Wie die Armut von Eltern die Zukunftschancen von Kindern mindern sog

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 Präsentation transkript:

Wie die Armut von Eltern die Zukunftschancen von Kindern mindern sog Wie die Armut von Eltern die Zukunftschancen von Kindern mindern sog. „Kinderarmut“ als Herausforderung für die Sozialarbeit Prof. Ulf Groth unter Mitarbeit von Katrin Michels M.A IfW Hochschule Neubrandenburg

Was ist Armut? Schwieriges Unterfangen, Armut zu definieren: Mindestsicherungsquote Materielle Deprivation (z.B. PASS) EU Armutsdefinition (Armutsgefährdungsquote ermittelt anhand des bedarfsgewichteten Haushaltsäquivalenzeinkommens)

sog. „Kinderarmut“ Armut setzt grds. voraus sich aus eigenen Kräften aus dieser Lage zu befreien „Kinder tragen keine Schuld an ihrer Armuts-lage und sind nicht in der Lage, sich selbst daraus zu befreien“ (Tophoven pp. 2016). „Kinderarmut“ ist mittelbare Armut und immer in Zusammenhang mit dem Haushalt, in dem Kinder leben, zu sehen

sog. „Kinderarmut“ Kinder die in Armut aufwachsen, leben unter deprivierten Lebensumständen, die sie selbst nicht maßgeblich beeinflussen können.

Kinder in einkommensarmen Haushalten 1,99 Mio. Kinder unter 15 Jahren bundesweit 19% aller Kinder dieser Altersgruppe Ostdeutschland: 24 % Westdeutschland: 18 %

Armutsgefährdungsquote

Regionale Armutsgefährdungsquoten Mecklenburg-Vorpommern 2008 2009 2011 2012 2013 2014 2015 Mecklenburgische Seenplatte 23,7 26,9 23,8 23,1 24,5 24,8 23,6 24,9 Mittleres Mecklenburg/Rostock 20,7 20,2 21,3 21,1 21,9 19,0 19,4 Vorpommern 25,7 24,1 24,6 23,9 25,3 27,8 24,2 Westmecklenburg 21,8 21,4 20,4 20,8 20,3 18,8 19,5

Kinder Armutsgefährdungsquote

¼ der Kinder unter 15 J. arm dran

Armutsquoten und Anzahl armutsgefährdeter Kinder unter 18 Jahren

Armutsrisikoschwellen MV 2015 2015 lagen in Mecklenburg-Vorpommern die Armutsrisikoschwellen für einen Einpersonenhaushalt bei 799 EUR (D: 942 EUR) für Haushalte mit zwei Erwachsenen bei 1.199 EUR (D: 1.413 EUR), für Haushalte mit zwei Erwachsenen und einem Kind im Alter von unter 14 Jahren bei 1.438 EUR (D: 1.696 EUR für Alleinerziehende mit einem Kind bei 1.039 EUR (D: 1.225 EUR). Quelle: StA MV

Empf. Soz. Mindestsicherung

Wohngeld 2015

Fehlender Unterhalt „Nur die Hälfte der anspruchsberechtigten allein-erziehenden Mütter erhält auch tatsächlich Unterhalt für ihre Kinder. Und wenn dieser geleistet wird, reichen die Unterhaltszahlungen wiederum nur in der Hälfte der Fälle zur Deckung des Mindestanspruchs gemäß der Düsseldorfer Tabelle aus.“ (Asmus/Pabst 2016)

Kinder im SGB II-Bezug nach Altersgruppen (12/2015)

Ursachen von „Kinderarmut“ Aufwachsen mit Alleinerziehenden Geringe Erwerbsbeteiligung im Haushalt Geringes Bildungsniveau der Eltern Migrationshintergrund Familien mit vielen Kindern

Geburtenrate steigt an … wer bekommt Kinder?

Teenagermutterschaften und SGB II Quelle: Seils 2015 Deutschland: 7,8 15372 10,3

Arbeitslosigkeit in MV Arbeitslosenquote Dez. 2016: 9,4 % (Bayern: 3,3 %; Ostdeutschland: 8,0 %) Jugendarbeitslosenquote Dez. 2016: 9,9 % (Bayern: 2,6 %; Ostdeutschland: 8,1 %) Quelle: Statistik der BA

Armut nach Erwerbsstatus

Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss

Quote der Studienberechtigten MV: 45%

SGB II bei Migrantenkindern

Materielle Deprivation: (EU-SILC) Materielle Deprivation beschreibt eine erzwungene Unterversorgung mit Alltagsgütern, die das Leben der betroffenen Personen oder Haushalte in besonderem Maße einschränkt. Als materiell depriviert gilt, wer aus finanziellen Gründen nicht in der Lage ist, sich mindestens vier der folgenden neun Güter zu leisten: 1) Rückzahlungen von Schulden und Krediten 2) angemessene Beheizung der Wohnung 3) unerwartete Ausgaben, 4) Jeden zweiten Tag eine Mahlzeit mit Fleisch, Fisch oder einer vegetarischen Alternative, 5) einen einwöchigen Urlaub, 6) ein Auto, 7) eine Waschmaschine, 8) einen Fernseher 9) ein Telefon.

Materielle Deprivation

Fazit…. Quelle: Baumann/Seils 2014

Problem des Wohnortes Soziale Segregation durch das Wohnumfeld: Brennpunktbildung mit weiterer Stigmatisierung Mobilitätsprobleme durch ausgedünnten ÖPNV Periphere ländliche Räume können Isolation fördern

Betreuungsquote der 3 - < 6 Jährigen …und der Betreuungsschlüssel??

Ausweg: BuT ? Seit 2011: „Bürokratisches Monster“ Nur ca. 1/3 von Kindern mit Sozialleistungs-bezug nehmen an organisierten Aktivitäten teil. Kinder ohne Leistungsbezug doppelt so oft. Gleicht BuT dies aus? Nein. Gründe u.a.: Periphere Wohngegend und mangelnde Transportmöglichkeiten

BuT Der tatsächliche ausgezahlte Betrag liegt bei 70 EUR (Schuljahresbeginn) und 30 EUR (zweite Schuljahreshälfte) Quelle: Der Paritätische /DKSB 2016

Auswirkungen von „Kinderarmut“ Negative Beeinflussung der kindlichen Entwicklung, nachweisbar bis ins Erwachse-nenalter Niedrigere Lebenszufriedenheit Kurzfristige Armutserfahrungen: unsoziales Verhalten, Aggressivität Längerfristige Armutserfahrungen: Gefühl der Machtlosigkeit, Ohnmacht und Minderwertig- keitsgefühle

Auswirkungen von „Kinderarmut“ Unterversorgungslagen nehmen zu Soziale Teilhabe erschwert Entwicklungsstörungen Gesundheitliche Einschränkungen (KiGGS), chronifizierte Erkrankungen (z.B. Diabetes) Geringere Bildungspartizipation (ab Vorschul-alter beobachtbar) Auffälligkeiten im Sprach-, Spiel- Arbeits- und Sozialverhalten

Vererbung von Armut Aufwachsen im Sozialleistungsbezug erhöht die Wahrscheinlichkeit als Erwachsener auch davon zu leben: Einkommensarmut reproduziert sich intergenerational

Verdeckte Armut: Schätzung für MV basierend auf einer IAB-Erhebung

Aufgabe der Sozialarbeit? Parteilichkeit Angemessene Regelsätze Gestaffeltes, einkommensabhängiges Kindergeld Höherer Unterhaltsvorschuss Maßnahmen zur besseren BuT

Kindergrundsicherung?

Aufgabe der Sozialarbeit? Bessere Förderung armer Kinder in Hort, Kita und Grundschule ohne zu stigmatisieren z.B. Ausbau der Schulsozialarbeit Bessere, barrierefreie Elternbildung Selbsthilfe- und Kontaktgruppen für Alleinerziehende Bessere (mobile) Sozialberatungsangebote Barrierefreie Zugänge zu Freizeitaktivitäten

Quellen Amtliche Sozialberichterstattung, Mikrozensus, DeStatis, EU-SILC, BA Statistik, Stat. Amt MV Baumann/Seils, Wie „relativ“ ist Kinderarmut?, WSI-Report 11/2015, Düsseldorf 2014 Armutsrisiko und Mangel im regionalen Vergleich AWO MV (Hg.), Armut in Mecklenburg Vorpommern, Schwerin 2015 Bertelsmann Stiftung Asmuss/Pabst, Armut Alleinerziehender, in: DPWV GV (Hg.), Zeit zu handeln. Bericht zur Armutsentwicklung in Deutschland 2016, Berlin 2016 DKSB/DPWV GV (Hg.), Bilanz des Paritätischen Gesamtverbandes und des Deutschen Kinderschutzbund Bundesverbandes anlässlich 5 Jahre Bildungs- und Teilhabepaket Hintergrundpapier zum Pressegespräch am 7. April 2016 in Berlin IAB, PASS Seils, Teenagermutterschaften Nicht die Babys, sondern Armut und Perspektiv-losigkeit sind das Problem, WSI-Diskussionspapier 08/2015, Düsseldorf 2015 Tophoven u.a., Kinder in Armutslagen Konzepte, aktuelle Zahlen und Forschungs-stand, IAB-Forschungsbericht 11/2016, Nürnberg 2016