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 Präsentation transkript:

Katastrophentendenzen in Europa und Asien und ihre Bedeutung für die Industrialisierung by Jörg Schegg Präsentation im Kurs: Krisen, Katastrophen und Zusammenbrüche in der Geschichte Prof. Dr. Rolf Peter Sieferle 19. Juni 2007 Philipp Aeschlimann, Didier Schueepp, Jörg Schegg, Fabian Meisser, Björn Link, Marc Seinet

Agenda These Jones Fakten Wirkungszusammenhänge Zwischenfazit Industrialisierungsverlauf Katastrophentendenzen Wirkungszusammenhänge Landwirtschaft Demographie Kapitalakkumulation Zwischenfazit Kritische Betrachtung Pryor Eurozentrismusthese Diverse Kritiken Fazit Diskussion

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Was ist „Katastrophentendenz“ Was ist „Industrialisierung“? Jones‘ These: Industrialisierung geht von Europa aus Geringere Katastrophentendenz in Europa als in Asien Einfachheit der Kausalität betonen und kritisch betrachten Was ist „Katastrophentendenz“ Was ist „Industrialisierung“?

Einordnung der „Industrialisierung“ ABER: Industrialisierung kommt nicht aus dem Nichts! Ab ca. 1820 in Europa: Massenproduktion Outputwachstum Mehr Kapital pro Kopf Wie vergleichen sich die BIP-Entwicklungen von 1400-1800? (1990 International Geary-Khamis dollars). Source: Angus Maddi

Einordnung der „Industrialisierung“ (1990 International Geary-Khamis dollars). Source: Angus Maddi Quelle: http://www.ggdc.net/maddison/Historical_Statistics/horizontal-file_10-2006.xls

Definition und Klassifizierung von Katastrophen Definition von Katastrophen Wendung zum Niedergang (katá = herab-, nieder- / stréphein = wenden) Jones: unvermittelte Schocks für das Wirtschaftssystem Keine völlig exogene Schicksalsschläge. Verschiedene Faktoren haben einen Einfluss auf die Anfälligkeit und die Auswirkungen Bevölkerungsdichte • Gesellschaftsordnung Einkommensniveau • Pflanzenanbau und Tierhaltung Klassifizierung von Katastrophen Geophysisch (Erdbeben, Vulkanausbrüche, seismische Wogen) Klimatisch (Orkane, Taifune, Hagel, Überschwemmungen, Dürren) Biologisch (Epidemien, Viehseuchen, Pflanzenkrankheiten, Heuschreckeneinfälle) Sozial (Kriege, Brände, Einsturz von Neubauten) ABER: Mangel an Tatsachenwissen über Häufigkeit und Schwere by Jörg Schegg

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Geophysische Katastrophen: Erdbeben 91 % aller Verluste an Menschenleben entfallen auf eine Gürtel zwischen 35° ±10° nördlicher Breite: Japan, Zentralasien, Mittleren Osten und Mittelmeerländer (Båth 1967) Grössere Bevölkerungsdichte in Asien  fatalere Auswirkungen Todesopfer grosser Erdbeben 1400-1799 (Jones 1991) China: 1’250’000 Indien: 300’000 Europa: 273’000 Naher Osten / Nordafrika: 70’000 Angabe zu Sachschäden und Desorganisation fehlen. Alte Kulturen in Asien  Bauwerke in schlechtem Zustand  fatalere Auswirkungen Für einen Asiaten war die Wahrscheinlichkeit, in einem Erdbeben umzukommen, 30 mal höher als für einen Europäer by Jörg Schegg

Klimatische Katastrophen: Flut und Dürren Überschwemmungen Europa: Seit dem 17Jh. Verminderung der Schäden durch Dämme und Küstenschutz Asien: mehr Niederschlag und extremere Überschwemmungsgebiete Hwangho („der Unzähmbare“/ „die Geissel der Söhne des Han“) Verschlammung des Flussbettes  immer höhere Dämme  undichte Stelle kann Hunderte von Quadratkilometern überschwemmen und Millionen Bauern die Landarbeit verunmöglichen (das selbe gilt für den Jantsekiang) Dürren: waren in Asien auch folgenschwerer als in Europa Klimakatastrophen neigen dazu, sich in Hungersnöte zu verkehren Überschwemmungen  Zerstörung Bewässerungssystem Dürren  Vertrocknen der Ernte China war das Land der Hungersnöte (Indikator: Häufigkeit von Kannibalismus) Hungersnöte zerstörten in Asien auch periodisch das Kapital (Arbeitstiere, Fertigkeiten) by Jörg Schegg

Biologische Katastrophen: Krankheiten und Insekten Nutzpflanzenkrankheiten (Rost und Brand)  Hungersnöte Quellen sind überwiegend westlich orientiert und verunmöglichen deshalb einen Vergleich zwischen Europa und Asien Human- und Tierkrankheiten Hauptverbreitungsrichtung: Aus dem Fernen Osten nach Europa (Rinderseuchen, Beulenpest, Cholera) Riesige, eng gedrängt beieinander wohnende Bevölkerung Asiens  Brutstätte und Sammelbecken für Krankheitserreger Ausbrüche der Pest in Europa können mit den grossen Katastrophen in Asien konkurrieren Rinderpest  Verlust von Betriebskapital (Zugkraft) Heuschreckeneinfälle Häufige und endlose Einfälle in den wärmeren Gegenden während Europa weitgehend verschont blieb by Jörg Schegg

Soziale Katastrophen: Brände und Kriege Fehlen von Quellen verunmöglichen einen weltweiten Vergleich In Europa ab dem 18. Jh. Rückgang der von Bränden weil vermehrt nicht-brennbare Materialien verwendet wurden (Ziegelbauweise) Kriege Europa: (Dreissigjähriger Krieg: 2 Mio. Tote) Die Heere wuchsen schnelle als Einwohnerzahlen  Anwerben von Söldner Sparsamkeit beim knappen und teuren Faktor Arbeit  Krieg wurde stilisiert (Aufmärsche, Uniformen, Spielregeln) Asien: (Mandschu-Einfall in China: 25 Mio. Tote; 17% der Bevölkerung) Kein Anreiz Sparsam mit Menschenlaben umzugehen Blutbäder, Plünderungen, Verwüstung, Zerstörung Bewässerungsanlagen Europa verlor wahrscheinlich weniger Menschen pro 1000 der Bevölkerung als in Asien, aber vermutlich verlor es relativ noch viel weniger Kapital (Kleine Kapitalgüter  einfacher Wiederaufbau) by Jörg Schegg

Agenda These Jones Fakten Wirkungszusammenhänge Zwischenfazit Industrialisierungsverlauf Katastrophentendenzen Wirkungszusammenhänge Landwirtschaft Demographie Kapitalakkumulation Zwischenfazit Kritische Betrachtung Pryor Eurozentrismusthese Diverse Kritiken Fazit Diskussion

Wirkungszusammenhänge: Landwirtschaft Europa Wiesenklima 3-Felder-Wirtschaft (Acker, Wiese, Wald) Geringe Eingriffe in die Landschaft Geringe Katastrophentendenz Geringe Katastrophenanfälligkeit Geringe Kapitalvernichtung Asien Monsunklima Bewässerungswirtschaft Grosse Eingriffe in die Landschaft Grosse Katastrophentendenz Grosse Katastrophenanfälligkeit (Erdbeben, Überschwemmungen, Krieg) Grosse Kapitalvernichtung by Jörg Schegg

Wirkungszusammenhänge: Demographie Europa Stabile Umwelt K-Strategie (kontrollierte Fertilität) Erhaltung Lebensstandard Verbesserung Humankapital Geringe Katastrophenanfälligkeit Geringe HK-Vernichtung Asien Instabile Umwelt r-Strategie (Grossfamilien) Anpassung an Sterblichkeitsspitzen Grosse Katastrophenanfälligkeit (Erdbeben, Überschwemmungen, Krieg) Grosse HK-Vernichtung by Jörg Schegg

Wirkungszusammenhänge: Kapitalakkumulation Europa Kleine, aufgeteil- te Kapitalgüter „Arbeitslastige“ Katastrophen Rasche Erholung Technologischer Wandel Geringe Katastrophenanfälligkeit Geringe Kapitalvernichtung Asien Infrastruktur für Bewasserungsfeldbau Schocks betreffen K & A gleichermassen Kein techn. Wandel Wenig Kapitalakkumulation Grosse Katastrophenanfälligkeit (Erdbeben, Überschwemmungen, Krieg) Grosse Kapitalvernichtung by Jörg Schegg

Agenda These Jones Fakten Wirkungszusammenhänge Zwischenfazit Industrialisierungsverlauf Katastrophentendenzen Wirkungszusammenhänge Landwirtschaft Demographie Kapitalakkumulation Zwischenfazit Kritische Betrachtung Pryor Eurozentrismusthese Diverse Kritiken Fazit Diskussion

Neoklassisches Zwischenfazit - Übersicht Kapital Arbeit Technologie Niedriges Pro-Kopf-HK, enorme Familiengrössen, Anfälligkeit höher als in Europa, aber niedriger als Kapital Überproportionale Anfälligkeit, klimabedingte Abschreibungen, Kaum Akkumulation wg fehlenden Kapitalstocks und geringem HK Asien Kleine Anfälligkeit, stetige Qualitätsverbesserung, kontinuierliche Senkung der Abschreibungsquote Höheres Pro-Kopf-HK, kleinere Familien, Anfälligkeit höher als Kapital, aber weit niedriger als Asien Akkumulation höher als in Asien wg Kapitalverbesserungen und höherem HK-Transfer Europa

Neoklassisches Zwischenfazit Determinanten wirtschaftlichen Wachstums: Kapital Arbeit Techno- logie K/L an die Wandtafel K/L, A Überproportionale Vernichtung von K bewirkt in Asien dK/L<0 R-Strategie verhindert HK-Transfer -> Technologiebremse Mangelnde K-Akkumulation -> Technologiebremse

Agenda Kritische Betrachtung These Jones Fakten Wirkungszusammenhänge Industrialisierungsverlauf Katastrophentendenzen Wirkungszusammenhänge Landwirtschaft Demographie Kapitalakkumulation Zwischenfazit Kritische Betrachtung Pryor Eurozentrismusthese Diverse Kritiken Fazit Diskussion

Kritik an den Grundannahmen (1/2) (Pryor) Mehr klimatische Katastrophen in Asien? Pryor: Wahrscheinlichkeit für extreme Niederschläge (Überflutungen/Dürre) von Europa und Asien nicht sehr unterschiedlich Aber statistische Probleme und unregelmässig verfügbare Daten. Andere Aufzeichnungen zeigen, dass es in Europa bedeutend sicherer war. Rainfall Fluctuation: Quantile Ratio Rainfall Fluctuation: Ratio of Extremes Share of irrigated land 1960 Europe .731 .473 3.6% Asia .714 .447 21% Quelle: Pryor, 1985, S. 672; Vgl. Anhang

Kritik an den Grundannahmen (2/2) (Pryor) Kriege schlimmer in Asien? Kriege sehr bedeutende Katastrophen für Europa (siehe 100 jähriger, 30 jähriger Krieg) Über die orientalischen Kriege weiss man heute noch eher wenig. Schlussfolgerung von Jones, asiatische Kriege seien Katastrophaler gewesen, ist nicht überzeugend. Wenn biologische Katastrophen schlimmer in Europa waren und die klimatischen / sozialen nicht genau bestimmbar sind, kann man noch von grösseren Katastrophentendenzen in Asien sprechen?

Kritik an Demographie-Strategie (Pryor u.a.) Unterschiedliche Gefahrenniveaus als Grund für demographische Strategien? K & R- Strategien als rationale Entscheidung? Wäre es nicht ebenso rational gewesen für Europa, auf Epidemien (Pest usw.) mit möglichst viel Nachkommen zu reagieren, damit wenigstens einer überlebt? Beispiel Wiederaufbau Jones: Mehr Leute (Kinder) werden gebraucht, um sich von einer Katastrophe (wie Überflutungen oder Dürren) zu erholen (Wiederaufbau) Aber: Grössere Familien  Mehr Land wird gebraucht  Mehr Land zerstört bei Katastrophe  Mehr Arbeit für den Wiederaufbau  Braucht mehr Leute by Jörg Schegg

Kritik am Zusammenhang Katastrophen-tendenz und wirtschaftliche Entwicklung Weniger Krieg und daher erfolgreicher in Industrialisierung? Eine andere Logik wäre: Europa ständig im Krieg  Wettbewerb um Kriegstechnologie  ständiger Fortschritt Weniger Katastrophen (im allgemeinen) in Europa als Vorteil für wirtschaftliche Entwicklung? Wenn vielmehr in eine Person „investiert“ wurde, sind dann die (wenn auch quantitativ geringeren) Verluste in Europa nicht viel verheerender?  Die Kosten pro Verlust sind in Europa viel höher. Dies gleicht die zahlenmässig höheren Verluste in Asien aus. Jones‘ These auf zu aggregiertem Niveau?: Unterschiedliche Katastrophen haben unterschiedliche Auswirkungen auf z.B. verschiedene Landwirtschaftsarten. Jones Aggregationsniveau zu hoch für die komplexe Realität.

Eurozentrismusthese (James Blaut) I Kritik am Modell: Ausgangspunkt der Studie von Jones ist Europa verwendete fast nur europäische Quellen Sichtweise dadurch europäisch geprägt Vorurteile: Europa ist der Zeit voraus Europa nimmt technologische Vorreiterrolle an Diffusion der Technik aus Europa → Nachvollzug durch „unterentwickelte Länder“ Objektivitätsproblem → teilweise widerlegbare Vorurteile China kannte bereits urbane Strukturen Bauten bessere Schiffe als Europäer Handelsnetzwerk

Eurozentrismusthese (James Blaut) II Zeitrahmen von 1400-1800 sei willkürlich gesetzt Dunkleres Zeitalter in China Han-Dynastie (206 v. Chr. - 220 n. Chr.) → grösste Blütezeit Chinas Wirtschaftswachstum Technische und industrielle Innovationen: Stahlerzeugung, Schiffruder, Papier, Seismograph, Messschieber,... Dezimalbruch, negative Zahlen,... Handelnetzwerke in ganz Ostasien wurden gepflegt Song-Dynastie (960-1279) Staatswesen, Manufakturen, Papiergeld,... Schleuse, Kompass, Schiesspulver, Düngemittel,... Bild des Europäers als Technokraten → Familienstruktur Fraglich ob Familienwahl eine Voraussetzung für Industrialisierung ist

Eurozentrismusthese – Japan als Gegenbeispiel Schlussfolgerung aus dem Jones‘schen Ansatz richtig? Japan hat gleiche Katastrophentendenz wie andere asiatische Länder Bevölkerungsstruktur ist mit vergleichbar mit den chinesischen Verhältnissen Dennoch hat sich Japan wie ein europäisches Land entwickelt Abgeschiedenheit von Japan → keine kriegerischen Aktivitäten / keine fremden Eroberer

Diverse Autoren - Kritik am Modell Vereinfachungen: Eine Studie wie die von Jones ist fragmentarisch, Synthesen beinhalten Vereinfachungen und in der Erzählung sind zu viele Sprünge (Woodruff) → Zu hohe Anforderungen an die Leichtgläubigkeit der Leser Bsp.: Bevölkerung Afrika von 10‘000 v. Chr.! → Geschichte Eurasiens war vor 1800 nicht so simpel, so gewiss und so vergleichbar wie Jones Studie veranschaulicht Jones präsentiert nur wenig statistische Beweise (Szirmai) → Für Laien schwierig nachzukontrollieren

Kritik am Modell Betrachtungsfokus / Literatur: Wichtige Literatur über Industrialisierung in Europa im 18.Jh. „übersieht“ frühere Entwicklungen in Technologien, Organisationen und Institutionen → Wenn jemand Vorbedingungen für Wirtschaftswachstum untersucht, sollte sein Fokus auch frühere Entwicklungen wie z.B. in Grossbritannien mit einbeziehen (Longheed) Neuheitsgrad der Argumente: Laut Szirmai benutzt Jones nicht die neusten Argumente → Rostows Argument über eine wirtschaftlich stagnierende traditionelle Gesellschaft → Boserups Argumente über extensives Wachstum

Schlüsse aus dem Modell Wachstumshemmung in China: „China got caught in a high level equilibrium trap“ (Elvin) → Analyse von wachstumshemmenden Institutionen und des politisches Umfeld ausgedrückt in Kosten und Nutzen für Einzelpersonen und Gruppen (North/Thomas) ist bessere Argumentation als unterschiedliche Katastrophentendenzen Keine Betrachtung Lateinamerika / Afrika: Gutes Buch über kulturelle Faktoren müsste Fokus auch auf Lateinamerika/Afrika haben (Szirmai) Hurst geht noch einen Schritt weiter: Da Jones Argumente für eine Analyse Europa-Asien fand, liess er Lateinamerika/Afrika einfach sausen

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Diskussion Japan hat sich grundsätzlich nach westlichem Vorbild industrialisiert Japan: kannte die gleiche Katastrophentendenz wie andere asiatische Länder war abgeschieden → keine kriegerischen Aktivitäten war zu dieser Zeit noch ein kinderreiches Land Westliches Europa: nach Jones geringere Katastrophentendenz öfters kriegerische Aktivitäten Kleinfamilienstruktur Haben Katastrophentendenzen einen Einfluss auf die Industrialisierung? Ist eine kleine Familienstruktur eine Voraussetzung für Industrialisierung, oder sind eher kulturelle Faktoren dafür verantwortlich?

Literaturverzeichnis Bentley, J. H. (1995). Shapes in World History in Twentieth-Century Scholarship. American History Association Publications. Blaut, J. (1992). The theory of cultural racism. Antipode, 24 (4), S. 289-299. Brown, S. (2000). The European Revolution. Gefunden am 09. Juni 2007 unter http://www.riseofthewest.net/thinkers/jones05.htm Hurst, M. (1984). The English Historical Review. Vol. 99 (390), S. 155-156. Jones, E. L, (1985). Disasters and Economic Differentiation Across Eurasia: A Replay. The Journal of Economic History, 45 (3), S. 675-682. Jones, E. L. (1991). Das Wunder Europa : Umwelt, Wirtschaft und Geopolitik in der Geschichte Europas und Asiens. Tübingen: Mohr. Longheed, A. L. (1983). Economic Record. Vol. 59 (166), S. 305-306. North, D. C. (1982). The Journal of Economic History. Vol. 42 (2), S. 486-487. Pryor, F. L. (1985). The Climate Fluctuations as a Cause of Differential Economic Growth of the Orient and Occident: A comment. The Journal of Economic History, 45 (3), S. 667-673. Roberts, J. (1989). The Historical Journal. Vol. 32 (4), S. 963-970. Szirmai, A. (1990). Growth recurring: Economic change in world history. Journal of Economic Literatur. Vol. 28 (2). Woodruff, W. (1982). The American Historical Review. Vol. 87 (2), S. 426-427.

Katastrophentendenzen in Europa und Asien by Jörg Schegg Katastrophentendenzen in Europa und Asien und ihre Bedeutung für die Industrialisierung

Anhang

Quelle: Pryor, 1985, S. 672