4.1 Bilanzierungs- und Bewertungs- grundsätze www.uni-graz.at/iuc/EU www.wiwi.uni-frankfurt.de/Professoren/Ewert/EU  Wagenhofer/Ewert 2007. Alle Rechte.

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4.1 Bilanzierungs- und Bewertungs- grundsätze  Wagenhofer/Ewert Alle Rechte vorbehalten.

4.2 Ziele Analyse und Diskussion von drei charakteristischen und aktuell diskutierten Bilanzierungs- und Bewertungskonzepten n Entscheidungsnützlichkeit (decision usefulness) und Anreiznützlichkeit (stewardship) n Vorsichtsprinzip: Ausprägungen, Gründe und Wirkungen n Fair Values als spezifische Zeitwerte: Entscheidungsnützlichkeit und anreizorientierter Performancemessung

4.3 Entscheidungsnützlichkeit und Anreiznützlichkeit n Internationale Standardsetzer fokussieren auf Entscheidungsnützlichkeit (decision usefulness) n Rechnungslegung ursprünglich zur Rechenschaftslegung (stewardship) IASB und FASB gehen davon aus, dass diese Funktion in der Entscheidungsnützlichkeit ausreichend abgebildet wird n Schließt Entscheidungsnützlichkeit auch andere Zwecke mit ein, wie die Bereitstellung von Information zur Steuerung von Managern? Entscheidungsnützlichkeit führt typischerweise zu anderer Präferenzreihung von Informationssystemen als Verhaltenssteuerung

4.4 Entscheidungsnützlichkeit und Anreiznützlichkeit n Aktuell viele Bestrebungen zur Harmonisierung von internem und externem Rechnungswesen Kostengünstiger Man verspricht sich von einer entscheidungsnützlichen Bilanzierung zugleich Vorteile für die interne Steuerung n Besonders pointiert bei wertorientierter Steuerung Interne Performancegrößen werden an „Value Relevance“ gemessen Kriterium: Korrelation mit Marktpreis bzw Marktrendite n Probleme Zweckmäßige interne Performancegrößen ergeben sich grundsätzlich aus Prinzipal-Agenten-Betrachtungen Führt dies zwingend zur gleichen Beurteilung wie nach der Entscheidungsnützlichkeit?

4.5 Grundlagen Agency-Modell (1) n Grundlegendes Agency-Modell besteht aus Prinzipal, dem eine Produktionstechnologie zur Verfügung steht und Agenten, der für Prinzipal arbeitet n Das dem Prinzipal zufließende Ergebnis hängt ab von der Arbeitsleistung des Agenten und einer stochastischen Größe θ n Arbeitsleistung verursacht dem Agenten privaten, unbeobachtbaren Disnutzen n Prinzipal kann weder die Arbeitsleistung noch die stochastische Größe θ beobachten

4.6 Grundlagen Agency-Modell (2) n Agent muss daher durch den Vertrag motiviert werden, die gewünschte Arbeitsleistung zu erbringen n Prinzipal schlägt dem Agenten einen Vertrag vor, der ein Entlohnungsschema S(  ) als Funktion des beobachtbaren Ergebnisses x bestimmt n Agent akzeptiert den Vertrag, wenn dieser zumindest den exogen vorgegebenen Reservationsnutzen U bietet n Prinzipal ist risikoneutral, Agent risikoscheu

4.7 Grundlagen Agency-Modell (3) n Allgemeines Agency-Modell Zielfunktion Teilnahmebedingung Anreizkompatibilitätsbedingung n Aufgrund der Anreizkompatibilitätsbedingung wird die first-best-Lösung idR ausgeschlossen

4.8 LEN-Modell (1) n Spezifische Variante eines Agency-Modells Ergebnis x ist linear in der Arbeitsleistung und der stochastischen Größe, x = a + θ Entlohnungsfunktion ist linear in x, S(x) = S 0 + s  x Risikoscheuer Agent, (negativ) exponentielle Nutzenfunktion mit Risikoaversionsparameter r Nutzenfunktion multiplikativ separierbar in S und a U(S, a) = -exp[-r  (S - K(a))] Stochastische Größe θ ist normalverteilt mit Erwartungswert 0 und Varianz  2 n Sicherheitsäquivalent des Nutzenerwartungswertes des Agenten

4.9 LEN-Modell (2) n Unter LEN-Bedingungen vereinfachen sich die Nebenbedingungen zu Teilnahmebedingung Anreizkompatibilitätsbedingung n Mit der zusätzlichen Annahme K(a) =a 2 /2 folgt

4.10 LEN-Modell (3) n Aus der Anreizkompatibilitätsbedingung folgt die optimale Arbeitsleistung des Agenten: a = s n Optimale variable Entlohnungshöhe und fixe Entlohnungskomponente n Durch Einsetzen von s* in die Zielfunktion erhält man den Erwartungsnutzen des Prinzipals

4.11 Informationssysteme im Agency-Modell (1) n Annahme: Ergebnis x ist unbeobachtbar und für Vertragsgestaltung nicht verwendbar n Informationssystem 1 Unpräzise Messung der tatsächlichen Ergebnisse Unverzerrter Schätzer der Arbeitsintensität Erwartungsnutzen des Prinzipals (u = 0)

4.12 Informationssysteme im Agency-Modell (2) n Informationssystem 2 Gibt Information über die Arbeitsintensität, weniger über das Ergebnis Ist ebenfalls unverzerrter Schätzer der Arbeitsintensität Erwartungsnutzen des Prinzipals n Informationssystem 2 für Verhaltenssteuerung besser als Informationssystem 1, wenn

4.13 Verbindung zum Marktkontext n Einfaches „overlapping generations“-Szenario Risikoneutrale Anleger kennen den vom Prinzipal implementierten Entlohnungskontrakt, die gewählte Performancegröße sowie deren Realisierung am Periodenende Preis P(y) entspricht dem erwarteten Barwert der künftigen Überschüsse Anleger revidieren ihre Erwartungen nach Beobachtung von y

4.14 Preise und Erwartungsrevisionen (1) Bei Verwendung von y 1 folgt für den Preis Ex ante folgt für den erwarteten Marktpreis Bezüglich der „Value Relevance“ ergibt sich ein positiver Wert wegen

4.15 Preise und Erwartungsrevisionen (2) Die Größe y 2 ist dagegen nicht mit dem Ergebnis x korreliert Es findet daher auch keine Erwartungsrevision statt Daher ergibt sich auch keine Preisänderung Ebenso wäre keinerlei „Value Relevance“ vorhanden

4.16 Implikationen n Anreiznützlichkeit Performancegröße y 2 ist offenbar optimal Geringeres Risiko als y 1, daher geringere Risikoprämie Ermöglicht höhere Arbeitsintensität Führt zu höherem ex ante Marktwert als y 1 trotz nicht vorhandener Value Relevance n Entscheidungsnützlichkeit Nur Performancegröße y 1 kann entscheidungsnützlich aus Sicht der Anleger sein Sie gibt Informationen über „bewertungsrelevante“ Aspekte Die Größe y 2 beinhaltet keine diesbezüglichen Informationen n Fazit Es handelt sich um grundsätzlich unterschiedliche Konzepte Funktion der Rechnungslegung bestimmt die Bewertung

4.17 Folgerungen für Standardsetter n Präzisierung der Funktion der Rechnungslegung n Beachtung des Mehrpersonenkontextes Distributionseffekte verhindern Standards, die einmütig als optimal gelten können (ggf sogar Informationsablehnung) Abschätzen der Verteilungswirkungen erfordert Kenntnisse der individuellen Entscheidungsprobleme Diese sind realiter kaum zu erheben  Man agiert faktisch „im Nebel“  Umgekehrt kann mit geeigneter Argumentation fast alles begründet werden n Ausweg: Typisierung der Anlegerprobleme Problem: In welche konkrete Richtung? n Ergänzung durch empirische Forschung zur Abschätzung der Kapitalmarktkonsequenzen

4.18 Vorsichtsprinzip n Vorsichtsprinzip ist wesentlicher Grundsatz der Rechnungslegung n Lange Tradition n Effekt: Buchwert des Nettovermögens (Eigenkapital) im Verhältnis zum Marktwert systematisch zu niedrig ausgewiesen n Bewusste Verzerrung der Informationen in der Rechnungslegung Aber: Standardsetter betrachten neutrale Rechnungslegung als geeigneter für die Entscheidungsnützlichkeit

4.19 Unbedingte und bedingte Vorsicht n Vorsicht führt zu systematischer Unterbewertung von Vermögenswerten (Überbewertung von Schulden) n Unbedingte Vorsicht (ex ante Vorsicht) Wird durch Bilanzierungs- und Bewertungsregeln erzeugt, die unabhängig vom Eintreffen nachfolgender wert- relevanter Informationen eine Unterbewertung von Vermögenswerten bewirken n Bedingte Vorsicht (ex post Vorsicht) Führt zu einer asymmetrischen Abschreibung von Vermögenswerten bei Eintritt hinreichend ungünstiger Ereignisse

4.20 Beispiel (1) n Ein Unternehmen erwirbt eine Maschine um 100, die eine geschätzte Nutzungsdauer von acht Jahren aufweist. Es schreibt die Maschine linear über acht Jahre ab. n Am Ende des dritten Nutzungsjahres erhält das Unternehmen eine der beiden folgenden Informationen: Die Maschine läuft hervorragend und wird zwei Jahre länger als geplant genutzt werden können. Die Maschine erfüllt ihre Erwartungen nicht; ihr Nutzungswert beträgt nur 40 und die restliche Nutzungsdauer drei Jahre.

4.21 Beispiel (2) Buchwerte bei neuer Information im Jahr 3 Gewinnänderung bei neuer Information im Jahr 3

4.22 Beispiel (3) n Wegen bedingter Vorsicht reagiert der Gewinn beim Eintritt ungünstigen Entwicklungen stärker als beim Auftreten günstiger Ereignisse n Unbedingte Vorsicht verringert den Informationsgehalt der Rechnungslegung, weil die Effekte bedingter Vorsicht ausgehebelt werden Annahme: Die Anlage wird mit 30% degressiv abgeschrieben (also stärker als es der tatsächlichen Wertminderung auf Basis der ex ante-Informationen entspricht) Restbuchwert am Ende des dritten Jahres: 34,3 < 40 Jetzt keine Sonderabschreibung am Ende des dritten Jahres Daher keine Reaktion des Gewinns auf die ungünstige Information bezüglich der Restnutzungsdauer

4.23 Empirische Schätzung von Vorsicht n Viele empirische Studien zur Messung von Vorsicht in Jahresabschlüssen n Messung unbedingter Vorsicht häufig durch Marktpreis-Buchwert-Relation des Eigenkapitals n Messung bedingter Vorsicht meist durch folgende („umgekehrte“) Regression Assoziation von Gewinn X und Marktrendite R D ist Indikatorvariable; D = 1 für negative Rendite Variante der Schätzung der Wertrelevanz von Gewinngrößen

4.24 Empirische Schätzung n Sample US-amerikanischer Unternehmen von 1963 bis 1990 Anzahl der Beobachtungen mit positiven Renditen beträgt und mit negativen Renditen Quelle: Basu (1997) Sensitivität des Gewinns bei negativen Renditen ist fast fünfmal so hoch wie bei positiven Renditen 00 11 00 11 Korr. R 2 0,090 (68,03)* 0,002 (0,86) 0,059 (18,34)* 0,216 (20,66)* 10,09

4.25 Gründe für Vorsicht n Vorsichtsprinzip vermindert Informationsgehalt der Rechnungslegung n Aber charakteristische Eigenschaft von Rechnungslegungssystemen n Mögliche Vorteile gegenüber neutraler Rechnungslegung Historisch vor allem Verbindung mit Gläubigerschutz Begrenzung des Spielraums des Managements, zu günstige Zahlen auszuweisen Asymmetrische Verlustfunktion von Beteiligten, zB Wirtschaftsprüfer, Regulatoren Vorteil bei Maßgeblichkeit für Steuerbemessung Bessere Anreizwirkungen...

4.26 Vorsicht und Anreizwirkungen (1) n Binäres Agency-Modell n Annahmen Ergebnisse 0 < x L < x H Arbeitsleistungen a L < a H Wahrscheinlichkeiten prob(x H |a H ) ≡ p H ; prob(x L |a L ) ≡ p L p L, p H  (0, 1); p H > (1 – p L ) K(a L ) = 0; K(a H ) = v Ergebnis x nicht beobachtbar Rechnungswesen liefert Signal z als unverzerrte, aber ungenaue Information über x

4.27 Vorsicht und Anreizwirkungen (2) Signal z liefert Grundlage für aggregierte Performancegröße y, die ebenso wie x nur zwei Ausprägungen hat, y H und y L Annahme  > (x H – x L )/2 Verzerrung der Rechnungslegung

4.28 Vorsicht und Anreizwirkungen (3) n Annahmen Prinzipal und Agent sind risikoneutral Agent hat beschränkte Haftung, dh seine Entlohnung muss mindestens s = 0 betragen Reservationsnutzen des Agenten U = 0 Annahme: Prinzipal möchte hohe Arbeitsleistung a H motivieren Erwartetes Bruttoergebnis Entlohnung kann nur auf y abstellen s(y L ) = s L bzw s(y H ) = s H Keine Manipulation (Bilanzpolitik) des Agenten möglich

4.29 Vorsicht und Anreizwirkungen (4) n Agency-Problem n Nebenbedingungen

4.30 Vorsicht und Anreizwirkungen (5) n Optimaler Entlohnungsparameter n Erwartete Entlohnungskosten n Optimales Rechnungslegungssystem durch Minimierung nach w L und w H (über z) n Ergebnis: w L = 1

4.31 Vorsicht und Anreizwirkungen (6) n Interpretation: Maximale Vorsicht der Rechnungslegung optimal n Ergebnis zeigt: Vorsichtige Rechnungslegung kann erwünschte Eigenschaft in Anreizkontext sein n Hier: Ausgleich von beschränkter Haftung des Agenten durch Verzerrung der Rechnungslegung im optimalen Vertrag Informationsgehalt schlechter Signale kann nicht vollständig genutzt werden Daher Steigerung des Informationsgehalts guter Signale durch Vorsicht

4.32 Bewertung zu Anschaffungswerten oder Zeitwerten (1) n Bewertungskonzept in Rechnungslegung immer wieder problematisiert Bilanztheorien haben lange Historie und Tradition n Tendenz internationaler Rechnungslegung weg von Anschaffungswerten hin zu Zeitwerten Entscheidungsnützlichkeit umfasst typischerweise Relevanz und Verlässlichkeit von Informationen Informationen ist relevant, wenn sie in der Lage sind, Erwartungen von Anlegern über die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage eines Unternehmens zu verändern Unter diesem Blickwinkel schneidet eine Rechnungslegung auf der Basis von Anschaffungswerten eher ungünstig ab

4.33 Bewertung zu Anschaffungswerten oder Zeitwerten (2) n Zeitwert hängt von vielen Faktoren bzw Annahmen ab Man könnte den Wert ansetzen, den man heute für den Erwerb des gleichen Gutes zahlen müsste (Wiederbeschaffungspreis) Man könnte andererseits den Preis ansetzen, der heute für den Verkauf des Gutes am Markt erzielbar wäre (Liquidationswert bzw exit-Preis) Der Zeitwert eines Gutes könnte als Barwert der künftig erzielbaren Überschüsse auf Basis der aktuellen Erwartungen aufgefasst werden (unternehmensindividueller Nutzungswert, value in use) Der Zeitwert könnte an den Schaden anknüpfen, der dem Unternehmen entstünde, wenn es über einen Vermögenswert nicht mehr verfügt (deprival value)

4.34 Bewertung zu Anschaffungswerten oder Zeitwerten (3) n Diese Vorstellungen konvergieren, wenn vollständige und vollkommene Märkte ohne Transaktionskosten bei symmetrischer Informationsverteilung zwischen allen Marktteilnehmern und freiem Marktzugang bestehen n Dann benötigt man aber keine Rechnungslegung Worüber sollte sie noch „entscheidungsnützliche“ Informationen liefern? n Unter realistischen Bedingungen (bei denen Rechnungslegung nützlich ist) können sich die obigen Zeitwertkonzepte deutlich unterscheiden

4.35 Fair Value als spezifischer Zeitwert n Fair Value gemäß SFAS „the price that would be received to sell an asset or paid to transfer a liability in an orderly transaction between market participants at the measurement date“ Exit-Preis Fiktiver Marktpreis Notwendigkeit von Schätzungen und Annahmen  auch wenn Markttransaktionen vorkommen: zB Zeit, Vergleichbarkeit ihres Zustandekommens Diese sollen auf Markterwartungen basieren, nicht auf unternehmensspezifischen Annahmen  Unterschied zum Nutzungswert (value in use)

4.36 Fair Values Annahmen nach SFAS 157 (1) n Festlegungen nach SFAS 157 Abgrenzung der Bewertungseinheit (unit of account) Preisermittlung aus Sicht einer gewöhnlichen Transaktion zwischen Marktteilnehmern am Bewertungsstichtag Der relevante Markt für die „gewöhnliche“ Transaktion ist der „hauptsächliche“ Markt (principal market) dieses Gutes Die Marktteilnehmer müssen unabhängig voneinander sein Die Fair Value-Bewertung geht von der besten Nutzung des Gegenstandes aus

4.37 Fair Values Annahmen nach SFAS 157 (2) n Bewertungsmethoden Marktansatz Ertragsansatz Kostenansatz n Dreistufige Fair Value-Hierarchie für die Inputs zu den Bewertungsmethoden Stufe 1: Beobachtbare Marktpreise auf aktiven Märkten (mark-to-market) Stufe 2: Preise ähnlicher Güter auf aktiven Märkten oder die Preise solcher Güter auf „weniger aktiven“ Märkten Stufe 3: Interne Daten, auf deren Basis etwa eine Ertragswertschätzung vorgenommen werden kann (mark-to-model)

4.38 Fair Values und Verhaltenssteuerung (1) n Harmonisierung von internem und externem Rechnungswesen erfordert, dass Erfolgsgrößen der externen Rechnungslegung für die anreizorientierte Performancemessung verwendet werden n Eignen sich Fair Values dafür? n Analyse in einem Agency-Modell in LEN-Version

4.39 Fair Values und Verhaltenssteuerung (2) n Prinzipal realisiert Investition mit Auszahlung I n Agent leistet in zwei Perioden t = 1, 2 jeweils einen Arbeitseinsatz a t n Es resultiert ein risikobehafteter Cashflow in Abhängigkeit vom Arbeitseinsatz n Zeitlich additive Nutzenfunktion des Agenten W t Konsum S t Entlohnung Zugang zum Kapitalmarkt

4.40 Fair Values und Verhaltenssteuerung (3) n Agent kann am Ende der ersten Periode kündigen Konsequenz: in zweiter Periode muss Reservationsnutzen geboten werden n Teilnahmebedingung in jeder Periode n Kapitalwert der Investition (Zinssatz null) n Entlohnung linear in Beurteilungsgrößen B it S t = S 0t + s 1t  B 1t + s 2t  B 2t (t = 1, 2) Beurteilungsgrößen: Cashflow, Gewinn auf Basis Anschaffungskosten oder Fair Value

4.41 Cashflow als einzige Beurteilungsgröße n Entlohnungsfunktion S t = S 0t + s 1t  c t (t = 1, 2) n Perioden sind separierbar Anreizproblem entspricht Lösung zweier unabhängiger und strukturell identischer Agency-Modelle Optimaler second best-Vertrag jeder Periode kann damit wie aus einem eigenständigen LEN-Modell bestimmt werden n Optimale Lösung Variable Entlohnungsparameter Zielerreichung des Prinzipals

4.42 „Traditioneller“ Gewinn als einziges Performancemaß n Annahme: Clean-Surplus Gewinn G t = c t + BW t – BW t  1 Buchwertdifferenz BW t – BW t-1 entspricht der Abschreibung in Periode t n Entlohnungsfunktion S t = S 0t + s 1t  G t (t = 1, 2) n Abschreibungen sind deterministische Größen unabhängig von Arbeitsleistung des Managers keine Zusatzinformation im Vergleich zum Cashflow n Gleiche Lösung für den Beteiligungsprozentsatz wie beim Cashflow als Performancemaß

4.43 Fair Value-basierter Gewinn als alleinige Beurteilungsgröße (1) n Annahme: Clean-Surplus, dh „fair value through profit and loss“ n Entlohnungsfunktion S t = S 0t + s 1t  G t F (t = 1, 2) n Fair Value-Entwicklung Investitionszeitpunkt: Fair Value entspricht den Investitionsauszahlungen I, dh BW 0 = I Ende der zweiten Periode: Projekt ist annahmegemäß wertlos, BW 2 = 0 Ende der ersten Periode: Fair Value wird als beobachtbarer Liquidationswert angenommen, Risiko

4.44 Fair Value-basierter Gewinn als alleinige Beurteilungsgröße (2) n Gewinn in der ersten Periode n Effekte Ein gegebener Wert des Beteiligungsparameters s 1t setzt beim Manager dieselben Arbeitsanreize wie beim Cashflow (und traditionellen Gewinn) Allerdings ist wegen der zusätzlichen Einbeziehung der Fair Value-Unsicherheiten das Entlohnungsrisiko gegenüber den anderen beiden Performancemaßen höher Damit erhöhen sich für den Prinzipal die Kosten der Entlohnung aufgrund der höheren notwendigen Risikoprämie Konsequenz: geringerer variabler Entlohnungssatz

4.45 Fair Value-basierter Gewinn als alleinige Beurteilungsgröße (3) n Lösung des Problems für die zweite Periode unterscheidet sich dagegen nicht von der Lösung für den Cashflow (und traditionellen Gewinn) n Gesamte Zielerreichung ist daher wegen des höheren Risikos in der ersten Periode niedriger Gewinn auf Basis von Fair Values „belastet“ die Performancegröße also mit weiteren, aus Sicht des Managers unkontrollierbaren Risiken und verletzt somit das Prinzip der „Controllability“

4.46 Fair Values als zusätzliche Performancegröße (1) n Geänderte Fragestellung: Fair Values als zusätzliche Performancegröße zum traditionellen Gewinn Wert der Performancegröße, wenn sich Tradeoff von Motivation und Risikoteilung verbessert n Entlohnung in der ersten Periode n Falls in optimaler second best-Lösung s 21  0 gilt, ist Einbindung von Fair Values vorteilhaft n s 21 ergibt sich bei gegebenem s 11 durch Minimierung der Entlohnungsvarianz

4.47 Fair Values als zusätzliche Performancegröße (2) n Ergebnis Fair Values sind genau dann im optimalen Anreizsystem enthalten, wenn die exit-Preisrisiken nicht völlig unabhängig von den operativen Risiken der ersten Periode sind n Eine geeignete Einbindung der Fair Values kann Entlohnungsrisiko bei gegebener Arbeitsleistung reduzieren, sofern sich zumindest ein Teil der operativen Risiken auch in den exit-Preisrisiken widerspiegelt n Verwendung von Fair Values kann vorteilhaft sein oder auch nicht – dies hängt also von den genauen Einsatzbedingungen ab