Dr. Stephan Schauhoff Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht Internationales und Europäisches Finanz- und Steuerrecht 30. April 2015 Dr. Stephan Schauhoff Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht von Prof. Dr. Stephan Schauhoff Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht
Teil II: Überblick § 3 Internationales Steuerrecht (Schaumburg, Kapitel 3 – 5, Tipke/Lang, § 7.2; Birk § 7)
Teil II: Überblick Rechtsquellen Steuertatbestände ergeben sich letztlich aus nationalem Recht, internationales Recht bindet Bundesrepublik Deutschland, führt aber nicht zur Besteuerung des Einzelnen
Teil II: Überblick Gesetzesmäßigkeit der Besteuerung Art. 20 Abs. 3 GG: vollziehende Gewalt ist an Recht und Gesetz gebunden § 3 Abs. 1 AO: Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung, Gesetz ist jede Rechtsnorm, förmliche Gesetze Völkerrechtliche Verträge, wenn unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind (§ 2 AO)
Teil II: Überblick Völkerrecht Völkerrechtliche Verträge Gewohnheitsrecht Allgemeine Rechtsgrundsätze, Menschenrechte
Teil II: Überblick Völkerrechtliche Verträge, insbesondere DBA Doppelbesteuerungsabkommen mit 98 Staaten Zustimmungsgesetz (Art. 59 Abs. 2 GG, Art. 78 GG) Austausch Ratifikationsurkunden Entwicklungshilfeverträge Multilaterale Völkerrechtsverträge wie Wiener Übereinkommen v. 18.4.1961 über diplomatische Beziehungen EU-Schiedsverfahrenskonvention
Teil II: Überblick Gewohnheitsrecht und allgemeine Rechtsgrundsätze Weitgehend bedeutungslos im Steuerrecht
Teil II: Überblick Auslegung Regelungssouveränität der Abkommen Homogene Auslegung Art. 3 Abs. 2 OECD-MA: folgende Auslegungsreihenfolge: Begriffsdefinition des Abkommens Sinnzusammenhang des Abkommens Verweis auf innerstaatliche Begriffswelt Regelmäßig dynamische Verweisung auf innerstaatliches Recht Wiener Übereinkommen über das Recht der völkerrechtlichen Verträge (WÜRV); beide Sprachfassungen Rechtsfortbildung und Analogie möglich Kommentar zum OECD-MA ist kein Völkergewohnheitsrecht Qualifikationskonflikt und Verständigungsverfahren
Teil II: Überblick Normenhierarchie Völkerrechtliche Verträge stehen über Zustimmungsgesetz auf gleichem Rang wie „einfache“ Steuergesetze (§ 2 AO)
Teil II: Überblick § 2 AO Lex generalis posterior non derogat legi speciali priori; Aber: spätere spezielle gesetzliche Regelung mit gesetzgeberischem Willen zur Abkommensverdrängung gehen vor (treaty override) Nicht grundgesetzwidrig, sondern völkerrechtswidrige Vertragsverletzung, die zur Kündigung des DBA berechtigt
Teil II: Überblick Treaty overriding Bsp.: §§ 50d Abs. 1, 3, 8, 9, 10, 11 EStG, 20 Abs. 2 AStG BFH v. 10.1.2012 I R 66/09: Vorlage zum BVerfG, ob § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG insofern verfassungswidrig ist, als es gegen bindendes Völkervertragsrecht als materielle Gestaltungsschranke verstößt und damit Verstoß gegen Art. 25 GG vorliegt In D wohnender türkischer Staatsangehöriger erzielte Einkünfte aus Tätigkeit in Türkei, kein Nachweis, ob dort besteuert Keine Rechtfertigung aus Sicht BFH, da § 50d Abs. 8 EStG nur Überhaupt- besteuerung verlangt, D müsste Türkei für Ehrlichkeit informieren BFH v. 11.12.2013 I R 4/13 Vorlage zum BVerfG, ob § 50 d Abs. 10 EStG idF des JStG 2009 verfassungs- widrig ist: Italienischer Gesfter dt. Persgesft. erhält von Gesellschaft Zinsen, in D oder I stpfl.?
Teil II: Überblick Verfassungsrechtliche Grenzen des Treaty overriding Verfassungsorgane haben völkerrechtliche Verträge zu achten, Bruch durch Gesetzgeber bedarf besonderer Qualität Wenn Gesetzgeber milderes Mittel hat, wie Information des ausländischen Fiskus über Steuerrechtsverstoß, geht die Durchbrechung der DBA-Regel, welcher Staat Einkünfte besteuern darf, vor Gleichgültig, wie hoch Türkei Vorgang besteuert, D darf sein Steuerniveau nach Abkommen nicht durchsetzen
Teil II: Überblick Gleichbehandlungsgebote und Diskriminierungsverbote im Internationalen Steuerrecht Keine allgemeine völkerrechtliche Regelung, die in allen Staaten den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung verbürgt; unterschiedliche Besteuerung in verschiedenen Staaten zweifelsohne zulässig; Diskriminierungsverbot: Benachteiligung Steuerausländer zu Inländer, Bevor- zugung möglich mit Rechtfertigung; Gleichbehandlungsgebot: Nur im Einzelfall gegeben
Teil II: Überblick GATT – Diskriminierungsverbote Grundsatz Inländergleichbehandlung für eingeführte Waren, insbesondere indirekte Steuern
Teil II: Überblick DBA – Diskriminierungsverbote (Art. 24 OECD-MA) Verbot Diskriminierung: Staatsangehörige Betriebsstättendiskriminierung: Verstoß, wenn Gesamtsteuerbelastung ausl. Unternehmens hinsichtlich inl. Betriebsstätte höher ist als für ansässiges Unternehmen (Steuerabzug abgeltend problematisch) Unternehmensschuldnerdiskriminierung, bspw. Zinsschranke, wenn nur für Ausländer relevant Verbot der Diskriminierung von Kapital- oder Personen-Gesellschaften mit ausländischer Beteiligung
Teil II: Überblick Grundsätze der Besteuerung bei internationalen Sachverhalten Welteinkommensprinzip Quellenprinzip D: Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt USA: + Staatsangehörigkeit GB: residence or domicile F: auch bei Arbeitsausübung ohne Wohnsitz CH: ohne Erwerbstätigkeit wenigstens 90 Tage Aufenthalt
Teil II: Überblick Nationales Recht § 1 EStG iVm §§ 8, 9 AO § 1 KStG iVm §§ 10, 11 AO §§ 49 ff. EStG § 32 Abs. 1 KStG iVm § 8 Abs. 1 KStG iVm §§ 49 ff. EStG
Teil II: Überblick Unbeschränkte Steuerpflicht Wohnsitz: mehrere Umstände für Beibehalten und Benutzen: Ferienaufenthalte reichen nicht, wenn Kinder nur im Ausland leben, damit deren fortbestehender Wohnsitz im Inland anzunehmen wäre (BFH v. 17.5.2013 – III B 121/12) (Entscheidung zum Kindergeld) Gewöhnlicher Aufenthalt Erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht Fingierte unbeschränkte Steuerpflicht: § 1a EStG: Beide Ehegatten haben Wohnsitz im EU-Ausland, kein Splitting: FG Ba-Wü v. 17.4.2013, 14 K 2879/12 Rechtssitz Ort der Geschäftsleitung
Teil II: Überblick Beschränkte Steuerpflicht §§ 49 ff. EStG Isolierende Betrachtungsweise: Ltd. aus GB vermietet Immobilie in D und verkauft diese, gewerbliche Einkünfte oder VuV und Veräußerungserlös ggfs. steuerfrei? Quellenprinzip Veranlagungsverfahren (§ 50 Abs. 2 EStG) oder Quellensteuerabzug (KapErtSt, § 50a EStG, Lohnsteuer)
Teil II: Überblick Anrechnung ausländischer Steuern § 34c EStG § 26 KStG Unilateral Anrechnung, Abzug, Pauschalierung etc. DBA-Anrechnung oder Freistellung
Teil II: Überblick Verlustausgleichsbeschränkung und Progressionsvorbehalt Eigentlich gemindertes Welteinkommen berücksichtigen, aber § 2a EStG (nicht für EU-Verluste): Per Country limitation § 32b Abs. 1 Satz 2 EStG zur Vermeidung negativer Progressionsvorbehalt, § 2a Abs. 2a EStG (EU-Ausnahme) gilt entsprechend
Teil II: Überblick DBA Freistellungsmethode Anrechnungsmethode
Teil II: Überblick Ziel: Vermeidung Doppelbesteuerung Weiße Einkünfte auf Grund Qualifikationskonflikt Dt. Personengesellschaft, US-Gesellschafter gibt Darlehen: SBV, Besteuerungsrecht Zinsen bei Betriebsstätte in D? Oder nach DBA in USA? Jetzt § 50d Abs. 10 EStG, dazu BFH v. 11.12.2013 I R 4/13
Teil II: Überblick Zuordnung von Besteuerungsquellen nach DBA, insoweit erkennt nationales Recht Vorrang ausländischer Besteuerung an LuF Belegenheit Immobilie Belegenheit Unternehmen Betriebsstätte Künstler/Sportler Auftrittsort Dividende, Lizenz, Zins Wohnsitzstaat mit Quellensteuer Selbständige Arbeit feste Einrichtung Nichtselbständige Arbeit 183 Tage Drittstaaten Wohnsitz
Teil II: Überblick DBA – Wohnsitz: Doppelansässigkeit Wirkungsweise DBA – Wohnsitz: Doppelansässigkeit Besteuerung: Prüfung nationales Recht (beschränkt/unbeschränkt) Einschränkung durch DBA (Freistellung oder Anrechnung) Treaty override Steuerverfahren: Veranlagung, Quellensteuerabzug
Teil II: Überblick Bekämpfung Steuervermeidung Außensteuerrecht: § 2 AStG: Wohnsitz Steueroase § 7 ff. AStG: Hinzurechnungsbesteuerung positive Einkünfte § 15 AStG: Zurechnung Stiftung/Trusteinkommen Treaty override:§ 50d EStG Beachtung Gleichbehandlungsgebote Zinsschranke: Zins nicht abziehbar, um Steuersubstrat in D zu lassen Lizenzschranke?