0 – 3jährige Entwicklungspsychologische Grundlagen Prof. Dr. Hartmut Kasten.

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0 – 3jährige Entwicklungspsychologische Grundlagen Prof. Dr. Hartmut Kasten

Der „rote Faden“ meiner Ausführungen  Für die frühe Kindheit bedeutsame entwicklungs-psychologische Begriffe und Konzepte  Chronologische Orientierung an Entwicklungsabschnitten (Embryo/Fötus, Säugling, Krabbelkind, Kleinkind)  Behandlung ausgewählter Funktionsbereiche  Darstellung entwicklungs- psychologischer Befunde – frühpädagogische Relevanz 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 2

 Entwicklungsaufgaben  Wechselwirkungen Anlage + Umwelt  Reifung – Prägung – Lernen  Sensible Entwicklungsphasen  Bonding  Bindung + Bindungsqualität  Entwicklungsstörungen  Geschlechtsdifferenzen 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 3 Für den Altersabschnitt frühe Kindheit bedeutsame entwicklungspsychologische und frühpädagogische Konzepte und Begriffe

 Kritische Lebensereignisse, Coping  Risiko- und Schutzfaktoren in der Entwicklung, Resilienz (widerstandsfähig)  Hirnforschung und Neuropädagogik  Orientierungsreaktion und Habituation  Zusammenhang zwischen Bindung und Bildung  Bedeutung von Zeit und Zuwendung  Säuglinge sind Traglinge 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 4 Für den Altersabschnitt frühe Kindheit bedeutsame entwicklungspsychologische und frühpädagogische Konzepte und Begriffe (2)

 Physiologische Stabilität und Rhythmen aufbauen (Spannungsregulation; Schlaf-Wach-Zyklen)  Bonding und Bindung ausgestalten  Abstillen, Entwöhnen  Selbständig Nahrung aufnehmen  Körperausscheidungen kontrollieren  Laufen lernen  Sprechen lernen  Begriffe und Vorstellungen erwerben (Symbolgebrauch)  Ablösung von der/n Bezugsperson/en 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 5

 es bestehen immer enge Anlage-Umwelt- Wechselwirkungen, die im Detail noch lange nicht hinreichend erforscht sind  die Rolle des Kindes und seiner Bezugspersonen als Mitgestalter seiner Entwicklung sind von Anfang an in Betracht zu ziehen  erst seit einigen Jahren weiß man, das auch epigenetische Prozesse als Vermittlungs-glieder zwischen Anlage- und Umweltfaktoren eine bedeutsame Rolle spielen können 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 6 Anlage und Umwelt können nicht auseinanderdividiert werden, denn:

 die (miteinander verwoben) in der Entwicklung aufeinander aufbauen, sind:  Passive (ohne Initiative des Kindes in Gang gebrachte) WW – vorwiegend in den ersten Lebensmonaten  Vom Kind provozierte WW – im 2. Lebenshalbjahr immer häufiger  Aktive, vom Kind (mit)gestaltete WW – schon vom 2. Lebensjahr an 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 7 Drei Formen von Wechselwirkungen zwischen Anlage und Umwelt

 Eineiige Zwillinge, die gemeinsam aufwachsen oder separat bei Adoptiveltern  Wenn sie im Alter von 25 Jahren miteinander verglichen werden:  Welches Zwillingspaar ähnelt sich mehr zu diesem Zeitpunkt (z.B. im Hinblick auf Persönlichkeitsmerkmale, Intelligenz)? 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 8 Die Macht der Gene – oder doch nicht?

 Reifung erfolgt aufgrund genetischer Programme  Prägung bedeutet relativ dauerhafte Verfestigung von Strukturen (Irreversibilität?)  Lernen heißt Erwerb neuer Kompetenzen aufgrund von Erfahrungen 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 9

 Werden aufgrund innerer Reifungsprozesse meist schubartig in Gang gebracht und dauern eine gewisse Zeit an.  Während dieser Zeit ist das Kind besonders empfänglich für jeweils besondere Anregungen.  Sensible Phase – Lorenz´ Gänse  Sensible Phasen sind für die Frühpädagogik von besonderer Bedeutung, denn 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 10 Sensible Phasen

 sind Entwicklungsabschnitte, in denen spezifische äußere Einflüsse maximale (positive, aber auch negative!) Wirkung entfalten können.  Schwierigkeit, sensible Phasen exakt zu bestimmen: Beim Erwerb des räumlichen Sehens ist das relativ einfach: Es wird i. d. R. im 1. Lebenshalbjahr gelernt. Was Spracher-werb betrifft, so wissen wir, dass Kinder eine Sprache nur dann erlernen, wenn sie zur richtigen Zeit angemessene Anregungen und Hilfen erhalten. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 11 Sensible Phasen (2)

 Anscheinend hat es die Natur so eingerichtet, dass Neugeborene (trotz aller Strapazen, die die Geburt mit sich bringt) direkt danach noch für eine Weile besonders ansprechbar sind in ihrem Nahbereich, sei es nun für Hautkontakt, Lageveränderungen, Geruchs- und Geschmackseindrücke oder visuelle und akustische Reize.  Während dieser kurzen Zeit kann eine fundamentale positive Zuneigung der Mutter (Eltern) zu ihrem Kind begründet werden (Mutterinstinkt), die für die spätere Bindungsentwicklung sehr bedeutsam ist. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 12 Das Bonding-Phänomen

 Bindung wächst in der Folgezeit zwischen dem Säugling und seiner Bezugsperson (als Resultat gelungener alltäglicher Erfahrungen im Umgang miteinander)  Kann vier Ausprägungsformen annehmen  Und ist grundlegend für die gesamte weitere Entwicklung: Urvertrauen, Explorativität, Abnabelung, Lernen und Bildung 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 13 Bindung und Bindungsqualität

 Normative kritische Lebensereignisse (Transitionen/Übergänge)  Nichtnormative kritische Lebensereignisse (Krankheit, Tod, Arbeitslosigkeit, Trennung)  Risiko- und Schutzfaktoren  Bewältigungsstrategien/Coping  Resilienz 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 14 Kritische Lebensereignisse

 Akzeleration (ungewöhnlich beschleunigte Entwicklung)  Retardation (beträchtlich verlangsamte Entwicklung)  Diagnostik einer Entwicklungsstörung ist aufwändig und sollte nicht vorschnell erfolgen  Kinder entwickeln sich unterschiedlich schnell, auch dasselbe Kind im Hinblick auf verschiedene Entwicklungsbereiche 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 15 Entwicklungsstörungen

 Bereits gegen Ende der 6. SSW schlägt das Herz (z. B. nach einem Spontanabort) bis zu 5 Stunden außerhalb des Uterus weiter  Schon gegen Ende der 8. SSW nehmen 5 Sinne ihre Arbeit auf:  Der Gleichgewichtsinn  Die Eigenwahrnehmung (Propriozeption)  Der Tastsinn  Der Geschmackssinn  Das Gehör 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 16 Meilensteine der vorgeburtlichen Entwicklung

 Das In-Funktion-Treten der Sinne führt zu weiteren neuronalen Differenzie-rungen in korrespondierenden Hirn-arealen, die ihrerseits differenzierte Sinneswahrnehmungen ermöglichen (beständige Wechselwirkungen zwischen Struktur und Funktion).  Resultat: Vernetzungen zwischen Nervenzellen (Synapsenbildung) bereits im 3. SSM. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 17 Permanente Wechselwirkungen

 Auf dieser frühen Entwicklungsstufe laufen also bereits Prozesse ab, die als Lern-vorgänge bezeichnet werden können.  Lernen – holzschnittartig vereinfacht definiert - heißt neue Kompetenzen erwerben aufgrund der Verarbeitung vorangegangener Erfahrungen.  Das wird in der Folgezeit noch deutlicher, z.B. wenn der Fetus spontane Anpas-sungsleistungen zeigt auf taktile Reize von außen, auf Bewegungen und (später) an den Biorhythmus der Mutter. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 18 Vorläuferformen von Lernvorgängen

 Von der 14. SSW an können immer deutlicher zyklische Aktivitätsmuster mit Pausen beobachtet werden, die im Laufe der weiteren Entwicklung immer variantenreicher und differenzierter werden.  Vermutet wird, dass diese Bewegungsmuster korrelieren mit der Ausreifung hemmender und aktivierender neuronaler Strukturen im Gehirn. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 19 Auftreten zyklischer Aktivitätsmuster

 Möglicherweise wiederholen sich viele Bewegungsmuster wieder, weil dadurch spezifische, entwicklungsrelevante Gehirnstrukturen ausdifferenziert, nicht benötigte Nervenzellen abgebaut und neue notwendige Verschaltungen zwischen Neuronen aufgebaut werden.  In neuen Spontanbewegungen drückt sich wahrscheinlich aus, dass korrespondierende neuronale Areale ihre Aktivität aufgenommen haben. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 20 Bedeutung der frühen motorischen Aktivitäten

 Verhaltensunterschiede zwischen Feten sind schon im 4. SSM zu belegen - sogar zwischen eineiigen Zwillingen!  Diese zeigen sich im Hinblick auf das grob- und feinmotorische Bewegungsverhalten und die Reagibilität und Sensibilität und wirken sich natürlich auch auf die Qualität von Lernvorgängen aus. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 21 „Interfetale“ Unterschiede

 Die Markscheiden-reifung (ein sehr stoffwechselintensiver Prozess) setzt im 5. SSM ein. Die damit verbundene Ummantelung der Nervenfasern (Axone) isoliert die Leitungen voneinander und macht sie schneller. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 22 Markscheidenreifung - schnellere neuronale Verbindungen

 Um diese Zeit herum spüren die werdenden Mütter die Bewegungen ihres Kindes immer deutlicher – die von nun an stattfindende Kommunika-tion zwischen Mutter und Kind stimuliert weitere Lernvorgänge. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 23 Kommunikation zwischen Mutter und Kind beginnt

 Schon vom 6. SSM an ist der Fetus bedingt (auf der Intensivstation) lebensfähig.  In den letzten Schwangerschaftsmonaten reift auch der Sehsinn vollständig aus.  Der Fetus verarbeitet beständig neue Erfahrungen, die er überprüft, ordnet und speichert.  Entsprechend intensiv sind die Differenzierungs- und Integrations-prozesse der neuronalen Strukturen im Gehirn. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 24 Beständige Verarbeitung neuer Erfahrungen

 Vom 8. SSM an heben sich Wach- und Schlafzyklen immer deutlicher voneinander ab.  Auf ruhige Schlafzyklen folgen Phasen des aktiven, unruhigen REM-Schlafes oder Traumschla-fes; die Dauer der Schlafzyklen wird kontinuierlich länger. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 25 Wach- u. Schlafzyklen Traumschlaf

 Es finden sich zahlreiche Belege dafür, dass der Fetus in jeder Hinsicht davon profitiert, wenn es der werdenden Mutter körperlich und seelisch gut geht während der Schwangerschaft und sie sich auf das Kind freut. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 26 Bitte festhalten:

 Die 90er Jahre wurden in den USA als “Dekade des Gehirns“ deklariert.  Auf der Grundlage innovativer, so genannter Bild gebender Untersuchungsmethoden (computerunterstützte Messung biochemischer bzw. elektrophysiologischer Prozesse) wurden eine Fülle neuer Erkenntnisse gewonnen.  Diese wurden auch in der Frühpädagogik mit Interesse, teilweise aber auch mit Skepsis zur Kenntnis genommen.  Die Frage der Konsequenzen der Forschungs-ergebnisse für die Erziehungspraxis wird nach wie vor kontrovers diskutiert. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 27 Neurophysiologische Fakten und frühpädagogische Konsequenzen

 Bei der Geburt verfügt das Neugeborene bereits über 100 Milliarden Neuronen (das entspricht ungefähr der Anzahl der Sterne in unserer Galaxis), die durch 50 Billionen Synapsen miteinander vernetzt sind.  Im Laufe der nächsten 6-8 Lebensmonate (LM) verzwanzigfacht sich die Zahl der Synapsen (angemessene Anregungen vorausgesetzt!) auf 1 Trillion ( ).  Im 8. LM ist die Synapsendichte bis dreimal so hoch wie beim Erwachsenen.  Dabei gilt die Regel: Use it or lose it! Nicht verwendete Synapsen werden abgebaut.  Der Hirnstoffwechsel ist während dieser Zeit extrem hoch. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 28 Im „Jahrzehnt des Gehirns“ wurden faszinierende Erkenntnisse zu Tage gefördert

Die im Verlaufe des ersten Lebensjahres (insbesondere in den ersten Lebensmonaten) entstehenden synaptischen Verbindungen bilden ein Netzwerk oder „neuronales Grundmuster“ und liefern sozusagen die „funktionelle Architektur der Großhirnrinde“ (W. Singer), - um im Bild zu bleiben: die Zahl und Größe der Räume, Verbindungswege/-türen, Stockwerke usw. Diese ist nicht nur grundlegend ist für die weitere biopsycho-soziale Entwicklung, sondern erweist sich auch als besonders veränderungsresistent gegenüber neuen äußeren Einflüssen. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 29 Die Architektur unseres Gehirns wird sehr früh festgelegt

 Die Möglichkeit einer umfassenderen Veränderung dieses frühkindlich geprägten neuronale Grundmusters zu einem späteren Zeitpunkt wird von Fachleuten zwar nicht kategorisch in Abrede gestellt.  Sie ist jedoch nur im Gefolge lang anhaltender und/oder traumatischer Einflüsse – z.B. durch permanenten, nicht zu bewältigenden Stress (Angst) oder eine extreme Krise (Bindungsverlust) -, vorstellbar. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 30 Veränderungsresistenz der Hardware unseres Gehirns

 Das erste (halbe) Lebensjahr besonders intensiv nutzen, denn Versäumnisse (unzureichende Anregungen und Förderungen) können nur sehr schwer, wenn überhaupt, wieder gut gemacht werden  Deprivation oder Reizüberflutung führen zwangsläufig zu veränderungsresistenten, dauerhaften Beeinträchtigungen  Gegenpositionen dazu wiegeln ab und führen die andauernde Plastizität und immense Flexibilität zentralnervöser Prozesse und Strukturen ins Feld. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 31 Forderungen der Neuropädagogik

 „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“ trifft in dieser Radikalität wohl nicht ganz zu 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 32 Mein kleines persönliches frühpädagogisches Zwischenfazit

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans (manchmal) nur sehr schwer (das entspricht dann eher den Leitvorstellungen der modernen Entwicklungs- und Persönlichkeitspsychologie) 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 33 Besser könnte es heißen:

 Anscheinend hat es die Natur so eingerichtet, dass das Neugeborene (trotz aller Strapazen, die die Geburt mit sich bringt) direkt danach noch für eine Weile besonders ansprechbar ist in seinem Nahbereich, sei es nun für Hautkontakt, Lageveränderungen, Geruchs- und Geschmackseindrücke oder visuelle und akustische Reize.  Während dieser kurzen Zeit kann eine fundamentale positive Zuneigung der Mutter (Eltern) zu ihrem Kind begründet werden (Mutterinstinkt), die für die spätere Bindungsentwicklung sehr bedeutsam ist. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 34 Bonding

 Ein Baby ruft im Erwachsenen reflex-artig Beschützerinstinkte hervor (Lorenz´ „Kindchenschema“ als AAM)  Babies kommen mit einer angeborenen Bindungsbereitschaft auf die Welt  Vonnöten ist die kontinuierliche positive Zuwendung von Seiten einer Bezugsperson 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 35 Angeborene Bindungsbereitschaft

 Wenn es auf die Welt kommt, kann das Neugeborene sich mit Hilfe seiner Nahsinne und Fernsinne bereits grundlegend orientieren.  Hautsinn: Der Säugling liebt es, gestreichelt zu werden, insbesondere in den Phasen, in denen er entspannt und aufmerksam ist. Seine angeborene Empfänglichkeit für Haut- und Körperkontakt bildet eine wichtige Voraussetzung für das Bonding. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 36 Grundlegende Orientierung bereits direkt nach der Geburt möglich

 Hören: Neugeborene erkennen die Stimme ihrer Mutter wieder, besonders wenn sie ihnen mit Hilfe elektronischer Filter so dargeboten wird, wie sie sie im Mutterleib gehört haben.  Neugeborene wenden sich sprachlichen Lauten generell stärker zu als anderen Klangmustern, die für sie anscheinend weniger interessant sind. Offenbar wird eine Vorliebe für sprachliche Laute oder zumindest für den entsprechenden Frequenzbereich schon intrauterin erworben und hat möglicherweise sogar genetische Wurzeln. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 37 Angeborene Vorliebe für sprachliche Laute

 Sehen: Schon Neugeborene bevorzugen in ihrer Wahrnehmung Gesichter und gesichtsähnliche Formen, die sie besonders lang betrachten. Viele Forscher vermuten deshalb einen genetisch gesteuerten Mechanismus, der es — biologisch höchst sinnvoll — Säuglingen ermöglicht, sich Artgenossen bevorzugt intensiver zuzuwenden. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 38 Bevorzugung von Gesichtern

 Sehen: Bewegte Objekte, z. B. den Mund der Mutter, erkennen Säuglinge besser als unbewegte Dinge. Schon wenige Tage nach der Geburt folgen sie einem bewegten Gesicht in ihrem Blickfeld eine kleine Strecke mit den Augen. Ihr Blickfeld ist aber noch sehr begrenzt und es dauert einige Wochen, bis es sich auf ca. 90 Grad erweitert. Zusätzliche Kopfbewegungen vergrößern nach und nach den visuell erfassbaren Raum. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 39 Bevorzugung bewegter Objekte

 Säuglinge verfügen anscheinend sogar schon (angeborenermaßen, so wird vermutet, weil es sich in der Evolution als nützlich erwies) über ein vorläufiges Konzept von unbelebten Objekten (Dingen, Gegenständen) und Lebendigem (Menschen, Tiere).  Darauf aufbauend gelingt es ihnen schon sehr bald auch zwischen Menschen und Tieren zu unterscheiden. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 40 Unterscheidung von Lebendigem und unbelebten Objekten

 Basisemotionen: Bereits Neugeborene können die wichtigsten Gefühle mimisch ausdrücken.  Sie verfügen über emotionale Grundmuster, um Angst, Ärger, Ekel, Erstaunen, Freude, Traurigkeit zu zeigen.  Diese Gefühle gelten als Basisemotionen, weil sie in den unterschiedlichsten Kulturen vorkommen und überall verstanden werden. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 41 Mimisches Ausdrucksrepertoire

 Sie besitzen die Fähigkeit zur Nachahmung mimischer Gesten (z. B. Öffnen des Mundes, Herausstrecken der Zunge, Stirnrunzeln). Vermutlich handelt es sich dabei um eine angeborene Kompetenz (Spiegelneuronen!?), die allererste Kontaktaufnahmen ermöglicht. Das Neugeborene ist also genetisch so vorprogrammiert, dass es gleichsam automatisch sozial reagiert. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 42 Angeborenes Nachahmungspotential

 Das beachtliche Verhaltensrepertoire des Neugeborenen umfasst neben physiologischen Funktionen (Nahrungsaufnahme, Schlaf-Wach-Phasen),  Reflexen/reflexartig ablaufenden Bewegungsmustern  auch schon spontane Bewegungen, die den Anschein von Zielgerichtetheit haben. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 43 Verhaltensrepertoire Neugeborener

 Die Sprachentwicklung beginnt möglicherweise schon intrauterin, wenn die Mutter in den Monaten vor der Geburt zunehmend mit ihrem ungeborenen Kind kommuniziert (auch wenn es sich hier um eine höchst asymmetrische Kommunikation handelt). 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 44 Anfänge der Sprachentwicklung

 Die erste wirkliche Kommunikation findet möglicherweise schon in der magischen ersten Stunde nach der Geburt (Bonding-Phase) statt, wenn es gelingt auf die vom Neugeborenen ausgehenden Signale sensibel einzugehen.  Das Kind erkennt seine Mutter an der Stimme wieder (und nach kurzer Zeit auch schon am Geruch, was ihm hilft ihre Brust zu finden). 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 45 Anfänge der Sprachentwicklung: Erstes wirkliches Kommunizieren

 Durch die vor- und außersprachliche (nonverbale und körperliche) Kommunikation mit der Mutter baut der Säugling eine Beziehung zu ihr auf (und diese natürlich auch zu ihm).  Diese kann von mehr oder minder guter Qualität sein in Abhängigkeit davon, wie gut die Kommunikation gelingt.  Aus dieser Beziehung entsteht im Verlaufe des ersten Lebensjahres das, was seit Jahrzehnten - in Anlehnung an Bowlby und Ainsworth – Bindung genannt wird. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 46 Beziehungsherstellung und Bindungsaufbau durch Kommunikation

 Plappern nennt man Lautproduktionen, wie „babababa“, „lalalala“, „mamama“, die aus der Aneinanderreihung von jeweils einem Konsonanten und einem Vokal (häufig dem „a“) bestehen. Dieses spielerische Herumexperimentieren mit Lauten überwiegend aus der Muttersprache ist wichtig, um die ersten richtigen gesprochenen Wörter vorzubereiten (auch taubstumme Kinder plappern – mit Gebärden und Gesten).  Dialogisches Plappern! 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 47 Fortschritte der Sprachentwicklung

 Die Fundamente der Sprach-kompetenz werden in der frühen Kindheit gelegt. Das Elternhaus und die gezielte außerfamiliäre Förderung (z. B. in Krippen oder bei Tagesmüttern) sind für die frühkind-liche Sprachentwicklung zentral.  Kinder, die altersgemäße Rückmel-dungen und zum richtigen Zeitpunkt angemessene sprachbezogene Anregungen und Hinweise erhalten (Peers und Geschwister erweisen sich oft als bessere Tutoren!), profitieren davon in beträchtlichem Ausmaß. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 48 Fundamente der Sprachkompetenz

Motorische Entwicklung LM: Vorbereitung des Sitzens Ab 5. LM: Greifen wird immer zielgerichteter (Hand-Auge- Koordination) LM: Sitzen und Krabbeln Ab 10. LM: Vorbereitung des Gehens (Stehen, Gehen mit Unterstützung) 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 49 Meilensteine der Entwicklung im Laufe des 1. Lebensjahres

 Vom Tun (sensumotorische Verhaltensketten) zum Be- greifen (und Denken)  Vorläuferformen von Vorstellungen  Ausbildung von Objekt- und Person-permanenz  Gegen Ende des ersten Lebensjahres bilden sich die ersten vorläufigen Konzepte aus (z. B. Verwendung des Wortes „Ball“ für alles Runde und Rollende oder des Wortes „wau“ für ganz verschiedene Tiere) 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 50 Kognitive Entwicklung im 1. Lebensjahr

 Soziales Lächeln (6. Woche)  Ausdifferenzierung der Basisemotionen (Angst, Ärger, Ekel, Erstaunen, Freude, Traurigkeit)  Beziehungsaufbau und Bindungs-ausgestaltung  Fremdeln (8. Monat) 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 51 Soziale und emotionale Entwicklung im 1. Lebensjahr

 Vom Gehen zum Laufen  Mit Richtungswechseln  Treppen steigen  Kurz auf einem Bein stehen, hüpfen  Feinmotorisch: z.B. mit dem Löffel essen, mit einem Stift kritzeln, Klötze in einen Behälter tun  Eingeschränkte Trainings- und Übungseffekte 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 52 Motorische Entwicklung im 2. Lebensjahr

 Fortschritte in der Sprachentwick-lung: Erste verständliche Wörter, Ein-Wort-Sätze, weitere Wörter lernen, eigenen Namen benutzen, Zwei-Wort-Sätze  Im 2. Lebensjahr bildet das Kind immer differenziertere innere Vorstellungen von äußeren Dingen und Vorgängen, so genannte Repräsentationen. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 53 Kognitive Entwicklung im 2. Lebensjahr

 Ich-Entwicklung (neuronale Voraussetzungen)  3 Phasen (aufgeregt-aktiv; Playmate und Verunsicherung, Gehemmtheit; allmählich sich im Spiegel erkennen) bei den „Spiegel-Ich“-Untersuchungen  „Rouge-Test“ 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 54 Kognitive Entwicklung gegen Ende des 2. Lebensjahres (2)

 Grobmotorisch: Behender hüpfen und springen, schneller rennen, werfen, fangen (letzteres noch recht unsicher)  Feinmotorisch: z.B. mit Gabel essen, mehrere Bauklötze aufeinander stellen, etwas größere Perlen aufreihen auf einer Schnur, Flüssigkeit von einem in einen anderen Becher umgießen  Um diese Zeit herum sind Übungs- und Trainingseffekte teilweise belegbar 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 55 Motorische Entwicklung im 3. Lebensjahr

 Kinder vor dem vollendeten 2. Lebensjahr einem speziellen motorischen Training (z.B. Skifahren, Eislaufen) zu unterziehen ist nicht sinnvoll, denn die biologischen Voraussetzungen müssen vorliegen, das heißt:  Die Reifung der entsprechenden Großhirnareale muss abgeschlossen sein. Erst vom 3. Lebensjahr an erweist sich ein (spielerisches) Training bestimmter Bewegungsabläufe als sinnvoll. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 56 Motorische Entwicklung im 3. Lebensjahr (2)

Sprachliche Entwicklungs-fortschritte:  Wortschatzexplosion (von 250 auf 1000)  Längere, grammatikalisch immer korrektere Sätze  Sprache wird zum wichtigsten Mittel der Verständigung 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 57 Kognitive Entwicklung im 3. Lebensjahr

 Das Selbst-Konzept wird differenzierter (wer bin ich = was kann ich)  Verwendung überwiegend positiver Merkmale zur Selbstcharakteri-sierung  „Mein“ und „Dein“: Konzepte von Besitz und Eigentum entstehen 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 58 Weitere kognitive Entwicklung im 3. Lebensjahr

 Weitere Konzepte entwickeln sich allmählich (Raum, Zeit, Zahl)  Vorläuferformen einer „Theorie der Innenwelt“ (theory of mind) bilden sich aus – eine echte Dezentrierung von der eigenen Perspektive erfolgt aber in der Regel erst ein Jahr später  Gegen Ende des 3. Lebensjahres differenziert sich auch das Konzept von „lebendig“ weiter aus (Pflanzen werden nicht mehr durchgängig als unbelebte Objekte eingestuft) 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 59 Weitere kognitive Entwicklung im 3. Lebensjahr (3)

 Allmähliche Lockerung der engen symbiotischen Beziehung zur Mutter (wechselseitiger Prozess!)  Vorübergehende Trennung kann besser ausgehalten werden  Weitere Bindungen stabilisieren sich (Vater, Geschwister, Großeltern, Erzieherin)  Bedeutung der Kontinuität der zentralen Bezugspersonen  Die Trotzphase und ihre Wurzeln (prägende Erfahrungen)  Geben und Nehmen wird gelernt  Helfen und Hilfe bekommen 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 60 Sozial-emotionale Entwicklung im Laufe des 3. Lebensjahres

0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 61 Buch und Hörbuch

 Die Powerpoint-Präsentation kann herunter geladen werden von meiner Webseite  Im Buchhandel erhältlich ist die Neubearbeitung meines Buches „0 bis 3 Jahre – Entwicklungspsychologische Grundlagen“ und die Hörbuch-Fassung des Buches 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 62 Download- und Literaturhinweis

 Jedes Kind hat sein eigenes Tempo und braucht seine eigene Zeit (inter- und intraindividuelle Unterschiede im Entwicklungstempo)  Den richtigen Zeitpunkt (Beginn der sensiblen Phase) abwarten, nichts forcieren wollen. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 63 Ein paar Empfehlungen für die Praxis

 Feinfühlig sein für die Signale, die vom Kind kommen und auf diese eingehen: Vor allem durch gelungene Interaktionen – wirklich wechselseitiges aufeinander Bezugnehmen – baut sich eine gute Beziehung auf  Dem Kind Ihr Vertrauen schenken - Ihr Vertrauen in das Kind festigt sein Selbstvertrauen 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 64 Weitere Empfehlungen für die Praxis

 Sich grundlegende Kenntnisse verschaffen über die entwicklungspsychologischen und pädagogischen Grundlagen der Kindheit – und sich nicht verunsichern lassen durch manchmal widersprüchlich erscheinende Fakten  Ihre eigene Sicherheit vermittelt auch den Kindern Sicherheit und Vertrauen in das eigene Können  Sich Zeit nehmen zum zum Spielen, zum Anregen, zum Schmusen – Kinder brauchen Zeit !! 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 65 Weitere Empfehlungen für die Praxis

 Auf Ihr Gefühl und Ihre Intuition können Sie meist vertrauen  Der Aufbau und die Erhaltung einer guten Beziehung ermöglicht den Kindern Neugier und selbständiges Explorieren 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 66 Weitere Empfehlungen für die Praxis

 hängt ab von der Qualität der jeweiligen Einrichtung  Tendenz: Öffentliche sind besser als freie sind besser als private Einrichtungen  Integrative Einrichtungen sind besser als Krippen sind besser als Tagesmütter 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 67 Lernen und Förderung in institutioneller Betreuung

 Betreuungsteam:  Berufserfahren, motiviert, Nutzung von Fortbildungsmöglichkeiten, Sensibilität für individuelle Bedürfnisse, Zusammenarbeit mit den Eltern  Hochwertige Ausbildung  Mitsprachemöglichkeit  Personalfluktuation  Raumgröße  materielle Ausstattung 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 68 Kriterien zur Beurteilung (1)

Kognitive und Sprachentwicklung  Kinder in qualitativ hochwertiger Fremd-betreuung profitieren mehr als Kinder in Hausbetreuung  Kinder in minderwertiger Fremdbetreuung profitieren weniger als zu Haus betreute Kinder  Kinder in schlechter Fremdbetreuung profitieren mehr als Kinder in schlechter Mutterbetreuung! 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 69 Vorteile für 0 – 3jährige

Sozialverhalten  Fremdbetreute Kinder sind i. d. R. sozial kompetenter,selbstbewusster, offener, durchsetzungsfähiger; gelegentlich auch ungehorsamer, unhöflicher, aggressiver 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 70 Vorteile (Forts.)

 Für jeden Entwicklungsbereich höchst bedeutsam: Kinder müssen spielen, spielen und immer wieder spielen  Reihenfolge in der Entwicklung:  sensumotorisches Spiel  psychomotorisches Spiel  relationales Spiel  paralleles und kooperatives Spiel  symbolisches Spiel (Tun „als Ob“, Phantasiespiel, Rollenspiel) 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 71 Bedeutung des Spiels für die gesamte Entwicklung

 Kinder sind von Natur neugierig, wissbegierig und aufgeschlossen  Angeborene Zeittakte des Gehirns (alle 2-3 Sekunden wird gefragt „was gibt´s Neues?“)  Diese grundlegende Bereitschaft gilt es feinfühlig zu fördern  Umrisse einer frühpädagogischen Interessenförderungskonzeption (PIT): Aufbau intrinsischer (aus eigenem Antrieb kommender), sich selbst verstärkender Motivation ist das zentrale Anliegen 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 72 Entwicklung und Förderung von Motivation und Interesse

 Sichere Bindung zur Mutter ist fundamental für „Fremdbetreuung“ ab 2. Lebensjahr  Eine frühere Fremdbetreuung ist mit Risiken verbunden  Entscheidend ist in jedem Fall die Verfügbarkeit von qualitativ hochwertiger Fremdbetreuung (Kontinuität der Bezugspersonen) 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 73 Die Bedeutung der Bindung für die außerfamiliale Betreuung

 Betreuer-/Kindschlüssel (1:5)  Größe der Gruppen (höchstens 10 Unterdreijährige)  Anregungsreicher Tagesablauf  Ambiente (geschmackvoll, sauber, ordentlich, ausgewogene Ernährung, bei Spielsachen entscheidet die Qualität)  Rückzugsmöglichkeiten  etc. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 74 Kriterien zur Beurteilung (2)

 Resiliente Kinder verfügen über:  angemessenes Bewältigungs-verhalten und geeignete Problem-lösungsstrategien (Coping)  Positives Selbstkonzept, optimis-tische Grundhaltung  Selbstwirksamkeitsüberzeugung  Zielorientierung 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 75 Resilienz – Widerstandsfähigkeit gegenüber Entwicklungsrisiken

 Eigene Erfahrungen von Können und Kompetenz (Erfolgserlebnisse)  Tragfähige, stabile Beziehungen zu Bezugspersonen (positive Bindung)  Bezugspersonen, die ein aktives Interesse am Kind und seinen Leistungen haben  Prosoziales, an positiven Werten orientiertes Rollenverhalten der Bezugspersonen  Kindgemäße Leistungsanforderungen  Bezugspersonen, die angemessen fördern und anregen, Anstrengungen anerkennen und Verantwortung übertragen (loslassen können) 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 76 Faktoren, die den Aufbau und die Aufrechterhaltung von Resilienz begünstigen

 Spielen ist für jeden Entwicklungsbereich höchst bedeutsam: Kinder müssen spielen, spielen und immer wieder spielen  Reihenfolge in der Entwicklung:  sensumotorisches Spiel  psychomotorisches Spiel  relationales Spiel  paralleles und kooperatives Spiel  symbolisches Spiel (Tun „als Ob“, Phantasiespiel, Rollenspiel) 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 77 Bedeutung des Spiels für die gesamte Entwicklung

 Beim „So tun als ob“ gehen Kinder auf spielerische Weise die Handlungsmöglichkeiten durch, die im Hinblick auf ihre aktuelle Umweltsituation gerade vorstellbar sind und üben damit sozusagen für den Ernstfall. So könnte es ihnen z. B. irgendwann tatsächlich einmal nützen, sich schlafend zu stellen, auch wenn sie noch munter sind. 0 – 3jährige / Prof. Dr. Hartmut Kasten / 78 Herausragende Bedeutung des Als-ob-Spiels