Korreferat zum Zwischenbericht: Wachstum und Demographie des ZEW

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 Präsentation transkript:

Korreferat zum Zwischenbericht: Wachstum und Demographie des ZEW Prof. Dr. Reinhold Schnabel Universität Duisburg-Essen LS für Finanzwissenschaft

Überblick Deutschland altert besonders stark Dies erfordert besondere Anstrengungen Politikfelder Wirtschaft, Arbeit, Soziales, Familie. Die Alterung lässt sich nicht mehr verhindern, denn Geburtenrate wirkt nur sehr langfristig Auswirkungen können abgemildert werden durch Wirtschafts- und Sozialpolitik: Ausschöpfen der Möglichkeiten Aber gezielte demographische Maßnahmen möglich (bspw. Abwanderung!)

1. Demographischer Wandel in Deutschland Deutschland ist gekennzeichnet durch eine demographische „Doppelalterung“: Anstieg der Lebenserwartung und niedrige Geburtenrate. Anstieg der Lebenserwartung ist ein weltweites Phänomen (auch in den am wenigsten entwickelten Ländern). In Deutschland beschleunigt während der letzten 15 Jahre. Deutschland hat im internationalen Vergleich ein besonders schwerwiegendes Geburtenproblem. Seit 35 Jahren sehr niedrige Geburtenrate. Deutschland ist damit eines der Länder, das weltweit am schnellsten altert. Wirtschaftliche (aber auch soziale) Folgen sind in D besonders dramatisch – bspw. Wachstum

Besondere Herausforderungen Demographischer Wandel schafft einen besonderen Handlungsdruck für deutsche Wirtschafts- und Sozialpolitik Sofern gesunde Lebensjahre gewonnen werden, ist Anstieg der Lebenserwartung handhabbar.  Ausdehnung der Lebensarbeitszeit (bspw. Rente mit 67+). Sogar positive Wirkungen, weil längere Amortisationsperiode der Bildung. Geburtenproblem kann durch Wirtschafts- und Sozialpolitik nur vorübergehend entschärft werden. Nachhaltige Lösung nur durch einen dauerhaften Anstieg der Geburtenrate (Zeithorizont 30 bis 100 Jahre)

Grundsätzliche Handlungsoptionen Wirtschafts- und Sozialpolitik bei gegebener Demographie = Abfederung der Alterung Kurz- und mittelfristig wirksame Beeinflussung der Demographie (Wanderung) Mittel- bis langfristige Bevölkerungspolitik zur Erhöhung der Geburtenrate Politiken können günstige Primärwirkungen haben (Wachstum, Familie) und auch zusätzliche demographische Folgewirkungen.

(1) Wirtschafts- und Sozialpolitik bei gegebener Demographie Probleme: - schrumpfende Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (absolut und relativ) - absolutes Wachstum – - pro-Kopf-Wachstum + (?) Potentiale nutzen: - Es kommt nicht nur auf die Zahl der Köpfe an, sondern auch darauf, was in ihnen steckt. - und was daraus gemacht wird

Ausschöpfen des Erwerbspotentials (quantitativ) Verkürzung von Ausbildungszeiten? (fraglich) Frauenerwerbstätigkeit (vgl. Schweden) Arbeitslosigkeit (wird nicht durch Demographie verschwinden) Erwerbstätigkeit Älterer (vgl. Schweden) Auswanderung: Attraktivität des Standorts Deutschland sichern

Ausschöpfung der Ressourcen (qualitativ) Vorschulische Bildung (Förderung in KiTa und Vorschule, d.h. nicht nur Betreuungsaspekt) Schulische Bildung (Durchlässigkeit, Hausaufgabenbetreuung, Ganztagsschule) Berufliche Ausbildung Produktivitätsgewinne, aber auch weniger Arbeitslosigkeit, weniger Armut und weniger Sozialausgaben

Bevölkerungspolitik oder Familienpolitik? Erhöhung der Fertilität ist schwieriges Unterfangen Selbst wenn es gelingt, nur mit langfristiger Wirkung Vorschläge bisher unzureichend - Reine monetäre Anreize sind fragwürdig - Internationale Vergleiche erforderlich - Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Vorausse tzung für Entscheidung für Familie Herdprämie  a) Rückzug vom Arbeitsmarkt b) Erhöhte Fertilität der untersten Bildungsschichten.

Bevölkerungspolitik oder Familienpolitik? Alternative zur Bevölkerungspolitik: Wirtschafts- und Sozialpolitik für Kinder und Familie  Verbesserung der Lebensbedingungen von Familien  evtl. als Nebeneffekt mehr Kinder Ähnliches gilt für Wachstums- und Beschäftigungspolitik. Auch sie kann als Nebeneffekt die Demographie verändern.

Weitere Anmerkungen Timing von Geburten ist für Fertilität zentral Timing der Geburten im internationalen Vergleich: Deutsche Akademikerinnen bekommen zu spät ihr erstes Kind Häufig wird dann auf das zweite oder dritte Kind verzichtet  Verkürzung der Ausbildungszeiten

Weitere Anmerkungen Fertilitätsraten könnten genauer analysiert werden hinsichtlich timing / spacing. Hieraus lassen sich u.U. wichtige Hinweise für Determinanten der Fertilität ableiten. Außerdem: Unterscheidung Kinderlosigkeit vs Mehrkindfamilie (wie intensive und extensive margin) Wer bekommt die Kinder? Bildungsferne Schichten? Oder gibt es einen U-förmigen Verlauf (Piech-Syndrom) Bspw. auch ehelich, unehelich (geboren oder geschieden?)

Kurzfristiger Wachstumsverlust durch höhere Geburtenrate? Kinder sind zwar eine wirtschaftliche Belastung, aber vor allem eine große Freude. Der Einwand, dass eine höhere Geburtenrate kurzfristig zu einem geringeren Pro-Kopf-Wachstum führe mag zwar stimmen. Es muss jedoch bedacht werden, dass die Erwerbsanstrengungen ansteigen, um den Konsum zu finanzieren. In ökonomischer Hinsicht ist zentral, dass die Soziale Sicherung nicht die Arbeitsanreize von Eltern vermindert (Grundsicherung, Herdprämie)

Was bringen international vergleichende Studien? Wir lernen daraus vor allem, dass mehr Geld nicht zu mehr Geburten führt Wir erhalten „Indizien“ für Wirksamkeit von Politiken. Insbes. Vereinbarkeit von Familie und Beruf, verlässliche Betreuung, Ganztagsschule. Aber keine Kausalitäten! Zu trennen hiervon sind Evaluationsstudien in anderen Ländern (kausale Effekte) Übertragbarkeit auf Deutschland ist fraglich

Vortrag des MPI Rostock Optimale Kinderzahl? Inwiefern ist die Fertilität zu niedrig, was wäre genug? Wohlfahrtstheoretische Begründung von Bevölkerungspolitik Problem von externen Effekten führen zu weniger Kindern als sozial optimal wäre Das Umlageverfahren vermindere den Anreiz, Kinder zu bekommen Mein Einwand: warum haben dann die Schweden so viele Kinder

Noch MPI Nutzentheoretische Begründung Menschen wollen Kinder haben, realisieren ihren Wunsch aber nicht. Warum ist dies ein Grund? Menschen haben auch den Wunsch nach einem großen Auto und wir subventionieren dies auch nicht! Wir benötigen hier also auch eine Marktunvollkommenheit

Noch MPI Statusabhängige Bildung: Problem der Gerechtigkeit und der Effizienz.

Frau Prof. Trappe Beispiele für Evaluationsstudien Björklund 2006, Hoem 2005, Neyer und Anderesson 2008 Verbesserungsvorschläge Bedeutung der Frauenerwerbstätigkeit nach Zeitumfang und Qualität Erwerbsmuster innerhalb der Paargemeinschaft und Rolle der Väter Betriebliche Familienpolitik