Schulenübergreifende störungsspezifische Körperpsychotherapie - unter Berücksichtigung von Leibgedächtnis und Körper-Ich Frank Röhricht London.

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 Präsentation transkript:

Schulenübergreifende störungsspezifische Körperpsychotherapie - unter Berücksichtigung von Leibgedächtnis und Körper-Ich Frank Röhricht London

Körperpsychotherapie Focussing Funktionelle Entspannung Biodynamik Körperzentrierte Psychotherapie Hakomi Tai-Chi Analytische Körperpsychotherapie Eutonie Biosynthese Tanztherapie Thymopraktik Rolfing Konzentrative Bewegungstherapie Bioenergetik Yoga Körperver- haltenstherapie Shiatsu Core-Energetik Feldenkrais

Die Familie der multimodalen KPT

Quo vadis? Triangulierung: Saeuglings- Beobachtung Bewegungs- Wissenschaft Affektive Neuro- Wissenschaft Koerperbild- Forschung Neuro-physiologie

Das Schicksal des Körpers in Medizin und Psychotherapie “Die Geschichte der Körperpsychotherapie (KPT) ist auch Teil der Geschichte der Psychotherapie als Ganzem. Umgekehrt kann die Geschichte der Psychotherapie umfassend nur verstanden werden, wenn das Schicksal des Körpers in ihr mitreflektiert wird.” Marlock & Weiss 2006

Der Körper in der Psychotherapie PA: Körper-Ich-Verständnis biologisch determiniert; verbal-relationale Therapie, kognitive Deutungen (Symbol/Beziehungsbldg.) Behaviouristen: Körperliches Verhalten und physiologische Aktivitaet zentral (bottom-up) Kognitive VT: kognitive Muster steuern Verhalten / Körperlichkeit (top down) “3rd wave” VT= Achtsamkeit, Schematherapie: Körperlichkeit im Zentrum der Emotionsregulation; nonverbale Interaktion

Embodiment: Die bidirektionale Perspektive AFFECT Expression MOVEMENT Impression COGNITION Aus: Koch, S. (2011) Figure 1: Bidirectionality assumption between the motor system and the cognitive- affective system; afferent body feedback (impression) plays a causal role in the percep- tion of emotion, the formation of attitudes and behavior regulation (cf. Wallbott, 1982; Zajonc & Markus, 1984)

Neuropsychologie Körper und Psyche Bewegung und emotionale Erfahrung sind biologisch eng miteinander verbunden: ‘a moving experience’ (Basalganglien-Limbisches System) (Trimble 1997) Modifikation der Mimik, Haltung, Gestik beeinflusst emotionales Befinden (Ekman 1974, Niedenthal et al. 2005) Spiegelneurone: funktionaler Mechanismus von Körperbewusstsein und sozialem Verstaendnis / Empathie: “embodied simulation”= soziale Synchronisationen / Bindungsstile (Gallese 2005, Ramseyer 2008)

DGPPN 2011 Highlights Eroeffnung (Peter Falkai/Goettingen): “Aufgrund des fluktuierenden Verlaufs psychischer Stoerung mit unterschiedlichem Hilfebedarf brauchen wir eine stoerungsspezifische und verlaufsorientierte PT….und eine Lockerung der Richtlinienvorgaben” Personalisierte Psychotherapie: From therapy-schools to individually tailored psychotherapies  (Mathias Berger/Freiburg)

DGPPN Kongress 2011: Taxonomie allgemeiner Wirkfaktoren in der PT Diskussion: allg. vs. spez. Wirkfaktoren Literaturanalyse: 22 allgemeine Wirkfaktoren identifiziert und definiert; faktoren/-clusteranalytisch 4 übergeordneten Klassen, auf allg. WF bezogene: 1. Therapiebeziehung, 2. kognitive Lernprozesse, 3. emotionale Verarbeitung und 4. Problembewältigung : Ergo: Psychotherapie-Prozessanalysen sind erforderlich um Störungs- und andere Patienten-charakteristika zu evaluieren. (Pfammatter et al.) 

Schulenuebergreifende Wirkfaktoren in der KPT (u.a.) Körperbezogene, relationale Anamneseerhebung (Zwischenleiblichkeit, körperliche Gegenuebertragung) freies Spiel (körperbezogenen Kräfte, Antriebe und Motivationen sind explorative Ausgangspunkte) Resourcenorientierung (körperimmanente Potentiale im Selbst-Erleben und Selbst-Ausdruck Aufmerksamkeits-Verschiebung (körperliches Erleben/Wahrnehmung) Arbeit mit Spannungsbögen / Affektregulation Erarbeiten korrigierender, salutogenetischer Körpererfahrungen

SOMATISCHER POL – KÖRPER-OBJEKT G D Ä C H T N S Teilaspekt endogener Informations-Input (Stimuli) Körpermilieu genetische Schemata / Antriebe, physiologisch- hormonelle Prozesse Körperschema kinästhetische, taktile, propriozeptive Stimuli Körperperzepte optische, auditorische, olfaktorische, thermische, nozieptive Einflüsse Körper-Kathexis Lust-Unlust-Gefühle, Partial-Triebe, biologische Instinkte Körper-Bild Erfahrungs-Wissen, Lernwissen, körperbezogene Fantasien Körper-Ich Identitäts- Kohärenzerleben, Narrativ Körperbewusstheit körperbezogene Selbst-Reflexion KOGNITIV-EVALUATIVER POL – PERSONALES SUBJEKT

Bewusst-Sein (Damasio) „...a state of mind in which there is knowledge of one’s own existence and the existence of surroundings“ …and of non-existence of existence in passing…

„Does rejection hurt? An fMRI Study of Social Exclusion“ Eisenberger et al., Science 2003 Emotionaler (seelischer) und physischer Schmerz werden im Gehirn in ähnlicher Weise verarbeitet Aktivierungen im anterior cingulate cortex / ACC (korreliert mit Distress)

Chronisches Schmerzgedaechtnis: Sonderform des Leibgedaechtnis Chronische Schmerzen: morphologische und funktionellen Veränderungen im Nervensystem (neuronale Plastizitaet=Gedaechtnis) Veränderungen können dauerhaft und selbstverstärkend sein (Senkung der Schmerzschwellen, “Katastrophisierung”, Hyperalgesie) Schmerz ist ein unspezifischer mentaler Repraesentant von Unwohlsein; Vermeidungsverhalten (“Haltung”) Schmerz-Antizipation ist bereits schmerzausloesend Reiz-Trigger generalisieren, d.h. auch Beruehrung kann Schmerz ausloesen. Studie: Paracetamol lindert psychisches Leid Aengstlicher Bindungsstil: niedrigere Schmerzschwellen

Teilaspekt des Körperlebens inhaltliche Beschreibung/ Definition bezogene Perzeptionen Körperschema Körpergrössenwahrnehmung Wahrnehmung von Gestalt und Raum (Ausdehnung und Grenzen) / Orientierung am Körper Körperempfinden /-perzepte Intero- und Extero- zeptive Wahrnehmung Emotionen Körper-Kathexis Körper-Emotionen Körperbesetzung, Körperzufriedenheit, emotionale Fokussierungen auf den Körper Ganzheitsempfinden Sensitivität / Leibliche Vitalität Scham/Stolz Kognitionen Körperbild formales Wissen, Phantasien, Gedanken, Einstellungen/ Bewertungen, Bedeutungs-zuschreibungen den Körper betreffend Körper-Ich Unterscheidung von: Ich/Du, Innen/Außen (Demarkation); Leibliche Integrität, Kohärenz Leibliche Identität Bewegungs/-Handlungsinitiation, Koordination Körper-Bewusstheit Gewahrsein der eigenen Leiblichkeit in all ihren Aspekten/Ausprägungen Reflektierte Körpererfahrung

Psychische Störung als Leibregulationsstörung leibnahe Körper-Sein-Störungen alternierend leib-regulierten Körper-Haben-Störungen leibferne Störungen

Der Leib als Leid - der lastende Leib Depressiv lastender Leib - negativ konstruierte körperliche Befindlichkeit - Gedanken und Gefühle von Zerfall und Nihilismus - Kraftlosigkeit, Schwere, Vitalgefühlsstörungen Hypochondrisch-ängstlich lastender Leib - permanentes Gefühl von Bedrohung, “Todesangst” Somatoform lastender Leib - Schmerzen und andere körperliche Funktionsstörungen Traumatisiert lastender Leib - Durchbruchssymptome, Retraumatisierungen, Körpererinnerungen Essgestört lastender Leib - Körper als feindlich-kontrollierend erlebt, Ablehnung u. Ekel

Der instrumentalisierte Leib der Leib wird zum Medium, Mittel zum Zweck Selbstverletzungen (Borderline PS) Abwertung und Isolation (schizoide PS) Selbstdarstellungen und Körpermanipulationen (Narzisst. PS) Dramatisierung (histrionische PS)

Leibregulations-Störungen “Leib wird zum Leid”, der lastende Leib Neurosen Zwischenleiblichkeit: - Abhaengigkeiten - Erwartungen / Forderungen - Hilfegesuche Lebensraum - Naehe / Enge - Verbindung - siehe Schmerzforschung: aengstlicher Bindungsstil “Leid wird zum Kleid”, der fluechtige Leib Psychosen Zwischenleiblichkeit: - Feindlichkeit / Abgrenzungen - Befuerchtungen (Kontrollverlust) Lebensraum - Distanz / Weite - Trennung / Rueckzug oder Verschmelzung - Dissoziationen - siehe Schmerzforschung: vermeidender Bindungsstil

Körperstruktur, Haltung, Mimik, Gestik

Wege aus der babylonischen Sprachverwirrung… Das Gemeinsame betonen um die Ränder zu stärken

Depression Trauer, Schmerz, Leid Schweregefühl, vitale Leibgefühlsstörungen; Negative Beurteilungen des Körper-Selbst; Psychomotorischer Rückzug; unlebendiger/unreaktiver Zustand von Körper/Psyche; gebundene aggressive Kräfte, Destruktion Gegenregulierung (körpereigene Ressourcen); gegen die Schwerkraft arbeiten (“aus dem Sumpf”) symbol. Wunscherfüllung; affektorientierte Stimulation positiver Körpergefühle, Vitalisierung

Angsterkrankungen Angstäquivalente Körper-symptome; Körper Gegenstand der Angst (Hypochondrie); Angst-Depersonalisation-Syndrom; Impulse motorisch gebunden Stärkung Körper-Selbst; Identifizierung, Bahnung und Expression affektmotorischer Schemata (Flucht-Angriff); Grounding, Affektregulation, Ressourcen-Aktivierung, Körper-Grenzen

Somatoforme Stoerungen Schmerzen und Vielzahl von körperlichen Funktions-störungen, sowie Alexithymie empathisch einfühlende Bezugnahme auf den gelebten, subjektiven Körper; Akzeptanz, Integration und Neubewertung der Beschwerden im Rahmen des ganzheitlichen Körpererlebens

Anorexia Nervosa: Körperbildstörungen; negative Körper-Bewertungen (feindlich, unkontrollierbar); Wahrnehmungs-störungen Körperwahrnehmungs-therapie (Spiegel); körperliche Grundbedürfnisse; ressourcenorientierte Kontaktaufnahme zum eigenen Körper, Reduktion körperfeindlicher Aktivität, Abbau des körperbezogenen Vermeidungs- und Kontrollverhaltens

Schizophrenie Desomatisation, Dezentralisierung, abnorme Leibgefuehle Ich-Rekonstruktion „Es wird … konkret mit dem realen Körper und der realen Umwelt (gearbeitet). Das ist die Basis, auf der sich im Kranken das Gefühl von Lebendig-Sein, Abgegrenzt-Sein, Eins-Sein, Selbst-Aktiv-Sein und In-Beziehung-Sein entwickeln kann“ Krietsch & Heuer (1997).

Noch einmal DGPPN 2011: Die Zukunft gehoert der KPT “Ein außergewöhnlicher Gast kommt zu uns: Angaangaq Angakkorsuaq ist Ältester und Schamane der Eskimo- Kallaalit in Grönland…war vor allem in der Trauma- und Suchttherapie in der indigenen Bevölkerung tätig. Sein Lebensziel ist es, das Eis im Herzen der Menschen zu schmelzen, damit sie sich verändern und ihr großes Wissen weise anwenden. Angaangaq hat uns einiges zu erzählen… Dabei wird er uns auch sehr persönlich berühren.” Traditionelle Heilmethoden wie Schlammbäder, Schwitzhütten, Spirituelle Wanderungen und Zeremonien werden Hand in Hand mit modernsten Therapiemethoden gehen.

Danke fuer die Aufmerksamkeit! www.frankrohricht.com