Hausarztzentrierte Versorgung in Baden-Württemberg

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Hausarztzentrierte Versorgung in Baden-Württemberg Sinnvolle Strategien zum Umgang mit Atemwegsinfektionen – Vorstellung der DEGAM-LL Rhinosinusitis Datenbasierte Qualitätszirkel für Hausärzte Q1/2018 Hausarztzentrierte Versorgung in Baden-Württemberg

Inhalt Kernbotschaften Folie 3 Antibiotikaverbrauch Folie 4 Einsatz von Breitspektrumantibiotika Folie 5 Rationale Antibiotikatherapie Folie 6 – 7 Antibiotika bei Atemwegsinfekten Folie 8 – 13 Steuerung der Antibiotika-Therapie Folie 14 – 18 Rhinosinusitis (DEGAM-Leitlinie) Folie 19 – 23 Fazit, Resümee, Abschlussblitzlicht Folie 24 – 26

Kernbotschaften (ECDC 2017)  Teil 2, S. 3 Kernbotschaften (ECDC 2017) Zunehmende Resistenzen gefährden die Wirksamkeit von Antibiotika Ein rationaler Einsatz von Antibiotika erhält deren Wirksamkeit und verhindert Resistenzentwicklung Geringerer Verbrauch → weniger Resistenzen! Richtige Anwendung → weniger Resistenzen! Wichtig: Kommunikation mit dem Patienten ECDC European Centre for Disease Prevention and Control

Wann und warum verordnen Sie Reserveantibiotika?  Teil 2, S. 14, Tab. 2 Antibiotikaverbrauch (Mio. Tagesdosen DDD) in Deutschland im ambulanten Bereich Wirkstoffgruppe 2005 2015 2016 Aminopenicilline 84 99 103 Cephalosporine 37 80 79 Makrolide, Clindamycin 67 62 59 Tetracycline 63 50 49 Fluorchinolone 35 34 32 Penicilline 29 18 19 Sulfonamid-Komb. 23 11 10 Besonders problematisch: Breitspektrumantibiotika werden zunehmend bzw. unverändert viel verordnet Oral-Cephalosporine (2./3./4. Generation) Fluorchinolone (syn.: Gyrasehemmer) Als besonders problematisch wird angesehen, dass gerade der Anteil der Antibiotika, die aufgrund ihres breiten Spektrums als Reservemittel eingestuft werden, in den letzten Jahren stark angestiegen ist und in Deutschland nunmehr bei etwa 40 % aller eingesetzten Antibiotika liegt: Der Verbrauch an Cephalosporinen hat sich in den letzten 10 Jahren mehr als verdoppelt (2005: 37 Mio. DDD; 2015: 80 Mio. DDD). Andererseits ist der Verbrauch an Fluorchinolonen (Synonym: Gyrasehemmer) in Deutschland in den letzten 10 Jahren zwar in etwa konstant geblieben bzw. leicht gesunken (2005: 35 Mio. DDD; 2015: 34 Mio. DDD; 2016: 32 Mio. DDD), wird aber dennoch von Experten als zu hoch betrachtet (BVL et al. 2016). Gerade der Einsatz von sog. Reserveantibiotika ist aufgrund des breiten Wirkspektrums mit einer zunehmenden Resistenzrate assoziiert – z.B. führt ein vermehrter Einsatz von Cephalosporinen der 3./4. Generation (3. Generation: z.B. Cefixim, Cefpodoxim, Cefotaxim, Ceftriaxon, Ceftazidim; 4. Generation: z.B. Cefepim) zu mehr Resistenzen bei E. coli (ECDC et al. 2015). Experten sind der Überzeugung, dass eine Zurückhaltung bei Cephalosporinen und Fluorchinolonen helfen könnte, die Bildung multiresistenter gramnegativer Erreger einzudämmen, da insbesondere diese Wirkstoffklassen einen Selektionsvorteil für (gramnegative und grampositive) multiresistente Erreger auslösen (BVL et al. 2016). Cephalosporine (Beispiele) 1. Generation: Cefalexin, Cefazolin, Cefadroxil, 2. Generation: Cefaclor, Cefuroxim, Loracarbef 3. Generation: Cefixim, Cefpodoxim, Cefotaxim, Ceftriaxon, Ceftazidim 4. Generation: Cefepim Definierte Tagesdosis (DDD, defined daily dose): Die DDD ist die angenommene mittlere tägliche Erhaltungsdosis für die Hauptindikation eines Wirkstoffs bei Erwachsenen. Bei der DDD handelt es sich um eine rein rechnerische Größe, die nicht unbedingt die empfohlene oder die tatsächlich angewendete Dosierung eines Wirkstoffs wiedergibt. Sie wird von der WHO definiert und ggf. vom Wissenschaftlichen Institut der Ortskrankenkassen (WIdO) jährlich für Deutschland adaptiert. Quelle: Arzneiverordnungs-Report 2017 (Schwabe et al. 2017) Wann und warum verordnen Sie Reserveantibiotika?

Regionalisierte Auswertung bei HZV-Praxen:  Teil 1, S. 14/15, Abb. 4 und 5 Regionalisierte Auswertung bei HZV-Praxen: Anteil am Antibiotika-Gesamtverbrauch (Tagesdosen) Median Baden-Württemberg Cephalosporine der 2.-4. Generation: ca. 20 % Gyrasehemmer (Fluorchinolone): ca. 10 % Verordnungsdaten von Q4 / 2016 Abb. 4 / 5 in Teil 1; beim Verbrauch von Cephalosporinen und Fluorchinolonen (im Vergleich zum Gesamtverbrauch an Antibiotika) gibt es regionale Unterschiede zwischen den Landkreisen; Median-Wert für Baden-Württemberg ist hier angegeben (in Abb. schwarz dargestellt) Vergleich Deutschland (laut (https://ecdc.europa.eu/en/antimicrobial-consumption/database/quality-indicators): Die verordneten Tagesdosen (DDD) an Cephalosporinen der 2. bis 4. Generation machten im Jahr 2016 in der ambulanten Versorgung einen prozentualen Anteil von 2,2 % an allen Antibiotika-DDD aus. Im Jahr 2016 lag in Deutschland im ambulanten Bereich der Anteil Tagesdosen von Chinolonen am Gesamtverbrauch aller Antibiotika bei 8,8 %. Vergleich Baden-Württemberg (Q1/2014; Verordnungsspiegel Antibiotika/MRSA): Der durchschnittliche Gyrasehemmer-Anteil bei den damaligen HzV-Praxen in Baden-Württemberg lag bei knapp 12 % und die Median-Werte der Landkreise reichten von 5 % bis 13 %. Definierte Tagesdosis (DDD, defined daily dose): Die DDD ist die angenommene mittlere tägliche Erhaltungsdosis für die Hauptindikation eines Wirkstoffs bei Erwachsenen. Bei der DDD handelt es sich um eine rein rechnerische Größe, die nicht unbedingt die empfohlene oder die tatsächlich angewendete Dosierung eines Wirkstoffs wiedergibt. Sie wird von der WHO definiert und ggf. vom Wissenschaftlichen Institut der Ortskrankenkassen (WIdO) jährlich für Deutschland adaptiert.

Warum ist rationaler Antibiotikaeinsatz wichtig? Aus epidemiologischer Sicht: Vermeiden von Resistenzentwicklung Aus volkswirtschaftlicher Sicht: Vermeiden von Kosten und Krankheitslast durch Resistenzen Aus individualmedizinischer Sicht: Vermeiden unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW) Vermeiden von Interaktionen mit anderen Medikamenten Mögliche Schädigung des Mikrobioms durch Antibiotika Bei Bedarf evtl. keine wirksamen Antibiotika mehr verfügbar Die Gabe von Antibiotika hat Einfluß auf das (physiologische) Mikrobiom des betreffenden Patienten: Eine randomisierte Studie zeigte erst kürzlich, dass die orale Gabe eines Antibiotikums die mikrobielle Diversität der Darmflora im Vergleich zu antibiotikanaiven Kindern verändert (Doan et al. 2017). Die längere Anwendung (≥ 2 Monate) von Antibiotika bei Erwachsenen im Alter zwischen 20 und 60 Jahren wird sogar mit einem höheren Risiko für kolorektale Adenome in Verbindung gebracht (Cao et al. 2017).

Was beinhaltet Rationale Antibiotikatherapie? Korrekte Diagnosestellung Virale Infektionen nicht antibiotisch behandeln Kritische Indikationsstellung Auch leichte bakterielle Infektionen sind bei immunkompetenten Personen i.d.R. keine Indikation für Antibiotika. Rationales Vorgehen, sofern ein Antibiotikum indiziert ist Wirkspektrum: „So breit wie nötig, so schmal wie möglich.“ Dauer: „So lange wie nötig, so kurz wie möglich.“ Dosis: „So hoch wie nötig, so niedrig wie möglich.“ Verlauf: z.B. „Überprüfung nach 3 bis 4 Tagen“ Lokale Resistenzsituation beachten (ARS, Fachinfo, Labor) Anwendungshinweise beachten (Dosis, Dauer, Interaktionen) Atemwegserkrankungen: Keine routinemäßige Verordnung Sparsamer Einsatz von Breitspektrum-Antibiotika Patienten intensiv aufklären (ggf. Pat.-Informationen online) Verzögerndes Verschreibungsverhalten erwägen („delayed prescription“) ARS= Antibiotika-Resistenz-Surveillance beim RKI (ARS-Links in Tabelle Hilfreiche Informationsquellen/Internetadressen, S.2 im Teil 2) - Zur aktuellen Resistenzlage kann auch ggf. das eigene Labor Auskunft geben.

Akute Atemwegsinfektionen Häufig viral bedingt Heilen oft spontan ab werden mehr als nötig mit Antibiotika behandelt Spontanheilungsrate: Akute Rhinosinusitis: 60 bis 80 % nach 2 Wochen Akute Tonsillitis: 80 bis 90 % nach 1 Woche Akute Otitis media: 80 % nach 1 Woche Erkältungskrankheiten + akute Bronchitis: i.d.R. deutliche Besserung der Symptome nach wenigen Tagen, wobei der Husten mehrere Wochen anhalten kann

Diagnosen bei Antibiotika-Patienten  Teil 1, S. 16, Tab. 7 (Auszug) Diagnosen bei Antibiotika-Patienten 4 von 10 Patienten mit Antibiotika haben ausschließlich eine unkomplizierte Atemwegsinfektion Antibiotika sind hier nur in Ausnahmefällen sinnvoll Vergleichsgruppe (Durchschnitt) Patienten die ein Antibiotikum erhalten haben, davon 60 ausschließlich mit einer unkomplizierten Atemwegsinfektion der oberen oder unteren Atemwege 40,2% mit anderer Infektionsdiagnose 33,9% ohne eine der oben genannten Infektionsdiagnosen 25,9% Auswertung zeigt, wie häufig unkomplizierte Atemwegsinfektionen (vermutlich) der Grund für eine Antibiotika-Gabe sind. unkomplizierte Atemwegsinfekion wie z.B. akute Otitis media (nichteitrige, akut serös, eitrige, sonstige akute; nicht näher bezeichnete Otitis media); Akute Rhinopharyngitis [Erkältungsschnupfen]; Akute Sinusitis ICDs: H65.0, H65.1, H65.9, H66.0, H66.4, H66.9, J00, J01, J02.0, J02.8, J02.9, J03.0, J03.8, J03.9, J04, J06, J10.1, J11.1, J20, J21.0, J21.1, J21.8, J21.9, J22, J40 Keine komplizierten Fällen (wie z.B. Pneumonie) in 2. Zeile berücksichtigt. „Andere Infektionsdiagnosen“: z.B. Zystitis, Darminfektion mit E. coli, Tuberkulose, Ulcus ventriculi/duodeni Patienten, die zusätzlich zur (unkomplizierten) Atemwegsinfektion noch eine andere Infektionsdiagnose haben, werden in der Zeile „andere Infektionsdiagnose“ gezählt. Das Vorhandensein von Grunderkrankungen oder Risikofaktoren (COPD, Immundefekte etc.) wurde hier nicht berücksichtigt.

 Teil 1, S. 18, Abb. 6 Antibiotika bei Patienten mit akuten Atemwegsinfektionen (Q4/2016) (z.B. Bronchitis, Tonsillitis, Sinusitis bzw. Mittelohrentzündung) Median: 22,6 % Einbezogene Diagnosen: akute Rhinopharyngitis (Erkältungsschnupfen), akute Laryngitis, Grippe (ohne Pneumonie), akute Tonsillitis (ohne Erregernachweis), akute Sinusitis, akute Mittelohrentzündung akute Bronchitis Patienten mit anderen Infektionsdiagnosen werden ausgeschlossen. Je nach vorliegender Erkrankung werden Zielwerte von unter 20 % bzw. unter 30 % angegeben (BVL et al. 2014). Bei akuten Atemwegsinfektionen sind Antibiotika nur bei schwerem Verlauf, ggf. bei Kindern bzw. nachgewiesener bakterieller Infektion indiziert. Wie differenzieren Sie zwischen Patienten, die Antibiotika benötigen, und solchen, die sie nicht brauchen?

 Teil 1, S. 19, Abb. 7 Chinolone bei akuten Atemwegsinfektionen (z.B. Rhinopharyngitis, Tonsillitis, Sinusitis, Otitis media, Bronchitis) Anteil der Patienten mit akuter Rhinopharyngitis, Laryngitis, Grippe, Tonsillitis (ohne Erregernachweis), Sinusitis, Mittelohrentzündung bzw. Bronchitis, und Chinolon-Verordnung Einbezogene Diagnosen: akute Rhinopharyngitis (Erkältungsschnupfen), akute Laryngitis, Grippe (ohne Pneumonie), akute Tonsillitis (ohne Erregernachweis), akute Sinusitis, akute Mittelohrentzündung akute Bronchitis Der Median liegt bei 0,5 %: In der Hälfte der Praxen werden Fluorchinolone an 0,5 % oder weniger Patienten mit akuter Atemwegsinfektion verordnet. Patienten mit anderen Infektionsdiagnosen werden ausgeschlossen. Fluorchinolone sind in keinem Fall Mittel der Wahl

Wann sind Antibiotika indiziert?  Teil 2, Kap. 9 Wann sind Antibiotika indiziert? Akute Rhinosinusitis: Bei Vorliegen von Risikofaktoren (Immundefekte/ -suppression, chron. entzündl. Lungenerkrankung) Hinweisen auf Komplikationen (starke Kopfschmerzen, Gesichtsschwellungen, Lethargie) Ggf. bei starken Schmerzen + erhöhtem CRP od. BSG Ggf. bei starken Beschwerden, Verschlimmerung od. Fieber Akute Bronchitis: ggf. bei kardialen, respirator. Erkrankungen, Immundefekten, älteren Patienten Akute Otitis media: bei Risikofaktoren (z.B. Otorrhoe, rezidivierende Infekte, hohes Fieber, Paukenröhrchen) Akute Tonsillitis: Streptokokken (Nachweis, starker Verdacht) CRP C-reaktives Protein BSG Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit

Mittel der 1. Wahl akute Rhinosinusitis: Amoxicillin, bei KI: Cephalosporin (DEGAM et al. 2017) akute Tonsillitis: Penicillin V (DGHNO 2015; DEGAM 2009) akute Otitis media: Amoxicillin (ggf. + Enzyminhibitor) (DEGAM 2014b; KBV et al. 2012) akute Bronchitis: Amoxicillin bzw. Penicillin V nur bei schwerwiegender Risikokonstellation und Nachweis von S. pneumoniae (DEGAM 2014a; KBV et al. 2017) Dargestellt sind Mittel der 1. Wahl gemäß Leitlinien-Empfehlung, sofern eine Indikation für ein Antibiotikum besteht. KI= Kontraindikation Sofern Antibiotika für nötig erachtet werden, sollte die Indikation für Reserveantibiotika (z.B. Fluorchinolone) besonders kritisch gestellt werden. Breitspektrumantibiotika sind gegen eine Vielzahl unterschiedlicher Bakterien wirksam. Sie sollten bei schweren Infektionen insbesondere dann zum Einsatz kommen, wenn der oder die auslösenden Erreger noch nicht identifiziert wurden, aber schnell abgetötet werden sollen bzw. wenn sich andere Antibiotika als nicht wirksam erwiesen haben. Bei Infektionen, die bekanntermaßen durch wenige, bestimmte Erreger hervorgerufen werden, sollen bevorzugt sogenannte Schmalspektrumantibiotika (z.B. Phenoxymethylpenicillin gegen Streptokokken) eingesetzt werden. Jeder Einsatz von Reserveantibiotika erhöht das Risiko von Resistenzen gegen diese und schränkt damit deren künftige Einsatzmöglichkeit weiter ein.

Nicht gleich ein Antibiotikum – sondern… Nicht-med. Maßnahmen und Ruhe, Flüssigkeitszufuhr, … Symptom. Therapie empfehlen Schmerzmittel, abschwellende Nasensprays/-tropfen, … Antibiotikagabe steuern Beratung, Information Wiedervorstellung bei Persistenz Einsatz von Biomarkern (z.B. CRP) Verzögerte Verordnung Sofern keine Antibiotika-Indikation gegeben (Folie 13) bzw. als Zusatzempfehlung (nicht-medikamentöse Maßnahmen und symptomatische Therapie)

Verzögerndes Verschreibungsverhalten: „delayed prescription“  Teil 2, S. 23 Verzögerndes Verschreibungsverhalten: „delayed prescription“ z.B. bei akuten Atemwegsinfektionen Verzögerte Antibiotika-Gabe durch Abgabe des Rezepts mit Bitte, dieses erst bei ausbleibender Besserung einzulösen Hinterlegung des Rezepts am Empfang der Praxis für Abholung zu späterem Zeitpunkt Zunächst keine Rezeptabgabe, erneute Konsultation nach ein paar Tagen Bei verzögerndem Verschreibungsverhalten: Antibiotikaverbrauch signifikant geringer bei geringfügig größerer Symptomlast und –dauer (de la Poza Abad et al. 2015) Wann halten Sie eine ausbleibende oder verzögernde Antibiotika-Verschreibung für kritisch, wann für angebracht?

Biomarker Procalcitonin (PCT) C-reaktives Protein (CRP)  Teil 2, S. 22 Biomarker Procalcitonin (PCT) Stark erhöht bei bakteriellen system. Entzündungen, nicht erhöht bei sterilen Entzündungen Schnelltest fehlt C-reaktives Protein (CRP) breiter Referenzbereich; klinisches Bild beachten CRP-Schwellenwert für Antibiotikagabe strittig (10 mg/l oder 20 mg/l) Schnelltest verfügbar Stimuliert durch bakterielle Toxine und Entzündungsmediatoren steigt der PCT-Spiegel im Verlauf systemischer bakterieller Entzündungen innerhalb von 2-12 Stunden stark an (hingegen: C-reaktives Protein, CRP, 12-72 Stunden) und ist progressiv bei fehlender oder falscher Antibiotikatherapie. Procalcitonin (PCT): Damit ist PCT zur Abgrenzung von nicht-bakteriellen Ursachen einer Entzündung ein besserer Marker als CRP (Thomas 2012). Procalcitonin findet sich unter physiologischen Bedingungen im Serum nur in geringen Mengen (Erwachsene und Kinder: ≤ 0,02 µg/l). könnte helfen Antibiotikatherapiegabe zu verkürzen (laut Studien aus stationärem Setting, spezialisierte Zentren) Derzeit noch nicht im EBM, Kosten: ca. 25 € pro Test C-reaktives Protein (CRP): - oberen Grenzwerte des CRP-Normalbereiches: < 5,1 mg/l für junge Erwachsene (20-24 Jahre) und < 9,3 mg/l für ältere Personen (65-72 Jahre). Grundsätzlich sind die Referenzbereiche für CRP sehr breit. So haben 25 % der Gesunden einen CRP-Wert < 1 mg/l und rund 14 % einen CRP-Wert ≥ 10 mg/l, weshalb die Interpretation erhöhter CRP-Werte im Zusammenhang mit dem klinischen Bild erfolgen muss (Thomas 2012). Bezüglich des CRP-Schwellenwertes, unter dem keine Antibiotika verschrieben werden sollten, besteht keine Einigkeit. Vorgeschlagen wurden einerseits 10 mg/l, was zu einem CRP-Test mit relativ hoher Sensitivität aber geringer Spezifität führt, oder aber 20 mg/l, was mit geringerer, aber noch ausreichender Sensitivität einhergeht bei deutlich höherer Spezifität. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Welche Empfehlungen können Sie geben?

Online-Angebote für Patienteninformationen  Siehe Anhang: RAI-Infozept zu Rhinosinusitis Online-Angebote für Patienteninformationen Informationsseiten IQWiG: www.gesundheitsinformation.de Patienteninformationen zu Antibiotika u.a. BzgA: www.bzga.de/antibiotika/ ÄZQ: www.patienten-information.de/ kurzinformationen/arzneimittel-und-impfungen DEGAM: www.degam.de/patienteninformationen.html Infozept-Generator (aus dem RAI-Projekt) www.infozeptgenerator.de (mehrsprachig!) Kostenfreie Nutzung nach Anmeldung BzgA= Bundeszentral für gesundheitliche Aufklärung ÄZQ= Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin DEGAM= Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V. RAI = Rationaler Antibiotikaeinsatz durch Information und Kommunikation http://www.rai-projekt.de/rai/startseite/ Infozept-Generator: Infozepte zu akuten Atemwegserkrankungen und nicht-med. Maßnahmen erstellen (pdf); Kostenfreie Nutzung nach Anmeldung mit E-Mailadresse und Postleitzahl; Beispiel-Infozepte im Anhang des Feedback-Berichts RAI (Rationaler Antibiotikaeinsatz durch Information und Kommunikation) = vom BMBF gefördertes Modellprojekt; ein Basisprojekt des Konsortiums InfectControl 2020 im Rahmen der Fördermaßnahme «Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation» des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). An RAI beteiligte Projektpartner sind: CUMB: Charité, Institut für Hygiene und Umweltmedizin FUVM: Freie Universität Berlin, Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen FUPK: Freie Universität Berlin, Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft UKJI: Universitätsklinikum Jena, Zentrum für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene UKJA: Universitätsklinikum Jena, Institut für Allgemeinmedizin RKI: Robert Koch-Institut, Fachgebiet 37 LG: Lindgrün GmbH Inwiefern nutzen Sie Info-Materialien in der Praxis?

Kommunikation Kurze Einstiegsrunde: Wie stehe ich selbst zur Antibiotikagabe? Wann und warum verordne ich manchmal eher freigiebig und manchmal eher restriktiv? Wie schätzen Sie die Erwartungshaltung Ihrer Patienten ein? Welches sind gute Argumente, um Patienten zu überzeugen, dass sie (im Moment) kein Antibiotikum benötigen? Welche kommunikativen Strategien nutzen Sie, um erkrankte Patienten zu beruhigen und eine geeignete Behandlungsstrategie zu finden? Hinweis für Moderatoren: Sie können eigene Fallbeispiele oder Beispiele aus der Teilnehmerschaft gemeinsam mit den QZ-Teilnehmern diskutieren oder als Grundlage für ein kleines Rollenspiel benutzen. Eine Möglichkeit, die Erwartungshaltung des Patienten zu ermitteln: Aussage Arzt: „Manche Patienten in ähnlichen Situationen erwarten, dass sie mit Hilfe eines Antibiotikums schneller wieder gesund werden.“

Schwerpunkt Rhinosinusitis (S2k-Leitlinie 2017 von DEGAM, DGHNO)  Teil 2, Kap. 9 Schwerpunkt Rhinosinusitis (S2k-Leitlinie 2017 von DEGAM, DGHNO) Definition: entzündlicher Prozess der Nasen- u. Nasennebenhöhlenschleimhäute Einteilung: Akut (= ARS; Beschwerden ≤ 12 Wochen) Rezidivierend akut (ARS mind. 4x/Jahr) Chronisch (= CRS; Beschwerden > 12 Wochen) In der Leitlinie wird weiter zwischen CRS mit nasalen Polypen (cum, CRScNP) und ohne nasale Polypen (sine, CRSsNP) unterschieden.

Akute Rhinosinusitis (S2k-Leitlinie 2017 von DEGAM, DGHNO) Symptomatik: Behinderung der Nasenatmung, nasale Sekretion, Gesichtsschmerz, Riechstörung; ggf. Fieber, Kopfschmerz Hauptursache: Primär viral bedingt; ggf. zusätzlich bakt. Infektion Hohe Spontanheilungsrate: 60-80 % innerhalb von 2 Wochen 90 % innerhalb von 6 Wochen Symptomatik gilt auch für Episode einer rezidivierenden Rhinosinusitis. Symptomatik chronische Rhinosinusitis (gemäß DEGAM-LL Langfassung, Kap. Definitionen): identisch mit denen der akuten RS, aber häufig weniger charakteristisch bzw. weniger stark ausgeprägt; Differenzialdiagnostik von pathologischen Befund mittels Rhinoskopie / nasalen Endoskopie oder bildgebenden Verfahren der Nasennebenhöhlen notwendig.

Rhinosinusitis – Diagnostik (DEGAM-S2k-Leitlinie 2017)  Siehe Anhang Rhinosinusitis – Diagnostik (DEGAM-S2k-Leitlinie 2017) DVT= Digitale Volumentomografie Arzt 1 = Primärarzt (Erstbehandler, z.B. Hausarzt); Arzt 2= Gebietsarzt, übernimmt Weiterbehandlung auf Zuweisung Arzt 1 = Primärarzt (Erstbehandler); Arzt 2 = Sekundärarzt, Weiterbehandlung nach Zuweisung Quelle: DEGAM 2017 S2k Leitlinie Rhinosinusitis Kurzversion

Rhinosinusitis – Therapie (DEGAM-S2k-Leitlinie 2017)  Siehe Anhang Rhinosinusitis – Therapie (DEGAM-S2k-Leitlinie 2017) RS= Rhinosinusitis Quelle: DEGAM 2017 S2k Leitlinie Rhinosinusitis Kurzversion

Sekretfarbe ist kein sicherer Hinweis auf bakterielle Genese.  Anhang, Teil 2, S. 28 Quelle: DEGAM-LL Rhinosinusitis (2017) hohe Spontanheilungsrate & niedrige Komplikationsrate  i.d.R. keine Antibiose Sekretfarbe ist kein sicherer Hinweis auf bakterielle Genese.

Fazit Infekte der oberen Atemwege sollten nur in Ausnahmefällen (schwere Verläufe, bestimmte Risikofaktoren, Grunderkrankungen) antibiotisch therapiert werden Für eine rationale Antibiotikatherapie ist eine adäquate Kommunikation mit dem Patienten sinnvoll Wenn eine Antibiose notwendig ist, sind Penicilline Mittel der 1. Wahl

Resümee des heutigen Treffens Wichtigste Ergebnisse der heutigen Diskussion? Gab es Punkte, in denen keine Einigung erzielt werden konnte? Gab es offene Fragen zum heutigen Thema, die zu einem späteren Zeitpunkt geklärt werden sollten? Problemliste für das nächste Treffen zum Thema „Umstrittene und obsolete Arzneimittel unter besonderer Berücksichtigung der Antidiabetika (DMP Diabetes)“ Welche Aspekte? Welche Schwerpunkte?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Abschlussblitzlicht Wie fanden Sie das heutige Treffen? Wann findet das nächste Treffen „Umstrittene und obsolete Arzneimittel unter besonderer Berücksichtigung der Antidiabetika (DMP Diabetes)“ statt? frühestmöglicher Termin: 25.04.2018 Ort: Zeit: Bitte vergessen Sie nicht, auf der Anwesenheitsliste zu unterschreiben und die Kurzbeurteilungsbögen auszufüllen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Gute Heimreise!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit aQua – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH Maschmühlenweg 8–10 37073 Göttingen Telefon (+49) 0551-789 52-0 Telefax (+49) 0551-789 52-10 office@aqua-institut.de www.aqua-institut.de Zertifiziert nach DIN EN ISO 9001:2015 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit