Kinder und Medien – Einführung in die Mediensozialisation PD Dr. Daniel Süss FS 2008 Termin 24.4.08: Die Handy-Generation.

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Stark und gesund in der Grundschule
Advertisements

M O B B I N G in der Schule Informationen zum Mobbing
Sebastian, 16 J. - Vorgeschichte
Schöne schlanke Welt???.
Übersicht über die Thementage des NKG
VI. Kongress für Gesundheitspsychologie
Das Erziehungsziel "Medienkompetenz"
"Der Mensch ist das einzige Geschöpf, das erzogen werden muss" – Über (schulische) Erziehung Referenten: Björn Anton: Andy Caspar Michael.
Nutzung von Medien in der Freizeit
Gewalt? Nicht auf meinem Handy!
Entstehung von Süchten und Drogenmissbrauch durch Modell-Lernen
„Schule als Lebensraum – ohne Mobbing!“
Sinnvoller und verantwortungsbewusster Umgang mit Medien
Täter und Opfer Elternakademie
Wandel der Mediennutzung Schueler.vz, twitter & Co.
Datendownload/ Gewaltvideos Snuff-Videos/Happy Slapping
Evaluation eines Selbstbehauptungstrainings für Hortmädchen (WENDO-Evaluation) Barbara Klöver, Florian Straus München, 3. Juni 2003.
Stefan Bugl IM07SMDS ~ SS Suchmaschinen Nutzung am häufigsten 2/3 nutzen Suchmaschine 50 % sehen Kinder-Seiten, Videos und Filme Fast 50 % Communities.
hinsehen.at Stabsstelle für Missbrauchs- und Gewaltprävention,
Akademie der bildenden Künste Wien
Loverboys: Das neue Gesicht der Zuhälterei
Mein Schuljahr an der FSH-Perjen
Fragen des Alters und des Alterns
Diagnostik Gutachtenerstellung Beratung von. Schülern, Eltern, Lehrern Begleitung: längerfristige Beratung, Behandlung Vernetzung: Kontakt zu anderen Organisationen.
Computerspielsucht.
Katrin Wonisch IM07SMDS ~ SS Seit 1953 gibt es Studien die, die Erwartungen und Sichtweisen dokumentieren Zum 16. Mal herausgegeben Gibt gesellschaftspolitische.
Warum ist facebook für Jugendliche so wichtig?
Medien-sozialisation KIM-Studie
Schutzauftrag Kindeswohlgefährdung
Gehörlose & Hörende Teil 1
Sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen
Sexualpädagogik HZA Herzlich willkommen zum Elternabend „Sexualpädagogik“ an der HZA Freienbach!
Medienkompetenz, na klar… … und wenn Sie nicht neben dem Rechner stehen?
Hinweise auf sexuelle Gewalt
Vorlesung Kinder und Medien – Einführung in die Mediensozialisation
Kinder und Medien – Einführung in die Mediensozialisation
Kinder und Medien – Einführung in die Mediensozialisation
Medienpräferenzen und Medienfunktionen
Brutale Videoclips Inhaltsverzeichnis Übersicht Wie verhält man sich?
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest
Ehrenerklärung Schutzauftrag Kindeswohlgefährdung
Elternwerkstatt 2. Abend
Ethik und Mitverantwortung SATUS Sportcoach-Tagung, 5. Januar 2008.
Mobbing Täter Opfer Was kann ich machen? Was habe ich selbst gemacht?
Arbeitskreis im Landkreis Schwandorf
Tagung Nahverkehr der Zukunft / Die heutige Jugend! – unsere KundInnen von morgen, 5./6. März 2012 in Linz Seite 1 Thema 2 Verhalten in Verkehrsmitteln,
Stark und gesund in der Grundschule
Beclin, Prodinger, Schuh
Medienkompetenz für Schüler/innen
Entwicklung des Gottesbildes Überlegungen aus religions- psychologischer und religionspädagogischer Sicht.
Social Network Sind Netzgemeinschaften und Webdienste.
Beobachtungen aus der Beratung Schlechte Schulleistungen wegen Exzessiver Computernutzung  Computer frisst Zeit  Computer frisst Hobbys  Computer.
Schule ohne Homophobie – Schule der Vielfalt Ein wichtiges Projekt an unserer Schule eine gefördert vom: Initiative von:
Das Kind und seine Kompetenzen im Mittelpunkt - Rückblick der Entwicklungs- und Bildungsangebote – Claudia schneidet gemeinsam mit einigen.
Mediennutzung von Jugendlichen (JIM-Studie 2008)
Die Rolle der Eltern im Berufswahlprozess ihrer Kinder
Nadja Geyer, Dipl.Päd. Doris Hahn, Dipl.Päd.
Modul für Mitarbeitende in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen (Ehren-und Hauptamtlich) Ev. Bildungswerk, CHH 2012 Grundlagenwissen Sexualisierte Gewalt.
„Und plötzlich sind sie Teenager…“ Modul 2: Gespräche mit Teenagern
Prävention sexueller Gewalt in der Kinder- und Jugendarbeit Grundinformationen.
Definition/Merkmale psychischer Störungen
Smartphone- Nutzung bei Jugendlichen in den weiterführenden Schulen in Witten Diakonie Mark Ruhr g. GmbH Sucht- und Drogenhilfe Witten.
EINFÜHRUNG © Lenhardt, 2011 SUCHE IM NETZ PROBLEME ERFOLGE FRAGEN ERGEBNIS RESÜMEE.
Untersuchung zum Zusammenhang zwischen Suchtmittelkonsum und diversen Einstellungen von 11 – 14 Jährigen und deren Eltern H. Zingerle, K. Sonnerer, G.Wagner.
1 Digitale Navigationsmedien auf Segelyachten – Nutzung und Nutzerfahrung Auswertung des Fragebogens Projekt ANeMoS Analyzing Use and Impact of New Media.
Zentrum für Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche Statistik 2015.
Klasse Klassenzufriedenheit Strukturmerkmale (Schultyp, Anteil Knaben, Anteil plagender Kinder) Eltern Einstellungen (Erwartungen,Attribution) Verhalten.
WhatsApp, Instagram und Co. – so süchtig macht Social Media
 Präsentation transkript:

Kinder und Medien – Einführung in die Mediensozialisation PD Dr. Daniel Süss FS 2008 Termin : Die Handy-Generation

Funktionen des Handys Überwinden von Raum und Zeit Mobilität und Flexibilität gegenüber Eltern und Peers Status und Zugehörigkeit Markenbewusstsein Gestaltung als persönliches Objekt, interaktives Tagebuch Enthemmung Emotionsmanagement Beziehungspflege  Soziale Kontrolle nimmt zu  Erreichbarkeitsdilemma (Erklärungsbedarf nimmt zu)  Jugendsprache und Sprachspiele

Entwicklungsaufgaben Umgang mit dem Warenmarkt (Konsumsozialisation) Umbau der sozialen Beziehungen (Peergroup und Ablösung) Aufbau intimer Beziehungen, Umgang mit Sexualität, Regulierung von Nähe und Distanz

Schweizer Studie zur Nutzung des Handys (Süss 2004) 400 Jugendliche von 12 bis 16 Jahren schriftlich befragt. 44 qualitative Interviews mit Jugendlichen. Datenerhebung 2002.

Motive für den Besitz eines Mobiltelefons Grund für Wunsch Anzahl Nennungen Dabei sein / Kollegien, Kolleginnen haben auch eines17 Fand es cool5 Erreichbar sein7 Ohne Wunsch erhalten5 Anderes10 Keine Angabe10 Total Nennungen44 Tabelle 112: Grund für den Wunsch nach einem Handy (Süss 2004)

Situationen, in denen das Handy gebraucht wird Situationen Handynach Geschlechtnach Alter KnabenMädchen12-13 J.15-16J. Aushandeln Ausgang6727 Hotline zu Eltern 6965 Eltern suchen Kind4333 Kind sucht Eltern2624 Kontakt Kolleg/innen Erreichbar sein1303 Langeweile/Einsamkeit lindern4333 Anderes3112 Keine Angabe1331 Total Nennungen Tabelle 113: Situationen, in denen das Handy gebraucht wird. (Süss 2004)

Probleme mit Handys (vgl. Bildungsdirektion Kanton Zürich, März 2006) Störung des Unterrichts durch das Handy Störung in der Familie (Essen und Gespräche) Ablenkung durch das Handy Fehlende Ruhephasen Handy als Schuldenfalle Suchtgefahr: Unsicherheit ohne Handy Handy als Werkzeug für Belästigung und Gewaltausübung Handy als Medium für jugendgefährdende und illegale Bilder und Videos (  Studie von Luder 2008)

Verbreitung, Rezeption und Besitz von problematischen Inhalten auf Mobiltelefonen (Luder 2008) Aktuelle Liz.-Arbeit am IPMZ bei D. Süss Eine Befragung von 435 Jugendlichen zwischen 12 – 16 Jahren in den Kantonen SG (14 Klassen) und SZ (11 Klassen) Zeitpunkt: September % Schweizer, 18% Ausländer 52% Jungen, 48% Mädchen

Zentrale Kennwerte zur Produktion problematischer Inhalte 11% der Jugendlichen kennen Personen, welche problematische visuelle Inhalte mit dem Handy produziert haben. 6% der Jugendlichen sagen, dass sie selbst schon einmal solche Inhalte produziert haben. Beteiligung als Täter vor der Kamera: 1,7% (7 Personen) Beteiligung als Opfer vor der Kamera: 3,1% (13 Personen) Zeuge einer Produktion gewesen: 9,3% (39 Personen)

Was tut man mit problematischen Inhalten? Anschauen, dann löschen: 54,5% Anschauen, weiterschicken, behalten: 16,4% Nicht anschauen, löschen: 13,6% Anschauen und behalten: 10% Anschauen, weiterschicken, löschen: 5,5%  In 73,6% der Fälle wird die Datei also gelöscht.

Abb. 1: Aggressive Prädispositionen: N = 420

Abb. 2: Sensation Seeking bei den Jugendlichen N= 422

Abb. 3: Besitz und Nutzen von Mobiltelefonen N= 433

Abb. 4: Von wem haben die Jugendlichen über problematische Inhalte auf Handys etwas erfahren? N = 433

Abb. 5: Persönliche Einstellung zu problematischen Inhalten N = 416

Abb. 6: Kennen von Besitzern problematischer Inhalte N = 415

Abb. 7: Nähe zu den Personen N = 169

Abb. 8: Ursprung der problematischen Inhalte N = 200

Abb. 9: Inhalt der problematischen Filme und Fotos auf Handys anderer Personen N = 183

Abb. 10: Rezeption problematischer Inhalte auf Handys anderer Personen N = 419

Abb. 11: Häufigkeit der Rezeption bei anderen Personen N= 419

Abb. 12: Sensation Seeking, Geschlecht und Rezeption problematischer Inhalte N = 419

Abb. 13: Aggressive Prädispositionen, Geschlecht und Rezeption N = 419

Abb. 14: Problematische Inhalte auf dem eigenen Handy N = 388

Abb. 15: Besitz problematischer Inhalte auf dem eigenen Handy – nach Schultypen resp. Klassenniveau N = 388

Abb. 16: Herkunft der problemat. Inhalte auf dem eigenen Handy N = 71

Abb. 17: Typ der problematischen Inhalte auf dem eigenen Handy N = 71

Abb. 18: Häufigkeit der Rezeption auf dem eigenen Handy N = 382

Abb. 19: Häufigkeit der Rezeption nach Alter der Jugendlichen N = 382

Abb. 20: Schultypus resp. Klassenniveau und Häufigkeit der Rezeption N=379

Befunde zur Kenntnis und Einschätzung der Phänomene Die meisten Jugendlichen kennen das Phänomen. Die Medien (Fernsehen, Zeitungen und Zeitschriften) bilden die Hauptquelle dieses Wissens. Gut zwei Fünftel der Befragten kennen jemanden, der problematische Inhalte auf dem Handy hatte. Meist werden Personen aus dem Schulhaus genannt, nicht aber eigene Klassenkameraden, Freunde oder Geschwister. Sexuelle Darstellungen werden viel häufiger genannt als Gewalt. Ca. 15% der Jungen und 5% der Mädchen finden diese Inhalte witzig oder gut. Die Mehrheit lehnt sie ab. Mädchen, jüngere Jugendliche und Angehörige der höheren Klassenniveaus nennen mehr Ablehnung.

Befunde zur Rezeption der Inhalte Geschlecht, formale Bildung, Sensation Seeking und aggressive Prädispositionen beeinflussen das Interesse an der Rezeption und am Besitz von problematischen Inhalten auf dem Handy. Zum Alter (zwischen 12 bis 16 Jahren) besteht kein schlüssiger Zusammenhang mit der Rezeption. Der typische Rezipient von problematischen Inhalten ist ein Junge, gehört dem niedrigeren formalen Bildungsniveau an, ist ein High Sensation Seeker und verfügt über aggressive Prädispositionen. Diese Merkmale entsprechen auch sonst dem typischen Rezipienten violenter Medieninhalte. Funktion von Gewalt- und Pornobildern als „Trophäen“ in delinquenten Peergroups

Kritische Fragen aus der Studie Luder (2008) Agenda-Setting durch die Medien: Medienberichterstattung als Hauptinformationsquelle der Jugendlichen? Orientierung an spektakulären Einzelfällen: Bild in der Öffentlichkeit über das Ausmass des Phänomens? Kriminalitätsberichterstattung und Einschätzung einer „scary world“ Stereotyp der gewaltbereiten und zynischen Jugend. Soziale Erwünschtheit und Zugang zu authentischen Aussagen über problematische Verhaltensweisen?

Prävention von Handy-Problemen (Bildungsdirektion Kanton Zürich, 2006) Medienpädagogische Auseinandersetzung –Positive und negative Erfahrungen mit dem Handy reflektieren –Was würde man ohne Handy vermissen? –Wie wirken problematische Inhalte? –Regeln vereinbaren, Elternabende Intervention –Auf Anzeichen für Probleme achten. Nicht wegschauen. –Einmischen, Position beziehen –Je nach Problemlage angemessen reagieren Repression –Handyverbot (Orte, Zeiten) –Vorübergehender Entzug –Beweismaterial sicherstellen (Durchsuchen = Aufgabe der Polizei)