4. Numerische Lösung partieller Differentialgleichungen

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 Präsentation transkript:

4. Numerische Lösung partieller Differentialgleichungen Einige Warnungen vorweg!!! Numerische Lösungsverfahren liefern keine Formel (bzw. Lösungsgleichung), sondern nur Näherungen für die Funktionswerte im betrachteten Gebiet! Numerische Verfahren liefern (fast) immer eine „Lösung“, die jedoch beliebig falsch sein kann! Gründe: Rundungsfehler ( „Maschinenproblem“), Fehlerhafte Näherung exakter mathematischer Ausdrücke ( „Methodenproblem“), Abbildungsproblem Realität  Modell (Geometrie, besonders Ränder, Diskretisierung  Realität ist kontinuierlich!) Der Aufwand für die Bestimmung einer numerischen Lösung steigt (in nur seltenen Fällen linear) mit der Komplexität des Problems bzw. des Modells! Rechnungen werden praktisch undurchführbar!

4. Numerische Lösung partieller Differentialgleichungen Numerische Konzepte Direkte Verfahren: Direkte Verwendung der PDE zur Lösung des Problems; Ersetzen kontinuierlicher Ausdrücke durch diskrete Näherungen, z.B. Finite-Differenzen-Verfahren Projektionsverfahren: Umformulierung des Problems bzw. der PDE, um zu einer einfacheren Beschreibung zu kommen, z.B. Finite-Elemente-Verfahren

4. Numerische Lösung partieller Differentialgleichungen Prinzip der Finite-Differenzen-Methode (FDM) Definitionsmenge des Problems wird mit einem (1D-, 2D, 3D-, …) kartesischen Gitter überzogen. Die partiellen Ableitungen der PDE werden durch Differenzenquotienten in den entsprechenden Richtungen ersetzt. Aus der PDE wird ein (endlichdimensionales) Gleichungssystem, das die Funktionswerte der Lösung an den Gitterpunkten als unbekannte Variablen enthält! Einbau von Rand- und Anfangsbedingungen Lösung des Gleichungssystems

4. Numerische Lösung partieller Differentialgleichungen Prinzip der Finite-Differenzen-Methode (FDM) Achtung! Es entstehen sehr schnell sehr große Gleichungssysteme! Die Dimension des Problems geht als Potenz in die Anzahl der Unbekannten ein! Bsp: 1D-Gitter mit 10 Gitterpunkten; Erweiterung auf 3D bei gleicher „Auflösung“: 1000 Gitterpunkte! Aber, das Gleichungssystem ist dünn besetzt, d.h. viele Einträge in der Koeffizientenmatrix sind Null! Grund: Für die Näherung der Ableitungen gehen nur benachbarte Punkte ein!

4. Numerische Lösung partieller Differentialgleichungen Prinzip der Finite-Elemente-Methode (FEM) Definitionsmenge des Problems wird in kleine, durch Strecken berandete Gebiete (die sog. „finiten Elemente“) aufgeteilt („Pflasterung“ oder „Triangulierung“) Z.B. Geraden (1D), Dreiecke (2D), Tetraeder (3D) In jedem Element werden einfache Funktionen (Polynome) mit unbekannten Koeffizienten definiert. Die unbekannten Koeffizienten werden mit Hilfe einer Variationsformulierung für die PDE plus Anfangs- und Randbedingungen bestimmt führt auf ein algebraisches Gleichungssystem wie im Fall von FDM! Die Lösung ist die stückweise Aneinandersetzung der Elementfunktionen ( vgl. Spline-Interpolation)

4.1 Die Finite-Elemente-Methode

4. FEM – Finite Element Method 4.1. FEM Software Heute werden recht komplexen Rechenabläufe von FE Paketen weitestgehend automatisch durchgeführt. Dem Benutzer bleibt aber immer die wichtige Aufgabe, die zu berechnende Struktur in ein sinnvolles FE-Modell umzusetzen und die Rechenergebnisse graphisch oder numerisch zu dokumentieren und vor allem zu interpretieren. Wie diese Umsetzung im Einzelnen vor sich geht, wird im Praktikum an praktischen Beispielen erlernt.

4. FEM – Finite Element Method Man unterscheidet immer zwischen Pre-processor: Dient der Transformation einer realen Konstruktion in ein Berechnungsmodell. Dazu gehören Modellerstellung, Geometriedefinition, Stoffgesetzwahl, Definition der Rand- und Zwangsbedingungen, Vernetzung etc.. Endprodukt ist eine vollständige Modelldatenbank. Solver: Der Löser überführt die Modelldatenbank durch die Lösung des Gleichungssystems in eine Ergebnisdatenbank. Es erfolgt die Berechnung der relevanten physikalischen Größen wie Temperaturverteilung, Druckverteilung, etc. bei vorgegebenen Rand- und Anfangsbedingungen. Endprodukt ist eine vollständige Ergebnisdatenbank. Post-processor: Dient der Visualisierung und Aufarbeitung der Ergebnisdatenbank zur Beurteilung der Ergebnisse.

4. FEM – Finite Element Method Diese Schritte und Programme können innerhalb eines Paketes angeboten werden, es gibt jedoch auch allein stehende Pre- und Post-processoren (Beispiel: Hypermesh(Altair), Medina(ex Debis, jetzt T-Systems), Patran(MSC Software Corporation) ..), sowie reine Löser. Einige gängige FE-Pakete sind: ABAQUS (seit 2005 Dassault Systemes wie CATIA), ADINA (ADINA R&D, Inc., steckt hinter NASTRAN), ANSYS (ANSYS Inc.), ASKA, B2000 (DLR Forschungscode), COMSOL (COMSOL AB, Schweden), COSAR (FEMCOS Forschungscode), COSMOS (SolidWorks Corporation wie AutoCAD), DIANA (TNO DIANA), Fluent (früher Fluent Inc., jetzt ANSYS Inc.), I-DEAS, ISAFEM/3D (Dr. Krause GmbH), LUSAS (Finite Element Analysis Ltd.), LS-Dyna (Livermore Software Technology Corp.), MARC (Marc Analysis Research Corporation), MEANS, MECHANICA, NASTRAN (MSC Software Corportation), NISA, PamCrash (ESI Group, Fr.), PERMAS (Intes GmbH), PSU (ISD Forschungscode).

4. FEM – Finite Element Method Warnung! Die FEM liefert immer nur eine numerische Näherungslösung, und die Interpretation der Ergebnisse ist nicht trivial. Fehler bei der Modellierung führen fast immer zu Ergebnissen, die erst als falsch erkannt werden müssen! Modelle hängen von Vorbildern, Erfahrungen, Analogien, der Kreativität und Intuition (manchmal auch vom Glück) des Modellierers ab und sind je nach Zweck besser oder schlechter. Die Modellbildung kann also kein eindeutiges Ergebnis liefern! Es ist besser, mit einem einfachen Modell anzufangen und signifikante Effekte hinzuzunehmen, als mit einem komplexen Modell anzufangen und so lange daran zu modifizieren, bis alle mathematischen Schwierigkeiten entfernt sind. Modellierung ist immer ein iterativer Prozess, es sei denn, das Ziel besteht darin, aussagelose ‘bunte Bildchen’ zu produzieren!

4. FEM – Finite Element Method FEM Modellierungsprozess

4. FEM – Finite Element Method

4. FEM – Finite Element Method

4. FEM – Finite Element Method Golombs Merksätze zur Verwendung mathematischer Modelle: Machen Sie sich keine Sorgen wegen der Erscheinungen im 33. Stadium einer ersten Modellrechnung. (Merksatz: Cum grano salis.) Extrapolieren Sie nicht über den Bereich hinaus, für den das Modell gerade noch passt. (Merksatz: Springe nicht ins Nichtschwimmerbecken.) Wenden Sie keine Modellrechnung an, solange Sie nicht die Vereinfachungen, auf denen sie beruht, geprüft und ihre Anwendbarkeit festgestellt haben. (Merksatz: Unbedingt Gebrauchsanleitung beachten.) Verwechseln Sie nie das Modell mit der Realität. (Merksatz: Versuch nicht, die Speisekarte zu essen.) Verzerren Sie nicht die Realität, damit sie zu Ihrem Modell passt. (Merksatz: Wende nie die Prokrustesmethode an.) Beschränken Sie sich nicht auf ein einziges Modell. Um verschiedene Aspekte eines Phänomens zu beleuchten, ist es oft nützlich, verschiedene Modelle zu haben. (Merksatz: Polygamie muss legalisiert werden.)

4. FEM – Finite Element Method Halten Sie niemals an einem überholten Modell fest. (Merksatz: Es hat keinen Sinn, toten Pferden die Peitsche zu geben.) Verlieben Sie sich nicht in Ihre Modelle. (Merksatz: Pygmalion.) Wenden Sie nicht die Begriffe des Gegenstands A auf den Gegenstand B an, wenn es beiden nichts nutzt. (Merksatz: Neuer Wein in alten Schläuchen.) Unterliegen Sie nicht dem Irrglauben, Sie hätten den Dämon vernichtet, wenn Sie einen Begriff dafür haben. (Merksatz: Rumpelstilzchen.) Aus: S.W. Golomb: Mathematical Models - Uses and Limitations, in Simulation 4, (14/1970), S. 197-198.