Aufarbeiten oder Verdrängen? – Männer trauern anders

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 Präsentation transkript:

Aufarbeiten oder Verdrängen? – Männer trauern anders Erich Lehner Alpen-Adria Universität Klagenfurt-Wien-Graz IFF Wien, Abteilung für Palliative Care und OrganisationsEthik

Trauer der Eltern nach dem Tod eines Kindes (Kersting 2005) Trauer vieler Mütter intensiver Depression und Angst als Parameter Geringfügige Unterschiede in der Trauer der Eltern exzessiver Genuss von Alkohol als zusätzlicher Parameter Erstes halbe Jahr nach dem Tod sind PartnerInnen einander die größte Stützte in der Trauer

Trauer der Eltern nach dem Tod eines Kindes (Kersting 2005) Prozess geschlechtsspezifischer Trauer Frauen empfinden oft ein großes Bedürfnis, über den Tod zu sprechen und ihren Schmerz auszudrücken Männer sind mit Gespräch und dem Ausdruck ihrer Gefühle eher zurückhaltend erhöhen ihr Arbeitsengagement, „damit alles läuft“ Die Zurückhaltung des Partners kann von Frauen als Ausdruck mangelnder Emotionalität, Empathie und Trauer fehlinterpretiert werden. Dagegen fühlen sich Männer oft durch die Intensität und Dauer der Trauerreaktionen ihrer Partnerinnen verunsichert. Um ihre Partnerinnen nicht zusätzlich zu belasten, versuchen sie, ihre eigenen Gefühle zu kontrollieren.

Männliche Trauer (Martin, Doka 2000) Männer drücken Gefühle weniger offen aus haben geringere Affektniveaus bevorzugen Aktivitäten (auch Rückzug) und kognitive Muster Ablenkung durch Arbeit, Sport, auch durch destruktive Formen Sex, Spiel, Alkohol

Männliche Trauer (Martin, Doka 2000) Frauen bekommen mehr emotionale Unterstützung, dafür weniger normalen sozialen Kontakt Männer gehen früher Beziehungen ein Wenn sie allein leben, haben sie größeres Risiko, vorzeitig zu sterben Bei Verlust der/des Partners/in Männer: Bild ein „Glied zu verlieren“ Frauen: Bild der „Vernichtung“ Risken bei Männern: komplizierte Trauer bei Frauen: Depression oder chronische Trauer

Herr Müller „Rasenmäher“ „Ich gehe eben kontrolliert mit meinem Schmerz um. Das heißt aber nicht, dass ich nicht leide.“ „Irgendwann hilft das Reden auch nicht, da muss man dann durch.“

Männlichkeiten „Muster sozialer Praxis“ (Connell 2000) „… in Verbindung mit dem den Männern vorbehaltenen Raum, in dem sich, unter Männern die ernsten Spiele des Wettbewerbs abspielen“ (Bourdieu 1997) „Partner-Gegner“ (Bourdieu 1997) Gefühlsausdruck ist in kompetetiven Beziehungen sekundär

Aufarbeiten oder Verdrängen? Männer und Frauen haben neben den Gemeinsamkeiten in der Trauer auch Unterschiede. Trauern deshalb Männer weniger? Nein, individuelle Unterschiede sind größer als die geschlechtsspezifischen Ist ihre Trauer weniger effektiv? „Trauerarbeit“!?

Intuitive – Instrumentelle Trauer (Martin, Doka 2000) Intuitiv Trauernde die Trauer über den Verlust als tiefe schmerzvolle Gefühle. Stärke und Trost aus dem Mitteilen und dem Sprechen über die Gefühle. eher mit Frauen assoziiert Instrumentell Trauernde fühlen sich wohler, wenn sie ihren Verlust intellektuell bearbeiten können. Trauer eher kognitiv und mit geringen Affektniveaus. Zurückhaltend im Gespräch über Gefühle Eher mit Männern assoziiert Gefühle für intuitiv Trauernde pulsierende, „intensive Farben“ für instrumentell Trauernde eher „Pastelltöne“

Modell des doppelten Prozesses in der Verlustbewältigung (Stroebe, Stroebe 1998) Verlust-Orientierung versus Wiederherstellungs-Orientierung Auseinandersetzen versus Ausweichen Oszillieren

Trauerbegleitung Unterschiedliche Formen der Trauer anerkennen Personen, Kultur, Milieu, Geschlecht Sichere Bindungsbeziehung gewähren „Fühlen ist gleich Denken“ Erst sichere Bindung ermöglicht offenes Fühlen/Denken Empathie und Wertschätzung

Herzlichen Dank! Kontakt: Erich Lehner erich.lehner@univie.ac.at www.erich-lehner.at IFF – Palliative Care und OrganisationsEthik, Alpen-Adria Universität Klagenfurt Schottenfeldgasse 29/4 1070 Wien www.aau.ac.at/pallorg 12