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(Spät-)Aussiedler: Statistische Grunddaten

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Präsentation zum Thema: "(Spät-)Aussiedler: Statistische Grunddaten"—  Präsentation transkript:

1 (Spät-)Aussiedler: Statistische Grunddaten
Universität Trier 2005

2 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

3 Wohnsitznahmen von Aussiedlern im Regierungsbezirk Trier 1989-2003
Quelle: eigene Erstellung aus Daten des Ministerium des Inneren (2003) Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

4 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005
Vergleich der Altersstruktur zwischen Einheimischen und Spätaussiedlern (im Jahr 2003) Quelle: Infodienst Deutscher Aussiedler 2003 und Bundesamt für Statistik 2003 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

5 Forschungsprojekt an der Universität Trier:
Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat ( ) Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

6 Jugendliche Aussiedler Netzwerk der Hilfen und Förderung
Migrationsdienst Caritas Städtische / staatliche Behörden (z.B. Amt für Statistik, Jugendhilfe, „Arbeitskreis Aussiedler Birkenfeld“) Bildungsträger (DEKRA / IBIS) Kirchen Arbeitsamt / IHK / Handwerkskammer Aussiedler Schulen / Berufsschulen Jugendhäuser Experteninterviews nötig, da sehr ausgedehntes Netzwerk!!! Übergangs- wohnheime Vereine Staatliche Organe (Polizei, Justiz, JVA) ADD Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

7 Ergänzungsstudie in Sohren (Hunsrück)
Forschungsbericht: Iris Eisenbürger / Markus Gamper: Integration durch soziale Kontakte? Jugendliche Begegnungs- und Beteiligungs-formen in Sohren. Trier 2005. Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

8 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005
Neue Heimat (in %) Befragung Jugendlicher im Teilprojekt „Aussiedlerjugendliche in Sohren“ „Ist der Ort, wo du jetzt wohnst, bereits zu einer neuen Heimat für dich geworden?“ Tröster: Integration als Prozess: Zurechtfinden, mithalten, Dazugehören/Ankommen,  auf Folie sind die meisten also schon fast angekommen, die meisten der von Befragten waren aber auch schon mehr als 4 Jahre in Deutschland Esser: Integration, Assimilation vs. Segregation, Marginalisierung Heimatbegriff: emotionale Qualität, Wohlfühlen, Eindruck: keine Probleme, aber: emotionale Zugehörigkeit, aber unter sich bleiben Heimat nicht gleich sozialer und kultureller Integration, sie sind nämlich nicht zu Deutschen geworden Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

9 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005
Identität der jungen Aussiedler (in %) Befragung Jugendlicher im Teilprojekt „Aussiedlerjugendliche in Sohren“ „Was würdest du sagen, fühlst du dich eher ...?“ Nationale Identität ist nämlich nicht genau definierbar: deutsch, russisch, russlanddeutsch Leben in Zwischenwelten (Gemende) Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

10 Fremdheit – zwei Aspekte
a) kulturelle Fremdheit …meint die Unvertrautheit zwischen Menschen aufgrund von unterschiedlichem Wissen, divergierenden Erfahrungen und nicht selten extrem gegensätzlichen Weltanschauungen. b) soziale Fremdheit … zeigt sich in der sozialen Distanz, die die Anderen zu einem Menschen außerhalb ihrer Bezugsgruppe halten. Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

11 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005
Wahl der Clique nach ethnischer Herkunft Befragung Jugendlicher im Teilprojekt „Aussiedlerjugendliche in Sohren“ „Könntest du dir vorstellen, folgende Leute in deiner Clique zu haben?“ Deutsche Aussiedler Rang 1: Aussiedler(in) Rang 2: Einheimische(r) Rang 3: Amerikaner(in) Rang 4: Italiener(in) Rang 5: Türke/in Rang 6: Schwarzafrikaner(in) Rang 1: Einheimische(r) Rang 2: Amerikaner(in) Rang 3: Italiener(in) Rang 4: Schwarzafrikaner(in) Rang 5: Aussiedler(in) Rang 6: Türke/in Was sich hier andeutet, zeigt sich auch ganz massiv im Heiratsverhalten (ethnische Endogamie) Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

12 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005
Lebenssituation von Aussiedlerjugendlichen: „Desintegrations-Perspektive“ Mentalitätsunterschiede Sprachdefizite Bildungsbenachteiligung Eigengruppenbezug („ethische Cliquen“) räumliche Segregation Delinquenz Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

13 Mentalitätsunterschiede
Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

14 Männerbild: Vater als Beschützer der Familie
Befragung Jugendlicher im Teilprojekt „Aussiedlerjugendliche in Sohren“ Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

15 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005
Sprachdefizite Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

16 Familiensprache jugendlicher Aussiedler
Quelle: Dietz/Roll 1998 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

17 Interviewauszug: Sprachdefizit
„Der [jugendliche Aussiedler] saß immer nur alleine in der letzten Bank. Ein halbes Jahr saß er da und hat kein Wort verstanden. Irgendwann kam er dann nicht mehr.“ (Hauptschullehrer) Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

18 Bildungsbenachteiligung
Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

19 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005
Bildung nach Nationalität (in %) Befragung Jugendlicher im Teilprojekt „Aussiedlerjugendliche in Sohren“ n = 102 Quelle: eigene Erhebung 2004 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

20 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005
PISA 15-jährige nach Migrationshintergrund der Familie und Bildungsgang ohne Sonderschüler (in %) Quelle: Pisa 2000 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

21 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005
Tätigkeit nach Nationalität/Herkunft Studie: „Jugend im Stadt-Land-Vergleich“ n = 414 (Jugendliche in Erwerbsarbeit, Alter: Jahre) Quelle: Jugendstudie 2001, Vogelgesang Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

22 („ethnische Cliquen“)
Eigengruppenbezug („ethnische Cliquen“) Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

23 Freundeskreis / Clique
„Ich habe nur russische Freunde. Ich glaube, wir verstehen uns untereinander einfach besser. Wir kommen alle aus Russland, sprechen die gleiche Sprache. Mit den Deutschen komme ich nicht so gut klar.“ (Swetlana, 17 Jahre) Bleiben unter sich, Freundeskreis ethnisch homogen Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

24 Jugendhäuser und -zentren
„Wenn wir Disco im Haus haben und die russischen Jugendlichen hier sind, dann kommen die anderen nicht. Oder sie kommen rein, sehen die russischen Jugendlichen und gehen wieder. Wenn wir Konzerte gemacht haben, dann sind die russischen Jugendlichen nicht rein gegangen.“ (Erzieherin) Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

25 Räumliche Segregation
Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

26 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005
Räumliche Segregation: Aussiedler in der Nachbarschaft Befragung Jugendlicher im Teilprojekt „Aussiedlerjugendliche in Sohren“ n = 102 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

27 Zwei Aspekte des räumlichen Zusammenwohnens („Russenviertel“)
1) Freiwilliger Rückzug in Aussiedlerviertel Gründe: z.B. Familienzusammenführung, gegenseitige Hilfe und Sicherheit „Man muss bedenken, dass für die Aussiedler die Familie und auch die Großfamilie der Ort ist, wo man Sicherheit bekommt in diesen unsicheren Zeiten.“ (Mitarbeiterin Übergangswohnheim Osthofen) Wird von Deutschen als Problemviertel wahrgenommen und auch mit Stereotypen belegt, z.B. „Klein Kasachstan“, Stalinallee, Bomograd Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

28 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005
2) „erzwungenes“ Wohnen in Aussiedlervierteln Gründe: z.B. durch Gesetze (WoZuG), Verwaltung, finanzielle Lage, Diskriminierung „Staatliche Leistungen bekommen sie nur in dem Bundesland, zu dem sie offiziell zugeteilt worden sind.“ (Mitarbeiter des Übergangswohnheim Osthofen) Gilt für drei Jahre!!!!!! Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

29 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005
Delinquenz Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

30 Sonderauswertung der Polizeistatistik (Rheinland-Pfalz)
Aussiedler bis 30 Jahre stellen 8,7 % aller Tatverdächtigen landesweit Vergleich mit Deutschen, und zwar nur die Deliktformen, die gravierend sind! (Körperverletzung, Drogen, Diebstahl etc.) Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

31 Aussiedlern und Drogen
„Da ist der Unterschied zu den Deutschen. Sie fangen klein an. Die Russlanddeutschen starten von Null auf Hundert, haben eine gewisse Brutalität und Aggressivität. Vielleicht müssen sie sich zuhause anders durchsetzten, als es bei uns der Fall ist. Im Rauschgiftbereich fangen sie auch nicht erst an, ein Pfeifchen zu rauchen oder sich durch andere Drogen langsam bis zu den harten Drogen hinaufzusteigern, sie fangen auch nicht mit Bier oder Likörchen an, sondern sie greifen sofort zum Wodka“ (Polizist, Aussiedlerexperte) Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

32 Erstes Fazit: Aussiedler und das „eherne Gesetz der Migration“
Marginalisierungserfahrungen  Rückzug in eigenethnische Gruppen und Räume. Marion Gemende (2002) spricht in diesem Zusammenhang von der Neuorientierung vieler Aussiedler in „interkulturellen Zwischenwelten“. Man könnte auch sagen: Wenn ihnen in der neuen Heimat etwas Halt bietet, dann ist es die alte. Die Sicherheit gebenden Binnenstrukturen reichen dabei vom Familienverband über Jugendgruppen („Russencliquen“) und Wohnghettos („Russenviertel“) bis zu Nischenökonomien. Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

33 Religion Zwischen Integration und Segregation
Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

34 Konfession der 2004 zugewanderten Aussiedler (in Prozent)
Quelle: Bundesverwaltungsamt, 2004 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

35 Religion als „Standortfaktor“
Reinhardt Henkel (1994, S. 449): „Für viele russlanddeutsche Zuwanderer ist das Vorhandensein einer Kirchengemeinde neben der Nähe zu den Verwandten (beides hängt sehr oft zusammen) ein bedeutenderer ‚Standortfaktor’ bei der Wahl eines Wohnsitzes als ein Arbeitsplatz oder eine günstige Wohnung.“ Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

36 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005
Anteil der „Freikirchler“ (Baptisten, Mennoniten, Pfingstler, Adventisten, Stundisten u.a.) ca % der Aussiedler rechnen sich zu den Freikirchlergemeinden (lt. Auskunft des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden) Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

37 „Geschlossene“ religiöse Gruppen (erste Hinweise)
Jochen Welt (ehemaliger Ausländerbeauftragte): „Bestimmte religiöse Gruppierungen wie Baptisten und andere freikirchliche Gemeinden grenzen sich durch ihre Lebensweise von der Gesamtgesellschaft ab und entwickeln eine Art ‚Bunkermentalität‘.“ Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

38 „Geschlossene“ religiöse Gruppen (erste Hinweise)
Ernst Wagner (1982): „Besondere Schwierigkeiten bereitet den traditionell am Rande der Amtskirche stehenden pietistisch orientierten Russlanddeutschen das Einleben in örtliche evangelische Kirchengemeinden. Die Entstehung russlanddeutscher evangelischer Sondergemeinden (z.B. der so genannten Stundenbrüder) birgt die Gefahr einer längerfristigen Abkapselung und der Entstehung eines religiösen Minderheitenstatus in sich.“ Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

39 „Geschlossene“ religiöse Gruppen (Faktum)
Ob es sich dabei um die mennonitische ‚Karagandinski Kerch’ im schwarzwäldischen Lahr oder die baptistischen ‚Bethäuser’ in Orten in Ostwestfalen oder der Eifel handelt, sie repräsentieren einschlägige Beispiele für einen starken Trend unter den Russlanddeutschen, ihre freikirchliche Tradition auch in Deutschland fortzuführen. Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

40 Das wichtigste Erziehungsziel ist die „innere und äußere Keuschheit“
1.) „ein schlichtes Äußeres“ für Mädchen bedeutet dies, dass sie nur lange Röcke und Kleider tragen dürfen, jedoch keine Hosen, ebenso verboten sind Schmuck, Make-up oder das Färben der Haare, die im Übrigen nur lang und als Zopf zu tragen sind; für die Jungen existiert ein striktes Bartverbot, ebenso untersagt ist das Tragen von Jeans oder offenen Hemden; Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

41 Das wichtigste Erziehungsziel ist die „innere und äußere Keuschheit“
2.) Verzicht auf weltliche Vergnügungen kein Fernsehen und Kino, keine Disko- und Kneipenbesuche, auch Vereinsmitgliedschaften sind nicht gestattet; Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

42 Das wichtigste Erziehungsziel ist die „innere und äußere Keuschheit“
3.) einen christlichen Bekanntenkreis untersagt ist der Umgang mit unchristlichen Spielkameraden oder Nachbarn; Heiraten ist nur zwischen Gemeindemitgliedern erlaubt; Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

43 Das wichtigste Erziehungsziel ist die „innere und äußere Keuschheit“
4.) absolut sittlicher Lebenswandel d.h. vor allem kein vorehelicher Sex, wobei es Gemeinden gibt, die stichprobenartig Atteste verlangen, die die Jungfräulichkeit beweisen soll; Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

44 „Der Jungfräulichkeits-Kult“
„Sex, Aufklärung, ja sogar Händchenhalten, alles ist tabu. Man ist für einen Jungen vorbestimmt, sagte mir meine Mutter. Daran glaube ich zwar nicht, aber ich soll den Jungen heiraten, den mir Gott vorbereitet hat. […] Und wenn man vorher einen Freund hatte, muss man vor der Hochzeit alles auspacken, bis ins intimste Detail, und das ist oft peinlich. Und wenn du da rein kommst und keine Jungfrau mehr bist, darfst du auch keinen Schleier tragen. Dann ist für jedermann sichtbar, dass du vorher schon mal mit jemandem was hattest. So als Strafe, weil du deine Perle verloren hast. Und dein Mann wird immer denken, ich hab’ mich so lange aufbewahrt für dich, aber ich bin nicht der Erste. Es kann einem eigentlich nichts Schlimmeres passieren.“ (Baptistin, 21 Jahre) Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

45 Patriarchale Ordnung freikirchl. Gemeinden
 väterliche Autorität in der Familie (incl. Züchtigung)  männliche Herrschaft in der Gemeinde (Nur Männer können in den Ältestenrat gewählt werden, nur sie dürfen predigen, Taufzeremonien, Bußrituale und Lebens- Beichten, die heiratswillige Paare ablegen müssen, durchführen. Die Ältesten sind in Personalunion Priester, Gelehrte und Patriarchen.) Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

46 Moralische und räumliche Parallelwelten
„Ein ganz krasses Beispiel ist eine Pfingstgemeinde, die haben ihre Gemeinde in der Gemeinde gebaut, mit eigener Kirche und allem und haben da vollkommen alleine gelebt. Die wollten eigentlich von niemand etwas wissen. Das ging sogar soweit, dass Lehrer hier angerufen und gefragt haben: Was sollen wir denn mit den Kindern den ganzen Tag machen? Die laufen mit dem Kopftuch rum, machen im Sportunterricht nicht mit, ziehen keinen Badeanzug an, die Eltern haben auch teilweise die entsprechenden Seiten aus dem Biologiebuch heraus gerissen, damit das Kind auch bloß nicht verdorben wird.“ (Mitarbeiterin, Landesüber-gangswohnheim in Osthofen) Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

47 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005
Zwischenfazit: Die Familie und Gemeinde als „Bollwerk“ gegen den moralischen Zerfall Mit einer strikten Verbotspolitik, die den Verzicht auf Medien ebenso einschließt wie Kontaktverbote mit ungläubigen Kindern oder die Weigerung, ihre Kinder an bestimmten Schulveranstaltungen – und zwar von Klassenfahrten bis zum Sexualkundeunterricht – teilnehmen zu lassen, versuchen sie eine Insel-Situation zu schaffen, „ein Bollwerk,“ so ein Mitglied des Ältestenrates einer Baptistengemeinde in der Eifel, „damit das Chaos und der Sündenpfuhl da draußen nicht an das Herz der Kinder dringen.“ Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

48 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005
Reaktionsweisen der Jugendlichen (auf die religiösen und lebensweltlichen Totalitätsansprüche) 1.) die Frommen „Manche Jugendliche sind einfach fanatisch. Oder wie soll man das sonst nennen, wenn ein junger Mensch drei Tage fastet, vier Tage fastet, nur morgens was trinkt und ansonsten nur betet. Dann gibt es welche, die lachen kaum, sind immer todernst. Alles was ein bisschen mit Witz zu tun hat, also jede kleine Berührung mit der normalen Welt, wird so angesehen, als hättest du gerade etwas Schreckliches begangen. Diese Blicke können töten. Sie beten mehrmals am Tag, lesen ständig die Bibel, haben keinen Kontakt mit anderen. Sie werfen nie einen Blick auf Frauen.“ (Baptistin, 19 Jahre) Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

49 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005
Reaktionsweisen der Jugendlichen (auf die religiösen und lebensweltlichen Totalitätsansprüche) 2.) die Pragmatiker „Einige verknallen sich und behaupten dann, Gott hätte es ihnen offenbart. Das sind die schlauen Leute.“ (Baptist, 24 Jahre) Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

50 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005
Reaktionsweisen der Jugendlichen (auf die religiösen und lebensweltlichen Totalitätsansprüche) 3.) die Aussteiger „Diese Gefühl, in zwei Welten zu sein, das nagt in dir. […] Das war wirklich hart für mich, ich wusste nicht mehr, wohin ich gehöre. […] Eine Mitte gibt es nicht. Also bin ich gegangen.“ (Baptistin, 22 Jahre) Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

51 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005
Reaktionsweisen der Jugendlichen (auf die religiösen und lebensweltlichen Totalitätsansprüche) 4.) die Überforderten „Wir beobachten leider immer wieder, dass sie später Probleme bekommen werden. Wenn sie sich ganz an ihre Religion halten, haben sie Schwierigkeiten, dass sie Kontakt bekommen mit anderen, und wenn sie aus dem Elterhaus raus gehen oder raus gegangen werden, dass sie auf die schiefe Bahn geraten, weil sie mit der neu gewonnen Freiheit nicht klar kommen. Von einem Schüler weiß ich, dass er heute im Gefängnis sitzt. Der hat Freiheit mit Regellosigkeit verwechselt.“ (Leiterin, Hauptschule) Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

52 Konfliktfelder: Kindergarten und Schule
„Manche von uns haben versucht ihre Kinder in den Kindergarten zu schicken, aber dann bekommen sie eine Erziehung, sie benehmen sich ganz anders, die Erzieherinnen lassen die Kinder alles machen, was sie wollen. Deswegen, ehrlich gesagt, habe ich Angst meine Kinder dahin zu schicken. Ich habe es zwar einmal versucht, aber dann habe ich selber gesagt nein“ (Baptist) Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

53 Konfliktfelder: Kindergarten und Schule
„Die Baptistenfamilien haben auch ihre Kinder überwiegend nicht geschickt, wenn wir Feste hatten: Osterfeier, Weihnachtsfeier, aber auch weltliche Feiern wie Fastnacht, St. Martin.“ (Kindergärtnerin) Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

54 Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005
Konfliktfelder: Familie / Schule / Gemeinde „Spirale der Selbstausgrenzung“ Familie  „religiöse Gefängnisse“ Patriarchale Ordnung: absolute Dominanz des Mannes Erziehung: Anpassung/Unterwerfung  autoritäres vs autonomes Ich Verunsicherungen / Identitätskrisen („Ausbruch als Befreiung“) Schule  „Einfallstor des Teufels“ Eltern beanspruchen ‚ausschließl. Erziehungsgewalt‘ (bei allen Themen) Grundsatzkonflikt: allg. Schulpflicht vs Glaubens- und Gewissensfreiheit religiöse begründete Schulverweigerung radikale Ablehnung einer inter-religiösen und inter-kulturellen Öffnung . Gemeinde  „Bunkermentalität“ ‚Brüdergemeinden‘ = gegenmoderne Welt  Schutz vor Pluralismus Konfessionelle Apartheit: Elite, Auserwähltsein, ‚bessere Menschen‘ Fundamentalistische Züge: Radikalisierung religiös-kultureller Zugehörigkeit / Totalitätsanspruch (‚Kontrolle der ganzen Person‘) Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005

55 Lena Klasen: Himmel, Hölle, Welt (2001)
„Ich stelle die Behauptung auf, dass es weniger um gelebtes Christsein als um eine aus einer Diktatur hinübergerettete Tradition geht – um eine christliche Sekte, die ihren Mitgliedern dermaßen strenge Verhaltendregeln auferlegt, wie sie niemand, der in einer Demokratie aufgewachsen ist, der in einer durchschnittlichen deutschen Familie erzogen wurde, auf sich nehmen würde oder könnte, ohne daran zu zerbrechen“ (S. 199). Forschungsgruppe JugendMedienKultur, Universität Trier 2005


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