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Vorlesung: Systemvergleich I: Grundlagen und freiheitliche Systeme

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Präsentation zum Thema: "Vorlesung: Systemvergleich I: Grundlagen und freiheitliche Systeme"—  Präsentation transkript:

1 Vorlesung: Systemvergleich I: Grundlagen und freiheitliche Systeme
Bachelor - Studiengang: Profilmodul ‚Politische Systeme‘ Kleines Modul ‚Politische Systeme‘ Großes Modul ‚PolitischeSysteme‘ Systemvergleich I: Grundlagen und freiheitliche Systeme Teil C: Leistungsfähigkeit und Voraussetzungen von Demokratien TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

2 Aufbau der Vorlesung Teil A: zentrale Elemente der Funktionslogik politischer Systeme Teil B: Überblick zur Möglichkeit und den Erscheinungsformen von Staatlichkeit Teil C: Leistungsfähigkeit und Voraussetzungen von Demokratien Die detaillierte Behandlung freiheitlicher Systeme ist Aufgabe des zum Großen Modul gehörenden Seminars ‚Freiheitliche Systeme‘; in der Vorlesung: Überblick Teil D: Logik und Methodik der vergleichenden Systemanalyse ( behandelt je nach verbleibender Zeit; im Detail anhand des Foliensatzes selbst zu erarbeiten) Fortsetzung für Großes und Kleines Modul ‚Systeme‘ im Wintersemester: Systemvergleich II – Diktaturen TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

3 Gedankengang Leitgedanken und Grundformen von Demokratie sind aus dem Basismodul ‚Systeme‘ bekannt. Wie steht es aber mit der Leistungsfähigkeit von Demokratien bzw. einzelner ihrer Ausprägungsformen – im Vergleich womit? Was sind die Voraussetzungen für den Aufbau und die Stabilität von Demokratie? Wann ist Demokratie konsolidiert – und was kann man für ihre Konsolidierung tun? TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

4 Demokratie: Indikatoren
regelmäßige, freie und faire Wahlen mit konkurrierenden Parteien und der Möglichkeit, eine Regierung abzuwählen Glaubens-, Meinungs-, Organisations-, Demonstrationsfreiheit samt Habeas-corpus-Rechten Rechtsstaatlichkeit mit Rechtsgleichheit, ordnungsgemäßen Prozessen und unabhängiger Gerichtsbarkeit effektive horizontale Gewaltenteilung, die Machtmißbrauch verhindert offene, pluralistische Gesellschaft mit vielen, effektiven Mitteln der Bürger, dem politischen System gegenüber ihre Interessen und Werte zum Ausdruck zu bringen und zu vertreten: sowohl in unabhängigen Vereinigungen als auch in Massenmedien Freiheit kultureller, religiöser, ethnischer und anderer Minderheiten, ihre Sprachen zu sprechen, Kulturen zu praktizieren und Identitäten auszudrücken zivile Kontrolle über das Militär TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

5 ‚Demokratisierungswellen‘
in nicht wenigen Fällen gefolgt von Autoritarisierungswellen ‚Demokratisierungswellen‘ Info ‚erste Welle‘ nach Samuel Huntington: 1828 – 1926: v.a. Großbritannien, Frankreich, USA ‚zweite Welle‘ nach Samuel Huntington: 1945 – 1962: v.a. Indien, Israel, Japan, Westdeutschland ehemalige Kolonien (v.a. Englands und Frankreichs) nach dem Zweiten Weltkrieg ‚dritte Welle‘ nach Samuel Huntington: mittlere 1970er Jahre: Südeuropa 1980er Jahre: Lateinamerika, Asien (Korea, Thailand, Philippinen) frühe 1990er Jahre: Mittel- und Osteuropa, Teile Schwarzafrikas 1993: 108 von 190 Ländern weltweit hatten kompetitive Wahlen und Garantien persönlicher und politischer Individualrechte, d.h. mehr als doppelt so viele als 1970 ‚Schwächezonen‘ von ‚Demokratie‘: islamische Staaten, Afrika Zahlen TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

6 Ausbreitung von Demokratie 1974 - 2000
Quelle: Larry Diamond, Consolidating Democracies, in: Comparing Democracies 2, ed. By Lawrence LeDuc et al., Lpndon u.a. 2002, S. 211 1970er: Portugal, Spanien, Griechenland … 1980er Asien: Philippinen, Korea, Taiwan, Thailand, Pakistan … 1990ff: ganz Mittel- und Osteuropa; Südafrika TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

7 ‚Autoritarisierungswellen‘
Nur 4 der 17 Staaten, die sich zwischen 1915 und 1931 demokratische Institutionen zulegten, behielten sie auch während der 1920er und 1930er Jahre Ein Drittel der 32 funktionierenden Demokratien des Jahres 1958 waren in den 1970er Jahren wieder diktatorisch Keine Autoritarisierungswelle nach der Demokratisierungswelle von 1990ff! Allerdings: Rückentwicklung von Weißrußland und Rußland zu autoritären Regimen, desgleichen etlicher zentralasiatischer ehemaliger Sowjetrepubliken Stets wiederkehrendes Problem: In einer Demokratisierungswelle zunächst siegreiche politische Gruppen akzeptieren nicht, durch Wahlen wieder von der Macht entfernt zu werden. Statt dessen Versuch, die Gegner auf Dauer niederzuhalten. Folge: Widerstand und – oft genug – (latenter) Bürgerkrieg; Putsche TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

8 Streit um Demokratie – Überblick I
Vergleichsergebnisse nur Minderheit der Menschheit kennt Demokratie aus eigener Anschauung laut Freedom House, 1999: in Demokratien: 39,8 % der Weltbevölkerung (= 2,4 Milliarden, davon 1 Milliarde in Indien!) in undemokratischen Ländern: 33,6 % der Weltbevölkerung unter halbfreien Bedingungen: 26,6 % Folge: aus der Sicht der meisten Kulturen gibt es keine – und darum auch keine positiven – Erfahrungen mit praktizierter Demokratie wichtigste ‚Grundsatzpositionen‘ der Kritik an der Demokratie: islamische / islamisch-fundamentalistische Staaten ‚Demokratie asiatischer Art‘ ‚Autoritarismus der Regierbarkeit willen‘ Monismus TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

9 Streit um Demokratie – Überblick II
Resultat: unterschiedlich akzentuierte normative und praktische Herangehensweisen an Demokratie europäischer Erfahrungshorizont: Tradition eines starken Staates, mit dessen Aufkommen der Druck von Bürgerkrieg und Willkürherrschaft gemildert wurde Grundansatz des politischen Denkens: starken Staat als Voraussetzung nehmen (und schaffen!) sodann dafür sorgen, daß seine Machtkonzentration sich mit demokratischen Strukturen verbinden läßt nordamerikanischer Erfahrungshorizont: Grunderfahrung der schwachen Staatlichkeit (= Kolonialverwaltung) oder fehlenden Staatlichkeit (= Landnahme in Richtung Westen) damit einhergehend: Tradition bürgerschaftlicher Selbsthilfe und der Wahrnehmung des Staates als eines bestenfalls notwendigen Übels ein wirklich demokratischer Staat muß ein dezentralisierter und (außerhalb des ‚Kerngeschäfts‘) schwacher sein sodann dafür sorgen, daß Bürger und Gesellschaft sich sehr aktiv, doch staatsfrei um das Gemeinwesen kümmern TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

10 Konsensbereiche in der (empirischen) Beurteilung von Demokratie
Vergleichsergebnisse Demokratie erzeugt besonders verläßlich Legitimitätsglauben Demokratie erlaubt vorzüglich eine effiziente und relativ effektive, dabei obendrein friedliche Weise der Rekrutierung, Wahl und Abwahl politischen Führungspersonals Demokratie ermöglicht besonders effektiv die Veränderung von Politik ohne die vorausliegende Notwendigkeit, gleich auch noch das ganze System zu verändern (‚Regierungswechsel ohne Risiko von Regimewechsel‘) Mit zunehmender Bestandsdauer macht Demokratie die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse für die große Mehrheit der Bürger berechenbarer. Das erlaubt die Verstetigung vieler gesellschaftlicher Aktivitäten und schafft günstige Voraussetzungen für gesellschaftliche Effektivität und Effizienz. Problem: Zeittakt der Demokratie, wo der gewollt kurze Handlungshorizont von Amtsinhabern mit der Notwendigkeit konfligiert, längerfristige und vorausschauende Planungen möglich zu machen Literaturhinweis: Manfred G. Schmidt, Demokratietheorien, 3. Aufl., Opladen 2000, Teil IV TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

11 Demokratie als Problemlöserin
Vergleichsergebnisse sichert wirkungsvoll Legitimität, sowohl durch ihre übverzeugenden Leitgedanken als auch durch ihre typischen ‚Pufferinstitutionen‘ (v.a.: Parteien) zwischen Staat und Gesellschaft legt dem ‚Großen Leviathan‘ Ketten an sichert Freiheit, wirkt hin auf Gleichheit macht politisches Handeln dank ihrer institutionellen Mechanismen ziemlich gut berechenbar bündelt wirkungsvoll individuelle Präferenzen und Interessen macht ein politisches System – gerade auch dank der Rolle von Opposition – lernfähiger erlaubt Trennung zwischen ‚System‘ und ‚Regierung‘, womit eine friedliche Ablösung der letzteren möglich wird nutzt gesellschaftliches Sozialkapital – und zwar auch das oppositionelle! – ziemlich gut aus stellt wirkungsvolles politisches Führungspersonal bereit Literaturhinweis: Manfred G. Schmidt, Demokratietheorien, 3. Aufl., Opladen 2000, Teil IV TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

12 Demokratie als Problemverursacherin
Vergleichsergebnisse oszilliert zwischen ‚Tyrannei der Mehrheit‘ und Systemblockade durch zu viele Veto-Punkte: Optimierungskonflikt zwischen Herrschaftsbändigung und Steuerungseffizienz Chance, mißliebige Regierungen friedlich loszuwerden, läuft ins Leere, wenn die Installierung effektiver Regierungen nicht gelingt Vorteil für organisations- und konfliktfähige Interessen Zielkonflikt zwischen Freiheit und Gleichheit System verlangt kompetentere und gutwilligere Bürge, als es selbst verläßlich hervorbringen kann Volkswille ist fiktiv, fehlbar und verführbar Anreiz für kostspielige (sozialstaatliche) Interventionen, um sich durch ‚Gefälligkeitsdemokratie‘ Mehrheiten zu sichern Wiederwahlmechanismus und Dauerwahlkampf zwingen dem politischen Handeln kurze Zeithorizonte und die Grenzen dessen auf, was man politisch plausibel machen kann ‚Unbeständigkeit der Mehrheit‘, bei großen Folgen selbst kleiner Regeländerungen Literaturhinweis: Manfred G. Schmidt, Demokratietheorien, 3. Aufl., Opladen 2000, Teil IV TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

13 Beurteilungskontexte von Demokratie
 Was soll optimiert werden? Reichweite des Urteils: Urteil Staatlichkeit allgemein – oder ‚nur‘ über Demokratie? Welcher Typ von Demokratie ist Gegenstand des Urteils? (z.B. Referendums- vs. Repräsentativdemokratie) Wertmaßstab I: von radikal-diskursiven über elitistisch-wettbewerblichen Demokratiekonzepten bis hin zur Vorstellung, die Akklamation des Volkes zu einem cäsaristischen Führer begründe ebensogut eine Demokratie Wertmaßstab II: relativer Stellenwert von Input- und Outputseite des politischen Prozesses Meßlatten des Urteils, z.B.: Rousseau: ‚Gut ist ein Gemeinwesen, das mit wenigen Gesetzen auskommt und dessen Bevölkerung sich ohne Einwanderung oder Kolonisierung vermehrt‘ oder auch: Wahrung von Menschenrechten, Beteiligungschancen, Ausmaß der Kontrolle der Herrschenden, Lernfähigkeit ... in den urteilsbegründenden Vergleich einbeschlossene Fälle extrem: langlebige US-Demokratie vs. Demokratien der europäischen Zwischenkriegszeit TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

14 Kosten vs. Nutzen der Demokratie: Streitpositionen
‚typischer‘ Konservatismus Nivellierung (‚Gleichmacherei‘) durch Demokratie expansiver Trend über ‚vernünftige Grenzen hinaus‘ (‚schrankenlose Demokratisierung‘) ‚typischer‘ Liberalismus grundsätzlich gut: offener Meinungsstreit, Konkurrenz bei Auswahl der Bewerber um politische Ämter doch problematisch: Nivellierung (‚Gleichmacherei‘) durch Demokratie, v.a. soziale und wirtschaftliche Nivellierung ‚typische‘ Linke aber: Mit Demokratie wurde gerade erst einmal begonnen; sie muß erst noch auf alle Bereiche der Gesellschaft und Wirtschaft ausgeweitet werden! ‚typische‘ Grüne aber: problematisch ist ihre Ausprägung als vor allem Repräsentativdemokratie, die auch noch vom Mehrheitsprinzip dominiert wird (‚Was zählen tausend matte Ja gegen hundert glühende Nein?‘) TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

15 Vorzüge und Nachteile verschiedener Formen von Demokratie
 differenzierterer Blick Vorzüge und Nachteile verschiedener Formen von Demokratie Leistungsprofil von Demokratien variiert mit der Form etablierter Demokratie, wobei die Zusammenhänge überaus komplex und in der Forschung im einzelnen immer wieder noch umstritten sind. Der am besten gesicherte Befund: Einfache Aussagen sind meistens falsch, da sie zwar Richtiges treffen, doch nicht über dessen Rahmenbedingungen informieren! Wichtigste in diesem Zusammenhang zu unterscheidende Formen von Demokratie: Mehrheitsdemokratien vs. nicht-majoritäre Demokratien Repräsentativ- vs. Direktdemokratie etablierte vs. fragile Demokratien Literaturhinweis: Manfred G. Schmidt, Demokratietheorien, 3. Aufl., Opladen 2000, Teil IV TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

16 Gutes und weniger Gutes an Mehrheitsdemokratien
= wenige ‚Vetospieler‘ v.a. ‚Westminster-Modell‘, d.h. parlamentarisches Regierungssystem ohne Verhältniswahlrecht und ohne Föderalismus gut bei ... Bildung und Sicherung stabiler Regierungen relativer Häufigkeit von Machtwechseln und damit verbundener Innovation Transparenz und Feststellbarkeit von politischer Verantwortlichkeit mediengerechter (und ‚unterhaltsamer‘) Präsentierbarkeit von Politik weniger gut bei ... schockartigen politischen Richtungswechseln bei Machtwechseln Risiko einer ‚Mediendemokratie‘ (‚politics without policy‘) Risiko des Überziehens der Konfrontation, Konflikten mit Nullsummencharakter sowie Ausbeutung von Minderheiten Einbindung von Minderheiten ‚Vollzugskosten‘ von Gesetzen, die ohne sonderliche Einbindung ihrer Opponenten erlassen wurden: ‚Revanche-Blockaden‘ in der Implementationsphase von Gesetzen TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

17 Gutes und weniger Gutes an nicht-majoritäre Demokratien
i.d.R.: Konkordanz-/ Konsensdemokratien gut bei ... Einbindung von Opponenten Zusammenhalt gespaltener Gesellschaftssysteme nicht-parochialen Lösungen von Kollektivgüterproblemen weniger gut bei ... raschem Handlungsbedarf größeren Politikänderungen Transparenz der Willensbildung und Entscheidungsfindung Feststellung und Einforderung von politischer Verantwortung geringere Anpassungsfähigkeit geringe Elastizität geringes Modernisierungspotential TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

18 ‚Konkordanzdemokratie‘
= normative Vorstellung bzw. Verfassungspraxis, daß Konflikte … nicht entschieden werden sollen durch … Parteienwettbewerb und Mehrheitsentscheid sondern durch … Verhandlung, Kompromiß und Proporz = viele ‚Vetospieler‘ TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

19 Erscheinungsformen von Konkordanzdemokratie
entstehen in der Regel bei … Vielparteiensystemen mit einander überlagernden Konfliktlinien Koalitionsregierungen ziemlich symmetrischen Zweikammersystemen Föderalismus bzw. starker Dezentralismus starker faktischer Politikverflechtung Konsenskultur in stark zerklüfteten Gesellschaften Erscheinungsformen: Bildung und Nutzung informeller Netzwerke Politik wechselseitigen Gebens und Nehmens in Elitenkartellen Kosten/Nutzen-Relation: Pro: wirksamer Minderheitenschutz, wirkungsvolle Gesellschaftsintegration, nachhaltige Elitenakkommodation Contra: gewaltige Transaktionskosten, reduzierte Reaktionsleistung des politischen Systems, verringerter Einfluß von öffentlicher Meinung und von Wahlen auf den politischen Prozeß TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

20 Gutes und weniger Gutes an Mischformen
= in jeder Hinsicht ambivalente Bilanz! Beispiel: Deutschland, wo das Majorzprinzip des Parteienwettbewerbs im parlamentarischen Regierungssystem mit dem Konkordanzsystem im Bundesstaat zusammenwirkt Bilanz im Systemvergleich: Mischsysteme schneiden mitunter besser ab als reine Majorz- oder Konkordanzsysteme hinsichtlich von ... Integrationsfähigkeit Kooperationsfähigkeit Problemlösungsfähigkeit aber: Das Nebeneinander von unterschiedlichen Modi der Konfliktregelung und Entscheidungsfindung kann verursachen ... Entscheidungsblockaden Intransparenz oder gar Versickern von Verantwortung TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

21 Repräsentativ- vs. Direktdemokratie
zur Begriffsbildung in beiden Typen: Leben über den Verhältnissen (Indikator: Staatsverschuldung) Vernachlässigung der Interessen der nachrückenden Generationen Direktdemokratie im Vergleich zu Repräsentativdemokratie: vergleichsweise stärkere Berücksichtigung der Interessen der nachrückenden Generationen (v.a. bei öffentlicher Infrastruktur und Bildungswesen) anders akzentuierte Struktur der Staatsausgaben: zögerlicherer und gedämpfterer Aufbau sozialstaatlicher Strukturen; Erschwerung von ‚Trittbrettfahrereffekten‘ größere Zügelung des Staates samt größerem Spielraum privater Interessen größere politische Einflußchancen finanz- und organisationsstärkerer Gruppen höhere politische Entscheidungskosten größere Befriedungs- und Integrationskapazität TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

22 besser wohl: personalunmittelbare Demokratie sachunmittelbare Demokratie „Direkte“ Demokratie Vermengt wird mit diesem Begriff sehr Unterschiedliches, nämlich ... Direktwahl möglichst vieler Amtsträger bei Direktwahl des Staatsoberhaupts: Festlegung des Typs des Regierungssystems! (parlamentarisch – semipräsidentiell – präsidentiell) Einfügung plebiszitärer Elemente in ein System repräsentativer Demokratie Ersetzung repräsentativer Demokratie durch eine plebiszitäre oder Referendumsdemokratie Ziel: ‚Simulation‘ einer ‚Identitätsdemokratie‘ Das alles sind sehr unterschiedliche Dinge, die man deshalb gerade nicht unter einen einzigen Begriff ziehen sollte! Darum: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

23 Begriffsklärungen Demokratie kann sich entfalten als ...
repräsentative Demokratie nach dem zentralen Repräsentationsorgan auch genannt: ‚parlamentarische Demokratie‘ als plebiszitäre und / oder Referendumsdemokratie als identitäre Demokratie: real in Kleingruppen, rein formal als Referendumsdemokratie repräsentative Demokratie kann sich u.a. entfalten als ... präsidentielles Regierungssystem (NICHT: ‚präsidentielle‘ oder ‚präsidiale‘ Demokratie‘) parlamentarisches Regierungssystem (NICHT: ‚parlamentarische Demokratie‘) TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

24 Etablierte vs. fragile Demokratien
= faktisch die wichtigste Unter-scheidungslinie zwischen Demokratien Definition: ‚etablierte Demokratie‘: Gemeinwesen mit fest verankerter, seit mehreren Jahrzehnten verläßlich funktionierender Demokratie ‚fragile Demokratie‘: Gemeinwesen ohne fest verankerte und / oder (noch) defizitär funktionierender Demokratie Unterformen fragiler Demokratien: ‚ausschließende Demokratien‘: größere Bevölkerungssegmente sind vom Wahlrecht ausgesperrt ‚Domänendemokratien‘: Vetomächte wie Militär, Guerillagruppen, große Wirtschaftsunternehmen o.ä. beherrschen große Teile von Wirtschaft und Gesellschaft und entziehen sie dem Zugriff der demokratisch gewählten Führung ‚illiberale Demokratien‘: die wechselseitige Kontrolle der öffentlichen Gewalten wird umgangen, Rechtsstaatlichkeit wird systematisch und aus politischen Gründenverletzt Kennzeichen fragiler im Unterschied zu etablierter Demokratie: politisches Leistungsprofil ist in fast allen Bereichen geringer Legitimitätslage ist angespannt TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

25 Demokratie und Diktatur im Leistungsvergleich
zusammenfassende Befunde von Systemvergleichen (Details anschließend): etablierte Demokratien haben größere politische Produktivität als andere Regimeformen (Info) Überlegenheit von Demokratie ist allerdings begrenzt und wird durch methodologische Fehler im traditionellen Demokratie/Diktatur-Vergleich meist überschätzt (Info) Demokratien erzielen bei manchen Aufgaben nur mäßige Ergebnisse (Info) einige Herausforderungen bleiben auch für leistungsfähige Demokratien bestandsgefährdend (Info) Literaturhinweis: Manfred G. Schmidt, Demokratietheorien, 3. Aufl., Opladen 2000, Teil IV TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

26 höhere Produktivität etablierter Demokratien I
verglichen mit... an erster Stelle: fragilen Demokratien an zweiter Stelle: autokratischen Regimen systemvergleichende Literatur und Datensammlungen zum jeweiligen Leistungsprofil zeigen Überlegenheit bei ... politischer Gleichheit Beteiligungschancen Rechenschaftspflicht der politischen Führung relativer Transparenz politischer Vorgänge relativer Berechenbarkeit von Politik Grad der Legitimität der politischen Ordnung Eindämmung von Selbstprivilegierung der politischen Klasse Sicherung der Freiheit der Bürger TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

27 höhere Produktivität etablierter Demokratien II
verglichen mit speziell autokratischen Regimen Chance, politische Führer ohne Gewalt abzulösen (= Wahlmechanismus) Folgeerscheinung I: berechenbare Nachfolgemechanismen an Stelle schwer kalkulierbarer Übergangszeiten Folgeerscheinung II: Wiederwahlmechanismus zwingt politische Führer zur Rechenschaftslegung vor den Bürgern zwingt politische Führer zur Responsivität hinsichtlich von Präferenzen und Präferenzänderungen der Bürger zieht die Pflege von halbwegs leistungsfähigen Vernetzungsstrukturen zwischen politischer Klassen und Bürgerschaft nach sich das alles sorgt für eine ziemlich gute Legitimitätslage des Systems TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

28 höhere Produktivität etablierter Demokratien III
verglichen mit speziell autokratischen Regimen falls Systemblockaden vermieden werden: bessere Kalkulierbarkeit politischer Prozesse Erweiterung des Zeithorizonts, in dem die Bürger ihre wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten planen können, was seinerseits ... eine bessere Ausschöpfung der wirtschaftlichen und sozialen Ressourcen der Gesellschaft ermöglicht die Rahmenbedingungen eines freiheitlichen Systems stabilisiert größere Anpassungs- und Problemlösungsfähigkeit wirkungsvollere Gewaltenteilung mit gesicherter Rechtsstaatlichkeit und ziemlich großem wie verläßlichem Schutz individueller Menschen- und Bürgerrechte TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

29 höhere Produktivität etablierter Demokratien IV
verglichen mit... an erster Stelle: fragilen Demokratien an zweiter Stelle: autokratischen Regimen mehr persönliche Freiheitsgrade auf den Feldern der Steuerung der Arbeitsbeziehungen sowie Bildungs- und Wissenschaftspolitik bessere Leistungen auf folgenden Politikfeldern: Arbeitsschutz Umweltschutz Sozialpolitik Ausnahme: Hier waren die sozialistischen Staaten aus der Warte der Regierten besser – allerdings um den Preis der Überlastung ihrer Wirtschaften sowie der nachhaltigen Einschränkung persönlicher Freiheit TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

30 höhere Produktivität etablierter Demokratien V
verglichen mit speziell autokratischen Regimen Neigung zur Kriegführung: im allgemeinen ziemlich gering keinerlei Neigung zur Kriegführung untereinander Folge I: Je mehr demokratische Staaten es gibt, um so geringer ist auf internationaler Ebene das Sicherheitsdilemma Folge II: Um so mehr Ressourcen ökonomischer und gesellschaftlicher Art werden frei für produktive und humanitäre Zwecke Tatsächlich geben Diktaturen im Durchschnitt größere Prozentanteile ihres Wirtschaftsprodukts für Militärbelange aus als Demokratien. Ebenso verhält es sich mit den Ausgaben für innere Sicherheit TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

31 Überschätzung der Überlegenheit von Demokratien I
... aufgrund methodologischer Fehler Manche überlegene Leistung, welche der Demokratie zugeschrieben wird, ergibt sich aus den Vorbedingungen für Demokratie, nicht aus dieser selbst: tiefer verwurzelte Rechtsstaatlichkeit säkularisierte politische Kultur höherer wirtschaftlicher Entwicklungsstand gesellschaftliche Stabilität TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

32 Überschätzung der Überlegenheit von Demokratien II
... aufgrund methodologischer Fehler Genau das zeigen auch Studien, welche solche Kontextfaktoren als ‚Kovariaten‘ kontrollieren: Demokratiezufriedenheit ist sehr stark Zufriedenheit mit der Leistungsfähigkeit des wirtschaftlichen Systems, die ihrerseits stärker vom Entwicklungsstand der Produktivkräfte als von demokratischen Spielregeln abhängt, v.a. von ... Rechtssicherheit schlankem Staat Investitionen in das Bildungswesen Bürger- und Menschenrechte werden viel eher vom Rechtsstaat geschützt als von Demokratie ( Tendenz zur ‚Tyrannei der Mehrheit‘ oder der ‚politischen Korrektheit‘), wobei Rechtsstaat und Demokratie ganz verschiedene Dimensionen von Staatlichkeit sind Friedfertigkeit von Demokratien wurzelt stärker in der Gewaltenteilung als im friedlichen Charakter ihrer Eliten und Bürger TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

33 Demokratien: nur mäßige Leistungen bei manchen Aufgaben
außenpolitisch: Kampf gegen Faschismus und Nationalsozialismus erst nach langem Zögern, unter Hinnahme schwerster Verluste auf Seiten von Verfolgten sowie der Zivilbevölkerung des Gegners sowie um den Preis einer fahrlässigen Aufwertung des Stalinismus/Kommunismus innenpolitisch: kenntliche Defizite bei ... Abschaffung der Sklaverei rechtliche und soziale Gleichberechtigung von Männern und Frauen Lösung von Problemen im Arbeitsmarkt Höhe des erreichbaren Wirtschaftswachstums politisch-kulturell: keine Garantie für rationale politische Problemlösungen oder rationale politische Ergebnisse Attentismus und Wankelmütigkeit des Wahlvolks Kurzatmigkeit der politischen Anstrengungen TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

34 Herausforderungen für Demokratien I
Rückzug eines Großteils des Staatsvolks aus der politischen Beteiligung Herausbildung einer Machtverteilung, welche Antisystemkräften die Vorherrschaft oder wenigstens eine Blockademacht in Parteiensystem und Parlament verschafft Verblassen gesellschaftlicher Toleranz für ... Unbeständigkeit von Parlamentsmehrheiten oder Disproportionalitäten zwischen Stimmen- und Sitzanteilen (v.a. bei Mehrheitswahlrecht) Pfadabhängigkeit politischer Prozesse: Wer gestern die Wahl verlor, verliert heute selbst dann parlamentarische Abstimmung, wenn wieder eine demoskopisch gemessene Bevölkerungsmehrheit hinter ihm steht TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

35 Herausforderungen für Demokratien II
Spannung zwischen internationaler Interdependenz demokratischer Staaten, vor allem im Zeitalter der Globalisierung, und der rein nationalstaatlichen Verankerung von Demokratie: Einengung schon des Spielraums demokratisch legitimierten Regierens! Neigung von Demokratien, aufgrund des (Wieder-)Wahlmechanismus vor allem die Bedürfnisse des Augenblicks zu befriedigen und die Interessen späterer Generationen zu vernachlässigen Beispiele: Staatsverschuldung, Übernutzung natürlicher Ressourcen, problematische Veränderung des Gesellschaftsaufbaus durch Laufenlassen demographischer Veränderungen oder von Immigration/Emigration Steuerungsmöglichkeit: Elternstimmrecht Schwierigkeit, einst mehrheitlich akzeptierte Lastenverlagerungen auf die Schultern anderer rückgängig zu machen Beispiele: Korrektur einer auf Verschuldung setzenden Finanzpolitik, Rückbau des Sozialstaates, Besserstellung von Familien (d.h. von Formen eines Zusammenlebens mit Kindern) TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

36 Fazit zur Leistungsfähigkeit von Demokratien
Nicht die Demokratie schlechthin ist besser als andere Staatsformen, sondern: die Kombination aus ... Rechtsstaatlichkeit wirtschaftlichem Wohlstand etablierter pluralistischer Demokratie Auch diese Staatsform hat durchaus unüberwindbare Mängel und Probleme. Alles in allem scheint es so zu sein, als gäbe es für freiheitsbewußte und gebildete Menschen keine attraktivere Staatsform als eine derartige Kombination. TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

37 Vorbedingungen für ‚Demokratie‘
Siehe: Seymour Martin Lipset, The Social Requisites of Democracy Revisited, in: Alex Inkeles / Masamichi Sasaki, Hrsg.: Comparing Nations and Cultures. Readings in a Cross-Disciplinary Perspective, Englewood Cliffs, N.J. 1996, S Marktwirtschaft spezifische politische (und religiöse!) Kultur Rechtssicherheit selbsttragende Legitimität Bürgergesellschaft unterstützungssichere Parteien faires Wahlsystem hilfreich: Föderalismus nötig: viel Glück! TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

38 Marktwirtschaft und Demokratie
Grundsätzlich: Nicht das Privateigentum an Produktionsmitteln ist der zentrale Faktor, sondern die Existenz von zwar politisch ermöglichten, doch nicht politisch verzerrten Märkten eine Ursache von politisch verzerrten Märkten: Streben nach Autarkie oder nach politischem Schutz bestimmter Produzentengruppen Markt = Form der Gewaltenteilung: politische Macht ist ohnehin reduziert und findet wirtschaftliche Gegenmächte geringerer Anreiz, überhaupt staatliche Ressourcen (exklusiv) zu kontrollieren, da wichtige Interessen auch ganz ohne Mitwirkung staatlicher Stellen zu realisieren sind Reduktion des Anreizes für politische Korruption, die ihrerseits Autoritätskartelle zusammenschmiedet, weil der Weg zu knappen Ressourcen nicht (nur) über politische Amtsträger und persönliche Beziehungen führen muß Chance auf Entstehung und Stellungssicherung einer Mittelklasse, welche die Ressourcen für Selbstregierung und praktizierten Pluralismus besitzt in der Regel, allerdings nicht immer und zwingend: Aufbau von weit verbreitetem gesellschaftlichem Wohlstand, was seinerseits die friedliche Bewältigung von Verteilungskonflikten erleichtert (= die Steuerungsbelastungen des politischen Systems reduziert) Achtung: Marktwirtschaft scheint zwar eine notwendige Bedingung für Demokratie zu sein, ist aber offensichtlich keine hinreichende Bedingung für Demokratie! TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

39 ‚Demokratie‘ und Wohlstand
Zentralelement des Aufbaus von Demokratie: Die Wirtschaft in Schwung bringen und dabei den Zielwert sozialer Gerechtigkeit nicht vernachlässigen! ‚Demokratie‘ und Wohlstand ‚Demokratie‘ geht regelmäßig einher mit … vergleichsweise größerem Wohlstand (insgesamt und individuell) vergleichsweise größerer sozialer Gleichheit, letztere verstanden als Grad an … Statusgleichheit wechselseitig entgegengebrachtem Respekt, … die beide von persönlichen wirtschaftlichen Umständen unabhängig sind! Siehe Lipset, Seymour Martin / Seong, Kyoung-Ryung / Torres, John Charles: A Comparative Analysis of the Social Requisites of Democracy, in: International Social Science Journal 45, 1993, Frage: Was ist die unabhängige, was die abhängige Variable? Antwort: Es besteht wohl eine rekursive, positiv rückgekoppelte Beziehung! TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

40 Wichtig: Es muß gelingen, die Phase der Ungleichheit
ohne politischen Stabilitätsverlust hinter sich zu bringen! Kuznets-Kurve Wenn ein wenig entwickeltes Land mit Wachstum und Urbanisierung beginnt, dann wird die Einkommensverteilung sehr ungleich. Wenn es anschließend zur Industrialisierung kommt, verringert sich die Ungleichheit in der Einkommensverteilung wieder. Simon Kuznets, Modern Economic Growth: Rate, Structure, and Spread, New Haven, CT: Yale University Press TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

41 Politische Kultur und Demokratie
zentral: daß sowohl Eliten als auch Bürgerschaft allgemein die Prinzipien von Religions- und Kommunikationsfreiheit, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und praktiziertem Pluralismus akzeptieren. entsteht nicht von allein und über Nacht! ausschlaggebende Rolle: Eliten als Avantgarde, von denen aus die (politische) Massenkultur verändert wurde praktisch besonders wichtiger Zusammenhang: Praktizierte Dezentralisierung von Macht, Status und Reichtum zieht die Einsicht nach sich, daß sich Kooperation meist auszahlt. Praktizierte Kooperation führt zur Einsicht, daß freiwillige Integration bei akzeptierter Subsystemautonomie effizientere und lernfähigere Systemstrukturen ermöglicht als jede Form von Informations- und Machtzentralisierung Verbindung mit Marktwirtschaft-Nexus! Insgesamt scheinen kulturelle Faktoren für die Entstehung und den Bestand von Demokratie noch wichtiger zu sein als wirtschaftliche Faktoren. TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

42 Religion und Demokratie I
Zusammenhang von ‚Religion‘ mit ‚Demokratie‘ … positiv in Kulturen mit Prägung durch Protestantismus besonders starke Betonung des Individualismus (vs. ‚Institutionengläubigkeit‘) sich selbst organisierende / ‚regierende‘ Gemeinde negativ in Kulturen mit Prägung durch Katholizismus, orthodoxes Christentum, Islam, Konfuzianismus, denn dort – aus jeweils sehr verschiedenen Gründen – besonders starke Verbindungen zwischen ‚Staat‘ und ‚organisierter Religion‘! im katholischen Bereich ‚Demokratieneigung‘ vor allem dort, wo sich intransigente politisch-religiöse Positionen selbst diskreditierten (etwa als ‚Klerikalfaschismus‘) im Bereich von Orthodoxie, Islam und Konfuzianismus: bislang wenig ‚Demokratieneigung‘ TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

43 Religion und Demokratie II
entsprechende Perspektiven für weitere Demokratisierung – mit wichtiger intervenierender Variable: ‚Säkularisierung‘! Religion und Demokratie II Info Fall Katholizismus: ‚doppelte Repräsentation‘ (Eric Voegelin) ‚Zwei-Schwerter-Lehre‘ (Papst Gelasius I., spätes 5. Jhd.) mit großer Spannweite der Interaktionsmuster Fall Orthodoxie: von jeher machtpolitisch schwache Ausprägung der religiösen Institutionen im Vergleich zu den staatlichen Fall Islam: Ist nicht nur ein System religiöser Überzeugungen, sondern auch ein System von exklusiven Regeln zur Ausgestaltung der öffentlichen Ordnung gewollt ‚einfache‘ Repräsentation anstelle abgelehnter ‚doppelter Repräsentation‘ Fall Hinduismus: gänzliche Dissoziation zwischen religiösen und politischen Institutionen Fall Konfuzianismus: ohnehin kaum religiöse Institutionen in Absonderung von politischen Institutionen und somit kein gesellschaftliches Gegengewicht zur autoritär strukturierten Staatsmacht TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

44 ‚Säkularisierung‘ Politische Institutionen gewinnen Unabhängigkeit von religiösen Institutionen. Religiöse Institutionen gewinnen Unabhängigkeit von politischen Institutionen. Aus dem wechselseitig erwarteten politischen Minimalkonsens werden religiöse Konsenserwartungen ausgeschieden. Achtung: Säkularisierung beinhaltet nicht notwendigerweise eine ‚Entreligionisierung‘ einer Gesellschaft! Säkularisierung ist etwas anderes als Laizismus! siehe im Vergleich die Fälle von USA und Frankreich! TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

45 Rechtssicherheit und Demokratie
‚rule of law‘ Ordnung und Vorhersehbarkeit wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Entscheidungen für alle praktischen Zwecke … senkt Transaktionskosten allenthalben erlaubt Verzicht auf ‚Doppelspiel‘ zwischen formaler Fassade und informellem Verhalten erlaubt die Entstehung von generalisierbarem Vertrauen als (nicht nur, aber auch) politischer Ressource zentrale Mittel verläßliche Durchsetzung allgemein verbindlicher Rechtsnormen mit gleichem Recht für alle erwartbare Rechtsförmlichkeit gerade auch staatlichen Handelns unabhängige und durchsetzungsfähige Justiz, die über dies alles wacht obendrein: ein Verfassungssystem, das der Macht der jeweiligen Mehrheit wirkungsvoll Grenzen setzt TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

46 Legitimität und Demokratie
Die Stabilität einer Demokratie kann nicht auf Zwang beruhen, sondern allein auf … Legitimitätsglauben (‚Geltung von Herrschaft als rechtens‘) seitens der Mehrheit: unterlassener Destabilisierung des Systems seitens wenigstens einer Minderheit: aktiver Unterstützung des Systems  inputbasierte Legitimität verläßlichste Quellen von Legitimitätsglauben: längerfristig: anhaltende Effektivität des Regierens, d.h. Befriedigung der grundlegenden Bedürfnisse des Großteils der Bürger sowie der zentralen Machtgruppen (darunter: Wirtschafts- und Militärführer) durch ausreichende Performanz des Regierungssystems und der politischen Klasse  outputbasierte Legitimität, die sich ‚traditionalisiert‘ schon mittel- und kurzfristig: eine vertrauenswürdige Personifikation der Leitgedanken und Regeln des (neuen) politischen Systems, welche die Enttäuschung über die aktuelle Politiker- und Systemperformanz abpuffert  charismatische Legitimität hilfreich: möglichst frühzeitige Schaffung einer liberaldemokratischen Verfassung, die zum Kristallisationspunkt ‚rationaler‘ Legitimität werden kann. mitunter ebenfalls hilfreich: Erinnerung an die ungute Alternative vorgängiger diktatorischer Herrschaft TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

47 Bürgergesellschaft und Demokratie
‚civil society‘: ‚Zivilgesellschaft‘, ‚bürgerliche Gesellschaft‘, ‚Bürgergesellschaft‘ heißt: Es bestehen Vermittlungsinstitutionen zwischen Bürgern und Staat in großer Zahl ‚vorpolitischer Raum‘: Vereine, Verbände, Stiftungen … machtpolitische Bedeutung: staatliche Institutionen stehen nicht ‚atomisierten‘ Individuen gegenüber (die leicht einzuschüchtern sind!), sondern handlungsfähigen Gruppen, d.h. einer (potentiellen) Gegenmacht Demokratie kann sich stabilisieren, wenn es einen gut entwickelten ‚vorpolitischen Raum‘ gibt als … Sozialisations- und Rekrutierungsstätte politisch partizipationswilliger Bürger ‚Ankergrund‘ politischer Parteien Ort der Austragung und Lösung lebensweltnaher Interessenkonflikte Stätte des Lernens, wie man eine große Zahl Gleichberechtigter zum gemeinsamen Handeln befähigt ‚Fonds von Humankapital‘, den das politische System immer wieder nutzen kann Probleme: ‚vorpolitischer Raum‘ entsteht nicht kurzfristig oder ‚nach Design‘, sondern nur im Lauf einer eher langen Zeit  Problem bei Transitionsprozessen und großen sozialen Umbrüchen Voraussetzung auch: Vorstellung, daß der Staat nur ein subsidiäres Dienstleistungs-unternehmen ist  Akzeptanz eines liberalen Menschen-, Gesellschafts- und Staatsbildes TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

48 Parteien und Demokratie
Parteien = wichtigste Vermittlungsinstitutionen zwischen Gesellschaft und politischem System nötig: größere Parteien, die in der Gesellschaft verläßlich Unterstützung finden – und zwar auch dann, wenn ihre Politik einige Zeit lang ohne Erfolg bleibt vorteilhaft: mindestens zwei Parteien dieser Art, damit Regierungswechsel ohne Verlust an Regierungseffektivität möglich sind ‚Querliegen‘ solcher Parteien zu den meisten Spannungslinien (‚cleavages‘) der Gesellschaft Vorbedingung für politische Integration statt Spaltung nachteilige Folgen für Stabilität von Demokratie bei … Verfall der Organisations- oder Personalstärke von Parteien große Volatilität des Wahlverhaltens TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

49 Wahlsystem und Demokratie
Ein von der Bevölkerung als fair empfundenes Wahlsystem führt den Bürgern vor Augen, daß auch die gerade nicht Regierenden in den politischen Prozeß einbezogen sind. macht die Unterscheidung von ‚Verfassungsordnung‘ und (aktueller) ‚Regierung‘ plausibel ‚Wiederwahlmechanismus‘ gibt die letzte Macht tatsächlich in die Hand der Bürger. Unabdingbar, doch mitunter schwer zu verbinden: Minderheitenschutz – vor allem dann, wenn in ethnisch heterogenen oder multikulturellen Gesellschaften Demokratie stabilisiert werden soll. ansonsten: ‚vom Entzug von Legitimitätsglauben zum Sezessionsversuch‘ und genau darum: Risiko, daß multiethnische Systeme beim Übergang von der Diktatur zur Demokratie zerfallen Sicherung nicht nur der faktischen Möglichkeit von Mehrheitsentscheidungen, sondern auch des Glaubens, sie seien legitim weswegen ‚Konsoziationalismus‘ (‚consociationalism‘, Lijphart) von einer Problemlösung wiederum zu einem Problem werden kann  blockadeträchtige Vermehrung von ‚Vetopunkten‘ in Konkordanzsystemen darum (nicht nur deutsches) Sonderproblem: Maximierung des Nutzens von Demokratie bei Verringerung ihrer Kosten durch eine Verbindung von Föderalismus und Demokratie TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

50 Der ‚Wiederwahlmechanismus‘
... hat ein Amt auf Zeit. Er verdankt sein Amt freien Wahlen. Er kann wiedergewählt werden. Er möchte so gerne wiedergewählt werden. Er ist aber abhängig von der freien Entscheidung der Wähler. Also fühlt er starken Anreiz sein Amt so führen, daß ihn die Wähler wirklich wiederwählen wollen. Und darum kann er während seiner Amtszeit nicht allzu lange oder allzu weit von dem abweichen, was die Wähler zu akzeptieren bereit sind! TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

51 Föderalismus und Demokratie
Vorteile von Föderalismus gerade für demokratische Systeme: Föderalismus verhindert, daß sich die Wucht politischen Streits üblicherweise an einer einzigen Stelle konzentriert Macht- und Postenverteilung sind (auch) entlang von ethnischen oder kulturellen Scheidelinien (‚cleavages‘) möglich Anreiz für inter-ethnische oder inter-kulturelle Koalitionsbildungen über die Cleavages zum Zweck der erforderlichen Mehrheitsbildung hinweg Anreiz für die Entstehung intra-ethnischer oder intra-kultureller Konflikte innerhalb der jeweiligen substaatlichen Einheiten, womit Möglichkeiten für die Entstehung ‚querliegender Cleavages‘ geschaffen werden „Nicht Gruppe A gegen Gruppe B, sondern Gruppe A/Land 1 mit Gruppe B/Land1 gegen Gruppe A/Land 2!“ Förderung von Anstrengungen dahingehend, daß Ungleichgewichte zwischen den ethnischen oder kulturellen (Teil-)Gruppen überwunden werden. Achtung: Es sind stets die Transaktionskosten und die Blockademöglichkeiten von Föderalismus gegenzurechnen! TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

52 Voraussetzungen von Demokratie: zusammenfassende Hinweise
Voraussetzungen entstehen in kontingent-pfadabhängiger Evolution nur selten kann ein ‚demokratisierender Eroberer‘ der Demokratie erfolgreich den Weg bahnen (Deutschland und Japan vs. Irak) historische Großereignisse bahnen Entwicklungswege, die schwer zu verlassen sind: Spanischer Bürgerkrieg  Franco-Diktatur sowjetische Machtübernahme in Osteuropa  realsozialistische Diktaturen Bei vielen Demokratisierungsversuchen sind die Voraussetzungen für einen ‚Demokratisierungspfad‘ gerade nicht gegeben, weshalb die meisten ‚voluntaristisch‘ neu geschaffenen Demokratien zunächst einmal zusammenbrechen. Bislang entstanden Demokratien fast nur im ‚europäischen Siedlungsgebiet‘ Bis heute ist es eine offene – und im asiatischen wie im arabischen Raum sogar vielfach verneinte – Frage, ob sich Demokratie wohl überhaupt für Gesellschaften eignet, die kulturell ganz anders als der ‚Westen‘ geprägt sind. Statistische Analysen zeigten: Am engsten hängt in nicht-europäischen Staaten mit bestehender demokratischer Ordnung zusammen, ob dieser Staat einst eine englische Kolonie war! (‚Diffusionismus‘) Im übrigen hängt das Schicksal von (neuen) Demokratien davon ab, ob sie effektives Regieren ermöglichen in welchem Umfang wirtschaftliche (Konjunktur-) Lagen, die ein effektives Regieren erleichtern, in die ‚kritischen Phasen‘ des Aufbaus von Demokratie fallen TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

53 Wann ist Demokratie ‚konsolidiert‘?
Wenn … alle wichtigen politischen Elitegruppen die allermeisten Parteien und Organisationen eine überwältigende Mehrheit unter der Bevölkerung sich fest und fraglos mit einer demokratischen Verfassungsordnung identifizieren, routinemäßig im Übereinklang mit den Regeln und Verhaltensauflagen dieser Verfassungsordnung handeln, und in aller Selbstverständlichkeit darauf vertrauen, daß dies alles auch vom politischen Gegner so gehandhabt wird. TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

54 Messung von ‚Identifikation mit der Demokratie‘
Bevölkerungsumfragen Erhoben wird die Einstellung zu fünf Bezugspunkten politischer Unterstützung: politische Gemeinschaft (= eigener Staat) Systemprinzipien typische Indikatoren: ‚Demokratie – beste Staatsform?‘, Unterstützung von Alternativen zur Demokratie Systemperformanz Zufriedenheit mit den konkreten Leistungen des Systems Vertrauen zu den einzelnen Institutionen des politischen Systems Unterstützung für konkrete politische Akteure, etwa Spitzenpolitiker wenig aussagekräftig für allgemeine Systemidentifikation einige Befunde TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

55 Demokratiekonsolidierung in Mittel- und Osteuropa
Quelle: Larry Diamond, Consolidating Democracies, in: Comparing Democracies 2, ed. By Lawrence LeDuc et al., Lpndon u.a. 2002, S. 216, 217 TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

56 Demokratiekonsolidierung in Südamerika
Quelle: Larry Diamond, Consolidating Democracies, in: Comparing Democracies 2, ed. By Lawrence LeDuc et al., Lpndon u.a. 2002, S. 219, 220 TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

57 Demokratiekonsolidierung in Deutschland I
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58 Demokratiekonsolidierung in Deutschland II (Daten aus 1998)
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59 Kennzeichen von erfolgreichen ‚Übergangsstaaten‘
nach Chalmers Johnson 1987 und Larry Diamond 2002 ein Regierungssystem, das die Regierenden verläßlich und in den Augen der Regierten am Mißbrauch ihrer Macht hindert („Keine Korruption!“) ein Regierungssystem, das Marktmechanismen wirken läßt stabiles Regieren durch eine politische und bürokratische Elite, welche in der Lage ist, Druck auf solche Entscheidungen hin abzuwehren, welche das wirtschaftliche Wachstum verringerten faire Verteilung der Erträge aus dem Wirtschaftswachstum Kooperation zwischen staatlichen Stellen und dem privaten Sektor in einflußreichen Planungsagenturen große Investitionen in die Breitenerziehung das heißt: die Struktur des Regierungssystems ist weniger wichtig als dessen … grundsätzliche Stabilität Freiheit von Korruption marktwirtschaftliche Orientierung Ausrichtung an sozialer Gerechtigkeit Hinwirken auf ein hohes Bildungsniveau ist nicht mit jedem Typ von Regierungssystem vereinbar! TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

60 Demokratiekonsolidierung: In was muß man politisch investieren?
Bindung aller staatlichen Akteure an Recht, Verfassung und das Ziel guten Regierens, v.a. durch … gut ausgestattetes und von der Politik unabhängiges Justizsystem mit gut ausgebildetem und angemessen bezahltem Personal effektive Institutionen zur Entdeckung und Verfolgung von Korruption auf Seiten öffentlich Bediensteter Stärkung der Bürgergesellschaft (Vereine, Interessengruppen, Massenmedien, Think Tanks …) Deren Aufgaben: Erzeugung gesellschaftlicher Nachfrage nach Reformen zusätzliches Forum der Regierungskontrolle politische Aufklärung und Bildung der Bürger; Gewinnung von Bürgern für politische Beteiligung; Verhindern einer zynischen Haltung zum demokratischen System Ansatzpunkte für eigene politische Beteiligung – vor allem von Armen und Marginalisierten TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

61 ‚Huntingtons Rezepte‘
Fall I: Von der autoritären Diktatur schrittweise zur Demokratie! ‚Huntingtons Rezepte‘ Samuel P. Huntington, The Third Wave. Democratization in the late Twentieth Century, Norman 1991 Demokratieanhänger rasch in Schlüsselpositionen von Regierung, Partei und Militär bringen! Regimeveränderungen möglichst im Rahmen etablierter Prozeduren des alten Regimes; dabei den Hardlinern des bislang herrschenden Blocks symbolische Konzessionen machen! Bisherige Opposition soll soziale Basis rasch erweitern, um sich aus der Abhängigkeit von veränderungsfreudigen Regierungsgruppen zu befreien! Auf der Hut sein vor Staatsstreich der alten Kräfte! Gegebenenfalls selbst einen Staatsstreich provozieren, um mit seiner Niederschlagung auch die Anhänger des alten Systems zu diskreditieren! Im Demokratisierungsprozeß die Initiative bewahren, auf Tempo drücken und nie Demokratisierungsmaßnahmen erst auf Druck von radikaleren politischen Kräften ergreifen! Reformerwartungen zurückstufen und eher von der Aufrechterhaltung eines Prozesses sprechen als eine demokratische Utopie zu verheißen! Entwicklung einer gemäßigten Oppositionspartei fördern, die von den Schlüsselgruppen der Gesellschaft als nicht bedrohliche Alternativregierung akzeptiert werden kann! Demokratisierung als unvermeidbar hinstellen, so daß sie selbst von jenen als notwendig akzeptiert wird, die sie eigentlich ablehnen! TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

62 ‚Huntingtons Rezepte‘
Fall II: Von der autoritären Diktatur durch eine ruptura zur Demokratie! ‚Huntingtons Rezepte‘ Samuel P. Huntington, The Third Wave. Democratization in the late Twentieth Century, Norman 1991 Greife dauerhafte und für viele Bürger erkennbar die zweifelhafte Legitimität oder Illegitimität des bestehenden Systems an! Arbeite mit Leuten zusammen, die sich von ehemaligen Befürwortern des Regimes zu neutralen oder gar gegnerischen Kräften gewandelt haben! Kultiviere Beziehungen zum Militär; Du wirst bei einer krisenhaften Zuspitzung der Lage gute Kontakte zu hohen Militärführern brauchen! Predige und praktiziere Gewaltlosigkeit; dann bekommst Du in der Regel das Militär nicht zum Feind und obendrein vielerlei mitmenschliche Unterstützung! Laß Dir keine Chance auf die Äußerung von Gegnerschaft zum Regime entgehen; vor allem: Beteilige Dich sogar an Scheinwahlen! Suche und halte engen Kontakt mit weltweiten Medien, ausländischen Menschenrechtsorganisationen und transnationalen Organisationen wie den Kirchen! Suche und fördere die Einheit der Oppositionsgruppen unter einer Dachorganisation! Fülle im Fall eines einsetzenden Regimezusammenbruchs rasch des Macht- und Autoritätsvakuum, und zwar durch ... Herausbildung und Unterstützung eines populären, charismatischen und dabei demokratisch orientierten Führers schnelle Herbeiführung von Wahlen, um der neuen Regierung Legitimitätsglauben zu beschaffen Mobilisierung von Unterstützung durch ausländische und transnationale Akteure TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

63 ‚Huntingtons Rezepte‘
Fall III: Reformen innerhalb einer autoritären Diktatur; Ratschläge für ‚Reformer‘ ‚Huntingtons Rezepte‘ Samuel P. Huntington, The Third Wave. Democratization in the late Twentieth Century, Norman 1991 Isoliere und schwäche die Fraktion der maximalistischen Hardliner! Konsolidiere die Stellung der Reformer in der politischen Maschinerie des Regimes! Ergreife die Initiative und überrasche sowohl die Opposition als auch die Hardliner mit Konzessionen; mache aber niemals Konzessionen unter offensichtlichem Druck seitens der Opposition! Suche nach Unterstützung für ein Konzept einer ‚verhandelten Regimereform‘ auf Seiten von führenden Generälen und Spitzenfunktionären im Sicherheitsapparat! Tue alles Erdenkliche dafür, daß die wichtigsten Verhandlungspartner der Opposition relativ moderate Positionen vertreten! Richte vertrauliche Kommunikationskanäle zu den Oppositionsführern ein! Triff Vorsorge für den Fall eines erfolgreichen Abschlusses von Verhandlungen mit der Opposition dahingehend, daß die dann (mit-) regierende Opposition Garantien für die Sicherheit und Stellung von Gruppen übernimmt, die mit dem alten System verbündet waren, sich in dieser Rolle aber nicht sonderlich diskreditiert haben! Ergreife Chancen stets beim Schopf; gute Gelegenheiten kehren selten wieder! Im übrigen kann die politische Zukunft des Verhandlungspartners von einem deutlichen Vorankommen abhängen. Mache Dir und anderen klar, daß ein Pakt zwischen den Reformkräften im alten System und der Opposition eine der wenigen Alternativen zur Dialektik von Stillstand und Revolution ist! Im Zweifelsfall laß Dich immer auf Kompromisse ein! TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

64 Vorlesung ‚Systemvergleich‘
Noch Fragen? - Bitte! TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

65 Ausprägungen von ‚Gewaltenteilung‘
Quelle: Gabriel Almond / G. Bingham Powell / Robert J. Mundt, Comparative Politics. A Theoretical Framework1996, (HarperCollins): 133 TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

66 Stand der Vorlesung TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

67 Demokratie als Problemverursachefin
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