Betriebsratswahl 2014 – Das vereinfachte Wahlverfahren
I. Rechtsstellung des Wahlvorstands Vorbereitung der Betriebsratswahl Ausschreibung der Wahl Wahlvorschläge Stimmabgabe Ergebnisfeststellung und -veröffentlichung Wahlanfechtung und Rechtsschutz
Rechtsstellung des Wahlvorstands Bestellung und Amtszeit Aufgabe und Rechtsstellung Persönliche Stellung
Bestellung des Wahlvorstands durch den amtierenden Betriebsrat drei Mitglieder, ein Vorsitzender wird bestimmt Erhöhung möglich, wenn dies erforderlich möglich: Bestellung von Ersatzmitgliedern ungleich: Wahlhelfer
Ersatzmitglieder des Wahlvorstands werden nur im Vertretungsfall tätig können erforderlichenfalls gleichzeitig Wahlhelfer sein
Amtszeit des Wahlvorstands ab Bestellungsbeschluss des Betriebsrats endet mit konstituierender Sitzung des neu gewählten Betriebsrats vorzeitiges Ende: Rücktritt, Abbruch der Wahl
Aufgabe des Wahlvorstands Durchführung der Betriebsratswahl Dokumentation Beschlussfassung
Rechtsstellung seiner Mitglieder Kostentragung durch den Arbeitgeber Begrenzung auf erforderliche Kosten Unterstützung durch den Arbeitgeber
Kosten der Wahlvorstandstätigkeit Entgeltausfall Sachkosten Schulungskosten
Entgeltausfallprinzip Was hätte das WV-Mitglied verdient, wenn es nicht WV-Tätigkeit gemacht hätte? Vorrang der WV-Tätigkeit aber: Ab- und Rückmeldeverpflichtung
Ab- und Rückmeldeverpflichtung beim nächsten Vorgesetzten auf geeignetem Weg (Risiko: WV-Mitglied) Hinweis auf WV-Tätigkeit (keine Inhalte) Mitteilung der voraussichtlichen Dauer (unverbindlich) Mitteilung des Ortes der WV-Tätigkeit Rückmeldung identisch
Persönliche Rechtsstellung der WV-Mitglieder in WV-Tätigkeit weisungsungebunden Sonderkündigungsschutz auch 6 Monate nach Tätigkeit
Vorbereitung der Betriebsratswahl Zuschnitt des Betriebs Aktive und passive Wahlberechtigung Größe des Betriebsrats Anzuwendendes Wahlverfahren Sitze des Minderheitengeschlechts Wählerverzeichnis Zeitplan der Wahl
a. Zuschnitt des Betriebs
Grundfall: ein Betrieb an einem Ort mind. 5 wahlberechtigte AN
Grundfall Abwandlung: Gebäude drei Straßen entfernt „um die Ecke“ gehören zum Hauptbetrieb und wählen dort mit
Sonderfall 1: Hauptbetrieb und Kleinstbetriebe § 4 Abs. 2 BetrVG 30 km weniger als 5 AN Hauptbetrieb 300 km weniger als 5 AN wählen im Hauptbetrieb mit (entfernungsunabhängig)
Sonderfall 2:. selbständige Betriebsteile. § 4 Abs. 1 S. 1 Ziff Sonderfall 2: selbständige Betriebsteile § 4 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 BetrVG 30 km mehr als 5 AN Hauptbetrieb 300 km mehr als 5 AN wählen bei weiter Entfernung eigenen BR (60 Minuten)
Sonderfall 2:. selbständige Betriebsteile. § 4 Abs. 1 S. 1 Ziff Sonderfall 2: selbständige Betriebsteile § 4 Abs. 1 S. 1 Ziff. 2 BetrVG 30 km mehr als 5 AN aber: eigenständiger Arbeitsbereich und Organisation Hauptbetrieb wählen bei eigenem Bereich und Orga eigenen BR
Sonderfall 3:. Mitwahl im Hauptbetrieb durch. Übertragungsbeschluss Sonderfall 3: Mitwahl im Hauptbetrieb durch Übertragungsbeschluss § 4 Abs. 1 S. 2 BetrVG 300 km mehr als 5 AN aber: formloser Beschluss mit Mehrheit für Mitwahl im Hauptbetrieb Hauptbetrieb wählen im Hauptbetrieb mit
Sonderfall 4:. Gemeinsamer Betrieb mehrerer. Arbeitgeber. § 1 Abs. 1 S Sonderfall 4: Gemeinsamer Betrieb mehrerer Arbeitgeber § 1 Abs. 1 S. 2 BetrVG A-GmbH B-GmbH & Co. KG Z-AG einheitliche Lenkungs- und Leistungsmacht wählen einen gemeinsamen Betriebsrat
b. Aktive und passive Wahlberechtigung
Aktives Wahlrecht alle volljährigen Arbeitnehmer, auch Auszubildenden unabhängig von der Betriebszugehörigkeit maßgeblich Zeitpunkt der Wahl Leiharbeitnehmer: bei Einsatz von mehr als drei Monaten
Passives Wahlrecht alle aktiv Wahlberechtigten mind. 6 Monate Betriebszugehörigkeit im Zeitpunkt der Wahl Leiharbeitnehmer: kein passives Wahlrecht
Arbeitnehmerbegriff alle in abhängiger Beschäftigung weisungsgebunden und eingegliedert in den Betrieb auch: Home-Office, Elternzeit, Dauererkrankte, befristet Beschäftigte
Sonderfall: gekündigte Arbeitnehmer bei fristloser Kündigung: bleiben bei Klage passiv wählbar, verlieren nur aktives Wahlrecht bei ordentlicher Kündigung: falls Kündigungsfrist noch läuft aktives und passives Wahlrecht, falls Kündigungsfrist abgelaufen wie fristlose Kündigung
Leitende Angestellte sind weder aktiv noch passiv wahlberechtigt wählen ggf. Sprecherausschuss in der Praxis eher wenige als viele leitende Angestellte maßgeblich Voraussetzungen nach § 5 Abs. 3 BetrVG
c. Größe des Betriebsrats
Staffel in § 9 BetrVG Regelbetrachtung Köpfe, nicht Zeitanteile zählen Leiharbeitnehmer auf Dauerarbeitsplätzen zählen mit muss im Wahlausschreiben bekannt gegeben werden liegt dann für die Wahl auch bei nachfolgenden Veränderungen fest
d. Anzuwendendes Wahlverfahren
bis 50 MA vereinfachtes Wahlverfahren (Personenwahl) 51 – 100 MA Vereinbarung vereinfachtes Wahlverfahren mit AG möglich ab 101 MA „normales“ Wahlverfahren (Verhältnis- bzw. Listenwahl) Rückfall auf Personenwahl möglich, wenn nur ein Listenvorschlag (sog. modifizierte Personenwahl)
Wesentliche Unterschiede der Wahlverfahren: Personen ./. Verhältniswahl (Listen) Fristenläufe Wahlversammlung ./. Stimmabgabe abweichende Briefwahlmodalitäten
e. Sitze des Minderheitengeschlechts
Regelung zum Minderheitengeschlecht geschlechtsneutral Geschlecht in der Minderheit muss mindestens in seinem Verhältnis zu Gesamtbelegschaft im BR vertreten sein Ermittlung nach d‘Hondt-schem Höchstzahlverfahren
Beispiel: Ermittlung der Sitze des Minderheitengeschlechts 300 MA, davon 100 Frauen und 200 Männer damit 9 Sitze im Betriebsrat insgesamt Vergabe nach „Höchstzahlen“ (=Ränge) Höchstzahl ermittelt durch Teilung der Köpfe nacheinander durch 1, durch 2, durch 3, durch 4 u.s.w.
Beispiel: Gesamt :1 :2 :3 :4 :5 :6 :7 Frauen 100 50 33,33 25 20 16,66 14,28 Ränge 3 6 9 Männer 200 66,66 40 28,57 1 2 4 5 7 8
f. Wählerverzeichnis
Wählerverzeichnis Verzeichnis der aktiv und passiv Wahlberechtigten mitteilungspflichtig dynamisch bis zum Wahltag zu führen Arbeitgeber muss mitwirken
Rechtsmittel gegen das Wählerverzeichnis Einspruch antragsberechtigt ist jeder Beschäftigte auch Rüge von Fehlern, die einen selbst nicht betreffen Einspruchsfrist: vereinfachtes WV: 3 Tage ab Erlass WA „normales“ WV: 2 Wochen ab Erlass WA
g. Zeitplan der Wahl
Wesentliche Faktoren für den Zeitplan Amtszeit des bisherigen Betriebsrats evtl. Sicherheitspuffer individuelle betriebliche Belange und Faktoren bedenken
Amtszeit des bisherigen Betriebsrats taggenau 4 Jahre (§ 21 Abs. 1 BetrVG) Überlappung mit neu gewähltem Betriebsrat möglich BR in „Wartestellung“ bis Ablauf Amtszeit Alt-BR noch nicht tätig Risiko betriebsratsloser Zeit vermeiden
„Normales“ Wahlverfahren mind. 6 Wochen Aushang WA Stimmabgabe
Vereinfachtes Wahlverfahren keine Mindestfrist WV 1 Wo. Aushang WA Wahlversammlung
Ausschreibung der Wahl Inhalt des Wahlausschreibens Aushang des Wahlausschreibens
Inhalt des Wahlausschreibens (1) Datum des Erlasses Angaben zum Wählerverzeichnis und Bedeutung Größe zu wählender BR Aufforderung zur Einreichung von Wahlvorschlägen Ort des Aushangs der Wahlvorschläge Ort, Tag und Zeit der Stimmabgabe/Wahlversammlung
Inhalt des Wahlausschreibens (2) Hinweise zur Briefwahl Ort, Tag und Zeit der öffentlichen Stimmauszählung Briefadresse des Wahlvorstands Unterzeichnung des Wahlausschreibens
Zu beachten beim Wahlausschreiben Erlass durch Beschluss Aushang an gut zugänglicher Stelle Wahlinformation für MA mit Migrationshintergrund beachten zeitgleich erfolgt Aushang/Auslage des Wählerverzeichnisses
Wahlvorschläge Einreichungsfristen Prüfung der Wahlvorschläge Rechtsstellung der Wahlbewerber Veröffentlichung der Wahlvorschläge
a. Einreichungsfristen
Einreichungsfrist für Wahlvorschläge „normales“ Wahlverfahren: 2 Wochen nach Aushang des Wahlausschreibens, Korrekturen mit Nachfristsetzung möglich vereinfachtes Wahlverfahren: bis 1 Woche vor Wahlversammlung, Korrekturen ausgeschlossen
b. Prüfung der Wahlvorschläge
Korrekter Wahlvorschlag namentliche Benennung der Bewerber + Zustimmung der Bewerber namentliche Benennung der Unterstützer + Stützunterschriften Mitteilung des Sprechers des Wahlvorschlags bei Listenwahl: auch Listenname
Vorgehen bei Fehlern im Wahlvorschlag WV weißt Wahlvorschlag unverzüglich durch Beschluss unter Benennung des Mangels zurück unterrichtet hierfür den Sprecher des Wahlvorschlags
Typische Fehler im Wahlvorschlag Einreichungsfrist nicht gewahrt keine Reihenfolge der Bewerber (Listenwahl) nicht alle Bewerber wählbar nicht genügend Stützunterschriften (5 %) Mehrfachbewerbungen/-unterstützungen keine Einverständniserklärungen der Bewerber
Fehlende Wahlvorschläge Nachfristsetzung 1 Woche für Vorschläge (Listenwahl) Abbruch der Wahl (Personenwahl)
Zu wenig Bewerber Reduzierung der BR-Größe auf nächst niedrigere Stufe (immer ungerade) § 11 BetrVG analog
c. Rechtsstellung der Wahlbewerber
Wahlbewerber genießen Sonderkündigungsschutz einschl. Nachlauf 3 Monate nach Wahl sind zusätzlich durch § 119 BetrVG geschützt
d. Veröffentlichung der Wahlvorschläge
Veröffentlichung der Wahlvorschläge am Ort des Wahlausschreibens zuvor Zulosung der Ordnungsnummern bei Listenwahl ggf. Auflösung der Ordnungsnummern bei modifizierter Personenwahl (nur ein Stimmzettel)
Stimmabgabe Persönliche Stimmabgabe Briefwahl
a. Persönliche Stimmabgabe
Persönlich Stimmabgabe ist der Regelfall im Wahllokal ist vergütungspflichtige Arbeitszeit Öffnungszeiten überdenke evtl. mehrere Abgabeorte
b. Briefwahl
Briefwahl ist enger Ausnahmefall von Amts wegen nur bei bekannten Verhinderungsfällen sonst nur auf Antrag mit Prüfungspflicht, ob tatsächlich Verhinderung vorliegt verlängert faktisch den Wahlablauf bei vereinfachtem Wahlverfahren mit späterer Auszählung der Stimmen als Wahlversammlung
Abgabefrist „normales“ Wahlverfahren: bis Ende der persönlichen Stimmabgabe vereinfachtes Wahlverfahren: mind. 1 Tag nach Wahlversammlung, Frist ist durch den WV festzusetzen, hierdurch keine Stimmauszählung unmittelbar nach Wahlversammlung möglich
Briefwahlunterlagen müssen enthalten Abdruck des Wahlausschreibens alle Wahlvorschläge Stimmzettel Wahlumschlag Erklärung zur persönlichen Stimmabgabe Erläuterung zur Briefwahl frankierten Rückumschlag
Ergebnisfeststellung und -veröffentlichung Stimmauszählung Feststellung des Wahlergebnisses Veröffentlichung des Ergebnisses Konstituierende Sitzung
a. Stimmauszählung
Stimmauszählung erfolgt betriebsöffentlich zuvor werden Briefwahlumschläge eingetaktet ggf. Beschluss über unklare Wahlaussagen auf den Stimmzetteln
b. Feststellung des Wahlergebnisses
Beispiel für Listenwahl 9 Sitze im Betriebsrat insgesamt 100 Stimmen für Liste A 200 Stimmen für Liste B
ggf. noch Ausgleich Minderheitengeschlecht Beispiel: Gesamt :1 :2 :3 :4 :5 :6 :7 Liste A 100 50 33,33 25 20 16,66 14,28 Ränge 3 6 9 Liste B 200 66,66 40 28,57 1 2 4 5 7 8 ggf. noch Ausgleich Minderheitengeschlecht
Ergebnisfeststellung für Personenwahl nach erhaltenen Stimmen etwaige Stimmgleichheit nur für letzten Platz interessant ggf. losen ggf. noch Ausgleich des Minderheitengeschlechts
Rangfolge der Ersatzmitglieder Liste wird auch über die Zahl der gewählten BR-Mitglieder fortgeschrieben ermöglicht gewähltem BR, Ersatzmitglieder nachzuvollziehen
c. Veröffentlichung des Ergebnisses
Erklärung über Annahme der Wahl muss vor Veröffentlichung des Wahlergebnisses eingeholt werden ggf. Präsens in der öffentlichen Stimmauszählung sonst Einholung schriftlich mit 3 Tagen Rückäußerungsfrist falls keine Meldung Wahl angenommen
Veröffentlichung des Wahlergebnisses durch Aushang (wie Wahlausschreiben und Veröffentlichung der Wahlvorschläge) setzt Anfechtungsfristen in Gang
d. Konstituierende Sitzung
Konstituierende Sitzung WV beruft Gewählte ein Vorsitzender leitet Sitzung bis Wahl Vorsitzender und Stellvertreter keine anderen TOP ggf. BR „in Reserve“, falls Amtszeit des bisherigen BR noch nicht gewählt Übergabe der Wahlunterlagen an BR
Wahlanfechtung und Rechtsschutz Wahlabbruch durch einstweilige Verfügung
a. Wahlanfechtung
Wahlanfechtung anfechtungsberechtigt: AG, 3 AN oder im Betrieb vertretene Gewerkschaft binnen Frist von 2 Wochen nach Ergebnisaushang muss Anfechtungsgrund angeben gerichtliche Prüfung durch das Arbeitsgericht Antragsgegner ist der gewählte BR, nicht der WV
b. Wahlabbruch durch einstweilige Verfügung
Wahlabbruch selten muss unheilbaren Fehler beanstanden, der in jedem Fall zur Unwirksamkeit der Wahl führt Antragsgegner ist der WV