Wirkt "Basel 2" prozyklisch?

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Wirkt "Basel 2" prozyklisch?

Finanzintermediäre sind reguliert Externe Effekte, Systemrisiken Dominoeffekt, Wirkungen auf Gesamtwirtschaft Versagen der Corporate Control Dewatripont+Tirole 1994 Koordinationsproblem der Gläubiger Diamond+Dybvig 1984 politökonomische Gründe

Bankenregulierung baut auf Vorschriften über: Organisation Eigenmittel Aufsicht Sanierung/Liquidation Einlagenversicherung

Eigenmittel haben zwei Funktionen Schwankungen im Wert der Aktiven (und Passiven) auffangen den Risikoappetit zügeln ("Selbstbehalt" der Eigentümer) Testfrage für Optionstheoretiker: Bei welchem Verhältnis A/P ist der Anreiz, Risiken einzugehen am höchsten?

Optimale Eigenmittel: Was sagt die Theorie? Finanzierungskosten unabhängig von Finanzierung (MM) ausser wenn: Steuernachteil der EM Transaktionskosten (Beispiel CH: Stempelsteuer auf Aktien-Emission) Erhöhung EM = schlechtes Signal opportunistische Geschäftsleitung (Schulden als Disziplinierungsmittel) Drittgarantie für Schulden (Schulden zu billig) risikobereinigter RoE unabhängig von Finanzierungsverhältnis Kapitalaufnahme teurer als Gewinnrückbehalt?

Banken halten zu wenig Eigenmittel "Economic Capital" < "Regulatory Capital" Externe Effekte von Bankenkrisen EM teurer als Fremdmittel (??) breiter Konsens unter Praktikern schlecht erklärt durch Theorie (kaum plausible Abweichung von den MM-Voraussetzungen) Irrationalität (z.B. RoE-Betonung)? Implizite Garantien?

(Fast) alle Länder haben EM-Vorschriften für Banken Schweiz: seit 1934 internationale Norm: seit 1988 "Capital Accord" des Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (eingesetzt durch Notenbankgouverneure der G10+CH+S, heute auch E) bei der BIZ, Basel ursprünglich: "Cooke Ratio" (8%)

Der Capital Accord Eigenmittel = mindestens 8% der "risk weighted assets" bilanzierte Aktiven Ausserbilanzpositionen x Konversionsfaktor Kreditrisiken Marktrisiken (seit 1996) ohne Zinsänderungsrisiken (Bankenbuch) ohne operationelle Risiken

Der Capital Accord hat Löcher Länderratings (OECD+-Approach) Asset Securitization grobe Risikoerfassung

Reformprojekt "Basel 2" Pillar 1: Eigenmittelstandards Kreditrisiken operationelle Risiken (Marktrisiken wie bisher) Pillar 2: Anwendung durch nationale Aufseher Zinsänderungsrisiken Pillar 3: Marktdisziplin Transparenzanforderungen

Pillar 1: Ein Menu Kreditrisiken Operationelle Risiken Standardized Approach IRB (internal ratings) Approach Foundation IRB Advanced IRB Operationelle Risiken Basic Approach Sophisticated Approach

Präziser aber komplizierter... Full models approach Einfachheit 2001 IRB approach 2001 Standardized approach 1988 Accord Präzision Gearing ratio

…und anspruchsvoll in der Anwendung "...wir brauchen noch mehr Kreditrisikospezialisten, vor allem angesichts der neuen Eigenkapitalvereinbarung der BIZ. Dafür brauchen wir die besten Leute." D. Zuberbühler (EBK), Tages-Anzeiger vom 22.1.2001

Konzeptionelle Fragen Wozu Eigenmittel? erwartete versus unerwartete Verluste Risikoerfassung richtig? Zinsänderungsrisiken nur in P2 Operationelle Risiken VAR oder Stress-szenarien? Ist das Ganze gleich der Summe der Teile?

Vor- und Nachteile der Menuwahl Bessere Abbildung der Risiken Anreiz, Risikomanagement zu verbessern Anforderungen an Banken und Aufseher Segregation guter von schlechten Risiken Prozyklikalität?

Was heisst Prozyklikalität? Ein Zahlenbeispiel heute morgen 110 0.9 nom Wert Wert Zins = 5% 100 100 105 0.1 060 EM-Effekt = 0 EM-Erfordernis (PDxLGD) = 4

Was heisst Prozyklikalität? Ein Zahlenbeispiel heute morgen 110 0.8 nom Wert Wert Zins = 5% 100 95 100 0.2 060 EM-Effekt = -5 EM-Erfordernis (PDxLGD) = 4+8 Gesamt-EM-Effekt: = -5 - 8 = -13

Was heisst Prozyklikalität? In der Rezession... fällt der Wert der Aktiven => tiefere vorhandene Eigenmittel steigen die Risiken => höhere Eigenmittelanforderung ist die Aufnahme von Eigenmitteln teuer ist der Verzicht auf Kreditvergabe eventuell die billigste Lösung => verschärft sich die Rezession!

Der IRB-Approach ist besonders anfällig Stärkere Berücksichtigung der Risiken Internal ratings (empirische Grösse) schwanken mit Konjunkturverlauf

Das Dilemma EM = Puffer gegen Verluste => Rückgang in der Rezession zulassen! EM = Schutz vor Risikoappetit =>Rückgang nicht zulassen! Optimum: Zwischenlösung? Baser Auschuss: tiefere Korrelation schlechter Risiken berücksichtigen "dynamic provisioning", "through-the-cycle-rating" "stress testing" (Pillar 2)

Gegenargumente gegen Prozyklikalität Grösste Gefahr in einer Rezession sind Bankzusammenbrüche; diese werden mit EM-Vorschriften verhindert Quantitative Bedeutung nicht klar Vorausschauende Buchhaltung vermeidet Schwankungen der EM-Anforderungen Kompensation durch Geldpolitik möglich

Fazit Prozyklikalität bleibt ein Thema "the most important single outstanding issue" (FSA UK) quantitative Abschätzung schwierig im voraus keine empirischen Grundlagen "capital crunch" in Japan? Kalibrierung des Accord ist ebenfalls schwierig! (Quantitative Impact Study) Modellierung bisher unbefriedigend (Annahmen über Informationsstruktur)