischen Entscheidungen unterliegen (z. B. Stofffülle der Lehrpläne, Disziplinprobleme, eigene Ausbildung). These 5. Untersuchungen zur Wirksamkeit des Experimentierens sollten die Art, wie experimentiert wurde, und die Ziele, auf die hin experimentiert wurde, mit berücksichtigen. These 6. Das Urteil über Methoden und Ertrag des Experimentierens sollte im Blick behalten, was unter realistischen schulischen Bedingungen möglich ist. These 7. Fachdidaktiker sollten durch detaillierte Untersuchungen und Schulpraktiker durch intensiven Erfahrungsaustausch gemeinsam wegführen von der oberflächlichen Art, in der momentan weithin über das Experiment geredet wird.