Geradlinigkeiten sachgerecht i. S. des Katasters

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 Präsentation transkript:

Geradlinigkeiten sachgerecht i. S. des Katasters rechtssicher i. S. des Eigentumssicherungssystems

Problemstellungen in der Praxis: Bestehende Grenzen: Grenzzeichen werden vorgefunden und befinden sich innerhalb der Toleranzen in der Geraden. 2. Neue Grenzen werden in bestehende („gerade“) Grenzverläufe eingebunden.

Rechtswirkung bestehender Grenzzeichen (Abmarkungen) Grundsatz 1: BbgVermG § 12 Grenze Die Grenze ist die geometrisch definierte Verbindungslinie zweier unmittelbar benachbarter Grenzpunkte. BbgVermG § 15 Abmarkung (1) Grenzpunkte einer festgestellten oder als festgestellt geltenden Grenze sind in der Örtlichkeit durch Grenzzeichen dauerhaft und sichtbar zu kennzeichnen. Die Grenzzeichen sind zu widmen (Abmarkung).

Rechtswirkung bestehender Grenzzeichen (Abmarkungen) Grundsatz 2: Vorhandene Grenzzeichen, die den rechtmäßigen Grenzverlauf zutreffend kennzeichnen, entwickeln eine Rechtswirkung (Rechtsverbindlichkeit) gegenüber Beteiligten. Bedingung: Umfassende Grenzuntersuchung ist erfolgt.

Thesen: Das Nachweissystem – Kataster – hat den rechtmäßigen Grenzverlauf (rechtssicher) zu dokumentieren. Die heutigen Messverfahren lassen eine punktgenaue Koordinatenbestimmung zu und sind unabhängig von früheren Bestimmungsverfahren (Linien- und Orthogonalverfahren).

Fallkonstellationen für Grenzen: 30.03.2017 Fallkonstellationen für Grenzen: Es sind zwei grundlegend verschiedene Fälle mit unterschiedlicher Behandlung der Geradlinigkeit zu unterscheiden. Fall 1: In einem Zuge entstandene Grenzlinie sollte ursprünglich eine Gerade bilden. D F A B E C

Fall 2: Grenzpunkte sind später in eine schon bestehende Gerade eingeschaltet worden (fortgeführter Altbestand). C E B A D F

Abweichungen von aus der Geraden stehenden Grenzpunkten VVLiegVerm: 6.1.11 Liegen die Abweichungen innerhalb der zu erwartenden Genauigkeit, gelten übertragener und örtlicher Grenzverlauf als übereinstimmend. -> rechtmäßiger Grenzverlauf innerhalb des Toleranzbandes

Einbinden/Einrechnen neuer/bestehender Grenzen VVLiegVerm: 6.5.6 Geometrische Bedingungen (Geradlinigkeit, Parallelität, Kreisbogen) sind auch rechnerisch zu erfüllen. -> Toleranzband? oder -> strenge Einrechnung in (alte) Geraden (eingeschränkte Rechtswirkung der örtlichen Abmarkung wird in Kauf genommen)

Grundsätzliche Problemstellung: Es ist zu entscheiden, ob der örtliche Grenzverlauf unter Aufhebung der geometrischen Bedingungen anzuhalten ist -> Fall 1 und Fall 2 (Abm. innerhalb des Toleranzbandes) oder die betroffenen Grenzen unter Beibehaltung der geometrischen Bedingungen neu gekennzeichnet (abgemarkt) werden müssen. -> Fall 2 (Abm. außerhalb des Toleranzbandes)

Erläuterungen VVLiegVerm zu 6.1.11: 30.03.2017 Erläuterungen VVLiegVerm zu 6.1.11: Die Vermessungsstelle hat zu prüfen, ob es sich • um Ungenauigkeiten handelt, die auf frühere Messverfahren zurückzuführen sind, • um Abweichungen handelt, die behoben werden müssen. Hier ist nach sachverständiger Wertung des Sachverhaltes unter Würdigung der damaligen und heutigen Erklärungen der Beteiligten zu entscheiden, ob die Abweichungen behoben werden. Im Zweifelsfall ist der Katasternachweis den übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten anzupassen.

Erläuterungen VVLiegVerm zu Nr. 6.5.6: 30.03.2017 Fall 1: In einem Zuge entstandene Grenzlinie sollte ursprünglich eine Gerade bilden. Erläuterungen VVLiegVerm zu Nr. 6.5.6: Eine Einrechnung örtlich nicht in einer Gerade liegender Grenzpunkte ist nur dann angezeigt, wenn die Grenze vollständig untersucht wurde, die Grenzpunkte dieser Grenze innerhalb der erwarteten Genauigkeit liegen, diese Grenze in der Präsentation mit den Vermessungskoordinaten keine augenfälligen Grenz-knicke aufweist.

Urteil des OVG NRW – 7 A 1427/84 – vom 7.3.88 verdeutlicht, dass 30.03.2017 Fall 1: In einem Zuge entstandene Grenzlinie sollte ursprünglich eine Gerade bilden. Rechtsprechung: Urteil des OVG NRW – 7 A 1427/84 – vom 7.3.88 verdeutlicht, dass die konkret in der Grenzniederschrift dokumentierten und von den Beteiligten anerkannten Grenzpunkte maßgebend für den Grenzverlauf sind und zusätzliche Beschreibungen wie „geradlinig“ dieser Festlegung untergeordnet werden.

Urteil des OVG NRW – 7 A 1427/84 – vom 7.3.88 30.03.2017 Urteil des OVG NRW – 7 A 1427/84 – vom 7.3.88 In Anbetracht des Umstandes, dass das Ergebnis der damaligen Grenzermittlung nicht durch zwei, sondern durch sechs Grenzpunkte beschrieben worden ist, konnte und kann das in der Niederschrift über die Grenzverhandlung zur Beschreibung des Verlaufs der Grenze zusätzlich verwandte Wort „geradlinig“ jedermann erkennbar nicht wörtlich, sondern nur – im Sinne eines Alltagssprachgebrauchs – dahin verstanden werden, dass die Grenze etwa geradlinig verlaufe.

Alternativ-Lösung im Fall 1: Voraussetzung: Einwandfreie Grenzuntersuchung! Die Koordinierung der Grenzpunkte erfolgt gemäß der tatsächlichen Vermessung (Polaraufnahme bzw. direkte Punktbestimmung über SAPOS). Innerhalb des Toleranzbandes: Dokumentation des vermessenen Grenzverlaufes im VR und GN erfolgt als Gerade. Außerhalb des Toleranzbandes: entsprechende Darstellung im VR und Beschreibung in GN

Fall 2: fortgeführter Altbestand Grundsatz: In diesem Fall ist die bei der Abmarkung verfolgte Absicht, den Punkt in die Gerade einzubringen, höher zu bewerten, als die bei der Durchfluchtung tatsächlich erreichte Genauigkeit. Den Beteiligten war bewusst, dass der ihnen vorgewiesene Grenzpunkt in der Gerade steht (bzw. stehen muss). B A

Fall 2: fortgeführter Altbestand Dieser Grundsatz gilt generell für später eingebrachte Abmarkungen außerhalb des Toleranzbandes. C Toleranzband B A C‘

Für Grenzpunkte, die innerhalb des Toleranzbandes aus dem ursprünglich geraden Grenzverlauf abweichen, ist eine differenziertere Betrachtung erforderlich. C B Toleranzband A

Fall 2: fortgeführter Altbestand Rechtsprechung: Urteil des OVG NRW – 7 A 1978/93 – vom 21.11.96 Tenor: Grenzzeichen, die bereits bei einer früheren Katastervermessung in einer geraden Grenze errichtet wurden und dementsprechend nachgewiesen sind, bezeichnen auch dann den rechtmäßigen Grenzverlauf, wenn sie bei einer späteren Vermessung im Rahmen der Fehlertoleranzen aus dem ursprünglich geraden Grenzverlauf abweichen.

Alternativ-Lösung im Fall 2 (bestehende Grenzen): Im Rahmen der Fehlertoleranzen aus dem strengen geraden Grenzverlauf abweichende Grenzpunkte können bei der erstmaligen Koordinierung wie vorgefunden erhoben werden, ohne das eine Einrechnung in die Gerade erfolgt. Darstellung im VR und GN: Grenzpunkte werden als in der Grenzgerade stehend nachgewiesen (gemäß erfolgter Grenzuntersuchung).

Alternativ-Lösung im Fall 2 (neue Grenzen): Analog wird bei der Koordinierung neuer Grenzen verfahren, wobei die Grenzzeichen in den örtlichen Grenzverlauf eingebracht werden.

1. Positiver „Nebeneffekt“: Soll- Flächen, die laut Antragsteller gebildet werden sollen (z.B. zur Umsetzung eines notariellen Kaufvertrages), sind in der Örtlichkeit und im amtlichen Katasternachweis umsetzbar. -> Örtlicher Grenzverlauf und Katasternachweis stimmen tatsächlich überein. A E B Toleranzband A` Rechengerade E‘ Fläche E-B-C-F-E = 500 m² Fläche E‘-B‘-C-F-E‘ = 498 m² B´ D F C

2. Positiver „Nebeneffekt“: Auf der Flurstücksgrenze errichtete Gebäude sind tatsächlich grenzständig. -> Örtlicher Grenzverlauf und Katasternachweis stimmen tatsächlich überein. A A` B Grenzgarage D C D`

… und stellen sich nicht plötzlich als vermeintlicher Überbau dar, nur weil die örtlichen Grenzzeichen fehlen und nun der „eingerechnete Punktnachweis“ allein als amtlicher Eigentumsnachweis dient. Grenzgarage

30.03.2017 Fazit Nicht die laut BbgVermG definierten rechtmäßigen Grenzverläufe müssen in Bezug auf ihre Nachweisführung (Koordinierung) im Liegenschaftskataster (wegen althergebrachter Bestimmungs- und Berechnungs-methoden) angepasst (eingerechnet) werden, sondern das Katasternachweissystem muss die rechtmäßigen Grenzverläufe gemäß den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten (innerhalb der zulässigen Toleranzen) rechtssicher dokumentieren.