Organentnahme und Organspende aus theologisch-ethischer und seelsorgerlicher Sicht Prof. Dr. Ulrich Eibach Universit ä t Bonn – Ev. Theol. Fakult ä t und.

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 Präsentation transkript:

Organentnahme und Organspende aus theologisch-ethischer und seelsorgerlicher Sicht Prof. Dr. Ulrich Eibach Universit ä t Bonn – Ev. Theol. Fakult ä t und Klinikseelsorge Uni-Kliniken Bonn Organentnahme und Organspende aus theologisch-ethischer und seelsorgerlicher Sicht Prof. Dr. Ulrich Eibach Universit ä t Bonn – Ev. Theol. Fakult ä t und Klinikseelsorge Uni-Kliniken Bonn

Gliederung  1. Einleitung: Zur gegenwärtigen Diskussion über Organentnahme Organentnahme  2. Grundsätzliche anthropologische und ethische Probleme der Organentnahme und Organspende  3. Organentnahme als seelisches und ethisches Problem 4. Bestehen grundsätzliche theologische Einwände gegen die Organentnahme? 4. Bestehen grundsätzliche theologische Einwände gegen die Organentnahme? 5. Organspende: Ein Akt der Nächstenliebe und ethisches Gebot ? - Wem gilt die Nächstenliebe zunächst? 5. Organspende: Ein Akt der Nächstenliebe und ethisches Gebot ? - Wem gilt die Nächstenliebe zunächst?

 1. Grunds ä tzliche anthropologische und ethische Probleme der Organentnahme und Organspende  1.1. Hirntod = Tod des Menschen?  Hirntod = Tod des gesamten Gehirns, einschlie ß lich des Stammhirns Hirntod und Herztod Hirntod und Herztod Herztod: Endgültiger Zusammenbruch des Herz- Kreislaufsystems = Tod des Menschen Herztod: Endgültiger Zusammenbruch des Herz- Kreislaufsystems = Tod des Menschen

1.2. Tod des Menschen Der Tod des Menschen ist der unwiderrufliche Zusammenbruch des Lebensträgers. Der Tod des Menschen ist der unwiderrufliche Zusammenbruch des Lebensträgers. Lebensträger ist die zur Ganzheit integrierte Lebensträger ist die zur Ganzheit integrierte Leiblichkeit (= Organismus). Leiblichkeit (= Organismus). Die Integration zur Ganzheit geschieht durch das Die Integration zur Ganzheit geschieht durch das Zentralnervensystem und Herz-Kreislaufsystem Zentralnervensystem und Herz-Kreislaufsystem Der Hirntod ist weder zeitlich noch sachlich identisch mit dem Tod des Lebensträgers (= Leiblichkeit, Organismus )

1.3. Werden Organe von „Sterbenden“ oder „Toten“ entnommen? Hirntote Menschen sind weder tot noch aus sich heraus lebensfähig. Der natürlicherweise unvermeidbare und bald eintretende Tod wird zum Zweck der Organgewinnung medizintechnisch hinausgezögert, das Sterben also manipuliert. Der „endgültige“ Tod wird erst mit Beginn der Organentnahme zugelassen. Der Mensch wird durch die Organentnahme nicht „getötet“. Die Organentnahme nach dem Eintritt des Hirntods kann nur gerechtfertigt werden mit der Rettung des Lebens anderer Menschen.

2. Organentnahme als seelisches und ethisches Problem 2.1. Die entscheidenden seelischen und einige 2.1. Die entscheidenden seelischen und einige ethische Probleme ergeben sich für die Angehörigen (und Pflegekräfte, Ärzte) aus der Manipulation des Sterbens und Todes zum Zweck der Organerhaltung bis zur Organentnahme. ethische Probleme ergeben sich für die Angehörigen (und Pflegekräfte, Ärzte) aus der Manipulation des Sterbens und Todes zum Zweck der Organerhaltung bis zur Organentnahme Dieser Umgang ist ethisch nur zu rechtfertigen, wenn der potentielle Organspender dem zugestimmt hat und seine Angehörigen das akzeptieren können Dieser Umgang ist ethisch nur zu rechtfertigen, wenn der potentielle Organspender dem zugestimmt hat und seine Angehörigen das akzeptieren können.

2.3. Man muss sich durch einen rational-kognitiven Akt verdeutlichen, dass das, was sinnlich erlebt wird, nicht der Realität des Lebens entsprechen soll Auf der sinnlich wahrnehmbaren Erfahrungsebene wird der hirntote Mensch als lebender Mensch wahrgenommen.2.4. Auf der sinnlich wahrnehmbaren Erfahrungsebene wird der hirntote Mensch als lebender Mensch wahrgenommen Eine Sterbebegleitung bis zum sinnlich erfahrbaren Tod ist nicht möglich Eine Sterbebegleitung bis zum sinnlich erfahrbaren Tod ist nicht möglich. Das kann die Trauer negativ beeinflussen.

3. Bestehen grundsätzliche ethische und theologische Einwände gegen die Organentnahme? Organentnahme und Auferweckung der Toten Organentnahme und Auferweckung der Toten 3.1. Christliche Sicht: 3.1. Christliche Sicht: Die Kontinuität und Identität des Menschen als Person in der Auferweckung von den Toten hängt nicht an der Unversehrtheit der Körperlichkeit bzw. des Leichnams (vgl. 1. Korinther 15, 35 – 57). Die Kontinuität und Identität des Menschen als Person in der Auferweckung von den Toten hängt nicht an der Unversehrtheit der Körperlichkeit bzw. des Leichnams (vgl. 1. Korinther 15, 35 – 57). Die Kontinuität ist letztlich nicht im Menschen selbst (auch nicht seiner Seele), sondern in Gottes schöpferischen, den Tod besiegenden Macht begründet. Die Kontinuität ist letztlich nicht im Menschen selbst (auch nicht seiner Seele), sondern in Gottes schöpferischen, den Tod besiegenden Macht begründet. Es bestehen von daher keine grundsätzlichen theologischen Bedenken gegen die Entnahme von Organen, weder von „Toten“ noch von Lebenden. Es bestehen von daher keine grundsätzlichen theologischen Bedenken gegen die Entnahme von Organen, weder von „Toten“ noch von Lebenden.

3. Positionen anderer Religionen 3.2. Judentum (orthodoxes): Die Identität des Menschen und seine Kontinuität in der Auferweckung von den Toten hängt an der Körperlichkeit. Daher wird die Auferweckung fast wie eine „Wiederbelebung“ des irdischen Lebens (Körpers) gedacht. Daraus folgt die Forderung nach einer Unversehrtheit des Leichnams und eine Ablehnung der Organentnahme Judentum (orthodoxes): Die Identität des Menschen und seine Kontinuität in der Auferweckung von den Toten hängt an der Körperlichkeit. Daher wird die Auferweckung fast wie eine „Wiederbelebung“ des irdischen Lebens (Körpers) gedacht. Daraus folgt die Forderung nach einer Unversehrtheit des Leichnams und eine Ablehnung der Organentnahme Islam: Stellung zur Organentnahme ist uneinheitlich, teils ablehnend, wie im orthodoxen Judentum, teils Billigung, weil alles Menschenleben von Allah geschaffen ist, seine Erhaltung daher von Allah immer gewollt ist, auch durch Organtransplantationen Islam: Stellung zur Organentnahme ist uneinheitlich, teils ablehnend, wie im orthodoxen Judentum, teils Billigung, weil alles Menschenleben von Allah geschaffen ist, seine Erhaltung daher von Allah immer gewollt ist, auch durch Organtransplantationen.

Religionen 3.4. Buddhismus: Organentnahme kein Problem, weil die materielle Seite des Menschseins letztlich nur „Schein“ und bedeutungslos für den Eingang ins Nirwana ist. Probleme mit Hirntod: Tod ist ein Prozess der Loslösung von dieser Welt, der sich zeitlich weit über den physischen Tod hinaus zieht. Organentnahme stört diesen Vorgang der Loslösung Buddhismus: Organentnahme kein Problem, weil die materielle Seite des Menschseins letztlich nur „Schein“ und bedeutungslos für den Eingang ins Nirwana ist. Probleme mit Hirntod: Tod ist ein Prozess der Loslösung von dieser Welt, der sich zeitlich weit über den physischen Tod hinaus zieht. Organentnahme stört diesen Vorgang der Loslösung Ahnenglaube: Ahnen leben unsichtbar körperlich in Gemeinschaft mit den Lebenden weiter. Körper muss unversehrt bleiben! 3.4. Ahnenglaube: Ahnen leben unsichtbar körperlich in Gemeinschaft mit den Lebenden weiter. Körper muss unversehrt bleiben! Japan: Shintoismus – Ahnenglaube. Organentnahme und Transplantationen gesetzlich nur erlaubt, wenn der Spender und die Angehörigen beide schriftlich zustimmen. Japan: Shintoismus – Ahnenglaube. Organentnahme und Transplantationen gesetzlich nur erlaubt, wenn der Spender und die Angehörigen beide schriftlich zustimmen.

4. Organspende: Ein Akt der Nächstenliebe und ethisches Gebot? 4.1. Der Körper ist kein „Besitz“ des Menschen, den der Mensch „verschenken“ kann, und der tote Körper ist nicht als „verwertbares Material“ zu betrachten, sondern als verstorbener Träger personalen Lebens, der entsprechend der Würde des Menschen zu behandeln ist Nur der betroffene Mensch selbst darf über den „Gebrauch“ seines toten Körpers als Mittel zum Zweck anderer entscheiden Kein Mensch hat ein moralisches Recht und einen Rechtsanspruch auf die Organe verstorbener Menschen.

4.4. Es gibt keine sittliche Pflicht ( Gebot) zur Organspende. Organspende ist kein Akt persönlicher Nächstenliebe, sondern nur eine Form des verantwortlichen Umgangs mit dem toten Körper. nur eine Form des verantwortlichen Umgangs mit dem toten Körper Nächstenliebe gilt immer auch oder gar in erster Linie den Angehörigen, die meist unvorhersehbar mit dem plötzlichen Tod eines geliebten Menschen konfrontiert sind Jeder Mensch sollte sich hinsichtlich der „Organspende“ eine Meinung bilden, sie mit den nächsten Angehörigen besprechen und erst danach schriftlich niederlegen. Es ist sittlich nicht verantwortlich, diese Entscheidung anderen Menschen aufzubürden.

4.7. Zur verantwortlichen Entscheidung über eine „Organspende“ gehört die Rücksichtnahme auf die Einstellungen und Bedürfnisse der Menschen, die mir in Liebe verbunden sind. Mit ihnen sollte eine Entscheidung nicht nur besprochen werden, sondern sie sollte auch an den Vorbehalt gebunden werden, dass diese Nächsten der Entscheidung in der konkreten Situation des plötzlichen Todes zustimmen können.

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