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Die neue Struktur der StPO und die Verteidigungsrechte

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Präsentation zum Thema: "Die neue Struktur der StPO und die Verteidigungsrechte"—  Präsentation transkript:

1 Die neue Struktur der StPO und die Verteidigungsrechte
Werner Pleischl Rechtsanwaltskammer Sehr geehrte Damen und Herren! Der Nationalrat hat am 26. Februar 2004 das Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975 neu gestaltet wird, - kurz: Strafprozessreformgesetz - beschlossen und damit einer 30- jährigen Diskussion über die Erneuerung des strafprozessualen Vorverfahrens einen zumindest vorläufigen Schlusspunkt gesetzt. Der Verlauf der Diskussion war kontroversiell, manche Töne schrill, doch nun geht es nicht um einen Blick in die Geschichte, sondern in die Zukunft eines reformierten Strafprozesses. Was will ich Ihnen erzählen? – Nun, es geht um einen ersten Überblick über Inhalt und Umfang der Reform, meine Nachredner werden dann mehr in das Detail gehen. Auch dabei muss ich mich jedoch auf das Wesentliche beschränken, beträgt doch allein der Umfang des Gesetzestextes 75 Seiten, sodass schon der Versuch, Ihnen diesen vorzulesen, die mir gesetzten zeitlichen Vorgaben sprengen würde.

2 Inhalt Gründe für die Reform und deren Geschichte
Die Struktur des neuen Vorverfahrens Beginn und Beendigung des (Straf-)Verfahrens sowie der Zweck des Ermittlungsverfahrens Kriminalpolizei – Staatsanwaltschaft – Berichte Aufgaben des Gerichts im Vorverfahren Beschuldigter und Verteidiger Wichtige Rechtsbehelfe Lassen sie mich mit einem Zitat aus dem Bericht des Justizausschuss beginnen: „Das Strafverfahren ist nicht nur ein Seismograph für die Einstellung der Gesellschaft zur täglichen Grundrechtsbewährung, sondern erfüllt auch eine wesentliche Staatsfunktion, nämlich möglichst effizient, unabhängig und rasch Straftaten aufzuklären, den wahren Täter unter möglichster Schonung seiner Individualrechte zu überführen, zu Unrecht Verfolgten ausreichende Verteidigungsmöglichkeiten zu gewähren und Opfern unter Achtung ihrer Würde weitgehende Wiedergutmachung zu bieten.“ Die Eckpunkte des neuen Vorverfahrens und damit der Inhalt des heutigen Referats verbergen sich insgesamt in diesem Zitat: Grundrechtsschutz – effiziente Verbrechensverfolgung durch Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei – Verteidigungsrechte – Rechte der Opfer von Straftaten. Ich werde daher zunächst einen Überblick über den wesentlichen Reforminhalt bieten, sodann kurz jene Teile des Strafprozessreformgesetzes streifen, die grundsätzlicher Natur sind und über die Regelung des Vorverfahrens hinausgreifen, und schließlich den Schwerpunkt meiner Ausführungen auf die Systematik des neuen Ermittlungsverfahrens legen. Abschließen will ich mit einem Ausblick auf die notwendige Begleitgesetzgebung.

3 Gründe für die Reform aktuelle Struktur aus dem Jahr 1873
Kluft zwischen Theorie und Praxis, weil lediglich der Verfahrensabschnitt der Voruntersuchung ausreichend determiniert und Ermittlungstätigkeit der Kriminalpolizei ungeregelt bzw. auf Fälle der Gefahr im Verzug beschränkt wurde. Wichtige Ermittlungsmaßnahmen nicht geregelt Unzureichende Beteiligung der Beschuldigten und der Opfer „gespaltener“ Rechtszug Ziele der Reform: Ein Gesetz, das im Titel das Jahr 1975 trägt, aber in seiner Struktur noch von den Hintergründen des Jahres 1873 geprägt ist. Die Praxis hat sich mit fehlenden Rechtsgrundlagen arrangiert. Sämtliche Akteure im Strafverfahren erfüllen nicht die ihnen vom Gesetz zugedachte Rolle, was zu einem Verantwortungsverlust führt. Polizei nicht bloß erste Nachforschungen, StA nicht bloß Prüfung, ob Anklage einzubringen, Verfahren einzustellen oder Voruntersuchung einzuleiten ist, sondern - außer im Haftfall - VE. Gerichtliche VU nur im Fall von Vernehmungen unmittelbar und persönlich geführt, sonst wiederum Delegation an KP. Kluft zwischen Theorie und Praxis von Justiz hingenommen, indem Erhebungsergebnisse unter den Bedingungen des § 252 in HV eingeführt und Urteilsgrundlage bilden können - und das in Anbetracht des Regelungsdefizits!Daher Forderung nach Beibehaltung der Ermittlungseffizienz. Verrechtlichung der derzeitigen Praxis steht im Spannungsverhältnis zur Anliegen der Rechtsstaatlichkeit, weil Beschuldigter eigentlich nur im Rahmen der gerichtlichen Voruntersuchung über eine einigermaßen befriedigende Rechtsstellung verfügt. Das Opfer kommt überhaupt nur am Rande vor, ist auf die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche beschränkt und darauf angewiesen, dass seine Anregungen von StA oder Gericht aufgegriffen werden

4 Geschichte der Reform 1975 – 1983 Arbeitskreis
1980er Jahre: mehrere Konzepte 1995 Punktation des BMJ 1998 – 2001 Entwürfe des BMJ zum Vorverfahren 2002 und 2003 Regierungsvorlage 2003 bis 2004 Beratungen im Justizausschuss 2004 Strafprozessreformgesetz, BGBl. I Nr. 19/2004: §§ 1 bis 215 der StPo neu In Kraft Treten idF der Strafprozessreformbegleitgesetze Kurz doch ein Blick in die Geschichte, die manches erklärt Arbeitskreis zu Grundsatzfragen der Erneuerung des Strafverfahrens. Schwerpunkt Gesamtreform, in dem das Vorverfahren noch nicht im Mittelpunkt der Betrachtungen stand; man glaubte mit einer behutsamen Weiterentwicklung des § 24 StPO sein Auslangen zu finden. 1988 Miklau-Szymanski-Modell brachtte dogmatische Schärfung und rüttelte alle am Strafverfahren beteiligten Berufsgruppen wach. Warum? Dreiteilung des Verfahrens in sicherheitsbehördlichen, staatsanwaltschaftlichen und richterlichen Verfahrensabschnitt, damit zum ersten Mal Anerkennung der eigenständigen Aufgabe der Sicherheitsbehörden. Dagegen Dogma der Standesvertretung der Richter und Staatsanwälte: Es dürfe keinen Verfahrensabschnitt geben, der dem Einfluss der Justiz entzogen sei, daher Gegenvorschlag eines staatsanwaltschaftlichen Vorverfahrensmodells mit Beibehaltung der gerichtlichen Voruntersuchung. Erstes konkretes Ergebnis: Haftreform mit dem Strafprozessänderungsgesetz Im sicherheitspolizeilichen Bereich jedoch bereits 1991 Regelung der Aufgaben und der zu ihrer Erfüllung zur Verfügung stehenden Befugnisse mit der Kodifikation des Sicherheitspolizeigesetzes, das in der Folge zu einem gesteigerten Selbstbewusstsein der Polizei führte. Im Strafverfahren bedeutete dies jedoch einen Stillstand in der Reformdiskussion, weil Machtfragen, mithin die Frage nach der Verfahrensherrschaft in den Vordergrund gestellt wurden. 1995 Neubeginn in der Reformdiskussion: Anlass Diskussion um besondere Ermittlungsmaßnahmen, vulgo Lauschangriff und Rasterfahndung. Grund: Es erschien nicht leicht verkraftbar, schwerwiegenste Ermittlungsmethoden in der StPO zu regeln, die keine Regelungen für die einfachen und tagtäglichen Ermittlungsschritte der Kriminalpolizei kennt. Staatsanwaltschaftliches Modell, in dem bereits Abschaffung der VU zu Diskussion gestellt wurde. Gegenkonzept einer Reformgruppe im BMI, das zu einem zeitweiligen Schulterschluss auf Ebene der Justiz führte, weil der justizielle Einfluss im Vorverfahren auf ein Minimum reduziert wurde. Kurz zusammengefasst: Polizei ermittelt selbständig, StA auf Abnahme des Produkts beschränkt, könnte bloß Ersuchen um ergänzende Ermittlungen stellen. Vor dem Bezirksgericht Anklagevertretung durch Organe der Polizei. Positive Grundstimmung aufgenommen und in sechsmonatiger Arbeit Diskussionsentwurf entwickelt – 5 Kapitel mit konkreten Bestimmungen, Abschaffung der gerichtlichen Voruntersuchung, des Privatanklageverfahrens, staatsanwaltschaftliches Verfahrensmodell. Darauf basierend Ministerialentwurf 2001, der vor Versendung zur Begutachtung zu einer Annäherung mit BMI führte, die wiederum von einer Enttäuschung auf Seiten der Justiz begleitet wurde; Grund: Weisungsrecht, organisatorische Stellung der Staatsanwaltschaft. Von ja, aber, zu Nein, wenn nicht und 2003 RV; Beratungen im UA des JA

5 Das neue Vorverfahren Bericht Vorer= hebungen Kriminalpolizei
Staatsanwaltschaft Kooperation Ermittlungen Anordnungen Vorunter= suchung Ermittlungen Ratskammer Antrag Einheitliches Vorverfahren: Zentrale Struktur: Zusammenarbeit zwischen Kriminalpolizei und StA, wobei StA Leitung und Entscheidungsbefugnis zukommt. Mittel der Kommunikation: Bericht – Gegenstück auf Ebene der StA: Anordnung bzw. Antrag; StA kann jedoch auch eigene Ermittlungen durchführen. Ermittlungsmacht der StA durch vermehrte Befugnisse von Beschuldigten und Opfer begrenzt; Recht, gegen Eingriffe in subjektive Rechte und Verweigerung von Verfahrensrechten Gericht anzurufen. Bewilligung Anträge Einspruch Beschwerde Beschuldigte Gericht Beweisaufnahme

6 Einheitliches Ermittlungsverfahren
Beginn u. Einleitung des Verfahrens (§ 1) Sobald KP oder StA zur Aufklärung des Verdachts einer Straftat gegen eine bekannte oder unbekannte Person ermitteln oder Zwang gegen eine verdächtige Person ausüben materieller Begriff des Beschuldigten Ermittlung (§ 91 Abs. 2) jede Tätigkeit der Kriminalpolizei, der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts, die der Gewinnung, Sicherstellung, Auswertung oder Verarbeitung einer Information zur Aufklärung des Verdachts einer Straftat dient. Sie ist entweder als Erkundigung oder als Beweisaufnahme durchzuführen. Zweck des Ermittlungsverfahrens (§ 91 Abs. 1) Sachverhalt und Tatverdacht durch Ermittlungen soweit zu klären, um Entscheidung der StA über Anklage, Diversion oder Einstellung des Verfahrens sowie zügige Durchführung der Hauptverhandlung zu ermöglichen. § 91 (1) (2) Ermittlung ist jede Tätigkeit der Kriminalpolizei, der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts, die der Gewinnung, Sicherstellung, Auswertung oder Verarbeitung einer Information zur Aufklärung des Verdachts einer Straftat dient. Sie ist entweder als Erkundigung oder als Beweisaufnahme durchzuführen.

7 Beendigung des Ermittlungsverfahrens
Einstellung und Abbrechung des Ermittlungsverfahrens Rücktritt von der Verfolgung (Diversion) Anklage und Eröffnung des Hauptverfahrens

8 Die Anklage § 210. (2) Durch das Einbringen der Anklage beginnt das Hauptverfahren, dessen Leitung dem Gericht obliegt. Die Staatsanwalt-schaft wird zur Beteiligten des Verfahrens.

9 Kriminalpolizei - § 18 1. Funktion: Aufklärung und Verfolgung von Straftaten 2. Aufgaben und Befugnisse obliegen Sicherheitsbehörden (SPG) 3. Aufgaben und Befugnisse der Behörden stehen auch den einzelnen Organen (Wachkörper) zu! Wenn Gesetz „Kriminalpolizei“ anspricht, dann: Sicherheitsbehörden, -dienststellen und Organe in Ausübung der Funktion Kriminalpolizei KP ermittelt von Amts wegen oder auf Grund einer Anzeige KP hat Anordnungen der StA (und des Gerichts) durchzuführen KP ist zum Einsatz von Zwangsgewalt berechtigt § 18 führt den Begriff "Kriminalpolizei" zunächst als funktionellen Oberbegriff polizeilicher Tätigkeiten im Dienste der Strafrechtspflege ein. Zugleich soll damit jedoch auch die eigenständige kriminalpolizeiliche Aufgabe inhaltlich definiert werden. Die sachliche Zuständigkeit der "Kriminalpolizei" im Ermittlungsverfahren besteht also nicht etwa darin, in einer formfreien "Aufklärungsphase" festzustellen, ob hinreichende Anhaltspunkte für den Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung gegen eine bestimmte Person vorliegen. Denn sobald sich im Zuge einer Sachverhaltsaufnahme hinreichende Verdachtsgründe einer strafbaren Handlung ergeben ("Anfangsverdacht"), wird die kriminalpolizeiliche Aufgabenstellung der Aufklärung strafbarer Handlungen im Sinne einer mehr oder minder rechtsförmigen Aufbereitung ihres Ermittlungsergebnisses für die Behörden der Strafjustiz wirksam und ist von den hiezu berufenen - in Abs. 2 angeführten - Behörden und Organen wahrzunehmen. Im Abs. 2 wird zunächst den Sicherheitsbehörden die Wahrnehmung kriminalpolizeilicher Aufgaben übertragen. Das Gesetz bedient sich dabei der Technik des Verweises auf die Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes über die Organisation der Sicherheitsverwaltung, weil grundsätzlich auf bestehende Behörden und deren Exekutivorgane zurückgegriffen und nicht in die Organisationshoheit des Bundesministeriums für Inneres eingegriffen werden soll. Dadurch soll auch der erforderliche organisatorische Spielraum für die Neustrukturierung des Kriminaldienstes gewahrt bleiben, welche im Zentrum der Sicherheitspolizeigesetz-Novelle 2004 steht, worin die Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei mit dem Ziel der Zusammenführung zu einem einheitlichen Exekutivwachkörper vorgeschlagen wird. Der neue Wachkörper erhält die Bezeichnung „Bundespolizei“. Folgende Organisationsstrukturen sind vorgesehen: In jedem Bundesland wird ein Landespolizeikommando eingerichtet. Bezirks- und Stadtpolizeikommanden werden als nachgeordnete Organisationseinheiten der Landespolizeikommanden auf Ebene der Sicherheitsbehörden I. Instanz eingerichtet. Für den Wachkörper werden bundesweit auch auf dieser Ebene einheitliche Strukturen festgelegt. Die bestehenden Landes - und Bezirksgendarmeriekommanden (ebenso wie die Zentralinspektorate der Sicherheitswache und die Kriminalbeamteninspektorate des Kriminalbeamtenkorps, sowie unabhängig von dieser Novelle die planmäßig mit 1. Mai 2004 aufzulösenden Inspektorate der Zollwache) gehen darin auf. Auf unterster Ebene werden Polizeiinspektionen - teilweise mit spezieller fachlicher Ausrichtung - geschaffen, denen der operative Exekutivdienst auf lokaler Ebene obliegt. Der Wachkörper Bundespolizei wird eingerichtet, um den Sicherheitsbehörden in deren Aufgabenbereichen als Hilfsorgan für den operativen Exekutivdienst zur Verfügung zu stehen. Inwieweit der Wachkörper Bundespolizei von anderen Behörden zu Vollzugsleistungen herangezogen wird, bestimmen die entsprechenden Materiengesetze. Handlungen von Organen des Wachkörpers sind grundsätzlich jenen Behörden zuzurechen, als deren Organe sie einschreiten. Aus demselben Grund kann auch auf eine nähere Normierung der jeweiligen sachlichen und örtlichen Zuständigkeiten verzichtet werden. Aufgaben und Befugnisse der Sicherheitsbehörden stehen daher auch grundsätzlich ihren Organen zu (Abs. 2 zweiter Satz). Soweit daher in einer Bestimmung des Entwurfs ohne weitere Differenzierung eine bestimmte Befugnis der "Kriminalpolizei" zur Aufgabenerfüllung übertragen wird (vgl. z.B. § 110 Abs. 3), wird damit sowohl die Behörde ermächtigt, ihren Organen die Durchführung aufzutragen, als auch das einzelne kriminalpolizeiliche Organ ermächtigt, diese Befugnis von sich aus auszuüben.

10 Staatsanwaltschaft - §§ 19 ff
Führung des Ermittlungsverfahrens im Einvernehmen mit Kriminalpolizei Leitung des Ermittlungsverfahrens Anordnungen (Genehmigungen) an Kriminalpolizei Anträge an Gericht Eigene Ermittlungen Für das Ermittlungsverfahren wird der Staatsanwaltschaft beim Landesgericht die Aufgabe zugewiesen, diesen Verfahrensabschnitt zu leiten und über seinen Abschluss zu entscheiden. Der Begriff "Leitung des Ermittlungsverfahrens" soll zum Ausdruck bringen, dass die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren nicht etwa bloß Antragstellerin und damit (Organ-)Partei eines gerichtlichen oder etwa kriminalpolizeilichen Verfahrens, sondern - im Sinne des Anklageprinzips - für Umfang und Inhalt der von ihr veranlassten oder mit ihrer Kenntnis durchgeführten Ermittlungen und deren Ergebnis verantwortlich ist. Während die Kriminalpolizei die Ermittlungen in faktischer Hinsicht bestimmen soll, soll es primäre Aufgabe der Staatsanwaltschaft sein, den dynamischen Prozess des Vorverfahrens in rechtlicher Hinsicht zu dominieren und gegebenenfalls die dafür erforderlichen Anordnungen zu treffen, Genehmigungen zu erteilen und Anträge bei Gericht zu stellen. Das materielle Verständnis vom Anklageprinzip begünstigt eine solche Neuorientierung, weil aus diesem Prinzip auch nach geltendem Recht abzuleiten ist, dass die Staatsanwaltschaft grundsätzlich berechtigt (aber auch verpflichtet) ist, alle Erhebungen pflegen zu lassen, die ihrer Entscheidung dienen, ob sie "wider eine bestimmte Person das Strafverfahren .... veranlassen" (§ 90 Abs. 1 StPO) oder die Anzeige zurücklegen soll. Der Staatsanwaltschaft muss es daher auch künftig möglich sein, Art und Umfang der für diese Entscheidung erforderlichen Informationen zu bestimmen. Ein wesentliches Ziel ist es, die - schon auf Grund historischer Entwicklung irreversible - "faktische Dominanz" kriminalpolizeilicher Ermittlungstätigkeit sowie die Eigenverantwortlichkeit der Kriminalpolizei als Strafverfolgungsbehörde anzuerkennen und legistisch umzusetzen (vgl. die §§ 18 und 99), gleichzeitig aber durch begleitende Kontroll- und Einflussmöglichkeiten die rechtliche Dominanz der Staatsanwaltschaft in den Vordergrund zu rücken. Auch mit der Festlegung, dass ausschließlich die Staatsanwaltschaft berufen ist, öffentliche Anklage einzubringen (§ 20 Abs. 1 zweiter Satz), bezieht sich die zentrale Regelung staatsanwaltschaftlicher Agenden auf die verfassungsrechtliche Garantie des Anklageprinzips im oben genannten Sinn.

11 Aufgaben und Befugnisse von Kriminalpolizei und StA (§ 98)
KP und StA haben das Ermittlungsverfahren im Einvernehmen zu führen 2. Im „Streitfall“ leitet die StA: Ihre Anordnungen hat die KP zu befolgen 3. Gericht: wird nur auf Antrag tätig (Ausnahmen)

12 Berichte (§ 100) Abschluss-bericht Sachverhalt und Tatverdacht für Entscheidung der StA hinreichend geklärt Anfallsbericht Verdacht eines schwer wiegenden Verbrechens oder sonstiger Straftat von besonderem öffentlichen Interesse Anlassbericht Anordnung (Genehmigung) der StA oder Entscheidung des Gerichts erforderlich oder zweck-mäßig oder auf Verlangen der StA Zwischen-bericht Nach 3 Monaten ab Beginn der Ermittlungen gegen bestimmte Person oder seit letztem Bericht .

13 Aufgaben des Gerichts im Vorverfahren §§ 104 f
Beweisaufnahme § 104 Kontradiktorische Vernehmung Tatrekonstruktion (§ 150) Auf Antrag der StA wegen Bedeutung der Straftat und der Person des Verdächtigen Bewilligung von Zwangsmitteln Rechtsschutz Einspruch wegen Rechtsverletzung Antrag auf Einstellung des Verfahrens Antrag auf Fortführung des Verfahrens

14 Der Beschuldigte - § 48 Beschuldigter ist jede Person, die
aufgrund bestimmter Tatsachen konkret verdächtig ist, eine strafbare Handlung begangen zu haben, sobald gegen sie wegen dieses Verdachts ermittelt oder Zwang ausgeübt wird.

15 Verteidiger - § 48 1. Rechtsanwälte
2. sonst durch Gesetz zur Vertretung im Strafverfahren berechtigte Person 3. Universitätslehrer für Strafrecht (4. Verteidigerliste im Auslaufen) sobald sie der Beschuldigte bevollmächtigt hat und ein bestellter Rechtsbeistand (Verfahrenshilfeverteidiger, Amtsverteidiger)

16 Rechte des Beschuldigten (§ 49)
Der Beschuldigte hat insbesondere folgende Rechte: Über den gegen ihn bestehenden Tatverdacht sowie seine wesentlichen Rechte im Verfahren informiert zu werden. § 50 Übersetzungshilfe zu erhalten. § 56 Rechtsmittel und Rechtsbehelfe zu erheben. Akteneinsicht zu nehmen. § 51 ff Einen Verteidiger zu wählen und einen Verfahrenshilfeverteidiger zu erhalten. §§ 58, 61 f Beweise zu beantragen. § 55 An der Hauptverhandlung, an kontradiktorischen Vernehmungen, an Befundaufnahmen und an Tatrekonstruktionen teilzunehmen. §§ 165, 127, 150 Beschwerde gegen die Bewilligung von Zwangsmitteln zu erheben. § 87 § 49 StPO idF StPRG, BGBl. I Nr. 19/2004. Seiner Vernehmung einen Verteidiger beizuziehen. § 164 Sich zum Vorwurf zu äußern oder nicht auszusagen sowie mit einem Verteidiger Kontakt aufzunehmen und sich mit ihm zu besprechen. §§ 58 f, 164 Einspruch wegen der Verletzung eines subjektiven Rechts zu erheben. § 106 Die Einstellung des Ermittlungsverfahrens zu beantragen. § 108

17 Recht auf Information (§ 50)
Diese Information darf nur so lange unterbleiben, als besondere Umstände befürchten lassen, dass ansonsten der Zweck der Ermittlungen gefährdet wäre. Solche Umstände sind insbe-sondere anzunehmen, wenn Ermittlungen oder Beweis-aufnahmen durchzuführen sind, deren Erfolg voraussetzt, dass der Beschuldigte keine Kenntnis von den gegen ihn geführten Ermittlungen hat. Jeder Beschuldigte ist über das gegen ihn geführte Ermittlungsverfahren und den gegen ihn bestehenden Tatverdacht sowie über seine wesentlichen Verfahrens-rechte zu informieren. Diese Information ist dem Beschul-digten sobald wie möglich durch die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft mündlich oder schriftlich zu erteilen.

18 Akteneinsicht (§§ 51 bis 53)
Wenn besondere Umstände befürchten lassen, dass durch eine sofortige Kenntnisnahme der Zweck der Ermittlungen gefährdet wäre, darf Akteneinsicht im Ermittlungsverfahren beschränkt werden. Der Beschuldigte ist berechtigt, in die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens- und des Hauptverfahrens Einsicht sowie Beweisgegenstände in Augenschein zu nehmen. Soweit AE zusteht, sind auf Antrag Kopien auszufolgen; zur Verhinderung der Gefährdung von Zeugen können darin personen-bezogene Angaben unkennt-lich gemacht werden. Im Fall der Untersuchungshaft keine Beschränkung der AE für Aktenstücke, die für Tatverdacht oder Haftgründe von Bedeutung sein können. Einsicht ist im Ermittlungsverfahren während der Amts-stunden bei der KP, nach Abschluss-bericht nur bei StA zu nehmen

19 Beweisanträge (§ 55) Der Beschuldigte ist berechtigt, die Aufnahme von Beweisen zu beantragen. Im Antrag ist zu begründen, was (Beweisthema) wodurch (Beweismittel) bewiesen werden soll. Beweisaufnahme darf unterbleiben, wenn Beweisthema offenkundig oder für Beurteilung des Tatverdachts ohne Bedeutung Beweismittel nicht geeignet, Tatsache zu beweisen Das Beweisthema erwiesen ist. Die KP hat den Beweis aufzunehmen oder den Antrag mit Anlassbericht der StA vorzulegen, die ihrerseits Beweisaufnahme veranlasst oder dem Beschuldigten mitteilt, weshalb sie unterbleibt. Beweisaufnahme kann der HV vorbehalten werden, es sei denn, dass Tatverdacht durch sie unmittelbar beseitigt oder Gefahr des Beweismittelverlust besteht. Unzulässige, unverwertbare und unmögliche Beweise sind nicht aufzunehmen.

20 Kontakt mit dem Verteidiger (§ 58 f)
1. Der Beschuldigte hat das Recht, mit einem Verteidiger Kontakt aufzunehmen, ihn zu bevollmächtigen und sich mit ihm zu besprechen . 4. Nach Einlieferung in die Justizanstalt kann sich der Beschuldigte mit seinem Verteidiger verständigen, ohne dabei überwacht zu werden. Wird der Beschuldigte jedoch wegen Verabredungs- oder Verdunkelungsgefahr ange-halten und ist zu befürchten, dass der Kontakt mit dem Verteidiger zu einer Beeinträchtigung von Beweismitteln führen könnte, kann die Überwachung des Kontakts längstens für eine Dauer von zwei Monaten ab Festnahme angeordnet werden. 2. Dem festgenommenen Beschuldigten ist es zu ermöglichen, Kontakt mit einem Verteidiger aufzunehmen und ihn zu bevoll-mächtigen. 3. Dieser Kontakt darf vor der Einlieferung des Beschuldigten in die Justizanstalt überwacht werden und auf das für die Erteilung der Vollmacht und eine allgemeine Rechtsauskunft notwendige Ausmaß beschränkt werden, soweit dies erforderlich erscheint, um eine Beeinträchtigung der Ermittlungen oder von Beweismitteln abzuwenden . §§ 58; 59 Abs. 1 StPO idF StPRG

21 Anwesenheit des Verteidigers bei der Vernehmung (§ 164)
1. Der Beschuldigte hat das Recht, seiner Vernehmung einen Verteidiger beizuziehen; dieser darf sich an der Vernehmung in keiner Weise beteiligen, jedoch nach deren Abschluss ergänzende Fragen stellen. 4. Im Falle des Absehens von der Beiziehung eines Vertei-digers ist nach Möglichkeit eine Ton- oder Bildaufnahme anzufertigen. 3. Von der Beiziehung eines Verteidigers kann abgesehen werden, soweit es erforderlich erscheint, um eine Gefahr für die Ermittlungen oder eine Beeinträchtigung von Beweismitteln abzuwenden. 2. Während der Verneh-mung darf sich der Beschuldigte nicht mit dem Verteidiger über die Beantwortung einzelner Fragen beraten. § 164 StPO idF StPRG

22 Rechte des Verteidigers (§§ 57 ff)
Ausschluss des Verteidigers: bei anhängigem Verfahren wegen Beteiligung an der Straftat oder Begünstigung bei Missbrauch des Kontakts mit dem angehaltenen Beschuldigten bei erheblicher Gefährdung der Sicherheit und Ordnung einer Vollzugsanstalt Der Verteidiger berät und unterstützt den Beschuldigten und ist berechtigt sowie verpflichtet, jedes Verteidi-gungsmittel zu gebrauchen und alles, was dem Beschuldigten dient, unumwunden vorzubringen. Der Verteidiger übt die Verfahrensrechte aus, die dem Beschuldigten zustehen, jedoch kann der Beschuldigte immer selbst Erklärungen abgeben. Im Fall einander widersprechender Erklärungen gilt die des Beschuldigten (aber kein RMV). Siehe im Übrigen die Ausführungen beim Beschuldigten. Ausschluss von der Verteidigung mit Beschluss nach Anhörung des Verteidigers, im Ermittlungsverfahren Verständigung der KP vom Ausschluss. Der Ausschluss ist aufzuheben, sobald seine Voraussetzungen weggefallen sind.

23 Wichtige Rechtsbehelfe
Einspruch wegen Rechtsverletzung § 106 f Antrag auf Einstellung des Verfahrens § 108 Antrag auf Fortführung des Verfahrens § 195

24 Einspruch wegen Rechtsverletzung
Jede Person, die sich durch KP oder StA in subjektivem Recht oder durch Ermittlungs- oder Zwangsmaßnahme nach StPO verletzt fühlt (außer: Ermessen) Einspruch nur, wenn nicht Beschwerde zusteht Einzubringen bei StA, KP bekommt Gelegenheit zu Stellungnahme StA entspricht Einspruch, verständigt Beschwerdeführer oder legt ihn Gericht vor. (StA kann nicht abweisen!) Gericht entscheidet, dagegen Beschwerde

25 Antrag auf Einstellung des Verfahrens - § 108
Wenn feststeht, dass keine gerichtliche Strafbarkeit oder Tatverdacht im Hinblick auf Dringlichkeit, Gewicht und Verfahrensdauer Fortsetzung nicht rechtfertigt Der Antrag des Beschuldigten ist bei StA einzubringen, diese stellt ein oder legt Antrag dem Gericht vor (keine Abweisung!). Antrag ist zulässig frühestens nach 3 Monaten (bei Verbrechen 6 Monaten). Gericht entscheidet, dagegen Beschwerde.

26 Vorgangsweise bei Akteneinsicht, Einspruch und Beweisantrag
Akteneinsicht bzw. Beweise beantragen bei KP Antrag mit Anlassbericht an StA KP lehnt ab Verständigung des Beschuldigten mit Begrün-dung (bei Beweisantrag) Staatsanwaltschaft StA lehnt ab StA veranlasst Akteneinsicht bzw. Beweisaufnahme Beschuldigter erhebt Einspruch an Gericht bei StA Beschwerde KP gewährt AE bzw. nimmt Beweis auf Gericht: Beschluss OLG: Beschluss

27 Fortführung des eingestellten Verfahrens (§ 193)
Nach Einstellung sind Ermittlungen grundsätzlich unzulässig, außer einzelne Ermittlungen oder Beweisaufnahmen, die für Entscheidung über die Fortführung des Verfahrens erforderlich. Die Fortführung eines von ihr beendeten Ermittlungsverfahrens kann die Staatsanwaltschaft anordnen, solange die Tat nicht verjährt ist und wenn 1. der Beschuldigte wegen dieser Tat nicht vernommen und kein Zwang gegen ihn ausgeübt wurde oder 2. neue Tatsachen oder Beweismittel entstehen oder bekannt werden, die … geeignet erscheinen, die Bestrafung des Beschuldigten … zu begründen.

28 Antrag auf Fortführung des eingestellten Verfahrens (§ 195)
Antragslegitimiert sind Opfer und andere Personen, die an der Strafverfolgung sonst ein rechtliches Interesse haben könnten Betroffen sind von der Staatsanwaltschaft eingestellte Verfahren (nicht bei Rücktritt „Diversion“) Voraussetzung sind neue Tatsachen oder Beweismittel oder dass die Voraussetzungen von vornherein nicht vorlagen Frist: 14 Tage nach Verständigung von der Einstellung, jedenfalls aber innerhalb von sechs Monaten ab der Einstellung Verfahren: Staatsanwaltschaft ordnet Fortführung an oder legt Antrag dem Oberlandesgericht vor (keine Abweisung!)


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