Update Arbeitsrecht Lübeck – 27. April 2016.

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Update Arbeitsrecht Lübeck – 27. April 2016

Gesetzesvorhaben Leiharbeit-/Werkverträge Mindestlohngesetz – Probleme/Erfahrungen Arbeitnehmerdatenschutz nach Safe Harbor Aktuelles Kündigungsrecht Urlaubs- und Befristungsrecht Direktionsrecht und Billigkeit Gesundheitsschutz/Krankheitsbedingte Kündigung

Überstundenrecht AGG und Diskriminierungsschutz Aktuelles Betriebsverfassungsrecht

I. Gesetzesvorhaben Leiharbeit-/Werkverträge

Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) letzte Neuregelung zum 01.12.2011 (01.05.2012), davor weitgehende Änderungen zum 01.01.2004 vorher: Verhinderung der Zurückdrängung von unbefristeter Vollzeitbeschäftigung dann: Arbeitnehmerüberlassung als Möglichkeit zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit jetzt: erneute Zurückdrängungstendenz und Verhinderung von gesehenem Missbrauch

Wesentliche Neuerungen des AÜG 2004: keine Begrenzung mehr der Leihe auf 24 Monate grundsätzliche Behandlung der Leiharbeitnehmer wie Stammbelegschaft des Entleiherbetriebs keine speziellen Befristungsregelungen mehr  es gilt das TzBfG

„Vorübergehend“ - § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG „Die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt vorübergehend.“

Individualarbeitsrecht Rechtsfolge einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung – BAG Urt. v. 10.12.2013 – 9 AZR 51/13 keine Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiherbetrieb bei Vorliegen einer AÜ-Erlaubnis mangels planwidriger Lücke keine Analogie

Betriebsverfassungsrecht Einsatz von Zeitarbeitnehmern – Zustimmungsverweigerung („vorübergehend“) – BAG Beschl. v. 10.07.2013 – 7 ABR 91/11 „vorübergehend“ ist nicht bloß Programmsatz, sondern Verbotsvorschrift BR kann Zustimmung verweigern, wenn Überlassung nicht bloß vorübergehend keine Zeitschranke genannt!

Aktuelle Trends in der Arbeitnehmerüberlassung massive Aufwertung der Mitbestimmung bei ANÜ durch das BAG Verteuerungstendenz durch Branchentarifverträge und Mindestlohn (seit 2012) „Drohverhalten“ des Gesetzgebers Ausweichtendenz auf andere Vertrags- und Durchführungsarten (auch: Missbrauch) hohe Dichte an gerichtlichen (Beschluss-)Verfahren

Koalitionsvertrag 2013 – „Weiterentwicklung“ der Arbeitnehmerüberlassung: Höchstüberlassungsdauer 18 Monate (tarifdispositiv) tariflich oder betrieblich vereinbarte Abweichungen zulässig Equal-Pay nach 9 Beschäftigungsmonaten im Entleiherbetrieb (branchenunabhängig) Streikbruchverbot grundsätzliche Berücksichtigung bei betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten

Koalitionsvertrag 2013 – Verhinderung von Missbrauch bei Werkverträgen: Verhinderung von „rechtswidrigen Vertragskonstruktionen“ Kompetenzerweiterung Schwarzarbeitskontrolle Informationsrechte Betriebsrat keine Besserstellung bei Vorlage einer Verleiherlaubnis Abgrenzung anhand Kriterien des ordnungsgemäßen und missbräuchlichen Fremdpersonaleinsatzes

Aktueller Gesetzesentwurf (17.02.2016): Definition AÜ (wie bisher BAG-Rechtsprechung) Vertrag zwischen Ver- und Entleiher muss „Arbeitnehmerüberlassung“ bezeichnen  sonst Begründung AV zum Verleiher Hinweispflicht an Leih-AN, dass Leih-AN  sonst Begründung AV zum Verleiher Höchstüberlassung 18 Monate (tarif- und BV-dispositiv) Equal-Pay nach 9 Monaten, länger (max. 15 Mo.) nur bei stufenweiser Erhöhung nach 6 Wochen

Arbeitsvertrag + Hinweis „AÜ“ Verleiher Verleihvertrag „AÜ“ Entleiher Arbeitsvertrag + Hinweis „AÜ“ Zeitarbeitnehmer

Aktueller Gesetzesentwurf (17.02.2016): Definition Arbeitsvertrag (§ 611 a BGB E) Kriterien zur Feststellung des AN-Status vom Tisch Mitbestimmung BR nur durch aufgewertete Informationsrechte

II. Mindestlohngesetz – Probleme/Erfahrungen

Bisherige Problembereiche Ausnahmetatbestände für Praktika Fragen der Anrechenbarkeit von Zulagen/Prämien pp. Mindestlohn auch bei Bereitschaft, Entgeltfortzahlung und Urlaub? Auswirkungen auf Ausschluss- und Generalklauseln Dokumentationspflichten Auftragnehmerhaftung

- 3 Monate Maximallaufzeit - Orientierungspraktika vor Aufnahme einer Berufsausbildung oder eines Studiums - 3 Monate Maximallaufzeit - Pflichtpraktika nach einer Schul-, Studien- oder Ausbildungsordnung - keine Laufzeitbegrenzung, Ordnung gibt vor - Freiwillige Praktika während Ausbildung oder Studium - 3 Monate Maximallaufzeit - negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden kein Praktikum ohne Mindestlohn nach Ausbildung oder Studium (Ausnahme: Minderjährige o. Neuorientierung)

Offene Fragen zu Praktika: Schadet ein vorheriges Pflichtpraktikum bzw. wird dies auf die Dreimonatsgrenze angerechnet?  nein („solches“) Kann die Praktikumszeit über mehrere Etappen verteilt werden oder greift dann ein „Anschlussverbot“?  ja Was gilt bei Praktika, die von vorneherein länger als drei Monate beabsichtigt sind:  mindestlohnpflichtig ab dem 1. Tag negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden

Mindestlohn auch für … Bereitschaftsdienste? Mindestentgelt in der Pflegebranche – BAG Urt. v. 19.11.2014 – 5 AZR 1101/12 Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV nicht nur für Vollarbeit, sondern auch Arbeitsbereitschaften und Bereitschaftsdienste Urteil betrifft nicht MiLoG, aber große Strukturähnlichkeiten

Mindestlohn auch für … EfZ und Urlaubsgeld? Mindestlohn in der Entgeltfortzahlung – BAG Urt. v. 13.05.2015 – 10 AZR 191/14 Mindestlohn ist auch für Entgeltfortzahlungszeiträume auf Grundlage eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags nach AEntG zu zahlen (hier: TV pädagogisches Personal) Anspruchsgrundlage EfzG (und BUrlG) negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden

Anrechenbarkeit eines Leistungsbonus – ArbG Düsseldorf Urt. v. 19.11.2014 – 5 AZR 1101/12 EUR 8,10 + EUR 1,00 brutto/Stunde Leistungsbonus ist anrechenbar keine Annahme im Gesetz, dass nur Grundlohn erfasst wird

ArbG Lübeck: Arbeitsvertrag enthält jährliche Sonderzahlung (Entgeltcharakter!) mit Fälligkeit November und Rückzahlungspflicht, falls Arbeitsverhältnis vor dem 31.03. des Folgejahres endet. AG bietet Verteilung der Zahlung auf 12 Monate an, AN stimmt dem nicht zu. AG verteilt nun einfach, um mit der zusätzlichen monatlichen Zahlung EUR 8,50 brutto zu überschreiten. AN klagt auf Zahlung der Differenz zum Mindestlohn, und zwar für alle Monate außer November.

Ausschlussklauseln Ausschlussklauseln für den Mindestlohn sind unzulässig Folge für „pauschale“ Ausschlussklauseln, wie „ … sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht binnen … geltend macht werden.“ ?  Gesamtunwirksamkeit? Vertragsanpassungsbedarf? oder geltungserhaltende Reduktion? („insoweit“)

Klauselvorschlag: „Alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend ge­macht werden. Davon ausgenommen sind Ansprüche, die auf einer vorsätzlichen Pflichtverletzung einer Vertrags­partei, sowie auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Arbeitgebers beruhen. Weiter gilt dies nicht für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Arbeitnehmers im Fall einer fahrlässigen Pflichtverletzung. Ferner gilt die Regelung nicht für die Ansprüche des Arbeitnehmers auf einen gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn bzw. auf nach dem AEntG bindende Mindestarbeitsbedingungen, sowie für Ansprüche aus einem normativ auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag.“

Vergleich und Verwirkung „§ 3 S. 2 und 3 MiLoG Der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch … nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.“  u.U. erhebliche Bedeutung für Aufhebungsverträge

Vorsicht mit Gegenforderungen! Beispiel: AN hat im Monat EUR 2.500,-- brutto verdient. AG zahlt das Nettoentgelt nicht und rechnet mit (haltlosen) Gegenforderungen ohne Berücksichtigung von MiLo und Pfändungsfreibeträgen auf oder stellt sie als WK in Aussicht.  falls die Gegenforderung nicht werthaltig ist, liegt eine Ordnungswidrigkeit nach MiLoG vor

Dokumentationspflichten, § 17 MiLoG für Beschäftigte in den § 2a SchwarzARbG – Branchen für alle geringfügig Beschäftigten in allen Branchen (§ 8 SGB IV) außer Privathaushalte Dokumentation: Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht: Pausen (aber: Dauer muss berechnet werden) bis spätestens zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertags Aufbewahrung mindestens 2 Jahre ab dem maßgeblichen Aufzeichnungszeitpunkt Flexibilisierungsmöglichkeiten per Rechtsverordnung durch das BMAS

§ 2a SchwarzArbG Baugewerbe Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe Personenbeförderungsgewerbe Speditions-, Transport- Logistikgewerbe Schaustellergewerbe Forstwirtschaft Gebäudereinigungsgewerbe Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen Fleischwirtschaft

keine Dokumentationspflicht bei Monatseinkommen ab EUR 2.958 brutto Vereinfachung der Dokumentation nach Verordnung des BMAS für Branchen nach § 2a SchwarzArbG („Mindestlohndokumenationspflichteneinschränkungs-verordnung“): keine Dokumentationspflicht bei Monatseinkommen ab EUR 2.958 brutto Monatseinkommen ab EUR 2.000 brutto, wenn zuvor bereits 1 Jahr lang gezahlt negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden

ausschließlich „mobile“ Tätigkeiten Vereinfachung der Dokumentation nach der Mindestlohnaufzeichnungsverordnung (für alle Branchen): nur Dauer der täglichen Arbeitszeit (ohne Beginn, Ende und Unterbrechungen) zu dokumentieren, wenn ausschließlich „mobile“ Tätigkeiten Tätigkeiten keinen Vorgaben zu Beginn und Ende unterliegen und Arbeitnehmer die Arbeitszeit eigenverantwortlich einteilen negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden

Exkurs: Dokumentationspflichten, § 19 AEntG gilt nur für AEntG-Branchen nach § 4 Abs. 1 AEntG und gilt nur, wenn anwendbarer allgemeinverbindlicher TV Mindestentgelt regelt oder bei tariflich geregelten Urlaubskassenverfahren Dokumentation: Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit bis spätestens zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertags Aufbewahrung mindestens 2 Jahre ab dem maßgeblichen Aufzeichnungszeitpunkt

§ 4 AEntG Bauhaupt- und -nebengewerbe Gebäudereinigung Briefdienstleistungen Sicherheitsdienstleistungen Bergbauspezialarbeiten auf Steinkohlebergwerken Wäschereindienstleistungen im Objektkundengeschäft Abfallwirtschaft einschl. Straßenreinigung und Winterdienst Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach SGB II und III Schlachten und Fleischverarbeitung

§ 14 AEntG – Haftung des Auftraggebers Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, haftet für die Verpflichtungen dieses Unternehmers, eines Nachunternehmers oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestentgelts an Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen oder zur Zahlung von Beiträgen an eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach § 8 wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. …

Probleme bei der Nachunternehmerhaftung: Bezugnahme auf § 14 AEntG: BAG nahm bislang nur Generalunternehmerhaftung (wie in Baubranche oft üblich) an Gesetzesbegründung verweist auf Rechtsprechung des BAG zum AEntG diese Rechtsprechung ist vor dem Hintergrund der Öffnung des AEntG über die Baubranche hinaus aber umstritten  Risiko geänderter Rechtsprechung des BAG und damit generelle Nachunternehmerhaftung auch im MiLoG

Probleme bei der Nachunternehmerhaftung: Jetzt: Stellungnahme BMAS vom 30.06.2015 Klarstellung von BMAS und BMF gegenüber der Zollverwaltung, dass sowohl bei zivilrechtlicher Haftung als auch bei Anwendung von Bußgeldvorschriften ein eingeschränkter Unternehmerbegriff zugrunde gelegt werden soll Verantwortung nur für weitergegebene eigene vertragliche Pflichten

III. Arbeitnehmerdatenschutz nach Safe Harbor

Elektronische Überwachung des Heimarbeitsplatzes – LAG Köln Urt. v. 29.09.2014 – 2 Sa 181/14 Speichern des Bearbeiters und des letzten Änderungsdatums einer Datei verstößt nicht gegen das BDSG Eingabeüberprüfung in Online-Datenbank zur Überprüfung von Fehleingaben erforderlich Daten zur Überführung von Arbeitszeitbetrug am Heimarbeitsplatz verwertbar 15,76 Stunden Zeitbetrug kein Bagatellfall

Einsichtnahme in „private“ Termine eines elektronischen Kalenders – LAG Rheinland-Pf. Urt. v. 25.11.2014 – 8 Sa 363/14 Auswertung privater Eintragungen in einen dienstlichen Kalender bei untersagter privater Nutzung ergibt eine Arbeitszeitbetrug Anwesenheitskontrolle wäre zwar milderes Mittel gewesen (§ 32 Abs. 1 S. 2 BDSG) prozessuale Verwertung aber selbst bei unverhältnismäßigem Eingriff zulässig

Auswertung des Browser-Verlaufs durch Arbeitgeber – LAG Berlin-B. Urt. v. 14.01.2016 – 5 Sa 657/15 (nicht rk.) private Nutzungsgestattung nur „in Ausnahmefällen“ während der Pausen Kontrolle ergibt Surfen während der Arbeitszeit an 5 von 30 Nutzungstagen Fristlose Kündigung gerechtfertigt Missbrauchskontrolle nach § 32 BDSG statthaft, da keine andere Aufklärungsmöglichkeit

Verwertung der unzulässigen Videoüberwachung – BAG Urt. v. 21.06.2012 – 2 AZR 153/11 verdeckte Videoüberwachung öffentlicher Plätze Verstoß gegen § 6 b BDSG führt nicht per se zur Unverwertbarkeit einer Videoüberwachung Interesse an einer funktionstüchtigen Rechtspflege ./. Persönlichkeitsrechte bei Verdacht einer Straftat oder schweren Vertragspflichtverletzung

Safe Harbor Entscheidung der EU-Kommission ungültig – EuGH Urt. v. 06.10.2015 – C-362/14 Personendaten von EU-Bürgern auf amerikanischen Servern nicht hinreichend geschützt keine Kompetenz der EU-Kommission zur Beschränkung von Rechten nationaler Datenschutzbehörden fehlende Rechtsschutzmöglichkeiten betreffend US-Speicherung bewirken schwerwiegenden Grundrechtseingriff

Diskutierte Alternativen zu Safe Harbor: Ausnahmen für Vertragsabschluss- und Vertragserfüllungsübermittlung, § 4 c BDSG EU-Standardvertragsklauseln Binding Corporate Rules Einwilligung des Arbeitnehmers

Nachfolgeregelung zu Safe Habor: Privacy Shield-Abkommen EU-USA Inhalte nicht bekannt vor Mai 2016 Konsultation der Art. 29-Datenschutzgruppe steht noch aus weitreichende Ausnahmetatbestände für US-Dienste?

Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers bei unzulässiger oder unverhältnismäßiger Videoüberwachung Unzulässigem oder unverhältnismäßigem Detektiveinsatz unzulässiger Übermittlung personenbezogener Daten ins Nicht-EU-Ausland ???

Schmerzensgeld für durchgehende Videoüberwachung – LAG Hessen Urt. v. 25.10.2010 – 7 Sa 1586/09 Montage 02.06.2008 („spätestens“)  Klage 13.10.2008 unstreitig zur Überwachung des Eingangsbereichs Klägerin aber ebenfalls dauerhaft im Bild Ausmaß der Überwachung streitig Schmerzensgeld: 7.000 EUR Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen

Schmerzensgeld bei Detektiveinsatz – BAG Urt. v. 19.02.2015 – 8 AZR 1007/13 auf Tatsachen beruhender konkreter Verdacht einer Pflichtverletzung erforderlich AU-Bescheinigungen unterschiedlicher Ärzte für sich nicht verdachtsbegründend EUR 1.000,-- bei viertägiger Überwachung angemessen

IV. Aktuelles Kündigungsrecht

a. Kündigungsformalien auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Keine Anrechnung von Praktikum auf Probezeit in Berufsausbildungsverhältnis – BAG Urt. v. 19.11.2015 – 6 AZR 844/14 gesetzliche Probezeit stets zwingend keine Anrechnung von Vor-Praktika Inhalt und Zielsetzung des Praktikums unerheblich

Konsultationsverfahren bei Massenentlassung – BAG Urt. v. 26.02.2015 – 6 AZR 955/13 Stellungnahme des BR muss erkennen lassen, dass dieser seine Beteiligungsrechte nach § 17 Abs. 3 S. 2 KSchG als gewahrt ansieht Information und Beratung ggü. Wirtschaftsausschuss reicht nicht aus Arbeitgeber kann ggf. zwei Wochen nach hinreichender Information die Anzeige gleichwohl erstatten

Aufhebungsverträge zählen bei Schwellenwerten für Massenentlassungsanzeige mit – EuGH Urt. v. 11.11.2015 – C-422/14 („Pujante Rivera“) allein Umstand der Beendigung maßgeblich unabhängig davon, wer Initiative zum Aufhebungsvertrag ergriffen hat

Klagverzicht in Formularaufhebungsvertrag – BAG Urt. v. 12.03.2015 – 6 AZR 82/14 formularmäßiger Klagverzicht ist unwirksam, wenn einer verständiger Arbeitgeber die angedrohte Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfe Drohung mit fristloser Kündigung wegen Nichtaufschreiben von zwei Fertigsuppen als Personalkauf nach 11 Jahren Betriebszugehörigkeit

Zurückweisung bei vormals vorgelegter Vollmacht – BAG Urt. v. 24.09.2015 – 6 AZR 492/14 Inkenntnissetzen gem. § 174 Abs. 2 ZPO liegt auch bei bereits zuvor übermittelter Vollmacht vor, sofern ersichtlich ist, dass diese auch etwaige zukünftige Kündigungen tragen soll kein Schutz gegen Unglauben beim Empfänger, sondern nur Ersparnis der Nachforschungen

Bestimmtheit einer hilfsweise ordentlichen Kündigung – BAG Urt. v. 20.01.2016 – 6 AZR 782/14 Angabe „zum nächstzulässigen Termin“ ist für den Empfänger bestimmbar gilt auch für den Fall einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlich erklärten Kündigung

b. betriebsbedingte Kündigung auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Organisationsentscheidung bei Fremdvergabe von Tätigkeiten – BAG Urt. v. 20.11.2014 – 2 AZR 512/13 unternehmerisch-organisatorische Maßnahme muss bei Zugang der Kündigung noch nicht tatsächlich umgesetzt sein konkretes und greifbares Abzeichnen reicht aus Willensbildung muss beim Arbeitgeber abgeschlossen sein weder Vertragsschluss noch Umsetzungsbeginn muss erfolgt sein

Sozialauswahl – Unterhaltsverpflichtung ./. Betriebszugehörigkeit – BAG Urt. v. 29.01.2015 – 2 AZR 164/14 drei Jahre längere Betriebszugehörigkeit wiegt drei Unterhaltsverpflichtungen nicht auf, wenn Unterhaltsverpflichteter seinerseits sechs Jahre betriebszugehörig individuelle Unterschiede sind abzuwägen nur deutlich schutzwürdigerer Mitarbeiter kann sich auf Fehlerhaftigkeit berufen

Keine Weiterbeschäftigungspflicht im Ausland – BAG Urt. v. 24.09.2015 – 2 AZR 3/14 keine Erstreckung einer Weiterbeschäftigungs-perspektive auf im Ausland gelegene Arbeitsplätze in Betrieben oder Betriebsteilen

c. verhaltensbedingte Kündigung auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Verdachtskündigung im Berufsausbildungsverhältnis – BAG Urt. v. 12.02.2015 – 6 AZR 845/13 Verdachtskündigung auch bei Auszubildenden möglich

Anhörungspflicht bei Verdachtskündigung – BAG Urt. v. 20.03.2014 – 2 AZR 1037/12 Ermittlungspflicht bringt Fristaufschub Fristaufschub entfällt nicht nachträglich, wenn Stellungnahmefrist für Arbeitnehmer verstreicht und Arbeitgeber nun auf Anhörung verzichtet Anhörung kann bei von vornherein geäußerter Ablehnung der Stellungnahme unterbleiben Stellungnahme muss auch bei unfreiwilligem Schweigen nicht abgewartet werden

Kündigung wegen sexueller Belästigung – BAG Urt. v. 20.11.2014 – 2 AZR 651/13 sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz kann wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB sein von Umständen des Einzelfalls und Intensität der Tathandlung abhängig hier: einmaliges Berühren der Brust einer Mitarbeiterin eines externen Reinigungsunternehmens

Außerordentliche Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung – BAG Urt. v. 22.10.2015 – 2 AZR 569/14 fehlerhaftes Berufen auf ein Leistungsverweigerungsrecht (§§ 275, 273 BGB) kann außerordentliche Kündigung rechtfertigen Einschätzungsrisiko liegt beim Arbeitnehmer

Kündigung wegen „Sitzstreiks“ zur Durchsetzung einer Gehaltserhöhung – LAG Schleswig-H. Urt. v. 06.05.2015 – 3 Sa 354/14 mehrstündiger „Sitzstreik“ im Dienstzimmer des Vorgesetzten zur Durchsetzung einer Höhergruppierung kann Kündigung rechtfertigen anders: Vorinstanz

d. sonstige Beendigungsproblematiken auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Wahrung einer tariflichen Ausschlussfrist durch Klagerhebung – BAG Urt. v. 16.03.2016 – 4 AZR 421/15 keine rechtzeitige Geltendmachung einer tariflichen Ausschlussfrist durch Klagerhebung § 167 ZPO gilt nicht bei tariflichen Ausschlussfristen

Schriftformerfordernis bei „Sprinter-Klausel“ – BAG Urt. v. 17.12.2015 – 6 AZR 709/14 Sprinter-Klausel bedarf keiner Mindestkündigungsfrist Formzwang des § 623 BGB gilt auch auf einseitige Beendigungserklärung aus Sprinter-Klausel Telefax nicht ausreichend

V. Urlaubs- und Befristungsrecht

Aktuelle Entwicklungen und Tendenzen: Schultz-Hoff-Rechtsprechung im Wesentlichen umgesetzt zahlreiche Einzelentscheidungen

Vererbbarkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs – BAG Urt. v. 22.09.2015 – 9 AZR 170/14 entstandener Urlaubsabgeltungsanspruch ist als reine Geldforderung vererbbar 1

Urlaub – Ausschluss von Doppelansprüchen – BAG Urt. v. 16.12.2014 – 9 AZR 295/13 § 6 Abs. 1 BUrlG formuliert negative Anspruchsvoraussetzung Arbeitnehmer muss ggü. neuem Arbeitgeber Anspruchsvoraussetzungen darlegen und ggf. beweisen Auswirkung auf Säumnissituation: Darlegung, dass Vor-Arbeitgeber keinen oder weniger Urlaub gewährt hat, ist jetzt Anspruchsvoraussetzung 1

Kürzung des Urlaubs wegen Elternzeit – BAG Urt. v. 19.05.2015 – 9 AZR 725/13 Kürzungsregel in § 17 Abs. 1 BEEG setzt voraus, dass Urlaubsanspruch noch besteht („AG kann kürzen“) nicht mehr der Fall, wenn Arbeitsverhältnis beendet und nur noch Abgeltungsanspruch besteht 1

Urlaubsdauer bei kurzfristiger Unterbrechung – BAG Urt. v. 20.10.2015 – 9 AZR 224/14 kurzfristige Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses (hier: 1 Tag) sind als Einheit zu betrachten gilt jedenfalls dann, wenn vor Beendigung des alten Arbeitsverhältnisses die Begründung eines neuen vereinbart wird 1

Vollurlaubsanspruch nach 6-monatigem Bestehen – BAG Urt. v. 17.11.2015 – 9 AZR 179/15 wird ein Arbeitsverhältnis zum 01.07. eines Jahres begründet, kann der Arbeitnehmer in diesem Jahr keinen Vollurlaubsanspruch nach § 4 BUrlG erwerben Rechtsprechungsänderung 1

Vorsorgliche Urlaubsgewährung bei fristloser Kündigung – BAG Urt. v. 10.02.2015 – 9 AZR 455/13 AG kündigt fristlos und erklärt vorsorglich für den Fall der Unwirksamkeit der Kündigung Urlaubsgewährung Erfüllung nur bei Zahlung der Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs oder vorbehaltloser Zusage Rückforderung bei Klagabweisung (Leistungskondiktion)? 1

Pflicht zur aktiven Nachgewährung von Urlaub – LAG Berlin-B. Urt. v. 12.06.2014 – 21 Sa 221/14 (rk.) Anspruch auf Ersatzurlaub auch bei fehlendem Urlaubsantrag im gesetzlichen Übertragungszeitraum AG hat Pflicht zur Zuweisung des Urlaubs im Übertragungszeitraum 1

Verzicht auf Urlaubsabgeltung – BAG Urt. v. 14.05.2013 – 9 AZR 844/11 Verzicht auf Urlaubsabgeltung jetzt möglich Vereinbarung muss nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses liegen AN kann nicht auf einen erst mit Beendigung des AV entstehenden Abgeltungsanspruch verzichten 1

Praxisbeispiel 1: Güteverhandlung am 24.04.2015 über Kündigung zum 30.06.2015. Vergleich mit Generalklausel, aber ohne „Naturalerklärung“ über den Urlaubsanspruch.  BAG v. 14.05.2013: Urlaubsabgeltungsanspruch noch existent.

Praxisbeispiel 2: Kammerverhandlung am 16.08.2015 über Kündigung zum 30.06.2015. Vergleich mit Generalklausel, aber ohne „Naturalerklärung“ über den Urlaubsanspruch.  BAG v. 14.05.2013: Urlaubsabgeltungsanspruch von Generalklausel umfasst.

Aktuelle Entwicklungen und Tendenzen: keine gesetzgeberische Aktivität im Befristungsrecht Vorsitzendenwechsel am 7. Senat des BAG Nutzung der Zeitbefristung als verlängerte Probezeit – wo arbeitsmarkttechnisch noch möglich wenig Streit unter Mitbestimmungsgesichtspunkten – vorrangig bei Leiharbeit und Werkvertrag

Vorbeschäftigungsverbot – 3-Jahres-Grenze – BAG Urt. v. 06.04.2011 – 7 AZR 716/09 zeitliche Beschränkung des Vorbeschäftigungsverbots des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG auf 3 Jahre nach Ende des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses kein lebenslanges Vorbeschäftigungsverbot erforderlich, nur Verhinderung von Befristungsketten 5

Schriftformerfordernis und „Auflockerungsrechtsprechung“– BAG Urt. v. 04.11.2015 – 7 AZR 933/13 Vertragsunterschrift zur Befristungsvereinbarung muss auf selber Urkunde erfolgen bei Unterschrift auf einer Anlage müssen Arbeitsvertrag und Anlage eine einheitliche Urkunde bilden keine körperliche Verbindung erforderlich, Einheitlichkeit kann sich auch aus den Umständen ergeben („Auflockerung“) 21

Befristete Fortsetzung und Schriftformerfordernis – BAG Urt. v. 07.10.2015 – 7 AZR 40/14 macht der Arbeitgeber die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses von der Unterschrift des Folgevertrags durch den Arbeitnehmer abhängig, bewirkt die schlichte Fortarbeit ohne Unterschrift nicht die Entfristung Fortsetzung dann nur faktisches Arbeitsverhältnis 21

Befristete Fortsetzung nach Renteneintritt – BAG Urt. v. 11.02.2015 – 7 AZR 17/13 befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit Sachgrund nach Erreichen des Renteneintrittsalters zulässig, wenn AN Altersrente bezieht und die Fortsetzung der Einarbeitung der Nachwuchskraft dient 21

Beabsichtigte Besetzung mit einem Auszubildenden – BAG Urt. v. 18.03.2015 – 7 AZR 115/13 Beabsichtigte Besetzung eines Arbeitsplatzes mit einem auslernenden Auszubildenden kann (nicht genannter) Befristungsgrund sein (hier: tarifliche Übernahmepflicht) Prognostisch darf allerdings kein anderer geeigneter Arbeitsplatz für den auslernenden Auszubildenden frei sein Kausalzusammenhang ausreichend, keine 1:1-Zuordnung erforderlich 21

Möglichkeit der Befristung mit einem Stellenbewerber kein tätigkeitsbezogenes Anforderungsprofil – BAG Urt. v. 26.03.2015 – 2 AZR 417/14 bei Kündigung muss freier Arbeitsplatz auch dann angeboten werden, wenn dieser für befristete Beschäftigung vorgesehen ist Befristung ist kein anerkennenswertes Anforderungsprofil

Befristung und Betriebsratsamt – BAG Urt. v. 25.06.2014 – 7 AZR 847/12 Befristung von Arbeitsverträgen mit Betriebsratsmitgliedern grundsätzlich zulässig Ablehnung eines Anschlussvertrags unzulässig, wenn wegen Betriebsratsamt erklärt (nur) dann Anspruch auf Abschluss eines Folgevertrags

LAG Rheinland-Pf. Urt. v. 17.02.2016 – 4 Sa 202/15 Leistungsentwicklung im Spitzensport (Heinz Müller – 1. FSV Mainz 05) – LAG Rheinland-Pf. Urt. v. 17.02.2016 – 4 Sa 202/15 Ungewissheit der Leistungsentwicklung eines Profifussballspielers rechtfertigt die Befristung wegen Eigenart der Arbeitsleistung Sachgrund eigener Wunsch des Arbeitsnehmers kann ebenfalls vorliegen 16

Befristung wegen Elternzeitvertretung – BAG Urt. v. 09.09.2015 – 7 AZR 148/14 Zweckbefristung wegen Elternzeitvertretung nach § 21 Abs. 1, 3 BEEG setzt nicht voraus, dass die Stammkraft im Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Elternzeitwunsch bereits geäußert hat Ankündigung ohne nähere Zeitangaben reicht aus

VI. Direktionsrecht und Billigkeit

Befolgungspflicht unbilliger Weisungen – BAG Urt. v. 22.02.2012 – 5 AZR 249/11 Arbeitnehmer ist an unbillige Weisung gleichwohl solange gebunden, bis Unbilligkeit rechtskräftig feststeht bis dorthin Befolgungspflicht es darf keine Unwirksamkeit aus sonstigen Gründen vorliegen

Schutz gegen örtliche Versetzungen mittels einstweiliger Verfügung: Verfügungsanspruch: § 106 GewO (Unbilligkeit) Verfügungsgrund: meist: familiäre oder gesundheitliche Belange

VII. Gesundheitsschutz/Krankheitsbedinge Kündigung

Neuer Trend bei Beschäftigungsanträgen im einstweiligen Verfügungsverfahren: Eilantrag auf „leidensgerechte“ Beschäftigung Arbeitnehmer hat ein attestiertes Grundleiden sieht daher Beschäftigungsangebot (auch ohne Schwerbehinderung) auf Stamm-Arbeitsplatz als unzumutbar Problem Verfügungsgrund: Warum kann nicht länger zugewartet werden?

Anspruch auf Nicht-Einteilung zu Nachtschichten – BAG Urt. v. 09.04.2014 – 10 AZR 637/13 kann eine Arbeitnehmerin aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtschichten mehr leisten, liegt keine Arbeitsunfähigkeit vor AN hat Anspruch auf korrekte Ermessensausübung bei Arbeitseinteilung (§ 106 GewO) hat Anspruch auf Beschäftigung ohne Nachtschichten Arbeitsangebot mit Leistungseinschränkung ist (verzugsbegründendes) ordnungsgemäßes Leistungsangebot

Denkbare Einschränkungsvarianten: Einschränkungen in der Lage der Arbeitszeit Einschränkungen in den Tätigkeitsinhalten Einschränkungen in der Mobilität (Außendienst, andere Betriebsstätte) Einschränkungen hinsichtlich der Benutzung von Arbeitsmitteln Einschränkungen im Umgang mit bestimmten Substanzen/Produkten/Erzeugnissen

Konsequenzen aus der Nachtschicht-Entscheidung: AN werden vermehrt Atteste über Leistungseinschränkungen vorlegen absehbare Missbrauchsdiskussionen kein Recht auf „Zuschnitt des Wunscharbeitsplatzes“

Krankheitsbedingte Kündigung: Drei Hauptfälle Dauererkrankung Leistungsmin- derung häufige Kurzerkrankung

Indizien für ein Gefälligkeitsattest: gesundheitliches Beeinträchtigungsbild passt nicht zur testierten Umsetzungsempfehlung Umsetzungsempfehlung schließt mehrere nicht miteinander in Zusammenhang stehende Teil- Tätigkeiten aus nicht mit dem Attest in Einklang zu bringendes Freizeitverhalten ( Facebook pp.)

Keine Indizien für ein Gefälligkeitsattest: Testat einer Beeinträchtigung, die bereits zuvor (möglicherweise bereits langjährig) mitgeteilt worden war allgemeine betriebliche Unbeliebtheit der negativ attestierten Tätigkeiten

Rechtscharakter des ärztlichen Attests (nicht: AU): reine Handlungsempfehlung ohne bindenden Charakter u.U. klagbarer Anspruch des Arbeitnehmers auf entsprechende Umgestaltung, aber sehr wahrscheinlich mit Sachverständigengutachten Risikosituation für den AG hinsichtlich Fehlbeurteilungen des Attests wegen BAG 10 AZR 637/13

Auseinandersetzungsvarianten bei Leistungseinschränkungen: Arbeitgeber verändert Arbeitsplatz auf Attestvorlage (=berechtigt) nicht oder versetzt nicht:  Arbeitgeber ist im Annahmeverzugsrisiko  Arbeitgeber droht Klage auf Anpassung des Arbeitsplatzes/Versetzung  Arbeitgeber droht Haftungsperspektive bei Schäden des Arbeitnehmers

Krankheitsbedingte Kündigung vor den Arbeitsgerichten: beständig hohe Verfahrenszahl (nach Delle auf EuGH zu Schultz-Hoff) Bewegung durch EuGH-Rechtsprechung zur Urlaubsabgeltung bei Dauererkrankung hohe Vergleichsquote, wenig Gutachten schon erstinstanzlich geringe Erfolgsquote aus AG-Sicht Hauptrüge aus AN-Sicht: BEM

Nicht-Mitteilung von entlastenden Umständen an BR – BAG Urt. v. 16.07.2015 – 2 AZR 15/15 AG darf auf Mitteilung von entlastenden Umständen über Gesundheitszustand auch dann nicht verzichten, wenn sie für den Kündigungsentschluss nicht von Bedeutung waren

Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) – BAG Urt. v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13 Arbeitgeber trägt Initiativpflicht zur Durchführung eines BEM Hinweispflicht auf Ziele und Datenverwendung bei Unterlassung des BEM trägt Arbeitgeber Darlegungs- und Beweislast für objektive Nutzlosigkeit des BEM

VIII. Überstundenrecht

Konkludente Anordnung von Überstunden – BAG Urt. v. 10.04.2013 – 5 AZR 122/12 konkludente Zuweisung von Überstunden durch schlichte Zuweisung von Arbeit, die innerhalb Normalarbeitszeit nicht zu schaffen ist Vortrag zur Nicht-Machbarkeit ist ausreichend Arbeitgeber muss sich sodann entlasten Duldung der Überstunden durch Hinnahme in Kenntnis deren Leistung ohne Vorkehrungen zur Verhinderung

Schätzung des Mindestumfangs von Überstunden – BAG Urt. v. 25.03.2015 – 5 AZR 602/13 Schätzung bei Feststehen der Leistung von Überstunden auf Veranlassung des Arbeitgebers zulässig, wenn AN nicht jede einzelne Überstunde darlegen kann Freie Überzeugung des Gerichts zum Feststehen (§ 286 ZPO) Schätzung nach § 287 ZPO

Abgeltung trotz Verfallfrist – BAG Urt. v. 23.09.2015 – 5 AZR 767/13 Zeitguthabenausweis in Abrechnungen wirkt wie Anerkenntnis gilt selbst dann, wenn Zeitguthabenausweis auf Angaben des Arbeitnehmer beruht Ausschlussfristen kommen hierdurch nicht zur Anwendung

IX. AGG und Diskriminierungsschutz

Schwerpunktmäßig problematisch sind in der Praxis die AGG-Merkmale wegen der ethnischen Herkunft der Religion des Geschlechts einer Behinderung des Alters

Bewerber für „junges, erfolgreiches Team“ – LAG Hamburg Urt. v. 23.03.2010 – 5 Sa 14/10 Indizwirkung für Alterdiskriminierung

„Junger, engagierter Volljurist“ – BAG Urt. v. 19.08.2010 – 8 AZR 530/09 Indizwirkung für Alterdiskriminierung

AGG-Hopper als (entschädigungsberechtige) Bewerber? – BAG Beschl. v. 18.06.2015 – 8 AZR 848/13 (A) Vorlage an EuGH, ob tatsächliches Bewerbungsinteresse Voraussetzung für die Zahlung von Diskriminierungsentschädigung ist

Berücksichtigung der Konfession bei Einstellung – BAG Beschl. v. 17.03.2016 – 8 AZR 501/14 (A) Vorlage an EuGH, ob kirchlicher bzw. kirchennaher Arbeitgeber Bewerbung von Konfessionzugehörigkeit abhängig machen kann

Gesonderte Behandlung Schwerbehinderter in Sozialplan – BAG Urt. v. 17.11.2015 – 1 AZR 938/1 Sozialplan sieht lediglich pauschalierte Zahlung von Abfindung für rentenberechtigte Schwerbehinderte vor unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Merkmals „Schwerbehinderung“ voller Sozialplananspruch

Kündigung im Kleinbetrieb und Altersdiskriminierung – BAG Urt. v. 23.07.2015 – 8 AZR 457/14 Erwähnung der „Pensionsberechtigung“ im Kündigungsschreiben lässt unmittelbare Diskriminierung des Arbeitnehmers vermuten Verstoß macht Kündigung im Kleinbetrieb unwirksam

AGG-Testing-Verfahren – parallele Scheinbewerbung – LAG Schleswig-Holstein Urt. v. 09.04.2014 – 3 Sa 401/13 Bewerber erstellt zwei schriftliche Bewerbungen eine Bewerbung gibt die tatsächlichen Verhältnisse mit wahrheitsgemäßen Angaben und Anlagen wieder eine Bewerbung unter Alias macht Bewerber jünger, hierfür werden Phantasie-Anlagen manipuliert die „echte“ Bewerbung wird abgelehnt, die gefälschte führt zur Einladung zum Vorstellungsgespräch Bewerber verlangt AGG-Entschädigung Klage erfolglos, aber nur wegen Profildifferenz

X. Aktuelles Betriebsverfassungsrecht

Mitteilung persönlicher Umstände über den Arbeitnehmer ggü Mitteilung persönlicher Umstände über den Arbeitnehmer ggü. dem Betriebsrat – BAG Urt. v. 23.10.2014 – 2 AZR 736/13 Sozialdaten gehören stets zum erforderlichen Anhörungsumfang ggf. dem Betriebsrat nur verzichtbar, wenn es Arbeitgeber ersichtlich nicht auf die Sozialdaten ankommt oder diese dem BR bereits ungefähr bekannt sind 21

Mitbestimmung bei Beurteilungsverfahren – BAG Beschl. v. 17.03.2015 – 1 ABR 48/13 Mitbestimmung nach § 94 Abs. 2 BetrVG (Beurteilungsgrundsätze) erstreckt sich auch auf das Beurteilungsverfahren 21

Mitbestimmung bei Kamera-Attrappe – LAG Meck.-Vorp. Beschl. v. 12.11.2014 – 3 TaBV 5/14 keine Mitbestimmung nach § 87 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG bei Installation nur einer Kamera-Attrappe 21

Mitbestimmung bei Wege- und Umkleidezeiten – BAG Beschl. v. 17.11.2015 – 1 ABR 76/13 betriebliche Arbeitszeit kann das An- und Ablegen von besonders auffälliger Dienstkleidung umfassen auffällig, wenn im öffentlichen Verkehrsraum als Arbeitnehmer des jeweiligen Arbeitgebers erkennbar „fremdnütziges Umkleiden“ Mitbestimmung aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG gegeben 21

§ 37 Abs. 6 BetrVG – Kostengünstigere Inhouse-Schulung – ArbG Trier Beschl. v. 20.11.2014 – 3 BV 11/14 Verweis des BR auf kostengünstigere Inhouse-Schulung bei 70 % Kostenunterschied statthaft, sofern nicht aus anderen gewichtigen Interessen des BR erforderlich 21

Erforderlichkeit von Übernachtungskosten – BAG Beschl. v. 27.05.2015 – 7 ABR 26/13 Zeitpunkt der Beschlussfassung für Beurteilung der Erforderlichkeit der Kosten maßgeblich nachträgliche Änderung der Umstände kann andere Beurteilung rechtfertigen, wenn BR Kosten unter den geänderten Umständen für erforderlich halten durfte 21

Erforderlichkeit eines Mobbing-Seminars – BAG Beschl. v. 14.01.2015 – 7 ABR 95/12 Konfliktlagen im Betrieb, die sich zu Mobbing entwickeln können, ergeben Erforderlichkeit abgeschlossene oder nur theoretische Konfliktlagen reichen ebenso wenig wie die bloße Möglichkeit zukünftigen Mobbings 21