Philipps-Universität Marburg Fachbereich 15: Chemie Übung im Experimentalvortrag Sommersemester 2010 Henrik Laßmann
Gliederung Was ist Kautschuk? Gewinnung der Latexmilch Rohkautschuk Vom Kautschuk zum Gummi Verwendung von Kautschuk Kautschuk in der Schule
1. Was ist Kautschuk? Die Wortherkunft Maya „caao-chu“ („weinender Baum“) Französisch: „caoutchouc“ Deutsch: „Kautschuk“ http://www.reifensuchmaschine.de/reifen/kautschuk-reifen/ kautschukbaum.jpg
1. Was ist Kautschuk? Der weinende Baum „Hevea brasiliensis“ – botanischer Name des „weinenden Baumes“ Heimat: Amazonasgebiet Gruppe der Wolfsmilchgewächse Wichtigster Naturkautschuk-lieferant: 90 % 95 % des Naturkautschuks aus Südost-Asien http://online-media.uni-marburg.de/biologie/ nutzpflanzen/carina/Gummi2.jpg
1. Was ist Kautschuk? Der weinende Baum „Hevea brasiliensis“ wächst im Gebiet des „Kautschukgürtels“ http://www.oldtimerreifen-moeller.de/pictures/kguertl.jpg
1. Was ist Kautschuk? Der weinende Baum Milchsaft des Kautschukbaums: Latex Spanisch „leche“ für Milch Latex http://www.virusdoktor.de/patong2005/kautschuk.jpg
Versuch 1: Tyndall Effekt 1. Was ist Kautschuk? Versuch 1: Tyndall Effekt Eingesetzte Chemikalien: Stark verdünnte Latexmilch Kochsalzlösung NaCl(aq)
1. Was ist Kautschuk? Der Tyndall-Effekt Kolloidale Lösung Teilchengrößen vergleichbar mit Wellenlänge des sichtbaren Lichts (10 bis 1000 Nanometer) Dispersion erscheint homogen Starke Lichtstreuung nur bei kolloidalen Lösungen http://de.academic.ru/pictures/dewiki/115/sonnenebel.jpg
1. Was ist Kautschuk? Definition Als Kautschuk wird das Polymer bezeichnet, welches in der Latexmilch mit einem Anteil von 25 – 40 % vorliegt: cis-1,4-Polyisopren
1. Was ist Kautschuk? Latexmilch Zusammensetzung: Massenanteil Stoff 0,6 – 0,7 Wasser 0,25 – 0,4 Kautschuk 0,015 – 0,02 Harze Proteine 0,005 – 0,01 Mineralstoffe
Versuch 2: Doppelbindungsnachweis 1. Was ist Kautschuk? Versuch 2: Doppelbindungsnachweis Eingesetzte Chemikalien: Brom Br2(l) in Eisessig CH3COOH(aq) Kautschuk in Toluol C7H8(l)
Doppelbindungsnachweis 1. Was ist Kautschuk? Doppelbindungsnachweis Bromaddition an Doppelbindungen:
2. Gewinnung der Latexmilch Gewinnung durch Einschnitt in Milchröhren alle 2 Tage Diagonale Einschnitte von links oben nach rechts unten Milchröhren spiralförmig Ertrag: 20-30 g pro Baum und Tag http://www.pi-net.ch/fotos/bilder_india/kautschuk01.jpg
2. Gewinnung der Latexmilch http://www.uni-duesseldorf.de/MathNat/Biologie/Didaktik/Nutzpflanzen/isopren.pdf; Seite 24
2. Gewinnung der Latexmilch Auch einheimische Pflanzen besitzen Milchsaft… Löwenzahn (Taraxacum) Mohn (Papaver) Gänsedistel (Sonchus) Sehr geringer Gehalt http://www.dogfood-marengo.ch/kraeuter/ images/loewenzahn2.jpg
2. Gewinnung der Latexmilch … und manche Zimmerpflanzen: Birkenfeige - „Benjamini“ (Ficus benjamina)
Versuch 3: Latex Koagulation 3. Rohkautschuk Versuch 3: Latex Koagulation Eingesetzte Chemikalien Verdünnte Latexmilch Verdünnte Ameisensäure HCOOH(aq)
3. Rohkautschuk Latex Koagulation Kautschuk: unpolares Makromolekül Grenzflächenaktive Emulgatoren halten K. in Lösung (hier: Proteine) Kautschuk- Moleküle Protein
3. Rohkautschuk Latex Koagulation Zugabe von Säure Zerstörung der Tertiärstruktur der Proteine Funktionsverlust; Koagulation des Kautschuks Denaturiertes Protein Koagulierter Kautschuk
Industrielle Aufarbeitung 3. Rohkautschuk Industrielle Aufarbeitung Latexkoagulation mit Ameisensäure Schwammartige Matten Pressen / Prägen Rubber Sheets http://www.swisseduc.ch/geographie/materialien/rohstoffe_welt/ kautschuk/icons/latexsaft_koagulieren.jpg http://www.swisseduc.ch/geographie/materialien/rohstoffe_welt/ kautschuk/icons/matten_auspressen.jpg
Industrielle Aufarbeitung 3. Rohkautschuk Industrielle Aufarbeitung Lufttrocknen der Sheets Air-Dried-Sheets Räuchern der Sheets Smoked Sheets http://www.swisseduc.ch/geographie/ materialien/rohstoffe_welt/kautschuk/ icons/rubber_sheets.jpg
Andere Handelsvarianten: 3. Rohkautschuk Andere Handelsvarianten: Gerinnung in langen Trögen, walzen zu Crepes Gerinnung in langen Trögen, zerkleinern Granulat, Heisslufttrocknen Block Rubber oder Heveacrumb (goldfarbene Blöcke) Ammoniakzugabe zur Latexmilch, aufkonzentrieren (zentrifugieren/eindampfen) Latexmilchkonzentrat
Demonstration 1: Quellvermögen 3. Rohkautschuk Demonstration 1: Quellvermögen Rohkautschuk in Toluol Vergleichsprobe Quellung nach 1 Stunde Quellung nach 1 Tag
3. Rohkautschuk Quellvermögen Kautschuk ist ein Thermoplast Lange, nicht verzweigte Polymere Rohkautschuk
3. Rohkautschuk Quellvermögen Einlagerung von Toluol zwischen Polymerketten Abstandsvergrößerung zwischen Polymeren Quellung Toluol Rohkautschuk
3. Rohkautschuk Versuch 4: Doppelbindungsnachweis in Kautschuk (Baeyer-Probe) Eingesetzte Chemikalien: Rohkautschuk Baeyer-Reagenz 1. Lösung: Kaliumpermanganat-Lösung KMnO4(aq) 2. Lösung: Natriumcarbonat-Lösung Na2CO3(aq)
3. Rohkautschuk Baeyer-Probe Doppelbindungen reagieren mit Permanganat Braunstein als brauner Niederschlag Reduktion Oxidation Braunstein
Baeyer-Probe 3. Rohkautschuk Mechanismus: elektrophile Addition Syn-Dihydroxylierung
4. Vom Kautschuk zum Gummi Kautschukforschung 1763: P. I. Macquer stellt Formartikel her 1770: J. Priestley entdeckt Radiereffekt 1791: Samuel Peal erfindet gummierte Gewebe 1823: Charles Macintosh fertigt ersten Regenmantel 1826: Michael Faraday findet Summenformel einer Isopreneinheit Kautschuk: wenig hitzebeständig, klebrig, spröde bei Kälte Forschung zur Verbesserung der Eigenschaften
4. Vom Kautschuk zum Gummi Kautschukforschung 1839: Charles Goodyear entdeckt durch Zufall die Vulkanisation Experimente mit verschiedenen Kautschukmischungen Schwefel-Kautschuk-Mischung fällt auf heiße Herdplatte Entdeckung des Gummis http://thebsreport.files.wordpress.com/ 2009/06/charles_goodyear.jpg
4. Vom Kautschuk zum Gummi Kautschukforschung Patentstreit mit Thomas Hancock Goodyear bekommt Priorität zugesprochen 1844: Patentanmeldung des Vulkanisationsprozesses Goodyear produziert Handschuhe, Zelte 1855: Goodyear erzeugt erstes Gummikondom (2 mm Dicke)
Demonstration 2: Vulkanisation 4. Vom Kautschuk zum Gummi Demonstration 2: Vulkanisation Eingesetzte Chemikalien: Latexmilch Schwefel S8 Tensid (Alkylethersulfat) Zinkoxid ZnO(s)
4. Vom Kautschuk zum Gummi Vulkanisation Latexmilch-, Schwefel-, Tensid-, Zinkoxid-Gemisch erhitzen (Trockenschrank: 130 °C; ½ Stunde) Gelbes Gummi
4. Vom Kautschuk zum Gummi Vulkanisation + S8, ΔT Isopreneinheit Schwefelbrücken Naturkautschuk Gummi (Elastomer) http://www.chemieunterricht.de/dc2/auto/images/vulkanis.jpg
4. Vom Kautschuk zum Gummi Vulkanisation Schwefelmenge bestimmt Vernetzungsgrad Schwefelmenge Gummi 2 – 3 % Weichgummi 5- 15 % Lederartig/unbrauchbar 30 – 50 % Hartgummi
4. Vom Kautschuk zum Gummi Vulkanisation Weitere Zusätze: Beschleuniger: Setzten Vulkanisationstemperatur herab, verkürzen Sulfidbrücken z.B.: Dithiocarbamate (Monosulfidbrücken, ½ Min. Vulkanisation bei 140 °C) Aktivatoren: Metalloxide; Unterstützen Beschleuniger z.B.: Zinkoxid
4. Vom Kautschuk zum Gummi Vulkanisation Weitere Zusätze: Antioxidanzien: Alterungsschutz, Radikalfänger, Verhindern Kettenabbau, weitere Vernetzung Füllstoffe: Verbesserung von Abrieb und Reißfestigkeit, Volumenzunahme, Festigkeit z.B.: Ruß (bessere Reißfestigkeit, weniger Abrieb), Zinkoxid (Verfestigung), Kreide (Volumenzunahme)
4. Vom Kautschuk zum Gummi Vulkanisation Weitere Zusätze: Weichmacher: Einstellung des Weichheitsgrades, Alterungsschutz (z.B.: Paraffine, kurzkettige Polybutadiene) Haftmittel: Verbesserung der Hafteigenschaften auf Geweben, Metallen (z.B.: Kieselsäure) Verzögerer: Verlängerung der Vulkanisationszeit, verhindern Versengen (z.B.: Benzoesäure)
4. Vom Kautschuk zum Gummi Demonstration 3: Dehnbarkeit Kautschuk vs. Gummi Materialien: Unvulkanisierte Kautschukmischung Magnetrührer mit Heizplatte 2 Spachtelbleche Silikonöl
Dehnbarkeit Kautschuk vs. Gummi 4. Vom Kautschuk zum Gummi Dehnbarkeit Kautschuk vs. Gummi Vulkanisationsapparatur: Unvulkanisierte Kautschukmischung Spachtelblech mit Silikonöl Magnetrührer mit Heizplatte
Dehnbarkeit Kautschuk vs. Gummi 4. Vom Kautschuk zum Gummi Dehnbarkeit Kautschuk vs. Gummi Unvulkanisierter Kautschuk: nicht elastisch (plastisch) Verformung bleibt bestehen Dehnung
Dehnbarkeit Kautschuk vs. Gummi 4. Vom Kautschuk zum Gummi Dehnbarkeit Kautschuk vs. Gummi Gummi: Elastisch Kehrt in die Ausgangsform zurück Dehnung Keine Krafteinwirkung
Versuch 5: Elastizität von Gummi 4. Vom Kautschuk zum Gummi Versuch 5: Elastizität von Gummi Eingesetztes Material: Gummiband Gewicht Heißluftfön
4. Vom Kautschuk zum Gummi Elastizität von Gummi Freie Drehbarkeit der Kettenglieder im Molekül Stark geknäulte Struktur: Bei Dehnung: geordneter Zustand Bestreben in den ungeordneteren Zustand zurückzukehren (statistisch bevorzugt; Entropie-Effekt) Erwärmen: höhere Teilchenbewegung, wahrscheinliche Formen werden eingenommen Gummibandverkürzung
Versuch 6: Schwefelnachweis in Gummi 4. Vom Kautschuk zum Gummi Versuch 6: Schwefelnachweis in Gummi Eingesetzte Chemikalien: Gummiband Bleiacetatpapier (Pb(CH3COO)2)
Schwefelnachweis in Gummi 4. Vom Kautschuk zum Gummi Schwefelnachweis in Gummi Thermische Zersetzung des Gummis Starke Rauchentwicklung Bleiacetatpapier zeigt schwarzbraune Verfärbung Pb2+(aq) + 2 CH3COO-(aq) + H2S(g) PbS(s) + 2 CH3COOH schwarz
5. Verwendung von Kautschuk Autoreifen (60 – 70 %) Radiergummi Schläuche, Stopfen Dichtungsmaterial Isolierungsmittel Latexkleidung Handschuhe Ballons Kondome … http://www.vikingdirekt.at/pictures/ at/vkg/sk/lg/0120_sk_lg.jpg http://www.hubtraum.de/shop/images/ medium/autoreifen-sp9000_klein.jpg http://www.latexbay.com/ebay/ zentai/catalog/latex%20s1.jpg http://growshop.plazza.ws/img/2/1109.jpg
6. Kautschuk in der Schule Versuche sind schulgeeignet Bromaddition: Lehrerversuch (HessGISS) Schwefelnachweis mit Bleiacetat: Lehrerversuch (HessGISS) Fächerübergreifender Unterricht Biologie, Sozialkunde, Wirtschaft
6. Kautschuk in der Schule 11. Klasse: Eigenschaften und Reaktionen von Kohlenstoff-Wasserstoff Verbindungen Kautschuk, Gummi fakultativ 12. Klasse: Wahlthema Angewandte Chemie Natürliche Makromoleküle Kunststoffe
Danke für die Aufmerksamkeit!
Quellen Bücher / Magazine: Mortimer, C., Basiswissen der Chemie, 8. komplett überarbeitete und erweiterte Auflage, Thieme-Verlag, Stuttgart, 2003. Vollhardt, C., Organische Chemie, 4. Auflage, Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim, 2005. Praxis der Naturwissenschaften Heft 4 1989 Seiten: 42 – 44 Praxis der Naturwissenschaften Heft 5 1992 Seiten: 17 – 10 CD-Rom Verzeichnis: HessGISS. Unfallkasse Hessen (UKH), Frankfurt, 2006/2007.
Quellen Internet: http://www.bauchemie.ch.tum.de/master-framework/ ?download=1&file=130&ck=7877965832a724fda08d780b6fc50338 http://chemie.fb2.fh-frankfurt.de/KAT/kautschukgeschichte.htm http://www.chemgapedia.de/vsengine/vlu/vsc/de/ch/9/mac/netzwerke/vulkan/schwefel.vlu/Page/vsc/de/ch/9/mac/netzwerke/vulkan/schwmenge.vscml.html http://www.friedrich-verlag.de/pdf_preview/d510019_1822.pdf http://www.hansa-gymnasium-mint.org/n-chemie/projekte/phoenix-compounding/vulkanisation.html http://macroweb.chemie.uni-saarland.de/desknow/directfiles/wenz/Vorlesungen/MC1%20Synthese%20von%20Polymeren/Literatur/Vulkanisation.pdf http://www.nachwachsenderohstoffe.de/fileadmin/fnr/images/literatur/L_Heft_l.pdf http://online-media.uni-marburg.de/biologie/nutzpflanzen/carina/hevea_brasiliensis.htm http://www.seilnacht.com/Lexikon/k_gummi.html
Quellen http://www.swisseduc.ch/geographie/materialien/rohstoffe_welt/kautschuk/ http://www.thomasmusolf.de/fuer_schueler_und_eltern/Chemie/Semester%201%20Aufbau%20der%20Materie/V%20Kohlenstoff/Nachweis%20von%20Doppelbindungen.pdf http://www.uni-due.de/~hc0014/S+WM/Wirkung/Tyndall.html http://www.uni-duesseldorf.de/MathNat/Biologie/Didaktik/Nutzpflanzen/isopren.pdf