Bourdieus Kapitaltheorie Allgemeine Punkte

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 Präsentation transkript:

Bourdieus Kapitaltheorie Allgemeine Punkte Kapital ist akkumulierte Arbeit Die Akkumulation von Kapital braucht Zeit „Die zu einem bestimmten Zeitpunkt gegebene Verteilungsstruktur verschiedener Arten und Unterarten von Kapital entspricht der immanenten Struktur der gesellschaftlichen Welt.“ (S.1) große Mengen von Kapital => Macht

Kapitalformen: Ökonomisches Kapital Kulturelles Kapital Inkorporiertes kulturelles Kapital Objektiviertes kulturelles Kapital Institutionalisiertes kulturelles Kapital Soziales Kapital

Inkorporiertes kulturelles Kapital „‘Haben‘ ist zu ‚Sein‘ geworden“ (S.3) Diese ‚verkörperte‘ Kapitalart bleibt von den Umständen seiner ersten Aneignung geprägt (bspw. Dialekt) Familie: Sozialisation = Akkumulation Zeitfaktor als wichtigstes Bindeglied zwischen ÖK und KK Weitergabe: soziale Vererbung

Objektiviertes kulturelles Kapital Materielle Übertragbarkeit in Form von kulturellen Gütern (Bilder, Bücher, Maschinen...) Materielle Aneignung = ÖK Symbolische Aneignung = inkorporiertes KK Zur Nutzbarmachung von objektivierten KK Besitz von inkorporiertem KK oder Dienstbarmachung von diesem („Kaderkräfte“)

Institutionalisiertes KK Bsp. (schulische) Titel als Zeugnis vermeintlicher o. tatsächlicher Kompetenz genießt objektiviertes Ansehen, Wert, Geltung Titelträger sind austauschbar Erwerb ist abhängig von ÖK, Form der Konvertibilität zw. ÖK und KK verfügbare Zeit durch Geld

Soziales Kapital „Das soziale Kapital ist die Gesamtheit der aktuellen und potentiellen Ressourcen, die mit dem Besitz eines dauerhaften Netzes von mehr oder weniger institutionalisierten Beziehungen gegenseitigen Kennens oder Anerkennens verbunden sind; oder, anders ausgedrückt, es handelt sich dabei um eine Ressource, die auf der Zugehörigkeit zu einer Gruppe beruhen.“(S. 5)

Investitionen in soziale Beziehungen erfordern Kompetenzen Soziales Kapital ist nicht unabhängig von ÖK und KK, lässt sich aber nicht darauf reduzieren In sozialen Tauschbeziehungen ist eine Anerkennung von ‚Gleichen‘ institutionalisiert Sozialkapital hat einen ‚Multiplikationseffekt‘ auf das tatsächlich vorhandene Kapital Investitionen in soziale Beziehungen erfordern Kompetenzen Nutzbarmachung von genealogischen Zusammenhängen und reelen Beziehungen Investitionen nicht zwangsläufig bewusst kalkuliert: „Die Unschuld ist das Privileg derer, die in ihrem Bereich wie Fische im Wasser sind...“ (Note 12; S. 7)

Die Kapitaltransformationen Grundlage aller Kapitalformen = ÖK; Rückführung transformierter Kapitalformen auf ÖK nie ganz möglich Universelle ‚Wertgrundlage‘: Arbeitszeit Konvertierungsmöglichkeit: Ausgangspunkt für Strategien der Reproduzierbarkeit (Übertragungen) Schwundrisiko und Verschleierungskosten variieren bei Transformationen mit je unterschiedlichen Vorzeichen

Exkurs Enger ökonomischen Kapitalbegriff = alle anderen Formen sozialen Austausches werden als nicht-ökonomisch und damit als uneigennützig erklärt Scheinbar unverkäuflichen Dinge haben durchaus ihren Preis, sie werden „mit der Absicht einer ausdrücklichen Verneinung des Ökonomische hergestellt“(S. 52) „Verschleierung“

Das Unterrichtssystem als Instrument zur Reproduktion von „Machtstrukturen“ Anerkennung von kulturellem Kapital durch die Bildungsinstitutionen („Erwerb“ in der Familie) Verschleierung durch folgende Suggestion: Titelerwerb durch ‚natürliche‘ Eigenschaften des Einzelnen (siehe Note 9, S. 9) Schulischer Titel als Zugangsbedingung zu (herrschenden) Positionen Verwertbarkeit des Titels an ÖK und SK geknüpft Reproduktion gesellschaftlicher Strukturen

Thesen/ Stichpunkte Kommerzialisierung/ Ökonomisierung Offene Umwandlung von ehemals durch kulturelles Kapital dominierte, ‚uneigennützige‘ (Sub-)Felder (Verschleierung!) in solche, die dem Primat ökonomischen Kapitals gehorchen Hierarchien/Machtpositionen, die auf KK gründeten werden durch die ökonomische ‚Durchdringung‘ bspw. des universitären Feldes gefährdet Neue „Kapitalkonfigurationen“ für Machtpositionen nötig

Thesen/ Stichpunkte II Bösartig könnte man eine Art „Feldkolonialismus“ konstatieren: das Feld der Ökonomie „kolonialisiert“ das der Wissenschaft u.a. Machtverhältnisse werde peu á peu verändert, gründen sich auf und reproduzieren sich nach neuen „Kapital-konfigurationen“

Bourdieu das letzte Wort erteilt: „Das Auftreten einer öffentlichen wie privaten Nachfrage nach angewandter Forschung und einer auf die gesellschaftliche Anwendung der Sozialwissenschaft bedachten Leserschaft [...], fördert den Erfolg von Kulturproduzenten einer neuen Art, deren Vordringen auf dem uni-versitären Feld [...] zu einem entscheidenden Bruch mit den Grundsätzen akademischer Autonomie wie mit den Werten der Interesse-losigkeit, Zweckfreiheit und Unbeeinfluss-barkeit durch Sanktionen und Anforderungen der Praxis führt.“(Bourdieu, Pierre: Homo Academicus, Frankfurt a.M.1988, S. 200)