Toponomastik in der Aussiedler-Stichprobenziehung

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 Präsentation transkript:

Toponomastik in der Aussiedler-Stichprobenziehung Kurt Salentin Universität Bielefeld

Stichprobenverfahren Nicht vorhanden oder nicht verfügbar Zentrales Aussiedlerregister Merkmal „Aussiedler“ im kommunalen Melderegister Bestand des Bundesausgleichsamts Prinzipiell verfügbar Bestand der Übergangsheime Random-Route-Verfahren Bestand privater Umfrageinstitute Schneeballverfahren

Übergangsheime Bestandsstichproben aktuell Zugangsstichproben zusehends obsolet historische Variante, heute nicht mehr praktikabel wegen stark rückläufiger Zuwanderung Binnenmobilität der Zielgruppe

Random-Route-Verfahren (Zufallsgesteuerte Begehung) Feldaufwand hoch: Bevölkerungsanteil ca. 1/30 Optimierungen (lokale Konzentrationen) bewirken soziodemographische Verzerrungen z. B. Überrepräsentation von Benachteiligungen

Bestand privater Umfrageinstitute generiert durch Feldarbeit, geringe Mehrkosten Bindung an ein Institut im Zeitverlauf leidet Aktualität Treffsicherheit unklar (inverser) Einfluß der Assimilation?

Schneeballverfahren (Nutzung der Kontakte von Zielgruppenangehörigen) leicht zu implementieren kostengünstig Verzerrungen zugunsten von Personen mit großen Netzwerken und besonders sozial aktiven Personen

Alternativen: Toponomastik Für die Herkunftsgruppe typischer Geburtsort als Auswahlkriterium Onomastik Für die Herkunftsgruppe typischer Name als Auswahlkriterium Staatsangehörigkeit Kombination der deutschen mit einer weiteren Staatsangehörigkeit als Auswahlkriterium

Grundprinzip der Toponomastik: Notwendige Bedingungen des Aussiedler-Status sind ein bestimmtes Geburtsland („deutsches Siedlungsgebiet“), daneben die deutsche Staatsangehörigkeit.

Problem bei der Bewertung eines Auswahlverfahrens: Unbekannte Grundgesamtheit. Daher Betrachtung von Merkmalen, die indirekte Schlüsse erlauben. Testkriterium zunächst: Wie präzise läßt sich aus einem Geburtsortseintrag (z. B. im Melderegister) auf das Geburtsland schließen?

Beispielanalyse mit Datensatz I: Geburtsorte aller in Bielefeld gemeldeten Personen mit erster oder zweiter Staatsangehörigkeit Polens Rumäniens Rußlands Kasachstans Kirgisistans. N= 20.748 (6,3% der Wohnbevölkerung)

Beispiel aus dem Bielefelder Melderegister Schreibvarianten des Geburtsorts Karaganda Karaganda Karaganda (Kasachstan) Karaganda (Kasachstan) UdSSR Karaganda Bezirk Leninskij (Kasachstan Karaganda Rayon Schachtinsk Karaganda(Kasachstan) Karaganda/ Kasachstan Karaganda/Kas Karaganda/Kas. Karaganda/Kas.SSR Karaganda/Kasachstan Karaganda/Kasachstan/UdSSR Karaganda/Rußland Karaganda/Sowjetunion Karagandinskij/Kasachstan

Kiewskij Gebiet Karaganda/Kasachstan Kirowskij Stadt Karaganda Kolchose Oktjabrskij/Gebiet Karaganda Frunse, jetzt Bischkek,Geb.Karaganda

Temirtau: Temirtau Temirtau (Kasachstan) Temirtau Geb Karaganda Temirtau Geb Karaganda/Kasachstan Temirtau Geb. Karaganda (Kasachstan) Temirtau Gebiet Karaganda Temirtau Kr Karaganda/Kasachstan Temirtau, Gebiet Karaganda/Kasachstan Temirtau,Gebiet Karaganda/Kasachstan Temirtau/Gebiet Karaganda Temirtau/Karaganda Temirtau/Karaganda/Kas.SSR Temirtau/Karaganda/Kasachstan Temirtau/Kasachstan Temir-Tau

Gelsenkrichen: Alt-Gelsenkirchen Buer-Beckhausen j. Gelsenkirchen Buer-Beckhausen jetzt Gelsenkirchen Buer-Erle j Gelsenkirchen Buer-Erle j Gelsenkirchen-Buer Buer-Erle j. Gelsenkirchen Buer-Erle j. Gelsenkirchen-Buer Buer-Erle jetzt Gelsenkirchen Buer-Hassel j. Gelsenkirchen Buer-Resse Buer-Resse j. Gelsenkirchen Buer-Resse j. Gelsenkirchen-Buer Buer j Gelsenkirchen Buer j Gelsenkirchen-Buer Buer j. Gelsenkirchen Buer j. Gelsenkirchen-Buer Buer jetzt Gelsenkirchen Gelsenkirchen Gelsenkirchen-Buer Gelsenkirchen-Buer-Hassel Gelsenkirchen-Buer j Gelsenkirchen Gelsenkirchen-Buer j. Gelsenkirchen Gelsenkirchen-Buer jetzt Gelsenkirchen Gelsenkirchen-Buer/NW Gelsenkirchen j Alt-Gelsenkirchen Gelsenkirchen/NW Resse jetzt Gelsenkirchen-Buer

Schreibvarianten, Tippfehler, Umbenennungen: Nowoneschinka Nowoneshenka Nowoneshinka Dshambul Dschambul Shambul Dsheskasgan Dscheskasgan Dshesgasgan Sheskasgan Dsheskasganskij

Problemfälle Sowchos 40 Jahre Oktober Sowchos Nr 99 Sowchos 316 159 Kilometer/Kustanai/Kasachstan 50 Let KSSR Dorf Norka Dorf Nr. 1, Tschigilek/Kasachstan Farm Nr 2/Nord-Kasachstan Farm Nr. 2 Sow. Tschigilek Getreidesowchos Kolchose Dusbej Komintern Marx

Ortsregister Ort Land Agatsch Kasachstan Almaty Kasachstan Altai Rußland Augsburg BRD Bischkek Kirgisistan Budapest Ungarn Herrmannstadt Rumänien Nürnberg BRD

Verfahren Eintrag: Kiewskij, Geb Alma-Ata/Kasachstan Zerlegung: Kiewskij , Geb Alma-Ata / Kasachstan Trennzeichen ignorieren: Kiewskij ?? Alma-Ata=Almaty -> Kasachstan Kasachstan -> Kasachstan Score: 33,3% unbekannt, 66,6% Kasachstan

Zuordnungsprobleme Beispiel Eichenau Landkreis Fürstenfeldbruck alte Bezeichnung für Katowice-Mala Dabrówka (Woiwodschaft Slaskie/Oberschlesien) Beispiele Nowgorod, Pawlowsk in mehreren osteuropäischen Ländern vorhanden

Ergebnis: Staatsangehörigkeiten und identifizierte Geburtsorte Ausländ. Staatsange-hörigkeit Polen Rumänien Rußland Kasachstan Kirgisistan Gesamt % Geburtsort BRD 20,5 13,2 13,7 13,4 19,5 16,9 57,7 0,1 24,6 76,4 2,0 42,1 6,6 10,4 14,3 8,4 49,5 5,9 12,4 2,1 1 40,8 3,3 sonstige 0,5 0,2 2,5 2 2,9 1,5 uneindeutig 12,7 9,9 6,5 5,3 6,4 9,0 unbekannt 8,6 0,4 22,3 14 16,1 100 N 8830 537 6104 4013 1264 20748 Quelle: Melderegister der Stadt Bielefeld, Stand 17.3.2006, eig. Auswertungen

Perspektive: Weitere Orte können recherchiert werden. Der Anteil uneindeutiger Zuordnungen sinkt stark, wenn die Staaten der früheren UdSSR zusammengefaßt werden. Ca. die Hälfte der Aussiedler ist an Zweitstaatsangehörigkeit zu erkennen (s. u.). Fazit: Die Erkennungsrate der Geburtsländer nach Geburtsorten läßt sich auf ca. 95% steigern.

Beifang bei Geburtsortsselektion (falsch positive Identifikation) jüdische Kontingentflüchtlinge Asylsuchende Arbeitsmigranten (Greencard-Inhaber) Studierende (Bildungsausländer) Familienangehörige ohne Aussiedlerstatus Bei Kombination des Geburtsorts mit Erststaatsangehörigkeit quantitativ unbedeutsam für die meisten Herkunftsländer (Ausnahme: Polen).

Weil Aufwand für Toponomastik hoch ist (s.u.): Reicht die Auswahl nach (Doppel-)Staatsangehörigkeit? also: Welche Staatsangehörigkeit haben die in den Herkunftsländern der Aussiedler geborenen Personen? Dazu Betrachtung der Staatigkeit (Kombination von Staatsangehörigkeiten): Einstaater: nur deutsche Staatsangehörigkeit Mehrstaater: die deutsche und mindestens eine weitere Staatsangehörigkeit Ausländer: keine deutsche Staatsangehörigkeit

(Datensatz I: nur Ausländer und Doppelstaater) Datensatz II: Geburtsorte aller in Bielefeld gemeldeten Personen 187.840 von 331.151 Bielefeldern sind außerhalb der heutigen Stadtgrenzen geboren (56,7%). Darunter sind alle Aussiedler.

Staatigkeit nach Geburtsland 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Geburts-land dt. Einstaater % dt. Mehr-staater Aus-länder Summe Rußland 2.278 41,1 2.770 50 490 8,8 5.538 100 Polen 11.603 69,4 3.983 23,8 1.137 6,8 16.723 Kasachstan 2.785 49,6 2.516 44,8 310 5,5 5.611 Kirgisistan 1.054 57,1 674 36,5 119 6,4 1.847 Rumänien 274 39,9 255 37,2 157 22,9 686 Quelle: Melderegister der Stadt Bielefeld, Stand 17.3.2006, eig. Auswertungen Ergebnis einer Geburtsortsanalyse Nur eindeutige Zuordnungen Absolutzahlen zu niedrig Verteilung (Prozentwerte) wahrscheinlich korrekt

Staatigkeit nach Geburtsland (nur deutsche Staatsangehörige) 1 2 3 4 5 6 7 Geburtsland dt. Einstaater % dt. Mehrstaater Summe Rußland 2.278 45,1 2.770 54,9 5.538 100 Polen 11.603 74,4 3.983 25,6 16.723 Kasachstan 2.785 52,5 2.516 47,5 5.611 Kirgisistan 1.054 61,0 674 39,0 1.847 Rumänien 274 51,8 255 48,2 686 Quelle: Melderegister der Stadt Bielefeld, Stand 17.3.2006, eig. Auswertungen

Welche Staatsangehörigkeit haben die in den Herkunftsländern der Aussiedler geborenen Personen? Ergebnis: Etwa die Hälfte der Deutschen, die in Aussiedler-Herkunftsländern geboren sind, hat eine zweite Staatsangehörigkeit (Ausnahme: Polen). Unterschiede zwischen Ein- und Mehrstaatern sind nicht auszuschließen. Ein Verzicht auf das Geburtsortskriterium ist mit quantitativer Unterausschöpfung und möglicherweise mit qualitativen Verzerrungen verbunden.

Ziehung aus dem Melderegister: Voraussetzungen, Aufwand, Kosten Datenschutzfragen „flexible“ Kostenmodelle der Kommunen: Pauschalen, Sockelbeträge, z. B. 100-12.500 € (Hamburg) Volumentarife, z. B. 3-15 Cent/Adresse (ggf. + Pauschale) u. U. Kosten für durchsuchte, aber nicht gelieferte Adressen Programmieraufwand aber: oft Rabatt oder Kostenerlaß für Wissenschaftler Aufwand für Verhandlungen mit Kommunen

Fazit: Toponomastik ist möglich, erfordert aber erheblichen Mitteleinsatz. Toponomastik ist aufwendiger und teurer als konventionelle Verfahren. Flächendeckende Stichproben aus dem Melderegister sind unrealistisch.

Onomastische Stichprobenziehung: Reicht die Auswahl nach Namen? Wichtige Fragen: Welche Namen tragen Aussiedler? Wie trennscharf ist die Auswahl nach Namen? Unterscheiden sich die Träger „fremder“ und deutsch klingender Namen?

Datensatz III: Brutto 1.732 Aussiedler im Alter von 18 bis 25 Jahren aus dem Einwohnermelderegister der Stadt Bielefeld Ziehungskriterium: Geburtsort in einem Herkunftsland von Aussiedlern (Positivliste) Studie zu Diskriminierungserfahrungen Ziehung Juni 2004

Namenstypik: deutsch (Alexander, André, Julia) Herkunftsland (Aleksander, Alexandr, Andrej, Julija) Drittland (Ramses) unklar

Namenstypik der Aussiedler Nachname Deutsch Herkunftsland Unklar Summe N % Vorname 907 52,4 161 9,3 35 2,0 1103 63,7 419 24,2 151 8,7 22 1,3 592 34,2 12 0,7 3 0,2 37 2,1 1348 77,8 324 18,7 60 3,5 1732 100,0 Quelle: Melderegister der Stadt Bielefeld, Juni 2004, eig. Analysen

Unterschiede zwischen Trägern deutscher (N=47) und fremder Vornamen (N=35) in befragter Stichprobe (netto) mittlerer Einreisezeitpunkt: deutsche Namen März 1991 vs. fremde Namen Februar 1993 deutsche Namen: größere subjektive Ähnlichkeit mit autochthonen Deutschen, mehr deutsche Vereinskameraden Bildung, Einkommen, Erwerbsstatus, Sprachfähigkeit: keine signifikanten Unterschiede Diskriminierungserfahrung: kein signifikanter Unterschied Fazit: abgesehen von Aufenthaltsdauer und Identifikation kaum sozialstrukturelle Differenzen, die fundamental gegen die onomastische Stichprobenziehung sprechen.

Trennschärfe: Wie effizient ist die Erkennung von Aussiedlern anhand typischer Namen? Indikator: Wie groß ist der Anteil der Aussiedler unter den Trägern eines bestimmten Namens in BRD? Beschränkung auf Vornamen wegen möglicher lokaler Familien-Cluster Abgleich der Bielefelder Aussiedlerstichprobe mit dem bundesweiten Telefonbuch (1997) Prinzip: Vorzugsweise Namen verwenden, die unter Aussiedlern häufig und in der Restbevölkerung selten vorkommen.

Hohe Trennschärfe: z. B. Irina 36x in Stichprobe, 5.500x in Telefonbuch; Indexwert = 36/5500*1000 = 6,5 Niedrige Trennschärfe: z. B. Peter 27x in Stichprobe, 532.000x in Telefonbuch Indexwert = 27/532000 = 0,05 Sortierung der Vornamen nach Trennschärfe-Index

Trennschärfe der Vornamen

Ergebnis: Das Verfahren ist so lange effizient, wie ca. 60% der Stichprobe ausgeschöpft werden. Die Vornamen von 60% der Stichprobe existieren 441.000 mal im Telefonbuch. Damit werden ca. 3,3 Mio. Personen erreicht (grob geschätzte Haushaltsgröße von 2,5 Personen, Telefonbuch-Eintragsquote 33%). Zwischen 1950 und Ende 1996 sind 3,2 Mio. Aussiedler eingereist. Der Screening-Aufwand scheint hinnehmbar. Der Anteil deutscher Namen liegt jedoch bei nur 38,2%.

Vor- und Nachteile sind im Einzelfall abzuwägen: Toponomastik recht präzises Verfahren verursacht erheblichen Aufwand für Flächenstichproben untauglich Onomastik zwingt zu Kompromissen hinsichtlich Ausschöpfung und Trennschärfe bleibt hinter der Repräsentativität der Toponomastik zurück verursacht dagegen erheblich weniger Aufwand und Kosten Wird das Telefonbuch als Auswahlgrundlage herangezogen, eignet sich Onomastik auch für bundesweite Stichproben bei zusätzlicher Selektivität durch Eintragsbereitschaft.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt: kurt.salentin@uni-bielefeld.de Details nachzulesen in K. Salentin: Die Aussiedler-Stichprobenziehung. Methoden - Daten - Analysen, Jg. 1, 2007, H. 1, S. 25-44.