Landestagung der Mobilen Jugendarbeit und Streetwork 2016

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 Präsentation transkript:

Landestagung der Mobilen Jugendarbeit und Streetwork 2016 Abhängigkeit Landestagung der Mobilen Jugendarbeit und Streetwork 2016 Sabine Korda Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie im Kindes u. Jugendalter

Definition Abhängigkeit Kriterien Starkes Verlangen, Substanz zu konsumieren Verminderte Kontrolle über Beginn, Beendigung oder Menge des Konsums Erfolglose Versuche, den Konsum zu beenden Körperliches Entzugssyndrom bei Reduktion oder Abstinenz Toleranzwirkung Einengung auf den Konsum und Vernachlässigung anderer Interessen Anhaltender Konsum trotz schädlicher Folgen Genetik: Genetische Risikofaktoren für eine individuelle Disposition Psychotrope Substanzen führen selbst zu einer Veränderung von Expression von Genen (Epigenetik)

Akute Intoxikation Symptomatik: Qualitative (weniger quantitative) Bewusstseinsveränderung Verzerrte Sinneswahrnehmungen, Halluzinationen Wahnhafte Situationsverkennung Koordinationsstörung bis zur Ataxie Epiletiforme Anfälle

Alkohol Wirkung: 0,1-1‰ Euphorie, gehobene Stimmung, verminderte Reaktionsfähigkeit 1-2‰ (Rauschstadium): Enthemmung, stark verminderte Reaktions-und Konzentrationsfähigkeit, Sprech-u. Orientierungsstörungen, 2-3‰ (Betäubungsstadium): Starke Gleichgewichts-Orientierungs-u. Bewusstheitsstörungen, starke Verwirrtheit, Erbrechen, Muskelerschlaffung 3-5‰ Lähmungsstadium, Koma bis Tod.

psychotrophe Substanzen Gemeinsame Endstrecke: Ausschüttung von Dopamin im mesolimbischen System Mehr als 50% der Konsumenten leiden an komorbiden psychischen Störungen : Affektive Störungen und Angsterkrankungen Schizophrenien Verhaltensstörungen mit Beginn in der Kindheit Persönlichkeitsstörungen (z.B. dissoziale PS) Tod durch Suizid bei 10 – 15% der Alkohol- u. Drogenabhängigen!

Opioide Euphorisierende Wirkung (Bindung an µ-Opioid Rezeptor) Höchstes Abhängigkeitspotential, körperliche und psychische Abhängigkeit Symptome: - Heroin: „Kick“ nach 10 – 20 Sek., nach 15 Min. Rausch, Euphorie, gesteigertes Selbstbewusstsein - danach sedierende Wirkung - Intoxikation: „Trias“ aus Miosis, Koma, Atemdepression, zusätzlich Hypotonie, Bradykardie, Hypothermie, Krampfanfälle Morphin durch Felix Hofmann zu Diacetylmorphin (späterals „Heroin“ patentiert) modifiziert

Therapie bei Opioidabhängigkeit Kontaktaufnahme und Schadensminderung: „niederschwellige Hilfsangebote“ Verminderung körperlicher, psychischer und sozialer Folgen: „harm reduction“ Entgiftung- und Entwöhnungsbehandlung: „kalter Entzug“ : Opiatentzug nicht lebensgefährlich (Risiko für Krampfangälle a.e. bei Tramadol) „warmer Entzug“: methadon- o. polamidongestützt Entwöhnung (4 – 6 Monate) Substitution: wenn Risiken des illegalen Konsums deutlich die der kontrollierten Gabe übersteigen Methadon, L- Polamidon (Opiatrezeptoragnoisten) Buprenorphin (partieller Antagonist) relativ neu: Substitol (retardiertes Morphin)

Cannabis Wirkung: individuell / situationsabhängig Indifferenz, heitere Euphorie Veränderung von Raum- und Zeiterleben Intensitätssteigerung optischer, akustischer Wahrnehmungen Denkstörungen Adrenerge und anticholinerge körperliche Symptome starke psychische Abhängigkeit Hirnorganische Veränderungen Psychische Störungen Schizophrenieartige Psychosen: misstrauisch-dysphorische Zustände, (nach Schätzungen 8 % weniger Psychosen ohne Cannabiskonsum) „Nachhallpsychosen“

KONSUMREDUKTION + ABSTINENZ Entzugssyndrom: Craving Stimmungsveränderungen, Dsyphorie vegetative Erscheinungen: Schwitzen, Appetitminderung Schlafstörungen (fehlender "Gute-Nacht-Topf„) Irritabilität (teilweise Aggressivität), Innere Unruhe, Angst, Hyperalgesie (Kopf-, Bauch- und Muskelschmerzen) Längerfristig: Probleme mit der Alltagsstruktur / Freizeitgestaltung amotivationales Syndrom (Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Apathie und Planlosigkeit)

Kräuter“, „Spice“, „Badesalz“ Einteilung: Synthetische Cannabinoide („Spice“), Cathinon- Derivate („Badesalz“), Mischformen Juristische und klinisch- praktische Schwierigkeiten: Gesetzeslücke (tw. noch legaler Status) Nachweisbarkeit von weniger als 50% der Substanzen (z.T. nur in Speziallaboratorien) schwer überschaubare Zahl an abgeleiteten „Designerdrogen“: MDPV, α-PPPV, α-PVP, PV8… Psychische Störungen: hohe Relevanz in der psychiatrischen (Notfall-)Praxis Wirkung kaum vorherzusagen, teils dramatische Zustandsbilder

Stimulanzien Kokain Wachheit, Euphorie, kein Hunger/Müdigkeit Antriebs- und Leistungssteigerung langfristig kognitiver Abbau, Impotenz, Nasenseptumdefekte, Herzinfarkte… Ecstasy (MDMA): Ausschüttung von Serotonin, Dopamin, Noradrenalin Entspannung, Glück, Wirkung auf emotionaler Ebene („Entaktogene“) Störung der Temperaturregulation (gefährlich V.a. in Kombination mit Exsikkose, Verausgabung) Entzug: Dysphorie „Entzugsdepression“, Müdigkeit, Albträume, Schlafstörung, Appetitsteigerung, Psychomotorische Verlangsamung, Liquid ecstasy (GHB/GBL) Sedierung bis imperatives Einschlafen („Filmriss“) Euphorisierend , verstärkte Sinneseindrücke Erbrechen, Atemnot, Krampfanfälle, Verwirrtheit

Amphetamine Amphetamin, Methamphetamin (Crystal) starke psychische Abhängigkeit keine körperliche Abhängigkeit serotonerg, dopaminerg, noradrenerg, z.T. neurotoxisch können Psychosen auslösen (z.B. „Crystal“Psychose) teils stark fluktuierender Symptomatik Haut- und Zahnläsionen („Meth- Mund“)

Halluzinogene LSD, Mescalin, Psilocybin Aktivierung zentraler serotonerger 5-HT2 und 5 HT1- Rezeptoren psychedelische Wirkung: Bewusstseinserweiterung „Horrortrip“ „Flashbacks“ psychische Abhängigkeit kein klassisches Entzugssyndrom

Nicht stoffgebundene Süchte Computer- / Internetsucht: Nutzung >30 h pro Woche Überwertiges Immersionserleben Identitätsdiffusion Ich-Synthonie Sozialer Rückzug mit Vermeidungstendenzen Negative körperliche, psychische und soziale Folgen Defizite in der sozialen Interaktionsfähigkeit Hohe psychische Komorbidität: Ängste Depressionen Suchterkrankungen

Therapie Rahmenbedingungen: Frühe Behandlungsinterventionen sind am wirksamsten Größter Einfluss auf die Effektivität der Behandlung: Freiwilligkeit Eltern und Jugendliche (getrennt) Elemente Verhaltenstherapeutische Elemente Psychoedukation Sozialkompetenztraining Problemlösestrategien

Therapieangebote Ambulant Wichtig: biopsychosozial! Stationär Alkohol Drogen Nicht-stoffgebundene Süchte Stationär Entgiftung / körperlicher Entzug Entwöhnung: Längere Dauer (6 Monate)