Karl Ille (Institut für Romanistik der Universität Wien)

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Karl Ille (Institut für Romanistik der Universität Wien) VO 110 026 / WS 2017/18: Italienisch in extraterritorialen Kommunikationsräumen (3) Karl Ille (Institut für Romanistik der Universität Wien)

Italienische Arbeitsmigration nach Deutschland Historische Vorläufer Ende der 30er Jahre: Politische und ökonomische Beziehungen zwischen dem faschistisch regierten Italien und Deutschland unter dem Nationalsozialismus – Bedarfsbedingte Aufnahme von Saisonarbeitern in Deutschland Bis 1942: etwa eine halbe Million Saisonarbeiter für die Landwirtschaft und Facharbeiter für die Industrie über staatliche Anwerbeverfahren und organisierte Sammeltransporte 1943-1945: nach Kriegsaustritt Italiens werden italienische Arbeiter zu Zwangsarbeitern, Rückkehr erst nach Kriegsende

Italienische Arbeitsemigration nach Deutschland Migrationspolitik ab dem „Wirtschaftswunder“ 1955: Anwerbeabkommen zwischen der Republik Italien und der Bundesrepublik Deutschland – Beginn der Rekrutierung von italienischen „Gastarbeitern“ 1957: „Römische Verträge“ – Freizügigkeit für ital. MigrantInnen Bis 1970: nahezu 600.000 Italienerinnen und Italiener in Deutschland 1973: Erlass eines Anwerbestopps durch die deutsche Bundesregierung: Rückgang der italienischen Arbeitsimmigration

Italienische Arbeitsmigration nach Deutschland Aktuelle Entwicklungen der italienischen Einwanderung Bevölkerungsstatistik nach Herkunftsland 2015-2016: Rang Herkunftsland 2015 2016 Veränderung 1. Türkei 1.506.113 1.492.580 -13.533 2. Polen 740.962 783.085 +42.123 3. Italien 596.127 637.845 +15.323 4. Rumänien 452.718 533.660 +80.942 5. Syrien 366.556 637.845 +271.289 (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1221/umfrage/anzahl-der-auslaender-in-deutschland-nach-herkunftsland/ [17-11-28])

Italienische Arbeitsmigration nach Deutschland Aktuelle Entwicklungen der italienischen Einwanderung Italienischer Migrationshintergrund (auch: 1 Elternteil aus Italien): nahezu 800.000 Personen der Bundesrepublik Deutschland = knapp unter 1 % Anteil / Gesamtbevölkerung Zielregionen: 1. Bundesland Baden-Württemberg 2. Bundesland Nordrhein-Westfalen 3. Bundesland Bayern Wichtigste Herkunftsregionen: 1. Süditalien (Apulien, Kalabrien) 2. Inselitalien (Sizilien, Sardinien)

Italienische Arbeitsmigration nach Deutschland Italienische Migrantengenerationen 1. Generation: Immigration aus Italien (fast immer auch Geburtsland) im Alter von über 13 Jahren Intermediäre Generation: Immigrantinnen und Immigranten im Alter zwischen 5 und 13 Jahren (meist Einschulung in Italien) 2. Generation: in Deutschland geborene Nachfahren der 1. Generation und im Herkunftsland geborene Kinder im Alter von unter 5 Jahren, die vor der Einschulung mit Eltern eingewandert sind 3. Generation: in Deutschland geborene Nachfahren der 2. Generation Sozial- und Bildungsprofil Erste Einwanderergeneration: hoher Anteil an ehemaligen Landarbeitern > Industriearbeiter in Metallindustrie (Autoindustrie) und Chemieindustrie; Bergbau, Bau, Handwerk und Gastronomie: niedrige Bildungsschichten dominierend Weitere Generationen und Neuzuwandernde: zunehmend Facharbeiter, weibliche und männliche Angestellte in Handel, Gastronomie, Kulturvermittlung und Bildungsbereich: Anteil an mittleren und höheren Bildungsschichten erhöht

Migrationsbedingte Sprachvarianz Sprachrepertoire der italienischen Migrantengenerationen (It.) Italienischer Herkunftsdialekt: vorwiegend meridionale Dialekte der 1. Generation (hoher Anteil an monodialektalen Sprecherinnen und Sprechern) sowie der intermediären Generation, endogene (herkunftssprachliche) Orientierung: Weitertradierung an 2. und teilweise 3. Generation Regionalitalienisch: Ausgleichsvarietät zwischen Dialekt und Standarditalienisch: zunehmend in 2. und 3. Generation und von Neuzuwanderern gesprochen (tenere statt avere: („se tieni tempo“); Dominanz des passato remoto etc.), Interferenzen und Transferenzen seitens des Deutschen Standarditalienisch: Varietät der Referenznorm für schriftliche Kommunikation: von 2. und 3. Generation auch in Deutschland gesteuert erworben: wichtig für distanzsprachliche Kommunikation mit Italien

Migrationsbedingte Sprachvarianz Sprachrepertoire der italienischen Migrantengenerationen (Dt.) Deutscher Dialekt: Dialektkompetenz und –verwendung nur seitens einer Minderheit der 2. und 3. Generation bei entsprechender dialektophoner Umgebung Regionaldeutsch: regional geprägte Umgangssprache der Umgebung, von allen Generationen mit unterschiedlicher Kompetenz gesprochen, dominanter Sprachgebrauch der 2. und 3. Generation: exogene (zielsprachliche) Orientierung, Interferenzen und Transferenzen seitens des Italienischen Deutschländisches Standarddeutsch: von 2. und 3. Generation im Bildungssystem gesteuert erworben, Kompetenz für Schriftlichkeit mit zentraler Bedeutung für Bildungskarriere

Migrationsbedingte Sprachvarianz Migrationsvarietäten eines „Italesco“ Begriff: aus italienischen (ITALiano) und deutschen Varietäten (tedESCO) gebildete „Mixoglossie“ der italienischen Migrantinnen und Migranten „(…) Migrantencodes, die hier unter dem Oberbegriff Italesco gefasst werden, mit Elementen aus Herkunfts- und Aufnahmelandessprache, die gleichzeitig sozial-symbolischer Ausdruck einer Patchwork-Identität“ sind.“ (Gueli Alletti 2011:361) Positionierung der Migrantinnen und Migranten in einem „kulturellen Zwischenraum“ (Chicago School of Sociology: cultural interstice)

Migrationsbedingte Sprachvarianz Beispiel 1: It. Dialekt + Dt. Dialekt Kalabresisch – Bairisch (21jährige Sprecherin, 2. Generation) „(…) nd amu ʈruvat assiami ku papà s è ffermato ha guardat a ssa vvekkja nta fattʃ tʃ ha ditthu: „ja ssamma scho bsuffn sog a moi?“ ha ppijat ssa veekkja prima un ha readdʒitu pikkì ha ditthu ku la u tʃ ha kridut a las kos k ha ditth papà“ (Beispiel in: Krefeld 2004:36) (Ü.: …wo wir alle gemeinsam waren, als Papa stehen geblieben ist, dieser Alten ins Gesicht gesehen hat und ihr gesagt hat: „Ja sind wir schon besoffen, sag einmal?“. Diese Alte hat vorerst nicht reagiert, weil sie das, was Papa gesagt hat, nicht glauben konnte.)

Migrationsbedingte Sprachvarianz Beispiel 2: It. Dialekt + Regionaldeutsch Sizilianischer Dialekt – Mannheimer Regionaldeutsch (jugendlicher Sprecher, 3. Generation) „(…) * c‘aveva * (…) propriu isch konnt ni-mmehr „to pa`intra è“ isch so „ja ja“ wescht? (…) Schlüssel, wescht? komm rein „disgraziatu picuraru““ (Beispiel in: Gueli Aletti 2011:248) (Ü.: …sie hatte (…) überhaupt ich konnte nicht mehr / „dein Vater ist zu Hause / ich so „ja ja“, weißt du? / Schlüssel, weißt du? Komm herein, du verdammter Schafshirte)

Migrationsbedingte Sprachvarianz Beispiel 3: Italienisch (regional) + Standarddeutsch Regionalitalienisch (Apulien) – Standarddeutsch (11jährige Sprecherin, 2. Generation) „e poi siamo stadi, poi era poi era poi siamo camminà piano piano, pioveva così forte che papà non poteva nemmeno fà marcindiedro perchè non si vedeva niende, propio niende. Poi è venuto un eine Straße ganz ganz v- voller Steine, non poteva passare e proprio che fortuna che c‘era poi un ristorande (…)“ (Beispiel in: Krefeld 2004:99)

Migrationsbedingte Sprachvarianz Deutsch-italienische Interferenzen Beleg Standarddeutsch Standarditalienisch Laut- und Silbenstruktur: matrazzo Matratze materazzo carotta Karotte carota zigaretta Zigarette sigaretta augosto August agosto stifali Stiefel stivali Akzentverlagerungen: fotográfo Fotográf fotógrafo termométro Thermométer termómetro microfóno Mikrofón micrófono (Belege nach Krefeld 2004:71f.)

Migrationsbedingte Sprachvarianz Deutsch-italienische Interferenzen Beleg Standarddeutsch Standarditalienisch Semantische Reinterpretation („Falsche Freunde“) mappa Mappe carpetta (mappa = Landkarte) classe Klasse (Raum) aula (classe = Gruppe) flusso Fluss fiume (flusso = Fließen) (Belege nach Krefeld 2004:73)

Migrationsbedingte Sprachvarianz Lexikalische Transferenzen aus deutschsprachiger Lebenswelt Behörden Arbeitsamt (Arbeitsamt, Arbeitsamti) - silbenphonolog. Adaption Finanzamt (da Finanzamt, a Finanzamti s‘ava e far) Krankenkasse (ti passa a Krankenkasse, colla Krankenkassa, l‘atri i paga a grancassa) Termin (nu Termino tenevamo, lui c‘ha i Termini suoi, ajo u Terminu) - Adaption, it./siz. Flexionsmorphem Ausbildung Ausbildung (sì sta fannu a Ausbildung, io faccio Ausbildung) Note, Noten (Schulnoten) (io faccio una bella nota a scuola, quelli che sono più mali di Noti, ricuperáu nu pocu i Noti) (Belege nach Krefeld 2004:67; Gueli Alletti 2011:196ff.; Rosanò 2016:68ff.)

Migrationsbedingte Sprachvarianz Lexikalische Transferenzen aus deutschsprachiger Lebenswelt Arbeitswelt Meister (Meister, anche u Maistà se n‘ è andato in ferie) Lehrmeister (u Lehrmeister) Chef, Chefin (lui fa u Chef, Teresa è Cheffina) Werk (‘ntro Werk) Alltagsleben Rechnung (ammi u Rechnung) - maskuliner Artikel wie It., Siz. Tankstelle (al Tankstello) – Genus wie im It. maskulin Verein (il Vereini a Mannaim, il Vereini greco) Schnitzel (a sanizza) – vokalische Epenthese, Genus feminin (Belege nach Gueli Alletti 2011:233ff.; Rosanò 2016:66ff.)

Migrationsbedingte Sprachvarianz Lehnübersetzungen / Syntaktische Nachbildungen aus deutschsprachiger Lebenswelt Dottore da casa Hausarzt (u dottori da casa) – it. il medico di famiglia scriversi malato sich krank schreiben lassen (mi sono scritto malato) – it. mettersi in malattia in tre settimane in drei Wochen (ci vediamo in tre settimane) - it. fra tre settimane ogni secondo giorno jeden zweiten Tag (ci sono ogni secondo giorno) it. ogni due giorni andare nella montagna ins Gebirge (andiamo nella montagna) it. in montagna – eventuell auch südit. Einfluss (kalabr. nt a, siz. na (= ni + a) muntagna) andare alla discoteca in die Diskothek (siamo andanti alla discoteca) it. in discoteca (Belege nach Krefeld 2004:87; Rosanò 2016:71ff.)

Migrationsbedingte Sprachvarianz Abbau morphologischer Variation des Italienischen (Reduktion der Polymorphie) Verdrängung der Artikel-Allomorphe lo und gli vor s impura: il zio, i spaghetti (it. lo zio, gli spaghetti) Generalisierender Gebrauch einer elidierten Artikelform l‘ vor vokalisch anlautenden Pluralformen (Maskulina und Feminina): l‘occhiali, l‘amiche (it. gli occhiali, le amiche) - möglicher meridionaler Einfluss: siz. l‘ucchiali (Pl. mask.), siz. l‘origini (Pl. fem.) Singularformen statt Pluralia (Interferenz aus dem Deutschen): il pantalone, la forbice (it. i pantaloni, le forbici) (vgl. Krefeld 2004:69-70)

Migrationsbedingte Sprachvarianz Syntaktische Besonderheiten beim Code Mixing Kombination italienischer mit deutscher Wortstellung im Satz - VO it. + OV dt.: abbiamo fatto giochi, abbiamo festeggiato, und natürlich Geschenke ausgepackt Verbalmorphologie nach italienischer Linearisierung im deutschen Satzteil – morphologische und syntaktische Kodierung: ascolt-iamo la musica e turnen wir Grammatikalisierung it. V. fare + dt. Infinitiv / it. PP fatto + dt. PP: fa sempre la mamma verarschen, faccio sammeln, fanno sempre aufpassen, ho fatto gefälscht, l‘abbiamo fatto gebastelt (vgl. Krefeld 2004:101, 109)

Migrationsbedingte Sprachvarianz Morphosyntaktische Defizite in Deutschsequenzen Tilgung des Personalpronomens in Subjektposition: spreche mit Boss, habe nix Geld Keine Deklination attributiver Adjektiva: nix gut Wasser, mit groß Boss Tilgung von Verbalkomplexen: morgen neu Arbeit (ich habe morgen eine neue Arbeit) Gebrauch von „nix“ als Negationsadverb und attributives Pronomen: nix gut Wasser (aba) mir nix interessiere Übergeneralisierung des femininen Artikels: die Platz, die Finanzamti (vgl.Gueli Alletti 2011:231, 237)

Migrationsbedingte Sprachvarianz Code-Switching im migratorischen Kontext 1. Intersententielles Code-Switching „was er gelesen hat * im Mündlich * comunque ricuperàu nu pocu di ddocu i Noti“ (zumindest hat er daher ein wenig die Noten aufgebessert) 2. Intrasententielles Code-Switching „pirchì u italienische Abschluss mancu veni/ man/ mancu anerkannt“ (weil der italienische Abschluss wird gar gar ni/ nicht anerkannt) (Beispiele nach Gueli Alletti 2011:196, 259)

Migrationsbedingte Sprachvarianz Code-Switching im migratorischen Kontext 3. Extrasententielles Code-Switching A: „rauszukriegen, ja ja“ B: ja * invece aieri era difficili, verstehst?“ (gestern war es dagegen schwer) (Beispiel nach Gueli Alletti 2011:170)

Migrationsbedingte Sprachvarianz Orientierungsmodelle / Code-Switching Zuordnung von Gueli Alletti nach den von Franceschini 1996 vorgeschlagenen Orientierungstypen: 1. Endogene Orientierung 1. + intermediäre Generation 2. Herkunftssprachliche Orientierung 3. Bipolare Orientierung 2. + 3. Generation 4. Freie Orientierung 5. Exogene Orientierung (vgl. Gueli Alletti 2011:230 ff.)

Migrationsbedingte Sprachvarianz Kritik am Konzept „Italesco“ Dokumentation belegt nicht unbedingt „Mischvarietäten“, sondern Varietäten mit hohem Anteil an lexikalischen Transferenzen und wenigen morphosyntaktischen Interferenzen, die aber meist deutlich als italienische oder deutsche Systeme kodiert und offen für Code-Switching in andere Varietäten bleiben. Die Datenerhebung kann auch keine statistische Repräsentativität beanspruchen. Literatur: 1) Gueli Alletti, Marilene (2011): Italesco – Interlinguale Sprachvarianz in vier Generationen italienischer Migranten. Hamburg: Verlag Dr. Kovač. 2) Krefeld, Thomas (2004): Einführung in die Migrationslinguistik: von der Germania italiana in die Romania multipla. Tübingen: Gunter Narr Verlag. 3) Rosanò, Francesca (2016): Interferenze linguistiche negli emigrati italiani in Germania: un‘ analisi semantica e sociolinguistica. Tesi di Laurea. Padova: Università di Padova.