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Demographie 1 Albert F. Reiterer Vertiefende Lektüre:

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1 Demographie 1 Albert F. Reiterer Vertiefende Lektüre:
Albert F. REITERER (2003), Gesellschaft in Österreich, Sozialstruktur und sozialer Wandel im globalen Vergleich. Wien: WUV. Rainer MÜNZ / Albert F. REITERER (2007), Wie schnell wächst die Zahl der Menschen? Weltbevölkerung und weltweite Migration. Frankfurt/M.: Fischer. Albert F. REITERER (2007), Volkszählung 2001 – Textband: Die demographische, soziale und wirtschaftliche Struktur der österreichischen Bevölkerung. Wien: Statistik Österreich. Demographie befasst sich mit Stand und Entwicklung der Bevölkerung als Repro-duktionsgemeinschaft. Derzeit ist sie ganz technisch-mathematisch orientiert, ja, bestand bis vor kurzem fast zur Gänze aus Algorithmen (Lösungsanleitungen) statistischer Natur. Die theoretischen Grundlagen der Demographie sind bis heute nicht gut ausgearbeitet. Im Vergleich zur hoch entwickelten demographischen Technik wirken sie ausgesprochen dürftig. Allerdings ändert sich dies in der Gegewart “There is virtually no societal domain that escapes the effects of substantial changes in fertility, mortality and migration, as also their influence on the size and the age structure of the population” (Cliquet 1993, 107). Demographie ist eine Grundlagen-wissenschaft für alle Sozialwissenschaften. Sie stellt diesen entscheidende Daten bereit.

2 Österreich: langfristige Bevölkerungsentwicklung – „logistics“
Die Bevölkerung im Gebiet der heutigen Republik Österreich könnte in der späten Karolingerzeit etwa eine halbe Million ausgemacht haben. Bis zur großen Krise Mitte des 14. Jahrhunderts (Pestjahr 1348) dürfte sie sich mit ca. 1,5 Millionen Einwohnern verdreifacht haben; dasselbe Niveau wird wieder im 16. Jahrhundert erreicht. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts begannen England, Schottland und Holland ihren großen wirtschaftlichen und demographischen Sprung nach vorne. Im 18. Jahrhundert stieg die Bevölkerung stark, um 45 % von (1700) 2,1 Millionen auf 3,46 Millionen (1790). Während der Zeit der napoleonischen Kriege stagnierte sie. Danach begann sie wieder stark zu steigen und erreichte 1869 (1. moderne Volkszählung) 4 1/2 Millionen. Mit der in Österreich verspäteten industriellen Revolution setzte starkes Wachstum ein: Die starke Zuwanderung in die größeren Städte machte Wien zum wirtschaftlichen Zentrum, die Alpenländer zur Peripherie. Nach dem Ende der Monarchie schotteten sich die Nachfolgestaaten wirtschaftlich ab. Die Dynamik der Bevölkerungsbewegung war 1923 bis 1939 in den westlichen Bundesländer höher. Wien verlor an Niederösterreich, weil die Suburbanisierung begann. Die Okkupation durch Nazi-Deutschland verstärkte diese Tendenzen. Die neuen Machthaber hatten eine Anti-Wien-Ressentiments. Nach dem Ende des Dritten Reiches wuchs die Westregion (Tirol, Vorarlberg, Salzburg, Oberösterreich) weiter; die Südregion (Kärnten, Steiermark) und die Ostregion (Wien, Niederösterreich, Burgenland) stagnieren nahezu trotz hoher Wanderungsgewinne. Im Zweiten Weltkrieges fielen Soldaten aus dem österreichischen Gebiet, es gab Ziviltote jüdischen Österreicher aus Wien und Tausende Sinti und Roma wurden vertrieben bzw. ermordet. Zu Kriegsende kamen eine Million Flüchtlinge, die Hälfte blieb. Seit 1961 zogen Hunderttausende ausländische Arbeitskräfte und ihre Familienangehörigen zu. Die Volkszählung 2001 gibt eine Bevölkerung von 8,03 Mill. an.

3 „Fruchtbarkeit“ In Österreich beträgt die Gesamtfruchtbarkeitsrate (TFR) im Jahr 2003 noch 1,38: d.h., unter den Verhältnissen dieses Jahres würde eine Frau im Schnitt 1,38 Kinder zur Welt bringen. Europa war bis 1970 durch „relatively diverse populations“ (Noin / Woods 1993, 3) gekennzeichnet; dies gilt inzwischen nur mehr beschränkt. Während über den ersten demographischen Übergang höchstens im Detail Meinungsverschiedenheiten bestehen, ist selbst die Frage ob es einen zweiten gibt, nicht völlig unstrittig. Den Theoretikern des Ersten Überganges zufolge sollte dieser in den entwickelten Ländern im Wesentlichen in den 30er Jahren abgeschlossen gewesen sein. Damals hatten die meisten europäischen Länder das Reproduktionsniveau (TFR ~ 2,1) erreicht. Etwa an das angebliche Ende des ersten Übergangs schlossen einige Prozesse an, welche erhebliche Auswirkungen auf die Bevölkerungsentwicklung hatten. Zuerst drückte die Weltwirtschaftskrise die Fertilität, hernach kam der Zweite Weltkrieg, der einen Absturz brachte. Die Nachkriegszeit sah eine Erholung, die man gleichzeitig als Nachholprozess betrachten kann. Doch man kann argumentieren: Der Zweite Weltkrieg beendete die Entwicklung nicht, er war nur ein kurzfristiger Unterbruch. Industrialisierung, Urbanisierung, in der Folge Säkularisierung und Individualisierung setzten sich fort und brachten eine weitere Umwertung der eigenen Lebensplanung und der Kinder als Lebensziel. Neue Mittel der Familienplanung / Empfängnisverhütung wurden daher entwickelt und erleichterten die Umsetzung der neuen Werte (“Pillenknick”). Erst Mitte der 60er Jahre setzte die „ungestörte“ Bevölkerungsentwicklung wieder ein. So wäre der zweite Übergang nur die durch Krisen gestörte Fortsetzung des ersten. Die Argumentation ist richtig, übersieht aber: Mit dieser Unterbrechung durch den Weltkrieg wurde tatsächlich eine Zäsur gesetzt.

4 „Bevölkerung“– „Fruchtbarkeit“– „Wanderung“
Bevölkerung: die Gesellschaft auf einem bestimmten Gebiet unter dem Aspekt der Reproduktion, als „Fortpflanzungsgemeinschaft“ „Demographische Grundgleichung“: Anfangsbestand Zuwachs – Abgang = Endbestand der Bevölkerung der Bevölkerung Geburten Sterbefälle („natürliche“ Bevölkerungsbewegung) sowie Zuzüge Wegzüge (Migration) TFR („Total Fertility Rate“, Gesamtfruchtbarkeitsrate) = Summe aller altersspezifischen Fruchtbarkeitsraten) Wanderung: jeder Wohnsitzwechsel, auch z. B. innerhalb einer Gemeinde; bedeutsam ist aber heute meist nur ein Wohnsitzwechsel über Kontinental- oder Staatsgrenzen hinweg. Weltbevölkerung kann nur durch Geburtenüberschuss wachsen oder durch Defizit schrumpfen. Doch die Welt ist in nationale Gesellschaften gegliedert. Eine nationale Bevölkerung kann also auch durch Zu- oder Wegzug wandern oder schrumpfen. Tatsächlich wirkt dies kurzfristig viel stärker als die „natürliche“ Bevölkerungsbewegung.

5 Erster Demographischer Übergang
Der erste "demographische Übergang" startet im Modernisierungsprozess von einem quasistationären Zustand und erreicht einen anderen. In traditionalen Gesellschaften ist die Geburtenrate hoch. Ihr steht eine hohe Sterblichkeit, insbesondere eine hohe Kindersterblichkeit, die oft durch Vernachlässigung der Kleinkinder bewusst gefördert wurde gegenüber. Daraus ergibt sich ein, wenn überhaupt, sehr langsames Bevölkerungswachstum. Im Modernisierungsprozess beginnt die Sterblichkeit durch verbesserte Lebens-umstände und Hygiene zu sinken. Menschliches Verhalten ist kultur- und erfahrungsbedingt. Es reagiert träge auf neue Situationen. Die hohen Geburtenraten halten sich noch eine Generation; dann erst beginnen auch sie ausgehend von den Städten zu sinken. Die Folge ist ein beschleunigtes Bevölkerungswachstum. Das geschah in den Kernländern Österreichs, verstärkt durch hohe Zuwanderung in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahr-hunderts. In der Dritten Welt ist dieser Prozess noch heute im vollen Gang. In hoch entwickelten Ländern sank die Fruchtbarkeit deutlichst unter das Reproduktionsniveau ab: In Österreich beträgt die Gesamtfruchtbarkeitsrate (TFR) im Jahr 2002 noch 1,4: Unter den Verhältnissen dieses Jahres würde eine Frau im Schnitt 1,4 Kinder zur Welt bringen. Einige Demographen entwickelten daher die These vom „zweiten demographischen Übergang“ zu (Kaa 1994). Dieser wäre hauptsächlich durch das Absinken der “natürlichen” Bevölkerungsbewegung unter das Reproduktionsniveau gekennzeichnet.

6 Geschlecht Überall in der Welt besteht bei der Geburt ein ziemlich konstanter Knaben-überschuss; er ergibt etwa als Geschlechtsproportion. Das haben schon die ersten Demographen des 17. Jahrhunderts errechnet: „Besonders ist bey diesem Hervorgange aus dem Nichts … aller Aufmerksamkeit würdig, dass jederzeit gegen 20 Mädgens 21 Söhne kommen“ (Sueßmilch 1761, 53). Über die unter-schiedliche Höhe der Säuglingssterblichkeit schlägt der Knabenüberschuss auf die Sexualproportion der späteren Altersjahre durch. Als die Säuglingssterblichkeit hoch war, wurde der Knabenüberschuss in kurzer Zeit abgebaut. Noch im Jahre 1934 bedurfte es dazu nur 20 Jahre. Wiederum Sueßmilch 1761, 54: „Dieser Abgang in der Kindheit ist bey den Knaben etwas größer als bey den Mädgens, und scheint fast allen Überschuß derselben weg zu nehmen; woraus denn in das 15te und 20ste Jahr eine völlige Gleichheit erwachset, daß jedes Geschlecht einen ehelichen Gatten finden kann.“ Heute braucht es bis zum Ausgleich der Zahlen etwa 45 Jahre: Erst dann stehen sich in Österreich gleich viele Männer wie Frauen gegenüber. Je höher die Lebenserwartung im höheren Alter wird, umso stärker müsste somit der Frauen-überschuss, umso niedriger die Geschlechterproportion sein, unter sonst gleichen Umständen. Als zahlenmäßig gewichtigster Faktor für die Geschlechterproportion wirkt sich der Geburtenrückgang aus. Die stark besetzten Jahrgänge mit ihren unterschiedlichen geschlechtsspezifischen Sterblichkeiten wandern in der Alters-pyramide höher und beeinflussen auf diese Weise die Geschlechterproportion.

7 Von der „Pyramide“ zur „Glocke“: Alter in Österreich
Die Alterspyramide ist heute zu einer Glocke geworden. Die Alterspyramide der österreichischen Bevölkerung spiegelt die Geschichte dieses Jahrhunderts wieder. Die Gefallenen und Ziviltoten des Zweiten Weltkrieges verteilen sich auf einen breiteren Altersbereich. Noch auffälliger sind die "Einschnürungen" der Geburtsjahrgänge 1915 – 20, 1932 – 38 und wieder 1943 – 46: Die beiden Kriege und die Weltwirtschaftskrise verursachten massive Geburtenrückgänge. Nach einem kurzen Anstieg Ende der 40er Jahre sank die Geburtenziffer Anfang der 50er Jahre wieder (hohe Arbeitslosigkeit). Dann stieg sie stetig von 1954 bis 1963 und ging schließlich wieder stark zurück. Diesmal geschah dies nicht aus einem wirtschaftlichen Notstand heraus, sondern infolge eines profunden Wertwandels. Eine neue "Bevölkerungsweise" kündigt sich mit dem “Zweiten demographischen Übergang” an. – Nach unten hin wird die "Pyramide" schmäler und bekommt so die nunmehr gewohnte Gestalt entwickelter Industrieländer ("Glocke"). Die Ausbuchtung wird in der Folge nach oben wandern und so das Durchschnittsalter nach oben verschieben. International liegt Österreich im geringen Anteil mit 17,4 % der unter 15jährigen in der Norm hochentwickelter Länder. Die BRD steht tiefer (1995) mit 16,3 %. In schlecht entwickelten Ländern sind beinahe zwei Fünftel der Bevölkerung (Indien: 36,0 %; Ägypten 39,7 %, Brasilien 35,2 %) unter 15 Jahre alt. Nimmt die Lebenserwartung bei der Geburt zu, steigt der Anteil der unteren Altersklassen. Spiegelbildlich verhält sich der Anteil der Über-60jährigen. In den gering entwickelten Ländern ist er niedrig (Ägypten 5,8 %; Indien: 6,5 %). Er steigt mit zunehmendem Entwicklungsstand. Österreich liegt in einer mittleren Position.

8 Alter im Vergleich in Europa
Die Alterspyramide der österreichischen Bevölkerung spiegelt die Geschichte dieses Jahr­hunderts wieder. Die Gefallenen und Ziviltoten des Zweiten Weltkrieges verteilen sich auf einen breiteren Altersbereich. Noch auffälliger sind die "Einschnürungen" der Geburtsjahrgänge 1915 – 20, 1932 – 38 und wieder 1943 – 46: Die beiden Kriege und die Weltwirtschaftskrise verursach-ten massive Geburtenrückgänge. Nach einem kurzen Anstieg Ende der 40er Jahre sank die Geburtenziffer Anfang der 50er Jahre wieder (hohe Arbeitslo-sigkeit). Dann stieg sie stetig von 1954 bis 1963 und ging schließlich wieder stark zurück. Diesmal geschah dies nicht aus einem wirtschaftlichen Notstand heraus, sondern infolge eines profunden Wertewandels. Eine neue "Bevölke-rungsweise" kündigt sich mit dem “Zweiten demographischen Übergang” an. – Nach unten hin wird die "Pyramide" schmäler und bekommt so die nunmehr gewohnte Gestalt entwickelter Industrieländer ("Glocke"). Die Ausbuchtung wird in der Folge nach oben wandern und so das Durchschnittsalter nach oben verschieben. Das Durchschnittsalter steigt im engen Zusammenhang mit der Gemeindegröße. Je größer die Gemeinden werden, desto schwächer sind die unteren Altersgruppen besetzt und desto stärker die oberen: Man könnte somit die Serie der Gemeindegrößen hier so wie bei vielen anderen demographischen Merkmalen als Querschnitt betrachten, welcher synchron die Abfolge von verschiedenen Entwicklungsphasen darbietet.

9 Die Menschen leben immer länger, auch die älteren
In den nächsten Jahrzehnten wird das Durchschnittsalter steigen, während es sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten nur wenig erhöhte. Man spricht oft von der "Überalterung": der Zunahme der Anteile älterer Menschen infolge sinkender Geburtenziffern. Der Hauptfaktor säkular steigender Lebenserwartung war das Sinken der Säuglingssterblichkeit. In den letzten drei Jahrzehnten sank diese noch beträcht-lich: Im Jahr 1971 lag die perinatale Sterblichkeit (Totgeborene + Gestorbene in der ersten Lebenswoche) noch bei 2,63 %. Sie sank bis 2002 auf 0,41 % ab. Österreich liegt 2002 im geringen Anteil der Unter-15jährigen mit 16,7 % der Bevölkerung in der Norm hochentwickelter Länder. Die BRD steht mit 15,1 % tiefer. In den schlechtest entwickelten Ländern, wie Indien, sind im Jahr 2000 zwei Fünftel der Bevölkerung (35,2 %; Ägypten 37,7 %, Brasilien 29,6 %) unter 15 Jahre alt. Spiegelbildlich verhält sich der Anteil der Über-60jährigen. Österreich liegt 2002 bei 21,4 %, wird von der BRD mit 24,1 % übertroffen, die USA haben 16,5 % (1998). In Ägypten ist der Alten-Anteil mit 5,8 % und in Indien mit 6,9 % niedrig. Er steigt tendenziell mit zunehmendem Entwicklungsstand.

10 Wie viele Alten haben die Aktiven künftig zu erhalten?
Die Altersstruktur ist derzeit zentral in der politischen Diskussion. Die “demographischen Belastungsquoten” werden in allen entwickelten Ländern in den nächsten Jahrzehnten steigen. Die markant steigende Lebenserwartung bringt eine deutlich verlängerte Pensionsbezugsdauer; sie stieg von 13,8 Jahren bei Männern und 18,6 Jahren bei Frauen im Jahr 1981 auf 16,2 bzw. 22,0 Jahre. Weniger Aktive hätten somit mehr Pensionisten zu erhalten gab es am 1. Juli Pensionisten ( Männer und Frauen). Sie erhielten 259 Mrd. Schilling. Der Pensionsaufwand samt Ausgleichzulagen, Gesundheitsvorsorge und Verwaltung betrug 295 Mill., 10,9 % des BIP. In Österreich funktioniert die Pensionsversicherung nach dem “Umlagenverfahren”: Die Beiträge der Aktiven eines Jahres müssen den Aufwand decken. Zu einzelnen Versicherungen leistet der Staat Zuschüsse, besonders (zwei Drittel der Leistungen) für Selbständige. Bei steigender Produktivität ist dies prinzipiell kein Problem. Der Anteil der Pensionisten am BIP würde steigen. Dies bedeutet nicht, dass der Lebensstandard der Aktiven sinkt. Pensionssenkung, cet. par. Senkung des Lebenseinkommens, ist derzeit die politische Antwort. Im “Kapitaldeckungsverfahren” müssen sich die Pensionen nach dem im Lauf des Lebens angezahlten Summen richten. Diese Verschiebung der Altersvorsorge von staatlich gestützten Versicherungen zum privaten Sparen ändert das Problem der Belastung der Aktiven nicht. Auch “Eigenvorsorge” bedeutet ökonomisch, dass Pensionisten von den Aktiven erhalten werden: Die Produkte, die sie in 30 Jahren konsumieren, erzeugen sie nicht heute und sparen sie an – es ist dann ein Abzug am von den Aktiven erarbeiteten Sozialprodukt. “Eigenvorsorge” ist eine Form, in der durch heutigen Konsumverzicht Ansprüche auf Teile des Sozialprodukts von später erzeugt werden – ebenso wie solche Ansprüche durch ein rechtskräftig gültiges Pensionssystem heutigen Musters erzeugt werden. Nach dem Schock der Belastungspakete 1996/97 hat sich erst ein kleiner Teil von Personen eine Anwartschaft privater Art erworben. Doch die Zuwachsraten sind enorm. Die Österreicher, die es sich leisten können, lernen, dass die Leistungsbereitschaft des Staates auf tönernen Füßen steht.

11 Wanderungen: „Push“ und „Pull“ durch Armut und Wohlstand
Die Bevölkerungszu- oder -abnahme eines bestimmten Gebietes ist langfristig als Indikator wirtschaftlicher und sozialer Wachstumsprozesse dieses Gebietes zu lesen. Heute zählen im wesentlichen Wanderungsströme. Die Menschen ziehen dem Wohlstand in jene Regionen nach, die wirtschaftlich begünstigt erscheinen. Damit beeinflussen sie selbst wieder die Wohlstands-entwicklung, denn Wanderungen sind in wirtschaftlicher Hinsicht Teil eines kumulativen Prozesses. In den Jahren von 1951 – 1961 war der Wanderungssaldo Österreichs mit noch negativ gewesen. Die Kriegsflüchtlinge und Vertriebenen wanderten ab; die Armut trieb andere zur Auswanderung. Dies halbierte den Effekt des Geburtensaldos ( ). Der positive Wanderungssaldo seit 1961 stammt von den so genannten „Gastarbeitern“. Er trug wesentlich zum Gesamtwachstum bei. Er beeinflusst auch den Geburtensaldo, weil Menschen vor allem in jüngeren Jahren wandern: So bringt die Geburtenbilanz 2000, also in einer gebremsten Zuwanderungsphase, einen Überschuss von Geburten (sie war übrigens seit 1993 rückläufig gewesen) über die Sterbefälle. Wanderbewegungen sind altersspezifisch selektiv: Jüngere Leute wandern stärker als ältere. Abwanderungsländer werden somit "überaltert" sein. Die Abwanderungsbezirke an der früheren "toten Grenze" zur ČSSR (heute ČR und SR) und zu Ungarn sowie die alten Industriebezirke zeigen einen hohen Anteil an älteren Menschen. Außerhalb der größeren Städte ist die Altersstruktur auch ein Armutsindikator: "Alte" Landbezirke haben ein niedrigeres Durchschnitts-Einkommen.

12 In wohlhabenden Gesellschaften lebt man deutlich länger
Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen erklärt einen hohen Teil der Unterschiede in der Lebenserwartung zwischen Ländern stark unterschied-lichen Lebensstandards. In hoch entwickelten Industrieländer mit nur kleinen Wohlstands-Unterschiede zählen andere Faktoren. NZZ, 5. Juni 2000: „Dass die [US-] Amerikaner im Durchschnitt 4,5 Jahre weniger bei guter Gesundheit leben können als die Japaner, sei angesichts des in den USA verbreiteten Wohlstands keine Selbstverständlichkeit. Die geringere Lebenserwartung ist nach Angaben der WHO vor allem auf die Tatsache zurück zu führen, dass die Lebensbedingungen der Angehörigen von Minderheiten in den Vereinigten Staaten oft eher den Bedingungen in einem Entwicklungsland als jenen in einem Industrieland entsprechen. Das Leben dieses Personen sei vor allem durch Armut und den Mangel an medizinischer Versorgung geprägt“ (aus einem Bericht der WHO). Ungleichheit senkt die nationale Lebenserwartung drastisch.

13 Prognosen und ihre Treffsicherheit
Bevölkerungszahlen werden weltweit am ehesten vergleichbar durch Volkszählungen erhoben. Eine Volkszählung ist ein administrativer Akt, an den eine Reihe von rechtli-chen Regelungen anknüpfen. Die Bevölkerungszahl ist in Österreich der Bezugspunkt für viele Bestimmungen, vor allem für den Finanzausgleich: die Verteilung der Ergeb-nisse der "gemeinschaftlichen Bundesabgaben" auf Bund, Länder und Gemeinden. Jahrelanger streiten daher die Vertretern der Gebietskörperschaften um jeden einzelnen Menschen. Es ist somit gesetzestechnisch notwendig, die Ergebnisse bis auf die Einer-stelle genau auszuweisen. Das spiegelt eine Exaktheit vor, die erhebungs-technisch nie erreichbar ist. Wenn die Bevölkerungszahl 8,032,926 am 15. Mai 2001 genannt wird, dann können dies 8, oder 8, Personen gewesen sein. Man kann die Volkszählung als Zufallsstichprobe unter einer Reihe von Jahren auffassen. sagte die Bevölkerungsprojektion der Statistik Austria noch im Sommer 2005 für die Bevölkerung Österreichs im Jahr 2050 voraus. Wenige Monate später – die heute „gültige“ Prognose – war der Wert um gut auf 8, Menschen in diesem Jahr gestiegen. Das soll uns eine Lehre sein, uns auf Projektionen selbst in diesem vergleichsweise gut erschlossenen Bereich zu vertrauensselig zu verlassen! Prognosen müssen Annahmen treffen und sind davon abhängig. Wenn sich infolge unvorhergesehener Entwicklungen die Annahmen ändern, ändern sich auch die prognostizierten Werte, und je länger in die Zukunft, umso drastischer.

14 Das Zentrum gewinnt, die Peripherie verliert
Die künftige Entwicklung wird – laut dieser plausiblen Prognose – in den zentralen Regionen erhebliche Dynamik entwickeln: Wien und Niederösterreich – d. h. in Wirklichkeit das weitere Umland Wiens – wird deutlich an Bevölkerung gewinnen, wenn auch das Burgenland insgesamt weiter stagnieren wird. Damit wird die Ostregion insgesamt ihren Anteil von derzeit 42,2 % der österreichischen Bevölkerung auf 46,2 % steigern. Der Süden, also Kärnten und die Steiermark, verliert absolut und in Anteilen. Die Bevölkerungszahl stagniert mit leichter Tendenz nach unten. Der Anteil dürfte somit deutlich zurück gehen, von 21,8 % auf 19,2 %. Der Westen, also alle anderen Bundesländer, gewinnt zwar deutlich an Bevölkerung, an die ¾ Million. Doch da der Osten noch stärker wächst, verliert er leicht an Anteilen, von 36,4 % auf 35,2 %.

15 Tschechien und Slowakei: langfristige Bevölkerungsentwicklung – „logistics“
Politik spielt auch in der Bevölkerungsentwicklung eine große Rolle, wie die zwei großen Brüche im heutigen Tschechien zeigen: der 30jährige Krieg und die Flucht / Vertreibungen nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Mensch der Gegenwart ist in der Lage, auf Grund seiner Techniken der Naturbeherrschung immer stärker auch in Gebieten zu leben, die ihm noch bis vor kurzer Zeit weitgehend verschlossen waren. Finnland liegt auf einer nördlichen Breite, die eine menschliche Besiedlung zu einer Zeit schwierig machte, als diese noch den Natureinflüssen ausgeliefert war. Die Landwirtschaft wurde immer produktiver; die Wirtschaft hat sich entagrarisiert. Nun wurden Landstriche dichter bewohnbar, die seinerzeit für die Menschen unwirtlich gewesen waren. Die Naturabhängigkeit des Menschen wird immer geringer; wir gestalten uns immer stärker unsere Umwelt. Wir können heute überall im üblichen Standard leben, und sei es am Südpol. Das ist prinzipiell keine neue Erscheinung, sondern eine menschliche Fähigkeit seit Beginn seiner Entwicklung.

16 Schweden: langfristige Bevölkerungsentwicklung – „logistics“ oder exponentielles Wachstum?
Praktisch an allen nationalen Entwicklungen lässt sich die S-Kurve feststellen, die wir schon auf Weltebene beobachteten. Vergleichen wir die österreichische Bevölkerungsentwicklung seit zwei Jahr-hunderten mit jener in Finnland. Das Wachstum in Finnland war wesentlich höher als in Österreich. In Österreich wuchs die Bevölkerung in dieser Zeit um den Faktor 2,63; in Finnland dagegen um das 6,2fache. Worauf ist das zurück zu führen? Auch Schweden wuchs um das 3,8fache, dagegen unser Nachbar, Tschechien, nur um das 2,3fache, und Frankreich nur um das 2,1fache (immer heutiges Gebiet!). Zum einen kommt es auf den Start im Modernisierungsprozess an. Die Küsten Finnlands, vor allem von Schweden bewohnt, waren damals schon gut ent-wickelt. Der schwedische Bevölkerungsteil wuchs nur mehr in geringem Ausmaß, und nicht nur wegen der Assimilation. Diese Entwicklungsverschie-bung wird von Frankreich belegt. Das Land war um 1800 herum weiter fortgeschritten, wuchs aber seither vergleichsweise weniger. Finnland hingegen lag zum größeren Teil um 1800 im materiellen Lebensstandard deutlich unter Österreich. Zum anderen – das ist in der Diskussion um den Malthus’schen Naturalismus von Bedeutung – kann man die unterschiedlich frühe und schnelle Besiedelung von Gebieten verschiedener geographischer Lage als einen Hinweis auf die Abhängigkeit des Menschen von der Natur und seine Emanzipation von solchen natürlichen Beschränkungen lesen.

17 Fragen – Diskussionen; Literatur
Aussage: Soziales Verhalten ist regelhaft, „gesetzmäßig“; kann somit verstanden, erklärt und schließlich auch prognostiziert werden. Es gibt soziale Gesetze. Soziale Gesetze sind nicht „Naturnotwendigkeiten“. Sie sind kulturerzeugt, entstehen aus Werten, Sinnzielen, und Normen. Jede Gesellschaft wählt ihre eigenen Normen aus. Sie hat also auch eigene soziale Gesetze. Dazu gibt es eine Stilistik des Verhaltens, das man häufig unter der irreführenden Bezeichnung „Nationalcharakter“ erfasst. Fragen: (1) Diskutieren Sie die Variablen des Ersten Demographischen Übergangs und recherchieren Sie Daten aus einigen Gesellschaften dazu! (2) Wie viele Menschen könnten bisher etwa gelebt haben? Überlegen Sie sich die Methode, wie eine solche Berechnung möglich wäre, und welche Daten Sie dafür brauchen! 3) Diskutieren Sie Probleme einer Alters-Eigenvorsorge für niedrige Einkommensschichten! Die Fragen sind Anregungen zur Weiterarbeit. (b) Wo finden Sie Daten? Bezogen auf Österreich, sind hier die wichtigsten Daten zur Sozialstruktur zu finden. Insbesondere ist auf das Statistische Jahrbuch sowie die Statistischen Übersichten hinzuweisen. Internationale Daten der Weltbank, besonders Entwicklungsbericht Von der Website der Statistik Austria können Sie in alle Statistikanbieter der EU und einige andere mehr gelangen. Für entwicklungspolitisch relevante Daten ist insbesondere auf die Weltbank und Ihren Entwicklungsbericht zu verweisen. Die Daten sind keineswegs über allen Zweifel erhaben. Trotzdem geben sie erste nützliche Informationen.


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