Peter Becker 1 Aktuelle Entwicklungen in der EU Veranstaltungsreihe der Stiftung Wissenschaft und Politik, der Europäischen Akademie Berlin sowie dem Informationsbüro des Europäischen Parlaments in Berlin Wirtschaft, Währung und Haushalt der EU 17. September 2010 Panel 2: Die EU und das Geld – Der Haushalt der Union
Peter Becker 2 Gliederung EU-Finanzverfassung Entwicklung, Elemente Einnahmeseite Eigenmittelquellen Ausgabenseite Volumen, Ausgabenprioritäten Reformbedarf und Ausblick neue Herausforderungen, Nettosaldo-Logik
Peter Becker 3 Krisenanfälligkeit der EG-Haushaltspolitik Streit über Aufteilung der Haushaltskompetenzen zwischen Rat und EP wachsende Störanfälligkeit des jährlichen Haushaltsverfahrens - verspätete Annahme des Haushaltsplans (1980, 1985, 1986, 1988) -wachsendes Selbstbewusstsein des EP v. a. seit 1979 zunehmende Engpässe bei EU-Finanzierung Auseinandersetzungen über britischen Beitragsrabatt (Thatcher: „I want my money back“) 1. EU-Finanzverfassung
Peter Becker 4 1. EU-Finanzverfassung Verabschiedung Verhandlungs- dauer Laufzeit des Finanzrahmens Gesamtsumme Verpflichungs- ermächtigungen Gesamtsumme Zahlungs- ermächtigungen Eigenmittel- obergrenze Projekte Delors I-PaketFebruar Monate (Februar 1987 – Februar 1988) (5 Jahre) Mio. ECU Mio. ECU Obergrenze ansteigend von 1,15% des EU-BSP auf 1,20% Einheitliche Europäische Akte; EG- Binnenmarkt Delors II-Paket (EU-12 plus drei Kandidaten) ER Edinburgh 11./12.Dez Monate (Februar Dezember 1992) (7 Jahre) Mio. € Mio. € Erhöhung der Obergrenze von 1,20% des EU-BSP auf 1,27% Wirtschafts- und Währungsunion Agenda 2000 (EU-15 plus 10 Kandidaten) ER Berlin 24./ (Anpassung Februar 2003) 20 Monate (Juli 1997 – März 1999) (7 Jahre) Mio. € Mio. € Beibehaltung der 1,27% EU-BSP Obergrenze; lediglich Umstellung auf 1,24% des EU-BNE EU- Osterweiterung Agenda 2007 (EU-25 plus Rumänien und Bulgarien) ER Brüssel 16./17. Dez Monate (Dez – Dez. 2005) (7 Jahre) 864,364 Mio. €821,380 Mio. € Beibehaltung der 1,27% EU-BSP Obergrenze EU-Lissabon- Strategie (eingeschränkt)
Peter Becker 5 Ergebnis: Agenda 2007 (in konstanten Preisen 2004) Verpflichtungsmittel Gesamt 1 Nachhaltiges Wachstum a. Wettbewerbsfähigkeit (Lissabon-Strategie) b. Kohäsion (Strukturfonds) Erhaltung und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen Marktbezogene Ausgaben u. Direktzahlungen Förderung d. ländlichen Raums u. Umweltpolitik Unionsbürgerschaft, Freiheit, Sicherheit u. Recht a Freiheit, Sicherheit und Recht b Unionsbürgerschaft Die EU als globaler Partner Verwaltung Ausgleichszahlungen (Bulg, Rum) Verpflichtungsermächtigungen in % des BNE1,11,081,071,041,031,021,011,048 Zahlungsermächtigungen insgesamt in % des BNE1,06% 0,97%1,00%0,96%0,97%0,94%1,00% Spielraum Eigenmittel-Obergrenze in % des BNE = 1,24% 0,18% 0,27%0,24%0,28%0,27%0,30%0,24% 1. EU-Finanzverfassung
Peter Becker 6 Vertrag von Lissabon Haushaltsacquis: Haushaltsdisziplin und Ausgabenbegrenzung Verschuldungsverbot, keine EU-Steuer Begrenzte Flexibilität der Haushaltsführung Geteilte Verwaltung – Haupanteil der EU-Gelder wird von Behörden der Mitgliedstaaten verwaltet Eingeschränkte parlamentarische Mitwirkung und Kontrolle Neuerungen mit dem Vertrag von Lissabon: Aufnahme des mehrjährigen Finanzrahmens (Art. 312 AEUV) Verabschiedung des Finanzrahmens nach einem besonderen Gesetzgebungsverfahren: Einstimmigkeit im Rat; Zustimmung des EP mit einfacher Mehrheit Abschaffung der Unterscheidung zwischen obligatorischen und nicht- obligatorischen Ausgaben gleichberechtigte Mitentscheidung des EP bei allen Ausgaben (auch GAP) Einführung eines neuen und vereinfachten Verfahrens zur Verabschiedung der jährlichen Haushalte der EU 1. EU-Finanzverfassung
Peter Becker 7 1. EU-Finanzverfassung Rechtliche Umsetzung Einnahmenseite: Eigenmittelbeschluss Festlegung der Eigenmittelobergrenze (1,24% des EU- BNE) einstimmig im Rat; Ratifizierung in allen nationalen Parlamenten Ausgabenseite: Mehrjähriger Finanzrahmen Festschreibung des Gesamtvolumens, der Rubriken und der Jahresvolumina einstimmig im Rat; abs. Mehrheit im EP (bisher IIV und Trilog zwischen Rat, EP und Kommission;) rd. 30 Verordnungen für EU-Ausgaben Mitentscheidungsverfahren (bisher obligatorische und nicht-obligatorische Ausgaben;)
Peter Becker 8 EU-Eigenmittelsystem Traditionelle Eigenmittel Agrarabschöpfungen Zuckerabgabe Zolleinnahmen Mehrwertsteuereigenmittel seit 1977 harmonisierte Bemessungsgrundlage BNE-Eigenmittel seit 1988 Abrufsatz gemäß BNE der Mitgliedstaaten Auffüll-Finanzierungsquelle 2. Einnahmeseite 4. Sonderregelungen und Rabatte
Peter Becker 9 Eigenmittelstruktur ( ) in % des Gesamtvolumens 2. Einnahmeseite
Peter Becker 10 Wofür braucht die EU Geld? 1.Verwaltung geringer Anteil 2.Gemeinsame Agrarpolitik Direktzahlungen an Landwirte Förderung des ländlichen Raums 3.Kohäsionspolitik Fördermittel für Struktur- und Kohäsionsfonds, Regionalförderung 4.Lissabon-Strategie für Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung z.B. Forschung und Entwicklung 5.Innen- und Justizpolitik z.B. Gemeinsamer Außengrenzschutz (Frontex), Einwanderungspolitik 6.Außenbeziehungen FAZIT: EU-Haushalt bedeutend geringer als nationale Haushalte und sehr einseitige Ausgabenstruktur 3. Ausgabenseite
Peter Becker 11 Verteilungsrelationen Ausgabenseite
Peter Becker Ausgabenseite
Peter Becker 13 KonvergenzReg. Wettbewerbsfähigkeit u. Europ. Territoriale Zusammenarbeit Gesamt Pro-Kopf (Bevölk. 2004) KohäsionsfondsKonvergenz Phasing Out WettbewerbsfähigkeitPhasing in Belgien ,8 Bulgarien ,1 Dänemark ,9 Deutschland ,2 Estland ,2 Finnland ,7 Frankreich ,4 Griechenland ,5 Großbritannien ,2 Irland ,8 Italien ,9 Lettland ,3 Litauen ,4 Luxemburg ,0 Malta ,8 Niederlande ,2 Österreich ,1 Polen ,6 Portugal ,0 Rumänien ,0 Schweden ,0 Slowakei ,1 Slowenien ,3 Spanien ,7 Tschechien ,6 Ungarn ,4 Zypern ,0 Sonstiges 392 Gesamt Ø 629,0 3. Ausgabenseite
Peter Becker 14 Ausgabenentwicklung 3. Ausgabenseite
Peter Becker 15 Die Nettozahler-Logik EU Mitgliedstaat EU-Ausgaben - Rückflüsse Eigenmittel 4. Reformbedarf und Ausblick
Peter Becker Reformbedarf und Ausblick
Peter Becker 17 Operative Haushaltssalden 2000–2007 (nach Abzug des britischen Rabatt) Mio. Euro% BNEMio. Euro% BNEMio. Euro% BNEMio. Euro% BNEMio. Euro% BNEMio. Euro% BNEMio. Euro% BNEMio. Euro% BNE Belgien -323,2-0,13%-745,2-0,28%-517,7-0,19%-779,7-0,28%-536,1-0,18%-607,5-0,20%-709,9-0,22%-868,9-0,26% Bulgarien 3351,17% Dänemark 239,60,14%-223,1-0,13%-169,1-0,09%-220-0,12%-224,6-0,11%-265,3-0,13%-505,2-0,23%-604,9-0,26% Deutschland ,40-0,40%-6.971,50-0,33%-4.954,00-0,23%-7.605,40-0,35%-7.140,40-0,32%-6.064,30-0,27%-6.325,20-0,27%-7.420,20-0,30% Estland 1451,59%154,31,43%176,41,40%226,21,54% Finnland 275,90,21%-153-0,11%-4,90,00%-26,7-0,02%-69,6-5,50%-84,8-0,05% ,50%-172-0,10% Frankreich -676,6-0,05%-2.043,40-0,13%-2.218,40-0,14%-1.976,10-0,12%-3.050,70-0,18%-2.883,50-0,17%-3.012,50-0,17%-3.001,50-0,16% Griechenland 4.380,603, ,603,07%3.375,702,15%3.358,301,98%4.163,302,27%3.900,502,00%5.102,302,43%5.436,402,43% Großbritannien ,70-0,19%955,40,06%-2.528,40-0,15%-2.364,90-0,14%-2.864,90-0,16%-1.529,00-0,08%-2.140,20-0,11%-4.168,20-0,21% Irland 1.719,501,91%1.198,301,21%1.574,101,46%1.559,001,31%1.593,801,26%1.136,600,83%1.080,500,72%671,800,42% Italien 1.231,200,10%-2.030,90-0,16%-2.917,10-0,23%-849,80-0,06%-2.946,90-0,21%-2.199,00-0,15%-1.731,80-0,12%-2.016,80-0,13% Lettland 197,701,81%263,902,05%255,501,64%488,702,55% Litauen 369,302,08%476,402,34%585,302,52%793,102,95% Luxemburg -54,6-0,28%-140-0,70%-48,10-0,24%-57,20-0,29%-93,60-0,39%-86,80-0,35%-60,20-0,22%-114,90-0,40% Malta 45,001,01%90,001,98%101,002,09%28,100,54% Niederlande ,90-0,36%-2.259,90-0,50%-2.171,30-0,46%-1.942,20-0,40%-2.034,90-0,40%-2.636,60-0,51%-2.587,60-0,48%-2.865,50-0,50% Österreich -435,5-0,21%-542,4-0,26%-212,6-0,10%-330,9-0,15%-365,1-0,16%-277,9-0,11%-301,5-0,12%-563,7-0,21% Polen 1.438,300,73%1.853,200,78%2.997,601,15%5.135,701,75% Portugal 2.128,201,78%1.773,801,41%2.682,702,02%3.476,302,54%3.124,002,20%2.378,001,63%2.291,701,52%2.474,101,58% Rumänien 595,600,51% Schweden ,70-0,40%-982,9-0,39%-750,4-0,28%-945,6-0,34%-1.059,80-0,37%-866,90%-0,29%-856,60%-0,27%-995,50%-0,29% Spanien 5.263,600,84%7.661,201,14%8.859,401,23%8.704,901,12%8.502,301,02%6.017,800,67%3.811,700,40%3.649,500,36% Slowenien 109,700,42%101,500,36%142,800,47%88,500,27% Slowakei 169,200,52%270,900,72%323,200,74%617,701,17% Tschechien 272,200,33%178,000,19%386,200,36%656,400,55% Ungarn 193,4025,50%590,100,71%1.115,001,34%1.605,701,72% Zypern 63,500,52%90,300,69%102,400,72%-10,50-0,07% 4. Reformbedarf und Ausblick
Peter Becker 18 Konfliktlinien Nettozahler vs. Nettoempfänger große Nettozahlervs.kleine Nettozahler Großbritannienvs. Andere Kohäsionsländer der EU-15 vs. EU-10 Agrarpolitikvs.Strukturpolitik Agrarpolitikvs.Lissabon-Strategie Systembewahrervs.Systemveränderer 4. Reformbedarf und Ausblick Europäisches Parlament vs. Mitgliedstaaten (EU-Kommission) (Nettozahler)
Peter Becker 19 Arbeitsauftrag an die Kommission "Entsprechend den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates wird die Kommission aufgefordert, eine vollständige, weit reichende Überprüfung sämtlicher Aspekte der EU- Ausgaben, einschließlich der Gemeinsamen Agrarpolitik, und der Eigenmittel, einschließlich der Ausgleichszahlungen an das Vereinigte Königreich, vorzunehmen und darüber 2008/2009 Bericht zu erstatten." (Interinstitutionelle Vereinbarung von Europäischem Parlament, Rat und Kommission, ) 1. Ausgabenseite: Agrarpolitik 2. Einnahmeseite: GB-Rabatt [EU-Steuer] 4. Reformbedarf und Ausblick
Peter Becker 20 Argumentation der EU-Kommission Aus der globalen Dynamik erwachsen neue Herausforderungen: Globale Diversität und Veränderung: Europa muss sich besser dem Strukturwandel anpassen; Beschleunigter wissenschaftlicher und technologischer Fortschritt: Wissen, Mobilität und Innovation gewinnen weiter an Bedeutung; Energieversorgung: Die weltweite Energienachfrage steigt, die Einfuhrabhängigkeit Europas auch; Umwelt- und Klimaschutz: Europa ist Vorreiter, aber die Abschwächung des Klimawandels und die Bewältigung der unvermeidbaren Folgen sind große Zukunftsaufgaben; Migration: Demographie, Einkommensunterschiede und Instabilität in Nachbarregionen werden den Migrationsdruck auf Europa erhöhen; Solidarität: Das Europäische Lebensmodell und sein wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt wird stärker gefordert. 4. Reformbedarf und Ausblick
Peter Becker 21 Zeitplan 12. September 2007 Konsultationspapier «Den Haushalt reformieren, Europa verändern» und damit Eröffnung der öffentlichen Konsultationsphase 15. Juni 2008 Abgabeschluss für Beiträge September 2010 Kommission präsentiert ihren Bericht zur Überprüfung des Haushalts Oktober Kohäsionsbericht der Europäischen Kommission bis 1. Juli 2011 Vorschlag der Kommission für einen neuen Finanzrahmen Legislativvorschläge für Ausgabenprogramme 2011/2012 Verhandlungen über den mehrjährigen Finanzrahmen 1. Januar 2014 Beginn der Laufzeit des nächsten Finanzrahmens (bis ) 4. Reformbedarf und Ausblick