________________________________________________________________________________________________________________________ 1.

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Kultursensible Kommunikation im Sozial- und Gesundheitsbereich
Advertisements

Die Relevanz des Gender Mainstreaming aus interkultureller Perspektive
Seminar Managing Diversity WS 2005/ 2006 Vorankündigung
Einführung in die Wirtschaftspädagogik – Vorlesung im SS 2009
Einführung in die Geschlechterforschung: Gleichberechtigung in der Differenz 7. Sitzung am 22/6/2006.
Für den Feminismus ist es unbedingt notwendig,
Wissenschaftliches Arbeiten als Arbeitsprozess
Drei gute Gründe eine Berufsausbildung zu haben
Wie kann betriebliche Gesundheitsförderung einen Beitrag zur Modernisierung des Öffentlichen Dienstes leisten? von Senatsdirektor Dr. Volker Bonorden Senat.
Projektumfeld Gesellschaftliche Strömungen Strukturen/ Gliederung
(Ich bin in Ordnung(en))
IB mit t&t Wintersemester 2004/05 1 Tutorien Mo.12-14Zeljo BranovicIhne 22/E2 Mo.12-14Silke LodeIhne 22/UG2 Mo.12-14Simon SottsasOEI 301 Di.14-16Harald.
Geschichte der Geschichtswissenschaft
Geschichte der Geschichtswissenschaft Kurze überblicksartige Zusammenfassung – Ein Vorschlag.
Das Erstellen einer Hausarbeit
Gender Mainstreaming- Sprachakrobatik oder die Verwirklichung der Chancengleichheit
Der Umgang mit qualitativ erhobenen Daten: Strategien der Datenanalyse
V. Jürgen Habermas und die Diskursethik
Geschichte als Bedeutungsstreit
Feministische Wissenschaftskritik und Methoden der Geschlechterforschung: Einführung in die Problemstellungen Wieso sind die wissenschaftlichen Forschungsmethoden.
BERATUNG KANN MEHR FRAUENSPEZIFISCHE BERATUNGSFORMEN ZWISCHEN LÖSUNGSORIENTIERUNG UND THERAPIE PROF. DR. SABINE SCHEFFLER ZENTRUM FÜR ANGEWANDTE PSYCHOLOGIE.
Intersectionality ein neues Forschungsparadigma?
Definition Allgemeines, Historisches
Vorstellungsbildung im Literaturunterricht
Vorstellungsbildung im Literaturunterricht
Grundkurs praktische Philosophie 10
Karrierechancen von Frauen im Hochschulmanagement
Das neue Motivationshaus
Kontrollfragen zu Kapitel 12
Partizipativ ist politisch Anthropologische Erkenntnisse zu einem Entwicklungsprojekt im Jemen Magdalena Kloss.
Einführung zur «Reflection in Action» in den Handlungssequenzen
Akademie der bildenden Künste Wien
Die sozialen Dimensionen der Nachhaltigkeit - Vorschläge zur Konkretisierung und Operationalisierung -
«Vorhang auf!» Einstieg in die Kapital-Lektüre mit PolyluxMarx
Science und Gender Hat die Wissenschaft ein Geschlecht?
Geschlechterungleichheiten in Führungspositionen
Erörtern 10. Jgst März 2009: Die hessische Kultusministerin Dorothea Henzler (FDP) kann sich einen zumindest zeitweise nach Geschlechtern getrennten.
Eidgenössisches Departement des Innern EDI Eidg. Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann EBG Geschlechtergleichstellung als Querschnittsaufgabe im.
Mit Foucault im Kino Diskursanalyse des Films
Mit Foucault im Kino Diskursanalyse des Films Institut für Germanistik, SS 2010, Patrick Baum, StR.
Konzepte von Interkultureller Pädagogik
Theorien des Politischen
Mit Foucault im Kino Diskursanalyse des Films
Theorie ist ein Netz, das ausgeworfen wird, um Realität einzufangen
Geleiteter Lesekreis zu einem Grundlagentext der Gender Studies WS 08/09 Judith Butler Gender Trouble and Undoing Gender. Geschlecht als gesellschaftliche.
Mit Foucault im Kino Diskursanalyse des Films
Methodologie politischer Ideengeschichte: Diskurstheorie
Vienna Conference on Consciousness Teil I "Was ist die neuronale Grundlage des Bewußtseins? Wo ist es im Gehirn?" Beitrag von Michael L. Berger (Center.
Theorie des Neoliberalismus
Wandel betrieblicher Geschlechterpolitik durch
Wie schreibe ich eine gute Abschlussarbeit?
Das ökonomische Modell des Wahlverhaltens
Inklusion/Exklusion von Menschen mit Behinderung
1 Strukturierung von Situationen (Strukturierung als Lernkomponente) Thomas Höpfel Seminar für Rechtstheorie und Rechtsinformatik WS 2004/05.
‚Queer‘ – Das Ende der Heteronormativität?
Examen IB Geschichte.
Bibliographische Literaturinformation in den Gender Studies
Einführungsveranstaltung zum Seminar:
Grundkurs praktische Philosophie 20. Dezember 2004 Politische Freiheit
„Film im Deutschunterricht“ Thema der Sitzung am 10. Juni: „Strategien der Authentisierung“ Christian Wehmeier & Philipp Hülsmann.
Geschlecht als politikwissenschaftliche Kategorie
Tutorium Inhalte heute  Organisatorisches  Einführung in postmoderne Ansätze in den Internationalen Beziehungen.
Darstellung von Forschungsergebnissen mit Posterpräsentationen: Erwartungen und Möglichkeiten Jan Haut (Kontakt: Das Poster.
Das Fach „Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde“ stellt sich vor
Kapitalsorten, sozialer Raum und Klassen
Instituetik von Kindertageseinrichtungen Prof. Dr. Michael-Sebastian Honig.
Woher und wohin mit der Religionsforschung? Prof. Dr. Janine Dahinden, MAPS, Universität Neuenburg Welche Religion(en) für unsere Gesellschaft – Perspektiven.
Folie 1 Kulturelle Vielfalt: eine ethische Reflexion Peter Schaber (Universität Zürich)
Titel. Strategisches Management ESF-Lehrgang für Frauen auf dem Weg nach oben Veranstalter: Bildungshaus Schloss Goldrain.
 Präsentation transkript:

________________________________________________________________________________________________________________________ 1 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ - eine erste Erkundung - Gertraude Krell Foucault und Organisation 2. Workshop des Forums für Kritische Organisationsforschung Chemnitz, Mai 2011

________________________________________________________________________________________________________________________ 2 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ Gliederung 1Auftakt 2Diskursanalytische Perspektiven auf „die Frauenquote“ 3(Frauen-)Quoten als Dispositive der (Gegen-)Macht? 4Dispositivanalytische Perspektiven auf Frauenquoten 5Schluss 6Literatur

________________________________________________________________________________________________________________________ 3 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 1 Auftakt „Frauen wollen die Quote“ (SZ ) „Von Frauenquoten hält sie nichts“ (SZ über Martina Koederitz als „erste Chefin von IBM Deutschland“) „Frauenquote: Brauchen wir die wirklich?“ (Brigitte Heft 8/2011) „Quote muss sein“ (SZ ) „Welche Frau braucht schon die Quote? Welche Frau will denn befördert werden, nur weil das Gesetz es so vorschreibt? Keine.“ (Spiegel Online [Paradoxe Intervention von Sybille Berg]). „Deutsche Telekom führt Frauenquote ein“ (SZ ) „Frauenquote ohne Kinderbetreuung sinnlos“ (Wirtschaftsjuroren Deutschland ) „Selbstverpflichtung statt Frauenquote“ (FDP ) „Wie die Frauenquote Männerkarrieren bedroht“ (WirtschaftsWoche ) „Bald gibt es eine Diskussion um die Männerquote“ (Leserbrief SZ ) => „Deutungskämpfe“ (Jäger/Jäger 2007)

________________________________________________________________________________________________________________________ 4 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 2 Diskursanalytische Perspektiven auf „die Frauenquote“ Ungesagtes/Ausgeblendetes: -Es geht ‚nur‘ um Führungspositionen in Unternehmen der Privatwirtschaft, woanders* gibt es schon gesetzlich fixierte „Frauenquoten“ -Bei Aufsichtsräten geht es um die AG-Seite, für die AN-Seite gibt es schon gesetzl. Quotierungen -Die Telekom als zwar als erstes Unternehmen - qua Selbstverpflichtung – eine „Quote“ eingeführt, aber bei anderen gibt es schon „Zielgrößen“, „Zielkorridore“ o.Ä. * Z.B. Parteien, Öffentlicher Dienst, Universitäten, Betriebsräten

________________________________________________________________________________________________________________________ 5 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 2 Diskursanalytische Perspektiven auf „die Frauenquote“ Diskurs(strang)verschränkungen (sensu Jäger/Jäger) -Ökonomiediskurs - i.w.S.: Wir brauchen mehr (+ andere) Führungskräfte - i.w.S.: Frauen als „brachliegende Humanressourcen“ - i.e.S.: Quote verschafft Wettbewerbsvorteile (Sattelberger 2011) -Geschlechterdiskurs: - „Differenz“* („weibliche Führung“; zur Kritik: Krell 2008; 2011a; 2011b, 2011d) - „Gleichheit“* (Quote als „positive Maßnahme“; vgl. bspw. Merx/Klose 2011) * „Differenz“ und „Gleichheit“ können als antagonistische bzw. unvereinbare Diskurspositionen aufgefasst werden, aber auch als Ansätze/Perspektiven, deren Verknüpfung - mit als Drittem einer („pragmatischen Lesart von) Dekonstruktion“ - für eine theoretisch reflektierte Gleichstellungspolitik unabdingbar ist (vgl. Knapp 2011; Krell 2011a).

________________________________________________________________________________________________________________________ 6 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 2 Diskursanalytische Perspektiven auf „die Frauenquote“ Subjektivierende Effekte im doppelten Sinn von  Normierungen unterworfen werden und  Identitätsangebote erhalten (sensu Foucault 1994: 246)  „Quotenfrau“, „Quothilde“ o.Ä. unattraktives Identitäts- angebot – verstärkt durch „Quote statt Leistung“  Geständnis-Imperativ: pro oder contra Frauenquoten  Schulungen für potenzielle Aufsichtsrätinnen Objektivierende Effekte (sensu Foucault 1976: 181ff)  andere Personalpolitik als „Kunst der Verteilungen“  Umverteilung von Führungspositionen

________________________________________________________________________________________________________________________ 7 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 2 Diskursanalytische Perspektiven auf „die Frauenquote“ Diskursfragment zur Illustration: „Das Killerwort ‚Quotenfrau‘ ist eines der hinterhältigsten Worte, um zu verhindern, dass aus einer realen Quote von 10 zu 90 vielleicht eine von 30 zu 70 wird, dass die Schattenseiten der Karrierepolitik vieler Unternehmen ans Tageslicht kommen – oder zu sichern, dass auch im Schatten weiterhin Politik gemacht werden kann.“ (Sattelberger 2011: 432) * Ausführlicher zu den „Schattenseiten der Karrierepolitik von Unternehmen“ bzw. zur Auswahl, Beurteilung, Entwicklung und Vergütung von Führungs(nachwuchs)kräften vgl. Krell (2010; 2011b; 2011c).

________________________________________________________________________________________________________________________ 8 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 3 (Frauen-)Quoten als Dispositiv der (Gegen-)Macht? Als diskursive Fabrikationen betrachtet werden (können)  z.B. „Geschlecht“, „Vielfalt“, „Leidenschaften“, „Emotionale Intelligenz“, „Führung“, „Karriere“*  aber auch „(Frauen-)Quoten“? *Anführungszeichen hier als Signal für den „epistemologischen Bruch“ mit dem Alltagsdenken (vgl. Bachelard 1993: 216; zit.n. Diaz-Bone 2008: 43). Auflistung zugleich ‚Werbeblock‘: Die entsprechenden Quellen finden sich im Literaturverzeichnis

________________________________________________________________________________________________________________________ 9 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 3 (Frauen-)Quoten als Dispositive der (Gegen-)Macht? (Frauen-)Quoten als Teil einer „diskursive Formation“ im Sinne eines „abgrenzbaren Zusammenhangs von Diskurs(en), Akteuren, Praktiken und Dispositiven“, hier verstanden als „materielle und ideelle Infrastruktur […] durch die ein Diskurs (re-)produziert wird und Effekte erzeugt (z.B. Gesetze…)“ (Keller 2007: 64). (Frauen-)Quoten passen genau in die Reihe „ … reglementierende Entscheidungen, Gesetze, administrative Maßnahmen …“, die Foucault (1978: 119f) als „Elemente des Dispositivs“ benennt.

________________________________________________________________________________________________________________________ 10 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 3 (Frauen-)Quoten als Dispositive der (Gegen-)Macht? Zu dieser Lesart passt auch: Laut Foucault ist das „Dispositiv eine Art von – sagen wir – Formation, deren Hauptfunktion zu einem gegebenen historischen Zeitpunkt darin bestanden hat, auf einen Notstand (urgence) zu antworten. Das Dispositiv hat also eine vorwiegend strategische Funktion“ (Foucault 1978: 120; Herv. i.O.). Es handelt sich dabei „um eine bestimmte Manipulation von Kräfteverhältnissen […] ein rationelles und abgestimmtes Eingreifen in diese Kräfteverhältnisse […]. Das Dispositiv ist also immer in ein Spiel der Macht eingeschrieben.“ (ebd.: 123) Dispositive „reagieren auf und produzieren selbst gesell- schaftlichen Wandel …“ (Bührmann/Schneider 2008b: 93).

________________________________________________________________________________________________________________________ 11 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 3 (Frauen-)Quoten als Dispositive der (Gegen-)Macht? Aber:  Foucault spricht vom „Dispositiv im allgemeinen, das seinerseits diskursiv und nichtdiskursiv ist“ (Foucault 1978: 123). Seine Liste von Elementen des Dispositivs als „heterogenes Ensemble“ enthält auch Diskurse (ebd.: 119).  „Das Dispositiv ist das Netz, das zwischen diesen Elementen geknüpft werden kann.“ (ebd.: 120)  Und schließlich: „Die Dispositivforschung richtet sich nicht auf Dispositive, die es in der Empirie zu identifizieren gilt und die dann […] zu untersuchen sind.“ (Bührmann/Schneider 2008b: 152; Herv. GK). => Die beiden hier angeführten Quellen markieren übrigens den Anfang und das vorläufige Ende meiner chronologisch angelegten Dispositiv-Erkundung. Dazwischen: Deleuze (1991), Jäger (2001), Link (2007), Keller (2008) und Bührmann/Schneider (2008a).

________________________________________________________________________________________________________________________ 12 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 4 Dispositivanalytische Perspektiven auf Frauenquoten Perspektivwechsel: 1.Im Fokus: Frauenquote nicht selbst als Dispositiv, sondern als Element des Geschlechterdispositivs (zum Geschlechterdispositiv vgl. Bührmann/Schneider 2008b: 120ff m.w.N.) 2.Dispositivanalyse nicht als Ergänzung der Diskursanalyse (Diskurs + Dispositv) (sensu Keller), sondern Diskursanalyse als ein Element der Dispositivanalyse (sensu Foucault und Bührmann/ Schneider)

________________________________________________________________________________________________________________________ 13 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 4 Dispositivanalytische Perspektiven auf Frauenquoten Perspektivwechsel: 3. Leitfragen/-themen (sensu Bührmann/Schneider 2008b): -Zusammenspiel diskursiver und nicht-diskursiver Praktiken zur Hervorbringung sozialer Realität („Subjektivation/Subjektivierung“ + „Objektivationen“* 1 ) -soziale Anlässe und (Neben-)Wirkungen + Verortung und Zusammenspiel „der disponierenden und der disponierten Subjektivität“* 2 * 1 Objektivationen hier nicht i.S.v. von Objektivierung (s.o.). Vielmehr geht es dabei um Rekonstruktion des Wissens, das in eine Handlung einfließt / in einem „Ding“ vergegenständlicht ist (ebd: 103f, 116). * 2 Auf diese Unterscheidung fokussiert Link (2007: 221, 234). Bührmann und Schneider (2008b) sprechen im Anschluss daran von der „doppelten Dimensionierung der Handelnden als […] Disponierte und Disponierende (ebd.: 155) bzw. „(disponierenden/disponierten) Praktiken des Selbst“ (ebd.: 113) (=> assoziative Verbindung mit Gutenbergs „System produktiver Faktoren“)

________________________________________________________________________________________________________________________ 14 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 4 Dispositivanalytische Perspektiven auf Frauenquoten Als Element solch eines heterogenes dispositiven Ensembles können Frauenquoten untersucht werden -als nicht-diskursive Praktiken im Zusammenspiel mit -diskursiven Praktiken (s.u. 2)* und -anderen nicht-diskursiven Praktiken So kann man z.B. erforschen, „inwieweit normative Programmatiken als Diskurseffekte im institutionellen Alltag aufgegriffen, umgesetzt [werden] oder dem dort vorherrschenden Erfahrungswissen und den Alltagsroutinen entgegenstehen“ (Bührmann/Schneider 2008b: 128) => Verbindung mit Neo-Institutionalismus (Entkoppelung) *Link (2007) fokussiert dabei auf das Zusammenspiel von verschiedenen Spezialdiskursen, Interdiskursen und Elementardiskursen (vgl. auch Bührmann/Schneider 2008b: 153).

________________________________________________________________________________________________________________________ 15 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 4 Dispositivanalytische Perspektiven auf Frauenquoten Lenkt den Blick auf mögliche Strategien gegen Entkoppelung / „Unterwanderung“ -Gestaltung der Quoten: Zielvorgaben/-vereinbarungen statt Vorzugsregelungen -Anreize als ergänzende nicht-diskursive Praktiken -Wissenspolitiken Frage: An-Wendung (der Ergebnisse) von Dispositivanalysen auf Gestaltung in / von Organisationen?

________________________________________________________________________________________________________________________ 16 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 4 Dispositivanalytische Perspektiven auf Frauenquoten Mit Blick auf ein solches dispositives Ensemble können / sollten Frauenquoten auch untersucht werden -hinsichtlich ihrer „(nicht-)intendierten (Neben-)Folgen“: - Her(aus)stellung von Geschlecht* - (Re-)Produktion von Zweigeschlechtlichkeit (s.a. Wetterer 2002) - Ausschluss von Personen, die nicht als Frau oder Mann kategorisiert werden können oder wollen - Konkurrenz mit anderen Dimensionen von Vielfalt, die ausgeblendet bleiben oder marginalisiert werden - Praktik eines „neoliberalen Geschlechterregimes“ (s.a. McRobbie 2010) * Deleuze (1991) schreibt zu den „Sichtbarkeitslinien“ (ebd.: 157) der Dispositive: „Jedes Dispositiv hat seine Lichtordnung – die Art und Weise, in der dieses fällt, sich verschluckt oder sich verbreitet und so das Sichtbare und das Unsichtbare verteilt und das Objekt entstehen oder verschwinden lässt, welches ohne dieses Licht nicht existiert“, d.h. verwiesen wird damit nicht auf ein Licht, „welches zuvor schon exisitierende Objekte erhellen würde“ (ebd.: 154).

________________________________________________________________________________________________________________________ 17 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 5 Schluss 1.Was genau (und wie* 1 ) untersucht wird, und worauf die Kritik fokussiert, hängt auch ab von „Parteinahmen“ und „Werteentscheidung[en]“ der Forschenden, die „selbst als Effekt historisch spezifischer Praktiken zu fassen und entsprechend auszuweisen [sind]* 2. Allein auf dieser Grundlage können kritische Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sich – wiederum als zu treffende Wertentscheidung – dann selbst in ‚diskursive Kämpfe‘ hineinbegeben, eigene (politische) Positionen entwickeln und verteidigen“ (Bührmann/Schneider 2008b: 42). * 1 Vgl. dazu die Ausführungen zur Dispsitivanalyse als Forschungsstil bei Bührmann/Schneider (2008b). * 2 Dazu Deleuze (1991): „Wir gehören Dispositiven an und handeln in ihnen“. Mit Blick auf Forschende dürften die Effekte weit über „Werteentscheidungen“ und „Parteinahmen“ hinausgehen.

________________________________________________________________________________________________________________________ 18 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 5 Schluss 2.Zum „Mehrwert“ des Dispositivkonzepts als Forschungs- perspektive (für die Organisationsforschung) ?Konnex zwischen der Frageperspektive der Diskurs- und der Machtanalyse als konstitutiv für Dispositiv- begriff bzw. -konzept (Bührmann/Schneider 2008a: 119 m.w.N.). ? „Notstand“ / Anlässe ?Nebenwirkungen !Im Fokus: „Formierungsprozesse der unterschiedlichen [diskursiven und nicht- diskursiven; GK] Praktiken, ihr Zusammenspiel und ihre Auswirkungen“ (Bührmann/ Schneider 2008b: 86; vgl. auch 111). !„.. dass das Dispositiv wesentlich strategischer ‚Natur‘ ist“ (Foucault 1978: 122; Unterstreichung i.O; Anführungsstriche GK).

________________________________________________________________________________________________________________________ 19 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 5 Schluss 2.Zum „Mehrwert“ des Dispositivkonzepts als Forschungs- perspektive (für die Organisationsforschung): Zwei Fragen - Wieviel Dispositiv steckt schon in Foucaults Studien, in denen er mit dem Diskurskonzept arbeitet? Oder als These: Bevor Foucault das Dispositiv als Begriff und Forschungskonzept „erfand“ (Jäger 2001: 75; Herv. i.O.) bzw. explizierte, hat er damit implizit schon gearbeitet (bspw. „Kunst der Verteilungen“)* => betrifft denn auch unsere daran orientierten Arbeiten - Erkenntnisse auch gestaltungsorientiert (an-)wenden? * … nicht nur insofern als er Diskurse als Elemente des Dispositivs konzipiert.

________________________________________________________________________________________________________________________ 20 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 6 Literatur Bachelard, Gaston (1993 [1971]): Epistemologie, Frankfurt a.M.: Fischer. Bührmann, Andrea D./Schneider, Werner (2008a): Mehr als nur diskursive Praxis? Konzeptionelle Grundlagen und methodische Aspekte der Dispositivanalyse, in: Historical Social Research – Historische Sozialforschung : Bührmann, Andrea D./Schneider, Werner (2008b): Vom Diskurs zum Dispositiv. Eine Einführung in die Dispositivanalyse, Bielefeld: transcript. Deleuze, Gilles (1991): Was ist ein Dispositiv?, in: Ewald, Francois/Waldenfeld, Bernhard (Hg.): Michel Foucaults Denken, Frankfurt a.M.: Suhrkamp: Diaz-Bone, Rainer (2008): Die französische Epistemologie und ihre Revisionen. Zur Rekonstruktion des methodologischen Standortes der Foucaultschen Diskursanalyse, in: Historical Social Research – Historische Sozialforschung : Diaz-Bone, Rainer/Krell, Gertraude (Hg.) (2009): Diskurs und Ökonomie, Wiesbaden: VS. Foucault, Michel (1976): Überwachen und Strafen, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Foucault, Michel (1978): Dispositive der Macht, Berlin: Merve. Foucault, Michel (1994): Das Subjekt und die Macht, in: Dreyfus, Hubert L./Rabinow, Paul: Jenseits von Strukturalismus und Hermeneutik, 2. Aufl., Weinheim: Beltz Athenäum: Jäger, Margarete/Jäger Siegfried (2007): Deutungskämpfe. Theorie und Praxis kritischer Diskursanalyse: Wiesbaden: VS. Jäger, Siegfried (2001): Dispositiv, in: Kleiner, Marcus S. (Hg.): Michel Foucault. Eine Einführung in sein Denken, Frankfurt/New York: Campus: Keller, Reiner (2007): Diskursforschung. Eine Einführung für SozialwissenschaftlerInnen. 3. Aufl. Wiesbaden: VS.

________________________________________________________________________________________________________________________ 21 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 6 Literatur Keller, Reiner (2008): Diskurse und Dispositive analysieren. Die wissenssoziologische Diskursanalyse als Beitrag zu einer wissensanalytischen Profilierung der der Diskursforschung, in: Historical Social Research – Historische Sozialforschung : Knapp, Gudrun-Axeli (2011): Gleichheit, Differenz, Dekonstruktion und Intersektionalität: Vom Nutzen theoretischer Ansätze der Frauen- und Geschlechterforschung für die gleichstellungspolitische Praxis, erscheint in: Krell/Ortlieb/Sieben (2011). Krell, Gertraude (2003): Die Ordnung der ‚Humanressourcen‛ als Ordnung der Geschlechter, in: Weiskopf, Richard (Hg.): Menschenregierungskünste. Anwendungen poststrukturalistischer Analyse auf Management und Organisation. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag: Krell, Gertraude (2008): „Vorteile eines neuen, weiblichen Führungsstils“: Ideologiekritik und Diskursanalyse, in: Dies. (Hg.): Chancengleichheit durch Personalpolitik, 5. Aufl., Wiesbaden: Gabler: Krell, Gertraude (2009): Gender Marketing: Ideologiekritische Diskursanalyse einer Kuppelproduktion, in: Diaz-Bone/Krell (2009): Krell, Gertraude (2010): Führungspositionen, in: Projektgruppe GiB: Geschlechterungleichheiten im Betrieb, Berlin: edition sigma: Krell, Gertraude (2011a): Grundlegend: Ecksteine, Gleichstellungscontrolling, Verständnis und Verhältnis von Gender und Diversity, erscheint in: Krell/Ortlieb/Sieben (2011). Krell, Gertraude (2011b): Geschlechterungleichheiten in Führungspositionen, erscheint in: Krell/Ortlieb/ Sieben (2011). Krell, Gertraude (2011c): Forschungsskizze: Gender Pay Gap in Führungspositionen, erscheint in: Krell/ Ortlieb/Sieben (2011).

________________________________________________________________________________________________________________________ 22 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 6 Literatur Krell, Gertraude (2011d): Geschlecht, Führung, Karriere und deren Verschränkungen als diskursive Fabrikationen, erscheint in: Krell, Gertraude/Rastetter, Daniela/Reichel, Karin (Hg.): „Geschlecht – Karriere – Organisation“ (Arbeitstitel), Berlin, Berlin: edition sigma (in Vorbereitung). Krell, Gertraude/Ortlieb, Renate/Sieben, Barbara (Hg.) (2011): Chancengleichheit durch Personalpolitik, 6. Aufl., Wiesbaden: Gabler (in Druck). Krell, Gertraude/Sieben, Barbara (2010): (Management-)Diskurse über Emotionen und Geschlechter, in: Soeffner, Hans-Georg (Hg.): Unsichere Zeiten: Herausforderungen gesellschaftlicher Transformationen. Verhandlungen des 34. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Jena 2008, Wiesbaden: VS (auf CD-ROM). Krell, Gertraude/Weiskopf, Richard (2006): Die Anordnung der Leidenschaften, Wien: Passagen. Link, Jürgen (2006): Dispositiv und Interdiskurs. Mit Überlegungen zum ‚Dreieck’ Foucault – Bourdieu – Luhmann, in: Kammler, Clemens/Parr, Rolf (Hg.): Foucault in den Kulturwissenschaften, Heidelberg: Syncron: McRobbie, Angela (2010): Top Girls. Feminismus und der Aufstieg des neoliberalen Geschlechterregimes, Wiesbaden: VS. Merx, Andreas/Klose, Alexander (2011): Forschungsskizze: Chancengleichheit durch zielgruppenorientierte Instrumente – eine Expertise zu positiven Maßnahmen, erscheint in: Krell/Ortlieb/Sieben (2011). Sattelberger, Thomas (2011): Praxisbeispiel Telekom: Die Frauenquote – Qual der Entscheidung und der schwierige Weg vor uns, erscheint in: Krell/Ortlieb/Sieben (2011). Sieben, Barbara (2007): Management und Emotionen, Frankfurt/New York: Campus. Wetterer, Angelika (2002): Strategien rhetorischer Modernisierung. Gender Mainstreaming, Managing Diversity und die Professionalisierung der Gender-Expertinnen, in: Zeitschrift für Frauenforschung & Geschlechterstudien :

________________________________________________________________________________________________________________________ 23 Diskurs- und Dispositivanalyse am Beispiel „(Frauen-)Quote“ 6 Literatur Vielen Dank!