Notar Prof. Dr. Stefan Hügel, Weimar

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 Präsentation transkript:

Notar Prof. Dr. Stefan Hügel, Weimar Was tun mit Entscheidungen der Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung ? Erfurt 20. März 2014 Notar Prof. Dr. Stefan Hügel, Weimar

Ausgangssituation Regelungswunsch der Wohnungseigentümer zu einer bestimmten Angelegenheit Meist notwendige Erörterung im Rahmen einer Eigentümerversammlung Deshalb: Aufnahme in die Tagesordnung für die nächste Eigentümerversammlung

Notwendige Überlegungen Welcher Instrumente müssen sich die Wohnungseigentümer zu Umsetzung ihres Willens bedienen?

Regelungsinstrumente Vereinbarung (Vertrag) Einigung aller Wohnungs- und Teileigentümer Wirkung gegen Rechtsnachfolger nur bei Eintragung (§ 10 III WEG) an jedem Ort schließbar Beschluss regelmäßig »Mehrheitsbeschluss« ausreichend (§ 25 WEG)  : das ist eine »Ja-Stimme« mehr als »Nein-Stimmen« Wirkung gegenüber Rechtsnachfolger auch ohne Eintragung (§ 10 IV 1 WEG) im Prinzip nur in Eigentümerversammlung

Möglichkeit einer Beschlussfassung Die Wohnungseigentümer dürfen durch Beschluss handeln, wenn ihnen das Gesetz oder eine Vereinbarung (Öffnungsklausel) eine Kompetenz geben, ihre Angelegenheiten durch Beschluss zu regeln. Ohne eine solche Ermächtigung ist ein Beschluss regelmäßig nichtig. Ein solcher Beschluss wird nicht nach einem Monat bestandskräftig.

Beschlusskompetenzen Vorschrift des WEG Gegenstand § 12 IV S. 1 Veräußerungsbeschränkungen § 15 II Gebrauch des Gemeinschafts- und des Sondereigentums § 16 III Kostenverteilungsschlüssel § 16 IV S. 1 Kosten § 18 III S. 1 Entziehung des Wohnungseigentums § 21 III ordnungsmäßige Verwaltung des Gemeinschaftseigentums nach § 21 III bis V WEG § 21 VII Verwaltungskostenbeschlüsse § 22 I S. 1 Bauliche Veränderungen und Aufwendungen § 22 II S. 1 Modernisierungsmaßnahmen § 24 V Vorsitz in der Eigentümerversammlung § 24 VIII S. 2 Führer der Beschluss-Sammlung § 26 I S. 1 Bestellung und Abberufung des Verwalters § 27 II Nr. 3 Geltendmachung von Ansprüchen durch den Verwalter § 27 III S. 1 Nr. 7 Erweiterung der gesetzlichen Befugnisse des Verwalters § 27 III S. 3 Vertretung des Verbandes Wohnungseigentümergemeinschaft § 28 IV Rechnungslegung des Verwalters § 28 V Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung § 29 I S. 1 Bestellung eines Verwaltungsbeirats § 45 II S. 1 Bestellung eines Ersatzzustellungsvertreters

Öffnungsklauseln Die Wohnungseigentümer können darüber hinaus über einen Gegenstand durch Beschluss entscheiden, wenn ihnen eine Vereinbarung (Öffnungsklausel) eine Beschluss-Kompetenz einräumt.

Nicht selten fehlendes „Unrechtsbewusstsein“ bei der Abstimmung in der Eigentümerversammlung. Es erfolgt nur die Zustimmung zu einem TOP ohne dessen rechtliche Klassifizierung als Beschluss oder Vereinbarung Diese Einordnung ist aber wichtig wegen einer möglichen Bindung von Sonderrechtsnachfolgern.

Unterscheidung Nach h.M. ist die Abgrenzung zwischen Vereinbarung und (allstimmigem) Beschluss nach dem Gegenstand vorzunehmen: Eine Regelung ist danach als Beschluss zu qualifizieren, wenn ihr Gegenstand einem solchen zugänglich ist. Demgegenüber ist eine Vereinbarung als gewollt anzusehen, wenn ihr Gegenstand eine solche erfordert, also für eine Regelung durch Beschluss keine Kompetenz besteht.

Inhalt des Sondereigentums Vereinbarungen „verdinglicht“ Inhalt des Sondereigentums „schuldrechtlich“ Gebunden sind nur Vertragsparteien; Dritter kann sich „unterwerfen“ oder in den Vertrag eintreten

Untergang von schuldrechtlichen Vereinbarungen Schuldrechtliche Vereinbarungen werden nach Ansicht der Rspr insgesamt hinfällig, wenn ein Sondernachfolger in die Gemeinschaft eintritt und Vereinbarungen dieser Art nicht beigetreten ist (OLG Frankfurt ZWE 2006, 392; BayObLG RNotZ 2005, 233; OLG Saarbrücken MietRB 2005, 150; BayObLG NZM 2003, 321; OLG Köln NZM 2001, 1135). Sollen schuldrechtliche Vereinbarungen gegen Sondernachfolger wirken, bedarf es somit einer Übernahmeerklärung des neuen Eigentümers. Diese kann nach hM nicht mehr nach dem Eigentumswechsel erteilt werden (ausführlich hierzu Hügel, FS Wenzel, S. 219).

Konsequenzen für den Verwalter Verwalter muss entscheiden, ob die zu regelnde Angelegenheit einer Beschlussfassung zugänglich ist, weil hierfür - eine gesetzliche Beschlusskompetenz besteht - in der Gemeinschaftsordnung eine einschlägige Öffnungsklausel enthalten ist. Falls nein: Vereinbarung aller Wohnungseigentümer notwendig. Nächste Überlegung: Soll die Vereinbarung verdinglicht werden?

Angedachte Verdinglichung An sich ist eine formfreie Vereinbarung ausreichend. Durch die beabsichtigte Verdinglichung bedarf es jedoch wegen § 29 GBO der öffentlichen Beglaubigung der Unterschriften aller Wohnungseigentümer. Folge: Der Inhalt des Vereinbarung muss grundbuchrechtlich bestimmt (Bestimmbarkeitsgrundsatz) formuliert, hierunter die Unterschriften aller Wohnungseigentümer gesetzt und diese wiederum durch einen Notar öffentlich beglaubigt werden.

Empfehlung Da der Gang eines jeden Wohnungseigentümers zum Notar kaum zu realisieren ist und zudem erhöhte Gebühren zur Folge hat, kann ein Notar zum Ende der Eigentümerversammlung geladen werden. Falls alle Wohnungseigentümer der Vereinbarung zustimmen, können dann in der EV die Unterschriften aller anwesenden Wohnungseigentümer beglaubigt werden und (nur) der fehlende Rest später nachgeholt werden.

Gerichtlicher Vergleich Ein gerichtlicher Vergleich steht einer normalen Vereinbarung der Wohnungseigentümer gleich, sofern alle Wohnungseigentümer beteiligt sind und er Vereinbarungsinhalt besitzt (OLG Köln ZMR 2004, 59). Er bindet damit grds Sondernachfolger nur, falls er im Grundbuch eingetragen ist (Drasdo ZMR 2007, 503; Häublein ZMR 2001, 170; Riecke/Schmid/Elzer § 10 Rn. 338; aA LG Koblenz ZMR 2001, 228). Eine gerichtliche Protokollierung gem. § 127 a BGB kann die notarielle Form ersetzen.

Was ist also zu beachten? Ist für die zu regelnde Angelegenheit tatsächliche eine nachträgliche Vereinbarung nötig oder ist sie einer Beschlussfassung zugänglich? Falls Vereinbarung nötig, bedarf sie (zur Vorbereitung) einer Erörterung in der Eigentümerversammlung? In aller Regel wohl ja. Eine Vereinbarung kann in der EV nur geschlossen werden, wenn alle Wohnungseigentümer anwesend sind und zustimmen. Soll die Vereinbarung durch Eintragung im Grundbuch verdinglicht werden? Falls ja, notarielle Unterschriftsbeglaubigung erforderlich. Bedarf es einer Zustimmung dinglich Berechtigter. Bei Sondernutzungsrechtsvereinbarung grds. immer. Auch eine erzwungene oder durch Prozessvergleich zustande gekommene Vereinbarung bedarf zu Wirkung gegen Sonderrechtsnachfolger der Eintragung in das Grundbuch.