Lässt sich die künftige Entwicklung der Medienmärkte prognostizieren?

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 Präsentation transkript:

Lässt sich die künftige Entwicklung der Medienmärkte prognostizieren? Institut für Kommunikationswissenschaft Jena 10.01.2014 Lässt sich die künftige Entwicklung der Medienmärkte prognostizieren? Ökonomische Methoden der öffentlichen Kommunikation WS 13/14 Prof. Dr. Seufert Referenten: Philip Thomisch, Sebastian Lohr

Gliederung Wissenschaftstheoretische Grundlagen Methodische Probleme der Medienprognose nach Tonnemacher Vergleich Trendprognose und Prognose auf Basis eines ökonomischen Modells Delphimethode Zusammenfassung Diskussion Quellen

1. Wissenschaftstheoretische Grundlagen Glaubwürdigkeit der Quelle verifiziert? Fehlen des zusätzlichen Aufwandes verifiziert? Psychologischer Aufwand: Woanders nach dem billigeren Buch fragen müssen; als weniger finanzkräftig dastehen

1. Wissenschaftstheoretische Grundlagen Prognose = dynamische Systemanalyse Planung = Prognose + Zielbestimmung + Kosten-Nutzen-Rechnung für Varianten der Systemsteuerung prognostische Methoden: Techniken, die spezifische Schwierigkeiten längerfristiger, dynamischer Systemanalyse zu überwinden helfen Probleme langfristiger Prognosen: Abgrenzung von Systemen: definiert, aber nicht transparent oft nur relevante, systeminterne Variablen erfasst, externe Variablen verbleiben; eigengesetzliche qualitative Sprünge möglich (Ursache-Wirkungs-Ketten, die regelmäßig ablaufen, müssen nicht immer bestehen bleiben) Prognostik: entweder komplexe Systeme oder Vielzahl externer Variablen Zerlegung in Subsysteme kann sinnvoll sein

1. Wissenschaftstheoretische Grundlagen Modelle und Szenarios Zahl der Variablen Metrik   Ordinal-Skala Nominal-Skala Intervall-Skala Rational-Skala Wenige (weniger als 10) Szenarios Fallstudien starre Modelle Starre Modelle (basierend auf Faktorenanalyse) Viele (mehr als 10) Simulations-Modelle Optimierungsmodelle

2. Methodische Probleme der Medienprognose nach Tonnemacher Zwei Formen der Medienprognose Wissenschaftliche Prognosen Methoden nicht ausreichend entwickelt Bestehend aus sich an der Vergangenheit orientierenden Trends (konzeptionslose Fortschreibung dieser für die Zukunft) Intuitive Voraussagen Orientierung an bereits getroffenen Zukunftsvorausschätzungen Subjektiv empfundene Annahmen des Publizierenden

2. Methodische Probleme der Medienprognose nach Tonnemacher Prognosen sind entweder deterministische Aussagen („wenn A, dann B“) oder stochastische Aussagen  Prognosen auf „Gebäude von Annahmen“ „Medienprognosen müssen daher ständig der tatsächlichen Entwicklung angepasst und revidiert werden, wenn sich die Determinanten anders als prognostiziert entwickeln“ Determinanten können unabhängige und abhängige Variablen sein Bsp.: medienpolitische Entscheidungen <-> Massenmedien Verhaltensänderungen sind nicht prognostizierbar Bsp.: Kommunikationspolitik

2. Methodische Probleme der Medienprognose nach Tonnemacher Determinanten der Nachfrage im medialen Sektor: Gesellschaft, Technik der Massenkommunikationsmittel , Kommunikationspolitik  Gewichtung dieser Faktoren kaum möglich  extreme Komplexität Tonnemachers 3-Schritte Feststellung einer „Massenmediensituation der Zukunft“ durch status quo-Prognosen Abgleich dieser Situation mit den zuvor definierten Vorstellungen Vergleich der „idealen“ Mediensituation mit der status quo-Prognose ( Defizite)

3. Vergleich Trendprognose und Prognose auf Basis eines ökonomischen Modells Geht von zukünftiger Eigengesetzlichkeit aus, die sich in der Vergangenheitsentwicklung einer Zeitreihe gezeigt hat Vergangener (messbarer) Trend wird in die Zukunft extrapoliert Trendextrapolationen ignorieren Verhaltensänderungen/Variablenveränderungen und müssen kritisch in Bezug auf ihre Realitätsansprüche betrachtet werden Anwendung: Bei einfachen Sachverhalten, wenn keine Entwicklungssprünge erwartet werden z.B. bei Prognosen der Auflagenentwicklung

Auflagengröße Messbare Entwicklung Trendextrapolation 1980 1990 2000 2010 2020 2030 Zeiträume

3. Vergleich Trendprognose und Prognose auf Basis eines ökonomischen Modells Ökonomisches Modell: Ausgehend vom homo-oeconomicus Komplexitätsreduktion wirtschaftlicher Zusammenhänge Einbezogene Variablen stehen durch mathematische Gleichungen/Ungleichungen in Beziehung Im Voraus getroffene Grundannahmen, werden als konstante Rahmenbedingungen angesehen Alle Einflussgrößen, die nicht untersucht werden, bleiben unverändert Diskrepanz zwischen Empirie und Modell Anwendung: Zur Untersuchung von Teilausschnitten der Wirklichkeit oder zur Simulation wirtschaftspolitischer Maßnahmen z.B.: Werbeausgaben, Änderung des Verbraucherverhaltens

Beispiel: Änderung des Verbraucherverhaltens Der Wissenschaftliche Mitarbeiter A hat die Gewohnheit, in den Sommerferien zum Windsurfen an die Ostsee zu fahren. In diesem Jahr hat er sich jedoch entschlossen, stattdessen einen neuen PC zu kaufen. Welche Auswirkungen hat diese Entscheidung auf die Volkswirtschaft?

4. Delphimethode „ […] eine in mehreren (meist vier) Wellen wiederholte Befragung von „Experten“ zu deren Einschätzung des zukünftigen Eintretens bestimmter Ereignisse. Nach jeder Befragungswelle werden diese […] mit Aussagen und Begründungen der übrigen in dieser Gruppe Befragten konfrontiert [...]“ (Tonnemacher, 1978, S. 278) Vorteil: Möglichkeit, eigene Aussagen an Argumenten anderer zu überprüfen Ziel: weitgehende Konvergenz und argumentative Absicherung der Zukunftsaussagen Kritik: Argumente gehen im Laufe der weiteren Befragung verloren

4. Delphimethode Beispielstudie: „Prognosen zur Entwicklung der Kommunikationsinfrastruktur in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft bis zum Jahr 2005“ – eine Delphi-Studie im Rahmen des EG-Forschungsprogramms FAST (Knoche/Seufert, 1987) Methode: Delphi-Befragung schriftliche Experten-Befragung bei Wahrung der Anonymität der Teilnehmer Experten aus Europas Medienunternehmen und Institutionen: Techniker, Medien- und Werbefachleute, Medienpolitiker und Experten für Medienrecht und -politik mehrmalige Wiederholung der selben Fragen unter Berücksichtigung der Durchschnittsergebnisse der jeweils vorherigen Befragungsrunde Fragenabschnitte: 1.) generelle Entwicklung von Technik und Rahmenbedingungen 2.) Preis- und Kostenentwicklung von Infrastruktur, Fernsehproduktionen und elektronischen Textmedien 3.) Entwicklung des Finanzierungspotenzials neuer Medien, insbes. Werbemarkt aus Zeitgründen auf zwei Befragungsrunden beschränkt Runde 1: n=111; Runde 2: n=79

4. Zusammenfassung Prognosen sind entweder deterministische oder stochastische Aussagen Medienprognosen müssen ständig der tatsächlichen Entwicklung angepasst und revidiert werden, wenn sich die Determinanten anders als prognostiziert entwickeln Determinanten können unabhängige und abhängige Variablen sein Verhaltensänderungen sind nicht oder nur sehr schwer prognostizierbar Trendprognosen und ökonomische Modelle stellen stets idealistische Zukunftsentwicklungen dar, die mit der Empirie konfrontiert werden müssen

5. Diskussion Prognosen tragen durch ihre Gegenwartsorientierung lediglich zur Stabilisierung des vorliegenden Systems bei. Ist die Delphibefragung eher als qualitative oder quantitative Studie zu verorten? Delphi-Studie von 1987: Für wie aussagekräftig halten Sie die Prognosen der Experten von damals? Auf was sind die Abweichungen von der tatsächlichen Entwicklung wohl zurückzuführen (Methode oder andere Variablen)?

6. Quellen Bundeszentrale für politische Bildung. URL: http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/20260/oekonomisches-modell. (Zugriff: 08.01.2014). Gehmacher,E. (1971): Methoden der Prognostik.Reinbeck:Rowohlt. Knoche, M./Seufert, W. (1987): Prognosen zur Entwicklung der Kommunikationsinfrastruktur in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft bis zum Jahr 2005. Ergebnisse einer Delphi-Studie im Rahmen des EG-Forschungsprograms FAST. In: Media Perspektiven, Heft 2, 111-129. O‘Donovan, B./ Rae, D./ Grimes, A. (2000): Determinants of advertising expenditures: aggregate and cross-media evidence. In: Journal of Advertising Research, 19(3), 317-334. PWC (Hrsg.): German entertainment and media outlook: 2008-2012. Die Entwicklung des deutschen Unterhaltungs- und Medienmarktes. Frankfurt/M.: Fachverlag Moderne Wirtschaft. Tonnemacher, J. (1978): Methodische Probleme der Medienprognose. In: Media Perspektiven, Heft 4, 278-288. Häder, Michael (2009): Delphi-Befragungen: ein Arbeitsbuch. 2. Auflage. Wiesbaden: VS.Springer e-book: http://dx.dol.org/10.1007/978-3- 531-91926-3.