Das Persönliche Budget – als örtliche Umsetzungsaufgabe?

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 Präsentation transkript:

Das Persönliche Budget – als örtliche Umsetzungsaufgabe? Dr. Johannes Schädler ZPE, Universität Siegen

Überblick Behindertenpolitische Einordnung des Persönlichen Budget Bisherige Entwicklung Persönliches Budget als örtliches Implementationsproblem Überlegungen zu örtlichen Handlungsstrategien

Behindertenpolitische Einordnung Bürgerrechte und Teilhabe als übergeordnetes Ziel (SGB IX) Fortschritte bei zivilen und politischen Rechten behinderter Menschen Defizite im Bereich der sozialen Rechte Zivile Rechte Politische Rechte Soziale Rechte

Diskriminierung im Bereich Sozialer Hilfen Diskriminierung durch fehlende Hilfen (z.B. fehlende Hilfen für Menschen mit schweren und komplexen Behinderungen und ihre Angehörigen, u.a.) Diskriminierung durch erbrachte Hilfen (z. B. Dominanz des stationären Versorgungsmodells, fehlende Personenzentrierung, u.a.)

Stationäres Hilfesystem: veraltetes und teueres Konzept? Beschäftigtenzahlen in WfbM 1994: 159.000 Personen 2001: 215.000 Personen 2005: 250.000 Personen Zuwächse, Tendenz: steigend Behinderte Menschen in Heimen 2005: ca. 200.000 (EGH) ca. 38.000 behinderte Menschen unter 60 Jahren in Pflegeheimen Zuwächse, Tendenz: stagnierend

Persönliches Budget - Warum? Einrichtungen bekommen für jeden behinderten Menschen, dem sie helfen, Geld. Behinderte Menschen wissen meist nicht, wieviel Geld dies ist und wofür es ausgegeben wird. Manche behinderte Menschen stört das nicht… Andere aber schon: Sie wollen mehr selber bestimmen, haben eigene Ideen, wie sie leben wollen und wie sie ‚ihr Geld‘ verwenden wollen. Sie wollen mehr Rechte und mehr ‚Macht‘!

Hohe Erwartungen an das Persönliche Budget: Karl-Hermann Haack (2004): „Durch ein Persönliches Budget stärkt man ambulante, wohnortnahe Hilfen. Stationäre Aufenthalte werden in der Zukunft nicht mehr die Regel, sondern die Ausnahme sein. Die flächendeckende Einführung Persönlicher Budgets ist ein starkes Steuerungsinstrument gegen die Beharrungskräfte des Systems“.

Persönliches Budget: langsame Entwicklung SGB IX 1.7.2001: Leistungen zur Teilhabe können als PB gewährt werden: PB in Modellvorhaben SGB IX 1.7.2004: Vorgaben zur Gewährung des PB in § 17 SGB IX und Budgetverordnung. Bis 12/2007 werden Persönliche Budgets in Modellregionen erprobt. Erfahrungen: wenige Budgetnehmer, kaum trägerübergreifende Budgets, Verfahrens-unsicherheiten, aber „Zum großen Teil“ positive Rückmeldungen der Budgetnehmer/innen

Persönliche Budget - Geld direkt an behinderte Menschen Ab dem 1. Januar 2008 können behinderte Menschen das Geld, das sie für ihre Hilfen brauchen, selbst bekommen: auf‘s Konto oder als ‚Gutschein‘. Man kann alle Hilfen als Budget bekommen, oder auch nur einen Teil. Das soll ganz so gemacht werden, wie die behinderten Menschen das wollen. Wie das genau geht, ist durch ein Gesetz der Regierung geregelt: die Budgetverordnung (BudgetV).

Persönliches Budget – wie kann‘s gehen? z.B. Max Müller: 29 Jahre alt, wohnt bei seinen Eltern arbeitet in einer WfbM will nächstes Jahr selbständig wohnen interessiert sich für das Persönliche Budget, weil er mal aus der WfbM raus und nicht in ein Wohnheim rein will

Wenn Max ein persönliches Budget will, muss er sich Gedanken machen! Vorteile des P.B.: Max kann bestimmen, welche Hilfen er haben will wann er sie haben will von wem er sie haben will Max kann auch Geld ansparen Nachteile des PB: Max muss genauer wissen, was er will Er muss viel selber regeln Er braucht Unterstützung im Umgang mit dem Geld und bei der Organisation der Hilfen Max muss mit dem Geld auskommen

Max will sich beraten lassen, aber wo? z.B. beim Sozialamt? oder bei der Pflegekasse?, der Krankenkasse? der Arbeitsagentur? der Rentenversicherung? der Servicestelle? dem Integrationsamt? Dort sollte man wissen, was zu tun ist!

Das Verfahren zum Persönlichen Budget: Aufgaben der Leistungsträger / Ämter die Antragsannahme die vorbereitende Beratung, die Organisation des (trägerübergreifenden) Bedarfsfeststellungsverfahrens die Erarbeitung einer Zielvereinbarung die Koordination der Auszahlung des Geldbetrages, und die Unterstützung der Budgetnehmer/innen bei der Verwendung des Budgets Der ‚Beauftragte‘ koordiniert das Verfahren, erlässt den Verwaltungsakt und zahlt die Leistungen aus. Widerspruchsverfahren richten sich gegen den Beauftragten.

Persönliches Budget: Implementationsproblem PB: ‚neues Regelwerk‘ in einem ‚alten System‘ mit fest institutionalisierten Regeln Bei Regelveränderungen befürchten Akteure . Machtverlust Interne Instabilität Hohe Umstiegskosten Konzeptionelle Verunsicherung Präferenz zur Fortführung bekannter Regeln und Routinen, obwohl diese als ‚sub-optimal‘ gelten.

Eine örtliche Implementations-strategie für das Persönliche Budget? Strategische Frage: „Wie kann man das Persönliche Budget vor Ort zu einer fairen Finanzierungs-alternative für leistungsberechtigte behinderte Menschen machen?“

Elemente strategischer Überlegungen Positionierung ‚mächtiger‘ Akteure? Wer ist der ‚Veränderungsmotor‘? Wie kann die BudgetV an örtliche Gegebenheiten angepasst werden? Sozialhilfeträger als ‚Generalbeauftragter‘? Örtlich abgestimmte Beratungskonzeption für ‚Budget-Berater/innen‘ ?

Persönliches Budget als ‚Aufgabe vor Ort‘ Als ‚örtlicher Lernprozess‘ Information und Qualifizierung im örtlichen Feld Persönliches Budget: Örtliche ‚Leuchtürme‘ schaffen Für die Anfangszeit: örtliche Budgetberatungsstellen?

Und Max …?

Was können wir Max raten? Am besten, er macht sich schon schlau, wie er sein Budget haben will, bevor er einen Antrag stellt, z.B.: Bei behinderten Leuten, die schon Erfahrung haben mit dem Persönlichen Budget In Informationsbroschüren und im Internet Im ‚Unterstützerkreis‘ bei seiner persönlichen Zukunftsplanung oder Bei unabhängigen ‚Budgetberatungsstellen‘ (???)

Und dann Max, nach guter Überlegung: Vielleicht ‚nix wie hin‘ zum Reha-Träger und sagen: „Ich will einen Antrag stellen: auf ein Persönliches Budget, so wie ich es haben möchte!“