Vergütungsvereinbarung in der Strafverteidigung

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 Präsentation transkript:

Vergütungsvereinbarung in der Strafverteidigung KAV-Seminar Vergütungsvereinbarung in der Strafverteidigung

Wozu? um dem Vermögensverfall (§ 14 Abs. 2 Nr.7 BRAO) vorzubeugen (Berufspflicht) um effektive Verteidigung betreiben zu können (das sog. Zweitmandat) um Unabhängigkeit vom Mandanten und von der Justiz zu erhalten – schlimmstenfalls zu erlangen (RVG VV 4141)

Wann? möglichst früh BGH Urt. V. 07.02.2013 – IX ZR 138711 – = BeckRS 2013, 06891: erstmaliges Verlangen vor Gerichtstermin mit Androhung Mandatsniederlegung kann widerrechtliche Drohung enthalten (Anfechtung/Schadensersatz auf Befreiung von Vergütungsversprechen) – ggfs. Verlust des Anspruches auf gesetzliche Vergütung des geleisteten Teils bei Wahrmachen der Kündigung BGH Urt. 29.09.2011 – IX ZR 170/10 – (Interessewegfall nach § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB)

Wann? (beim inhaftierten Mandanten) Überraschungsmoment/Sittenwidrigkeit (nicht sofort / mit „Überlegung“) Kautionsrückzahlungsanspruch als Sicherheit? BGH BRAK-Mitt. 2009, 88: Verrechnung verstößt ge- gen Sicherungscharakter der Zweckbindung. Damit ist Modifikation der Sicherungsvereinbarung nicht ausge- schlossen (instr.: Sefrin KammerForum 2014, 116ff.)

Warum? Weil die Vergütungsvereinbarung das strafrechtliche Mandat „verrechtlicht“

Welche? Erfolgsabhängig Erfolgsunabhängig Pauschalvereinbarung Stundensatz Tarifgebunden Nachträgliche Vergütungsvereinbarung

Vereinbarung über erfolgsabhängige erfolgsunabhängige Vergütung (von einem als „Erfolg“ (Normalfall der dienst- definierten Ereigniseintritt leistungsbezogenen abhängige Vergütung) Vergütung) „Erfolg“ z.B. Freispruch Einstellung d. Verf. günstige Entsch. i. Haftverf. Vermeidung HV (VV 4141) u.a.

RVG ist Berufsgesetz i.S.d. § 43 BRAO als Transportnorm Abbedingung durch Vergütungsvereinbarung nur in den Grenzen der §§ 3 ff. RVG möglich Gesetzliche Voraussetzungen der erfolgsabhängigen Vergütungsvereinbarung (§ 4a Abs. 1 RVG): wirtschaftliche Insuffizienz des Mandanten (keine RS-VS, anderw. Kostenträger und keine notwendige Verteidigung) ohne Erfolgsvereinbarung Zugang zum Recht versperrt Darlegung Höhe gesetzlicher/erfolgsunabh. Verg. (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 RVG), Erfolgsdef., Höhe der Erfolgsverg. (§ 4a Abs. 2 Nr. 2 RVG) und der vom Mandanten geschilderten Gegebenheiten für die Erfolgsaussicht (§ 4a Abs. 3 RVG)

Gesetzliche Erfolgsvergütung Klassisch: VV 4141 (vgl. auch z.B. VV 1000 - 1005) Erhöhung dieser Gebühren durch Vereinbarung ohne die Voraussetzungen des § 4a RVG möglich (§ 49b Abs. 2 Satz 3 BRAO) Nur für die Tatbestände in VV 4141 (also nicht für Freispruch, günstige Haftentscheidungen pp.) und nicht in Kombination mit weiteren RVG-Bestimmungen modifizierenden Vereinbarungen „ohne weitere Bedingungen“

Wie hoch? Unangemessenheit /„Mäßigungsgebot“ BGHZ 162, 98ff. = NJW 2005, 2142ff.: das Fünffache der Höchstgebühr erzeuge eine Vermutung für Unangemessenheit der Vergütung weil der Gebührenordnung ein „Mäßigungsgebot“ innewohne. Überholt nach BVerfG NJW-RR 2010, 259ff. = StV 2010, 89 durch: BGH NJW 2010, 1364; BGH AnwBl. 2011, 148: rückblickende Kontrollrechnung nach fiktivem Stundensatz – substantiierte Darlegung erforderlich

Pauschalvereinbarung Höhe: Aufwandskalkulation + Zuschlag oder Ideenvergütung

Stundensatzvereinbarung Höhe: RAK Köln hält in Gebührengutachten Stundensätze zwischen 150,00 € und 500,00 € OLG Koblenz Beschl. v. 26.04.2010 – 5 U 1409/09 – = BeckRS 2010, 12986

Mindeststandards Für alle Gestalten von Vergütungsvereinbarungen: Trennungsprinzip, § 3a Abs. 1 S. 2 RVG Abstufung nach Verfahrensabschnitten (Bestimmtheit und Praktikabilität) Textform, § 3a Abs. 1 S. 1 RVG Hinweispflichten § 3a Abs. 1 S. 3 möglichst wenig kautelarjuristische Bemühungen (AGB) Gerichtsstandklausel bei Wohnsitz des Mandanten im Ausland

Fallstricke (1) Pauschale Verfallklausel nach OLG Köln Urt. 10.01.2012 – 24 U 103/10 – = BeckRS 2012, 03590 berufswidrig (u.B. auf BGHSt 27/366 zu früheren Standesrichtlinien – führt zu Unwirksamkeit der Klausel und Anwendung ges. Regel des § 628 Abs. 1 S.1 BGB: Abrechnung des geleisteten Teils) unzureichende Beschreibung des Abgeltungsbereichs (Bestimmtheit) fehlende Dokumentation (nachträgl. Rechtf. Angem.)

Fallstricke (2) Stundensatzvereinbarung Zeittakt Zulässigkeit str. : OLG Düss., Urt. 07.06.2011 – I – 24 U 183/05 – (unzul.); OLG Karlsruhe Urt. v. 28.08.2014 – 2 U 2/14 – zulässig, wenn vereinb. BGH Urt. 21.10.2010 – IX ZR 37/10 – offen gelassen unzureichende Abgrenzung von Anwaltszeitaufwand zu Wartezeiten, Fahrtzeiten fehlende Fälligkeitsregel fehlende zeitliche Eingrenzung des Geltungsbereichs Fehlende Mindestgebühr für Tätigkeiten im gerichtlich anhängigen Verfahren (unzulässige Gebührenunterschreitung – §§ 49b Abs. 1 Satz 1 BRAO, 4 Abs. 1 RVG)

Fallstricke (3) Tarifgebundene Vereinbarung § 4 Abs. 3 Satz 2 RVG: Bleibt die Bestimmung der Vergütung dem RA überlassen, ist nur die gesetzliche Gebühr geschuldet. Deshalb führen Bestimmungen wie „das Doppelte der gesetzlichen Gebühr“ nur zu deren einfachem Satz. Möglich: Vielfaches der Höchst-/Mindest-/Mittelgebühr

Leistungsstörungen Keine Verrechnung zweckgebundener Zahlungen Zurückbehaltung von Leistungen kein Zurückbehaltungsrecht im Dienstvertrag Mandat niederlegen Vorzeitige Beendigung/Mandatsniederlegung Bei Pauschalvereinbarungen Abrechnungsmodus (z.B. Stundensatz) vereinbaren

Rechtsfolgen fehlerhafter Vergütungsvereinbarungen Kein Gegenleistungsanspruch aus sittenwidriger Vereinbarung (Wucher, Überrumpelung – Vorsicht beim inhaftierten Mandanten!) formfehlerhafter Vereinbarung (Reduzierung auf ges. Gebühr als vertr. Anspruch BGH Urt. 05.06.2014 – IX ZR 137/12 – ) Vereinbarung ohne ausreichende Hinweise BGH Urt. v. 25.09.2014 – 4 StR 586/13 – Betrug d. Unterl. Es gilt zur Rückabwicklung ausschließlich Bereicherungsrecht (§ 4b Satz 2 RVG) Bei Unwirksamkeit einzelner Klauseln gilt § 306 Abs. 2, 3 BGB

Vergütungsvereinbarung bei Pflichtverteidigung Im Gegensatz zum PKH-Mandat (§ 3a Abs. 3 RVG) möglich Zu beachten: Anrechnung, § 58 Abs. 3 RVG gesteigerte Hinweisanforderungen (doppelte Kostenbelastung bei Verurteilung) Keine Drohung mit „Dienst nach Vorschrift“

Vergütungsvereinbarung mit Dritten/Abrechnung mit RS-VS Besonderheiten ergeben sich aus Verschwiegenheitspflicht (z.B. detaillierte Abrechnung gegenüber dem Arbeitgeber) und Leistungsstörung im Verhältnis zu Vergütungsschuldner Im Zweifel: gesamtschuldnerische Haftung vereinbaren Sonderproblem: Vorsteuerabzugsberechtigung des versicherten Unternehmens führt nicht zu Nettovergütung beim Verteidiger des mitversicherten AN: EUGH (1. Kammer) vom 21.02.2013 – C-104/12 – (Verteidigung keine umsatzbezogene Tätigkeit)

Vergütungsvereinbarung bei Beratung/Erstberatung Gesetzliche Empfehlung § 34 Abs. 1 RVG Folgen bei Mißachtung: § 612 BGB Vergütung nach dem Discount des Beratungsmarktes Anrechnung § 34 Abs. 2 RVG Formfrei wirksam, § 3a Abs. 1 Satz 4 RVG

Nachträgliche Vergütungsvereinbarung Die nach Abschluss des Mandats getroffene Vergütungsvereinbarung (freiwilliger Aufschlag/Erfolgsbonus pp.) ist ebenfalls an die Anforderungen des § 3a RVG gebunden (Wortlaut § 3a RVG) str. dafür: OLG Hamm Urt. V. 22.07.2010 – 28 U 237/09 - = BeckRS 2010, 22728 dagegen: Hartung/Schons/Enders RVG § 3a, Rdnr. 25