(II. Teil) Karl Ille (Institut für Romanistik der Universität Wien)

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 Präsentation transkript:

(II. Teil) Karl Ille (Institut für Romanistik der Universität Wien) VO 110156 / WS 2013/14: GESCHICHTE UND GEGENWART DES ITALIENISCH-DEUTSCHEN SPRACHKONTAKTS (II. Teil) Karl Ille (Institut für Romanistik der Universität Wien) 9. Oktober 2013 - 22. Jänner 2014

Sprache im öffentlichen Raum „Linguistic landscape (cityscape)“ (Gorter 2006) „top-down-signs“ „bottom-up signs“ Segmente der Öffentlichkeit / Private Zuständigkeit Prestigetransfer – Gebrauchswertversprechen Anteil / Minderheit – „Italianisierte Öffentlichkeit“

Italienische Gastronomie und Handel Ristoranti / Pizzerie Bedeutung des Zentrums (L‘asino che ride, Cantinetta Antinori, Casa Romana, Da Gennaro, Dai Fratelli, Il Melograno, Novelli, Vino e cucina) Anthroponyme (Leopoldo Procacci) Toponyme (Pizzeria Venezia, Pizzeria Firenze) Präpositionalsyntagmen: Pizzeria Ristorante al Caminetto da Mario, Pizzeria Ristorante da Gennaro)

Italienische Gastronomie und Handel Gelaterie seit 1927: A.G.I.A. (Associazione Gelatieri Italiani in Austria – Vereinigung der italienischen Gefrorenes-Erzeuger in Österreich) Handel Modeunternehmungen(Gucci, Furla) Schuhmodegeschäfte (Le scarpe SOLO, Cesare d‘Ambrosio) Maßschneidereien (Gino Venturini, Questo e quello)

Prestigetransfer des Italienischen Gebrauchswertversprechen des Italienischen Nutzung der italienischen Tricolore Verletzung pragmatischer Zeichenrelationen (Pizzeria Camorra, Pizzeria Mafiosi, Ristorante Appetito) Pseudoitalianismen (Gruppa l‘Ultima, Vero Moda)

Italienische Kultur und Politik in der Wiener Mikrotoponymie Prämissen Toponymie zentrale Funktion für „linguistic landscape“ Sichtbarkeit der italienischen Kultur im Wiener Straßenbild Politische Rolle der öffentlichen Verwaltung Selektive Kulturwahrnehmung

Italienische Kultur und Politik in der Wiener Mikrotoponymie Strukturierung der Analyse Toponyme ohne Direktbezug zur Wiener Kultur- und Migrationsgeschichte Toponyme mit Direktbezug zur Wiener Kultur- und Migrationsgeschichte Konklusionen

Italienische Kultur und Politik in der Wiener Mikrotoponymie Toponyme ohne Direktbezug zur Wiener Kultur- und Migrationsgeschichte Italienische Persönlichkeiten in der Toponymie Künstler und Autoren Raffaelgasse (20.) – Raffello Sanzio Donatelloweg (22.) – Donato di Niccolò di Betto Bardi Donatello Petrarcagasse (1.) – Francesco Petrarca

Italienische Kultur und Politik in der Wiener Mikrotoponymie Italienische Entdecker und Wissenschaftler Marco-Polo-Platz (21.) – Marco Polo Marco-Polo-Promenade (21.) Galileigasse (9.) – Galileo Galilei Galvanigasse (21.) - Luigi Galvani Marconiweg (10.) – Guglielmo Marconi Torricelligasse (14.) –Evangelista Torricelli Voltagasse (21.) – Alessandro Giuseppe Volta

Italienische Kultur und Politik in der Wiener Mikrotoponymie Italienische Politiker Matteottiplatz (16.) – Giacomo Matteotti Matteotti-Hof (5.) Die Errichtung und Bezeichnung des Matteotti-Hofes 1926 sowie die Benennung des Matteottiplatzes 1927 war eine Referenz des „roten Wien“ an den von Faschisten 1924 ermordeten Vertreter des „Partito Socialista Unitario“. 1934 bis 1953 hieß der Matteottiplatz nach ent-sprechender politischer Zensur „Maulpertschplatz“.

Italienische Kultur und Politik in der Wiener Mikrotoponymie b) Italienische Toponymie in der Wiener Toponymie - Referenz auf ökonomische und kulturelle Beziehungen zur Monarchie Triester Straße (10., 23.) (seit 1883), Venediger Au (2.) (seit 1905) - Referenz auf militärische habsburgische Erfolge Lissagasse (3.), Minciostraße (15.), Mortaraplatz (20.), Novaragasse (2.), Novigasse (21.)

Italienische Kultur und Politik in der Wiener Mikrotoponymie 2. Toponyme mit Direktbezug zur Wiener Kultur- und Migrationsgeschichte Komponisten und Librettisten Vivaldigasse (10.) – Antonio Vivaldi (1741 in Wien gestorben) Cherubinistraße (22.) – Luigi Cherubini (Oper „Faniska“ 1806 Wien) Salierigasse (18.) – Antonio Salieri (Beziehung Salieri-Mozart) Zenogasse (12.) – Apostolo Zeno (Vorgänger Metastasios) Metastasiogasse (1.) – Pietro Trapassi (Metastasio) (Libretto für Mozarts „La clemenza di Tito“ Dapontegasse (3.) – Lorenzo Da Ponte (Libretti für Mozarts „Le nozze di Figaro“, „Don Giovanni“ und „Così fan tutte“)

Italienische Kultur und Politik in der Wiener Mikrotoponymie Rezeption der italienischen Oper in Wien Bellinigasse (22.) – Vincenzo Bellini Donizettiweg (22.) – Gaetano Donizetti Rossinigasse (13.) – Gioacchino Rossini Puccinigasse (23.) – Giacomo Puccini Verdiopern: Nabuccogasse (23.), Ernanigasse (23.), Rigolettogasse (23.), Traviatagasse (23.), Aidagasse (23.), Othellogasse (23.)

Italienische Kultur und Politik in der Wiener Mikrotoponymie Interpretation / Musiktheater Toscaninigasse (23.) – Arturo Toscanini (Stardirigent) Ceralegasse (10.) – Luigia Cerale (Primaballerina der Wiener Hofoper)

Italienische Kultur und Politik in der Wiener Mikrotoponymie Architekten und Bauingenieure Gonzagagasse (1.) – Principe Don Annibale Gonzaga (Bastei) Beduzziweg (23.) – Antonio Maria Niccolò Beduzzi (Kärntnertortheater) Alliogasse (15.) – Donato Felice d‘Allio (Salesianerinnenkloster) Canevalestraße (23.) – Isidore Canevale (Lusthaus/Prater) Nobilegasse (15.) – Pietro Nobile (Burgtor, Theseustempel) Ghegastraße (3.) – Carlo Ghega (Semmeringbahn)

Italienische Kultur und Politik in der Wiener Mikrotoponymie Bildhauer und Maler Canavesegasse (23.) – Cesare Antonio Canavese Altomontegasse (12.) – Martino Altomonte (Hohenberg) Mattiellistraße (4.) – Lorenzo Mattielli Piangasse (11.) – Antonio de Pian Canalettogasse (12.) – Bernardo Bellotto, gen. Canaletto Canovagasse (1.) – Antonio Canova Varronegasse (23.) – Giovanni Varoni

Italienische Kultur und Politik in der Wiener Mikrotoponymie Leibärzte und Chirurgen Garelligasse (9.) – Pio Nicolò Garelli Brambillagasse (11.) – Alessandro Brambilla Malfattigasse (12.) – Giovanni Malfatti Malfattisteig (13.)

Italienische Kultur und Politik in der Wiener Mikrotoponymie Religionspolitik Capistrangasse (6.) – Giovanni di Capistrano (15. Jh.) Marco-d‘-Aviano-Gasse (1.) – Marco d‘Aviano (17. Jh.) Bildungspolitik Montessorigasse (23.) – Maria Montessori (Wiener Kindergärten)

Italienische Kultur und Politik in der Wiener Mikrotoponymie Unterhaltungskunst Calafatiplatz (2.) – Basilio Calafatti (2 Schreibvarianten: Calafatti-Schilling / Calafati-Schilling im „Tobogan“ / Prater) (Triestiner Taschenspieler und Ringelspielunternehmer, 1830 erstmals in Wien, 1854 Aufstellung der gigantischen Ringelspielfigur des „großen Chineser“, 1945 zerstört und später als Kopie wiederaufgestellt )

Italienische Kultur und Politik in der Wiener Mikrotoponymie 3. Konklusionen Vergangenheitsbezogene Sichtbarkeit italienischer Kultur Reste von militärhistorischem Triumphalismus (Bewahrung von Orten gewonnener Schlachten (gegen Piemont und Frankreich) im kollektiven Gedächtnis) Nahezu ausschließliche Abbildung der Elitenkultur Unterbelichtung von popularer Kultur, weiblicher Repräsentanz, politischer Kultur sowie Gegenwarts-bezügen in der Toponymie