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Exekutions-, Insolvenz- und Sanierungsrecht

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Präsentation zum Thema: "Exekutions-, Insolvenz- und Sanierungsrecht"—  Präsentation transkript:

1 Exekutions-, Insolvenz- und Sanierungsrecht
Vorlesung Exekutions-, Insolvenz- und Sanierungsrecht J. Grenzüberschreitende Insolvenzsachverhalte/EuInsVO WS 2016/2017 Dr. Ulla Reisch 1

2 EuInsVO – Grundzüge und aktuelle Entwicklungen
I. Rechtslage bei grenzüberschreitenden Insolvenzen? II. EuInsVO 1. Umsetzung des „Lösungsideals“ 2. Eröffnung eines Hauptverfahrens 2.1. Diskussion um COMI 2.2. Kompetenzkonflikte 2.3. Verlegung des COMI im Eröffnungsverfahren 3. Konzerngerichtsstand 4. Eröffnung eines inländischen Hauptverfahrens 5. Eröffnung eines österreichischen Parallelverfahrens 6. Aktuelles zur lex concursus /Sonderanknüpfungen 6.1. Anwendbares Recht 6.2. Anwendungsbereich 6.3. Art 18 – Wirkung auf anhängige Rechtsstreitigkeiten 7. Abgrenzung EuInsVO/EuGVVO 7.1. Annexverfahren 8. Verwertung 8.1. Maßgeblichkeit der lex fori concursus 8.2. Einschränkungen der Maßgeblichkeit der lex fori concursus 8.3. Abstimmungs- und Verwertungsfragen im Verhältnis von Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren 9. Verteilungsfragen zwischen Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren 2

3 I. Rechtslage bei grenzüberschreitenden Insolvenzen?
Problemstellungen: Auslandsvermögen inländischer Schuldner Anerkennung ausländischer Insolvenzverfahren weltweit verschiedene materielle Insolvenzrechte und formelle Insolvenzverfahren 3

4 „Lösungsideal“ Insolvenz eines Schuldners soll weltweit
einheitlich nach einem einzigen Insolvenzrecht und auch in einem einzigen Verfahren behandelt werden  Umsetzung? 4

5 II.1. Umsetzung des „Lösungsideals“ in der EuInsVO
Eröffnungszuständigkeit automatische Anerkennung Maßgeblichkeit der lex fori concursus Konzessionen an die Realität Zulassung von Parallelverfahren am Ort der Niederlassung Einschränkung der Universalität durch diverse Sonderanknüpfungen (Art 8-18) 5

6 II.2. Eröffnung eines Hauptverfahrens
II.2.1. Diskussion um COMI Eröffnungszuständigkeit des Gerichtes des Mitgliedstaates, in dessen Gebiet der Schuldner den „Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen“ hat (Art 3 Abs 1) „Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen“: jener Ort, an dem der Schuldner üblicherweise und damit für Dritte erkennbar der Verwaltung seiner Interessen nachgeht (Art 3 Abs 1) widerlegbare Vermutung: bei Gesellschaften oder juristischen Personen: Ort des satzungsmäßigen Sitzes bei natürlichen Personen, die eine selbständige gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausüben: Ort der Hauptniederlassung bei allen anderen natürlichen Personen: Ort des gewöhnlichen Aufenthalts Ausnahme von dieser Vermutung: Sitz bzw Hauptniederlassung wurde in den letzten drei Monaten oder gewöhnlicher Aufenthalt wurde in den letzten sechs Monaten vor Antrag auf Insolvenzeröffnung in einen anderen Mitgliedstaat verlegt 6

7 II.2.1. Diskussion um COMI Extensive Inanspruchnahme des COMI durch engl Gerichte Engl Gericht stell(t)en bei Bestimmung des COMI auf den Ort der zentralen Verwaltungsfunktion („head of office functions“) oder der strategischen Unternehmensleitung („mind of management“) ab, der im Fall der Konzerninsolvenz häufig am Sitz der Mutter zu finden ist Kriterien: Ort der wesentl Verwaltungsentscheidungen; Ort, an dem Vorstandssitzungen stattfinden, an dem Finanz-, Vertrags-, Garantie- und Lieferaufgaben faktisch übernommen und kontrolliert werden, an dem Marketingentscheidungen getroffen werden, zB ISA/Daisytek, Enron Directo Sociedad Limitada, Crisscross Telecommunications Group, Collins & Aikmann, in der Folge bemühen auch kontinentaleurop Gerichte diesen Ansatz (Hettlage, HUKLA, PIN) 7

8 II.2.1. Diskussion um „COMI“
demgegenüber wird va in D der auf das operative Geschäft ausgerichtete „Business activity“-Ansatz vertreten: COMI = Ort, wo die Tätigkeit der Gesellschaft nach außen hin (gg Gläubigern, Geschäftspartnern, Kunden, ...) hauptsächlich in Erscheinung tritt; 2 Richtungen: Ort der faktischen operativen Leitung (idR Sitzungsort der Leitungsorgane) Ort der Geschäftstätigkeit als solche (wichtigste Betriebs- und Produktionsstätten, Verkaufslokale) 8

9 II.2.1. Diskussion um „COMI“
EuGH , Rs C-341/04, Eurofood IFSC Ltd/Parmalat COMI muss sich aus für Dritte feststellbaren objektiv erkennbaren Elementen erschließen „Widerlegung der Vermutung, wonach für Tochtergesellschaften COMI am Ort des satzungsmäßigen Sitzes begründet ist, nur dann, wenn objektive und für Dritte feststellbare Elemente belegen, dass in Wirklichkeit die Lage nicht derjenigen entspricht, die die Verortung am satzungsmäßigen Sitz widerspiegeln soll“ Beispiel Briefkastenfirma, die im Sitzstaat keiner Tätigkeit nachgeht Absage an die „mind of management“ und „head of office“-Theorie: auf die interne strategische Leitung des Schuldners ist nicht abzustellen 9

10 II.2.1. Diskussion um „COMI“
offen bleibt, ob es auf die operative Leitung oder die tatsächliche Geschäftstätigkeit ankommt EuGH nennt keine Kriterien zur Bestimmung des COMI am ehesten wird es auf eine Gesamtbetrachtung aller Umstände ankommen (vgl Konecny, ZIK 2005, 2): äußere Kriterien – Feststellbarkeit für Dritte; Ort, der für potenzielle Gläubiger erkennbar ist (8 Ob 12/06g, 8 Ob 134/07z) operative Leitung der Gesellschaft organisatorische Mindestausstattung zentrale Geschäftsführungsmaßnahmen hat eine Gesellschaft infolge Einstellung jeglicher Aktivität keinen Interessenmittelpunkt mehr, ist auf den zuletzt vorhandenen Interessenmittelpunkt abzustellen, nicht auf den formellen Sitz, wo nie irgendwelche Verwaltungsstrukturen vorhanden waren und auch sonst keine Tätigkeit entfaltet wurde (OLG Linz , 2 R 202/06y) 10

11 II.2.1. Diskussion um „COMI“
COMI natürlicher Personen: natürliche Person, die eine selbstständige gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausübt: Hauptniederlassung alle anderen natürlichen Personen: gewöhnlicher Aufenthalt Interessenmittelpunkt von Schuldnern, die auf eine insolvente Gesellschaft Einfluss haben, ist unabhängig vom COMI der Gesellschaft zu bestimmen (High Court of Justice London , 9849/02, ZIK 2007/290) eine österr internat Zuständigkeit ist nicht aus Zweckmäßigkeitsgründen (etwa Staatsbürgerschaft und Anwesenheit sämtlicher Gläubiger in Ö) abzuleiten (OGH 8 Ob 134/07z) 11

12 II.2.1. Diskussion um „COMI“
amtswegige Ermittlung des COMI? Gericht hat den Interessenmittelpunkt amtswegig zu ermitteln ist selbst an übereinstimmendes Parteienvorbringen nicht gebunden (BGH NZI 2008, 121) keine Ermittlungspflicht, wenn keine Anhaltspunkte für ein Auseinanderfallen von Satzungssitz und Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen gegeben sind. Ermittlungspflicht daher, wenn Eröffnung nicht im Sitzstaat beantragt wird am Sitz Postanschrift, Telefonanschlüsse und generelle Infrastruktur (Geschäftslokal, Personal,..) fehlen am Sitz keine erkennbare Tätigkeit ausgeübt wird der Satzungssitz kürzlich erst verlegt wurde (vgl. Ausnahme von Vermutung wenn in den letzten 3 Monaten vor Antrag verlegt) sämtl Personen der Unternehmensleitung ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Sitzstaat haben Anfechtung der Eröffnungsentscheidung durch Schuldner oder Gläubiger aus Gründen der internationalen Zuständigkeit möglich, richtet sich nach nationalem Recht (Art 5) 12

13 II.2.2. „Kompetenzkonflikte“
das von dem Gericht eines Mitgliedstaates eröffnete Hauptverfahren ist von den Gerichten der übrigen Mitgliedstaaten anzuerkennen, ohne dass diese die Eröffnungszuständigkeit des eröffnenden Gerichtes überprüfen können (EuGH Rs C 341/04, Eurofood) nur grobe Verstöße (etwa gegen das rechtliche Gehör) rechtfertigen die Versagung der Anerkennung gem Art 19 in einem anderen MS (EuGH Rs C 341/04, Eurofood) die fälschliche Inanspruchnahme der Zuständigkeit nach Art 3 Abs 1 EuInsVO stellt per se eben so wenig eine ordre public-Verletzung dar, wie der Umstand der mangelhaften Begründung der internationalen Zuständigkeit und hindert nicht die Anerkennung des Hauptinsolvenzverf. in einem Mitgliedstaat (OGH 8 Ob 135/04t) Fehler bei der Zuständigkeitsentscheidung bzw auch fehlende Begründung der Eröffnungsentscheidung reichen zur Annahme eines ordre public Verstoßes nicht aus (vgl aber die viel kritisierte E des AG Nürnberg im Insolvenzfall „Hans Brochier“, ZIK 2007/237) 13

14 II.2.2. „Kompetenzkonflikte“
werden mehrere Insolvenzanträge gestellt, gilt das Prioritätsprinzip (gründet sich auf den Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens, vgl Erwägungsgrund 65) die Einleitung eines Insolvenzeröffnungsverfahrens stellt eine Eröffnungsentscheidung iSd EuInsVO dar, wenn sie den Vermögensbeschlag gegen den Schuldner zur Folge hat (EuGH Rs C 341/04, Eurofood) EuInsVO sieht nur ein Hauptverfahren vor es kann nur einen Interessenmittelpunkt geben nach Eröffnung eines Hauptinsolvenzverfahrens ist die Eröffnung eines weiteren Hauptverfahrens unzulässig (OGH 8 Ob 135/04t, 8 Ob 134/07z) ein irrtümlich eröffnetes zweites Hauptverfahren wirkt wie ein Sekundärverfahren (OGH 8 Ob 135/04t) 14

15 II.2.2. „Kompetenzkonflikte“
ist eine Umwandlung in ein Sekundärverfahren nicht möglich, da keine Niederlassung vorliegt, ist das Verfahren zu beenden OLG Wien , 28 R 15/06s: Aufhebung mangels Masse (gesamtes Vermögen ist dem Hauptverfahren zugeordnet) denkbar ist eine Aufhebung, wenn das Hervorkommen der Anhängigkeit eines ausländ Verfahrens als neue Tatsache, die von der Bindungswirkung der Rk nicht erfasst wird, betrachtet wird (vgl Mair, ZIK 2008/128) BGH , IX ZB 102/07: ein bewusst eröffnetes zweites Hauptinsolvenzverfahren ist schwebend unwirksam, es entfaltet keine Rechtswirkungen 15

16 II.2.3. Verlegung des COMI im Eröffnungsverfahren
EuGH , Rs C-1/04 (Susanne Staubitz-Schreiber) SV: Frau Staubitz-Schreiber hat ihr Unternehmen in D geschlossen, Insolvenzantrag gestellt und noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihren Interessenmittelpunkt nach Spanien verlegt EuGH stellt auf den Antragszeitpunkt ab: hat der Schuldner bei Antragstellung den Interessenmittelpunkt im Antragsstaat, bleibt dessen Gericht zuständig, auch wenn der Schuldner noch vor Verfahrenseröffnung seinen Interessenmittelpunkt in einen anderen MS verlegt. ABER: Interessenmittelpunkt muss nicht zwingend bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung im angerufenen MS liegen (Konecny, ZIK 2006, 74) Verlagerung des Interessenmittelpunktes vor Antragstellung möglich (aber Prüfung, ob tatsächlich der Interessenmittelpunkt verlegt wurde; bei bloß formeller Sitzverlegung ist das nicht der Fall; Konecny, ZIK 2006, 74) 16

17 II.2.3. Verlegung des COMI im Eröffnungsverfahren
BGH ( , IX ZB 192/04): Aufrechterhaltung der internationalen Zuständigkeit trotz Verlegung des Interessenmittelpunktes SV: Schuldnerin zog von D nach Ö, nachdem in München seitens eines Gl Insolvenzantrag gestellt wurde. In der Folge wurden in D weitere Insolvenzanträge gestellt. Die Schuldnerin „erledigte“ den 1. Antrag durch Bezahlung der betreffenden Verbindlichkeit BGH bejahte auch für die späteren Anträge die internationale Zuständigkeit Deutschlands. Während der erste Antrag aufrecht war, war D gem EuGH-Urteil für die Insolvenz des Schuldners international zuständig (vgl auch Konecny, ZIK 2006, 74) 17

18 II.3. Konzerngerichtsstand
Gerichtszuständigkeit EuInsVO normiert keinen Konzerngerichtsstand hL: auch im Konzern ist COMI für jede dem Konzern angehörige Gesellschaft gesondert zu bestimmen; kann im Einzelfall dazu führen, dass COMI von Mutter und Tochter übereinstimmen; Bündelung von Insolvenzverfahren einer Unternehmensgruppe am COMI eines Unternehmens somit unter gewissen Voraussetzungen möglich 18

19 II.3. Konzerngerichtsstand
Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen eines konzerngebundenen Unternehmens kann auch anderswo als an seinem satzungsmäßigen Sitz liegen (vgl Art 3), zB am Sitz der Mutter Voraussetzung ist, dass dies aus objektiven Umständen für Dritte feststellbar ist (vgl EuGH iS Eurofood; Absage an die für Dritte nicht erkennbare „Mind of Management“-Theorie Kontrolle wirtschaftl Entscheidungen durch Mutter reicht nicht aus (EuGH iS Eurofood) Beachte: viele Tochterunternehmen werden nicht als bloße (rechtlich selbstständige) „Betriebsabteilungen“ geführt, sondern entfalten ihre Geschäftstätigkeit für Gläubiger erkennbar in dem MS, in dem ihr Sitz liegt „automatische“ COMI-Konzentration am vermeintlichen Konzernzentrum ist nach der EuInsVO ausgeschlossen 19

20 II.3. Konzerngerichtsstand
Bsp aus der Praxis, in denen die eröffnenden Gerichte die Vermutung des Art 3 Abs 1 Satz 2 als widerlegt angesehen haben: ISA/Daisytek, Parmalat/Eurofood Hettlage HUKLA Automold Collins & Aikmann Rover 20

21 II.3. Konzerngerichtsstand
PIN-Holding (AG Köln, Beschl v , ZInsO 2008, 215) wesentl Funktionen der Schuldnerin als Holding (Planung und Gestaltung der Konzernpolitik, Einkauf, Finanz/Controlling, Marketing und Kommunikation sowie Pressearbeit, Lenkung der Gruppe sowie die Ausarbeitung und Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen) werden nicht mehr am ursprünglichen satzungsmäßigen Sitz, sondern an einem neuen in D ausgeübt; COMI am neuen Sitz; Verlegung der Aktivitäten war auch für Dritte erkennbar; Verlegung des COMI nicht rechtsmissbräuchlich, da gegenwärtige, konzernweite Sanierungstätigkeit am neuen Sitz/Büro des Unternehmensberaters auch den Gläubigern zugute kommt 21

22 II.3. Konzerngerichtsstand
EuInsVO 2015 enthält erstmals Regelungen für Konzerninsolvenzen (Kapitel V) Kooperationspflichten zwischen den einzelnen Verwaltern, den einzelnen Gerichten sowie zwischen Verwaltern und Gerichten (Art 56 ff) Gruppen-Koordinationsverfahren (Art 61 ff): Ziel ist koordinierte Sanierung sowie wirksame Vermögensverwaltung der Gruppenmitglieder kann jeder Verwalter bei jedem Gericht, bei dem ein Insolvenzverfahren über ein Gruppenmitglied anhängig ist, beantragen Gruppen-Koordinationsplan Gruppenkoordinator Verfahren basiert auf Freiwilligkeit: Jeder Verwalter kann binnen 30 Tagen Einwand erheben, dann wird dieses Verfahren nicht einbezogen darf zu keinem finanziellen Nachteil eines Gläubigers eines Gruppenmitgliedes führen 22

23 II.4. Eröffnung eines inländischen Hauptverfahrens
Rechtsfolgen: automatische Anerkennung der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in anderen MS (Art 19, 20) Befugnisse des Verwalters: richten sich nach Recht des Eröffnungsstaates; Recht des MS, in dem der Verwalter handeln will, ist insbesondere hinsichtlich Art und Weise der Verwertung zu beachten (Art 21) Öffentliche Bekanntmachung der Eröffnungsentscheidung in anderen MS auf Antrag des Verwalters (Art 28) Veröffentlichung von Informationen in (noch einzurichtenden) Insolvenzregistern (Art 24 ff) 23

24 II.5. Eröffnung eines österreichischen Parallelverfahrens
„Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen“ des Schuldners befindet sich in einem anderen MS als Österreich Niederlassung in Österreich Wirkungen des Parallelverfahrens auf Vermögen des Schuldners in Österreich begrenzt 2 Arten von Parallelverfahren Sekundärverfahren: Eröffnung nach Eröffnung eines Hauptverfahrens Partikularverfahren: Eröffnung vor Eröffnung eines Hauptverfahrens 24

25 II.5. Eröffnung eines österreichischen Parallelverfahrens
Niederlassungsbegriff vgl Art 2 Z 10: Tätigkeitsort, an dem der Schuldner einer wirtschaftl Aktivität von nicht vorübergehender Art nachgeht oder in den 3 Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Hauptverfahrens nachgegangen ist, die den Einsatz von Personal und Vermögen voraussetzt OGH 8 Ob 12/06g: entscheidend für eine Niederlassung ist das Vorliegen einer nach außen hin wahrnehmbaren Aktivität, wobei die bloße eigene Tätigkeit des Schuldners nicht ausreicht der bloße Umstand, dass sich Vermögen im Zweitstaat befindet, reicht nicht aus AG München 1503 IE 4371/06 (ZIK 2007, 102) Personaleinsatz im Inland liegt vor, wenn die Schuldnerin einen GF einsetzte, der überwiegend in den inländ Geschäftsräumlichkeiten tätig war und andererseits Mitarbeiter eines Dritten aufgrund v Aufträgen od Geschäftsbesorgungsverträgen für die Schuldnerin tätig werden 25

26 II.5. Eröffnung eines österreichischen Parallelverfahrens
Einsatz von Vermögenswerten: auch Guthaben auf Bankkonten bei inländ Kreditinstituten keine Wahlmöglichkeit zw Eröffnung eines Partikular- oder Hauptinsolvenzverfahrens: OGH 8 Ob 12/06g: Liegt der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen in einem MS, so sind nur die Gerichte dieses MS zur Eröffnung des Hauptverfahrens international zuständig. Den Gerichten dieses MS steht hinsichtlich dieses Schuldners nicht alternativ die Möglichkeit offen, anstatt des universalistischen Hauptverfahrens ein territorial beschränktes Partikularinsolvenzverfahren zu eröffnen. 26

27 II.5. Eröffnung eines österreichischen Parallelverfahrens
Sekundärverfahren keine Prüfung der Insolvenzeröffnungsgründe (Art 34) Anwendbares Recht: Recht des Staates, in dem das Sekundärverfahren eröffnet wurde Antragsrecht (Art 37) Kooperations- und Unterrichtungspflichten für die Verwalter und Gerichte des Haupt- und Sekundärverfahrens (Art 41 ff) Verwalter des Hauptverfahrens kann Eröffnung eines Sekundärverfahrens vermeiden durch Zusicherung an lokale Gläubiger, sie nicht schlechterzustellen als bei Durchführung eines Sekundärverfahrens (Art 36)  Annahme durch lokale Gläubiger erforderlich (qualifizierte Mehrheit)  Möglichkeit, binnen 30 Tagen nach Erhalt der Mitteilung über Billigung der Zusicherung, Antrag auf Eröffnung eines Sekundärverfahrens zu stellen (Art 37 Abs 2) 27

28 II.5. Eröffnung eines österreichischen Parallelverfahrens
Verwalter des Hauptverfahrens ist vom Gericht über Antrag auf Eröffnung eines Sekundärverfahrens zu unterrichten (Art 38)  Äußerungsrecht des Verwalters  bei Verstoß Möglichkeit der Anfechtung der Eröffnung durch Verwalter (Art 39) Möglichkeit der Aussetzung der Verwertung im Sekundärverfahren auf Antrag des Verwalters im Hauptverfahren (Art 46) kann als Sanierungs- und Liquidationsverfahren geführt werden Überschuss im Sekundärverfahren ist an die Konkursmasse des Hauptverfahrens herauszugeben (Art 50) zur koordinierten Abwicklung wurden von der INSOL Europe „European Communication and Cooperation Guidelines for Cross-border Insolvency“ erstellt 28

29 II.6. Aktuelles zur lex concursus/Sonderanknüpfungen
II.6.1. Anwendbares Recht (Art 7 Abs 1) für Insolvenzverfahren und seine Wirkungen: Insolvenzrecht des Staates der Verfahrenseröffnung II.6.2. Anwendungsbereich (demonstrativ) (Art 7 Abs 2) bei welcher Art von Schuldnern ein Insolvenzverfahren zulässig ist welche Vermögenswerte zur Masse gehören und wie die nach der Verfahrenseröffnung vom Schuldner erworbenen Vermögenswerte zu behandeln sind die jeweiligen Befugnisse des Schuldners und des Verwalters 29

30 II.6.2. Anwendungsbereich die Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Aufrechnung wie sich das Insolvenzverfahren auf laufende Verträge des Schuldners auswirkt Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf Rechtsverfolgungsmaßnahmen einzelner Gläubiger welche Forderungen als Insolvenzforderungen anzumelden sind und die Behandlung nach Konkurseröffnung entstehender Forderungen Anmeldung, Prüfung, Feststellung der Forderungen 30

31 II.6.2. Anwendungsbereich Verteilung des Verwertungserlöses, Rang der Forderungen der Gläubiger Voraussetzungen und Wirkungen der Beendigung des Insolvenzverfahrens, insbesondere durch Vergleich Rechte der Gläubiger nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens wer die Kosten des Insolvenzverfahrens einschließlich der Auslagen zu tragen hat welche Rechtshandlungen nichtig, anfechtbar oder relativ unwirksam sind, weil sie die Gesamtheit der Gläubiger benachteiligen 31

32 II.6.3. Art 15 – Wirkung auf anhängige Rechtsstreitigkeiten
für Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf einen anhängigen Rechtsstreit über einen Gegenstand oder ein Recht der Masse gilt ausschließlich das Recht des MS, in dem der Rechtsstreit anhängig ist Sachnormverweisung für die Frage der Aussetzung oder Fortführung und prozessuale Änderungen, die sich durch die Aufhebung oder Einschränkung der Verfügungsgewalt des Schuldners und das Einschreiten des Verwalters ergeben können, ist allein das Prozessstatut maßgebend (OGH 9 Ob 135/04z, 10 Ob 80/05w, 8 Ob 131/04d) Exekutionsverfahren fallen als Vollstreckungsverfahren nicht unter Art 18; für sie gilt das Insolvenzstatut 32

33 II.6.3. Art 15 – Wirkung auf anhängige Rechtsstreitigkeiten
Art 18 bewirkt keine Kumulierung von lex fori concursus und lex processus Verfahrensunterbrechung im Prozessstatut kann erfolgen, wenn eine solche im Konkurseröffnungsstaat nicht vorgesehen ist und umgekehrt österr Gericht hat die Regeln jenes österr Insolvenzverfahrens heranzuziehen, die der Eigenart des Insolvenzverfahrens im Eröffnungsstaat am ehesten gerecht werden und je nachdem zu unterbrechen oder nicht (OGH 9 Ob 135/04z) 33

34 II.6.3. Art 15 – Wirkung auf anhängige Rechtsstreitigkeiten
die Insolvenzmasse muss vom Verfahren betroffen sein, sei es, dass ein der Masse zustehendes Recht geltend gemacht wird, sei es, dass die Masse in Anspruch genommen wird die Formulierung „Gegenstände oder Rechte der Masse" betrifft alle in die Konkursmasse fallenden Rechte und Verbindlichkeiten (OGH 8 Ob 131/04d) als Verfahren, die die Insolvenzmasse betreffen, gelten insb Prozesse über Masseaktiva, Aus- oder Absonderungsansprüche, Masseverbindlichkeiten und Insolvenzforderungen (OGH 8 Ob 131/04d, 10 Ob 80/05w) nicht die Masse betreffen Verfahren, wenn sie das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners zum Gegenstand haben (zB unpfändbarer Teil des Arbeitseinkommens), Streitigkeiten nicht vermögensrechtlicher Art oder Prozesse, in denen der Schuldner auf höchstpersönliche Leistungen in Anspruch genommen wird (8Ob 131/04d) Bestimmung der Masseaktiva richtet sich nach der lex fori concursus (Art 4 Abs 2 lit b EuInsVO, OGH 8 Ob 131/04d, 10 Ob 80/05w) 34

35 II.6.3. Art 18 – Wirkung auf anhängige Rechtsstreitigkeiten
Insolvenzeröffnungsverfahren in D mit partiellem Entzug der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis iSd § 21 Abs 2 Nr 2 Fall 1 InsO unter gleichzeitiger Bestellung eines vorläufigen (starken) Verwalters führt zur Unterbrechung eines in Ö anhängigen das dem Insolvenzbeschlag unterliegende Vermögen des Schuldners betreffenden Rechtsstreits (OGH 9 Ob 135/04z) Sicherungsverfahren (Insolvenzeröffnungsverfahren), die den in Anhang A genannten Insolvenzverfahren zeitlich vorgehen, sind gem Art 3 Abs 1 iVm Art 32 Unterabs 3 EuInsVO in den übrigen MS anzuerkennen OGH: einstweilige Vorkehrungen in Ö (§ 73 IO) führen selbst im Fall der Verhängung von Verfügungsverboten geg den GS noch nicht zur Unterbrechung von Rechtsstreitigkeiten, in D bei Bestellung eines starken Verwalters hingegen Unterbrechung nach § 240 dZPO „eine zweckorientierte Anpassung von deutschem materiellem Insolvenzrecht und österr Prozessrecht gebiete die Annahme einer Verfahrensunterbrechung nach § 7 IO.“ 35

36 II.7. Abgrenzung EuInsVO/EuGVVO
II.7.1. Annexverfahren Annexverfahren: Klagen, die unmittelbar aus dem Insolvenzverfahren hervorgehen und in engem Zusammenhang damit stehen lange Zeit strittig, ob sich internationale Zuständigkeit nach der EuGVVO oder der EuInsVO richtet Seit EuInsVO 2015: Regelung in Art 6 Zuständigkeit der Gerichte des MS, in dessen Gebiet ein Insolvenzverfahren gemäß Art 3 eröffnet worden ist  dh. sowohl Gerichte des Hauptverfahrens als auch des Sekundärverfahrens können Annexverfahren eröffnen (vgl EuGH , C-649/13, Nortel Networks) 36

37 II.7.1. Annexverfahren Beispiele: Anfechtungsklagen
Klagen in Bezug auf Verpflichtungen, die sich im Laufe des Insolvenzverfahrens ergeben, wie zB. Vorschüsse für Verfahrenskosten Insolvenznahe Klagen, die mit einer zivil- oder handelsrechtlichen Klage gegen denselben Beklagten in engem Zusammenhang stehen, kann der Verwalter auch am Wohnsitz des Beklagten einbringen, sofern dort eine Zuständigkeit nach der EuGVVO gegeben ist Zusammenhang gegeben, wenn zwischen den Klagen eine derart enge Beziehung gegeben ist, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung zweckmäßig ist, um die Gefahr zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren unvereinbare Entscheidungen ergehen 37

38 II.8. Verwertung II.8.1. Maßgeblichkeit der lex fori concursus
Art 7 Abs 2b: lex fori concursus regelt, welche Gegenstände zur Masse gehören Art 7 Abs 2c: lex fori concursus bestimmt die Befugnisse des Verwalters Art 21 Abs 1: Verwalter darf im Gebiet eines anderen MS alle Befugnisse ausüben, die ihm nach der lex fori concursus zustehen, solange kein Sekvf eröffnet ist oder gegenteilige Sicherungsmaßnahmen ergriffen wurden. Er kann insb zur Masse gehörende Gegenstände aus dem Gebiet des MS entfernen, in dem sich diese Gegenstände befinden der Ablauf und die Art der Verwertung von Massegegenständen richtet sich daher grundsätzlich nach der lex fori concursus 38

39 II.8. Verwertung II.8.2. Einschränkungen des Grundsatzes der Maßgeblichkeit der lex fori concursus Art 21 Abs 3: Pflicht zur Beachtung ausländischen Rechts der Verwalter hat bei Ausübung seiner Befugnisse, insb auch bei der Verwertung, das Recht des MS, in dessen Gebiet er handeln will, zu beachten Pflicht zur Berücksichtigung des lokalen Rechts, insb wo die Handlung des Verwalters hoheitliche Unterstützung erfordert. er darf nicht eigenmächtig Zwangsmittel einsetzen, sondern muss sich bei der Verwertung der Gerichte und Behörden des entsprechenden MS bedienen nach der lex fori concursus richten sich die Reichweite der Befugnisse und die Art der Verwertung (freihändig, gerichtlich); das Verwertungsverfahren nach der lex rei sitae; sieht die lex rei sitae keine feihändige Verwertung vor, ist diese nicht zulässig (str) Bestimmung betrifft überwiegend unbewegliche Sachen, da bewegliche Sachen vom Verwalter gem Abs 1 in den Eröffnungsstaat verbracht und dort nach dessen Rechtsvorschriften verwertet werden können. 39

40 II.8.2. Einschränkungen des Grundsatzes der Maßgeblichkeit der lex fori concursus
Art 21 Abs 2 (Eröffnung eines Sekundärverfahrens) Eröffnung eines Sekundärverfahrens suspendiert ex nunc die Wirkungen des Hauptverfahrens für das Gebiet des Sekundärverfahrens; Verwalter des Hauptverfahrens hat keine Befugnisse in Bezug auf Gegenstände mehr, die im Sekundärstaat belegen sind. Art 21 Abs 2 ermächtigt den Sekundärverwalter zur Geltendmachung, dass ein beweglicher Gegenstand nach Eröffnung dieses Verfahrens in das Gebiet eines anderen MS verbracht worden ist. Art 8 (Sonderanknüpfung für dingliche Rechte) Art 10 (Eigentumsvorbehalt) 40

41 II.8.3. Abstimmungs- und Verwertungsfragen im Verhältnis von Haupt- und Sekundärinsolvenz-verfahren
II Unterrichtungs- und Kooperationspflichten II Ausübung von Gläubigerrechten gem Art 45 II Einflussmöglichkeiten des Hauptinsolvenz-verwalters auf Verwertungshandlungen des Sekundärinsolvenzverwalters II Gründe für Sekundärverfahren aus Verwaltersicht 41

42 II.8.3.1. Unterrichtungs- und Kooperationspflichten
Pflicht der Verwalter zur Zusammenarbeit und Kommunikation gem Art 56 Abs 1 Soweit Zusammenarbeit die wirksame Abwicklung der Verfahren erleichtern kann, mit den für die einzelnen Verfahren geltenden Vorschriften vereinbar ist und keine Interessenskonflikte nach sich zieht Informationsaustausch kann durch Gespräch, Schriftverkehr oder Übermittlung von Berichten erfolgen zwingende Vorschriften des jeweiligen Insolvenzstatuts sind jedoch zu beachten (etwa datenschutzrechtliche Bestimmungen; Weitergabe von Gläubigerausschuss-protokollen ist nach dt Recht etwa nicht gestattet) hinreichender Kooperationswille muss vorhanden sein, keine Sanktion in EuInsVO vorgesehen 42

43 II.8.3.1. Unterrichtungs- und Kooperationspflichten
Pflicht der Verwalter einander so bald wie möglich alle Informationen mitzuteilen, die für das jeweilige andere Verfahren von Bedeutung sein können (ua Informationen über Verwertung) zu prüfen, ob Möglichkeiten einer Koordinierung der Verwaltung und Überwachung der Geschäfte der Gruppenmitglieder bestehen zu prüfen, ob Möglichkeiten einer Sanierung von Gruppenmitgliedern bestehen; gegebenenfalls Abstimmung über koordinierten Sanierungsplan Zusammenarbeit und Kommunikation der Gerichte (Art 57) Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Verwaltern und Gerichten (Art 58) 43

44 II.8.3.1. Unterrichtungs- und Kooperationspflichten
Fragen iZm den Pflichten des Art 56 Umfang von Pflicht zur Zusammenarbeit und Kommunikation dem Wortlaut nach treffen die Pflichten alle Verwalter in gleicher Weise; es ist jedoch nach der Funktion und Aufgabe der Verwalter zu unterscheiden die Pflichten sollen den jeweiligen Verwalter in die Lage versetzen, die sie treffende Funktion zu erfüllen; der Hauptverwalter ist idR auf mehr Informationen angewiesen, um seine Entscheidungen iZm Betriebsfortführungen, Restrukturierungen, ... treffen zu können 44

45 II.8.3.1. Unterrichtungs- und Kooperationspflichten
Modelle zur Zusammenarbeit und Kommunikation freiwilliger Austausch von Unterlagen Weisungen: eine Weisungsbefugnis des Hauptverwalters an den Sekundärverwalters lässt sich der EuInsVO nicht entnehmen und ist wegen der begrenzten Autonomie des Sekundärverfahrens abzulehnen die Zulässigkeit einer Weisung durch das Insolvenzgericht (uU über Antrag des anderen Verwalters) ist nach der jeweiligen lex fori concursus zu beurteilen; in Ö § 84 IO; das LG Leoben hat Antrag auf Erteilung einer Weisung zum Abschluss einer Kooperationsvereinbarung mangels genereller Rechtspflicht zum Abschluss einer solchen Vereinbarung ohne entspr. Anlass (Zusammenarbeit hat funktioniert) abgelehnt (LG Leoben , 17 S 556/05) 45

46 II.8.3.1. Unterrichtungs- und Kooperationspflichten
Protokolle/Insolvenzverwaltervertrag stammen aus dem angloamerikanischen Raum privatrechtliche Vereinbarungen bzw. Prozessverträge (strittig) über Inhalt und Ausgestaltung der gegenseitigen Pflichten Zulässigkeit und Wirksamkeit richten sich nach nationalem Recht im Anwendungsbereich der EuInsVO kam es etwa bei der Insolvenz der EMTEC-Gruppe zum Abschluss eines Protokolls Rechtl Grundlage für eine Koordination der Verfahren in Ö? § 239 IO: nur Informations- und Mitteilungspflichten für IV gegenüber ausländ Verwalter; keine Kooperationsverpflichtung Koordination in Verwertungsfragen? – nur bei Einhaltung der zwingenden Best der §§ 116ff IO; Beauftragung des ausländ Verwalters mit Verwertung möglich, soweit der Erlös der inländ Masse zukommt 46

47 II.8.3.1. Unterrichtungs- und Kooperationspflichten
Folgen eines Pflichtenverstoßes in EuInsVO keine Sanktion für Zuwiderhandeln vorgesehen indirekte Sanktion: Haftung des IV kann sich bei Zuwiderhandeln aus nationalen Haftungsbestimmungen ergeben; Beurteilung der Rechtswidrigkeit richtet sich nach der VO, die Rechtsfolgen nach nationalem Recht die Regelung der Überwachung und Durchsetzung der den Verwalter treffenden Pflichten obliegt MS die Pflichten nach Art 56 ff ergänzen die den Verwalter nach nationalem Recht treffenden Verpflichtungen; die Aufsicht über den Verwalter ergibt sich aus lex fori concursus 47

48 II.8.3.1. Unterrichtungs- und Kooperationspflichten
in Ö: § 84 IO: Insolvenzgericht hat die Tätigkeit des IV zu überwachen und ihn zur Erfüllung seiner Obliegenheiten anzuhalten; deckt auch die Überwachung der Einhaltung der sich aus der EuInsVO ergebenden Pflichten; die Weisung durch Insolvenzgericht zum Abschluss einer Kooperationsvereinbarung ist daher grundsätzlich möglich; fraglich ist die Legitimation des ausländischen Verwalters, eine Beschwere nach § 84 Abs 3 IO zu erheben § 81 Abs 3 IO: Schadenersatz, wenn durch mangelnde Kooperation des IV Insolvenzgläubigern ein Schaden entstanden ist 48

49 II.8.3.2. Ausübung von Gläubigerrechten
Anmeldung von Forderungen (Art 45 Abs 2) neben den einzelnen Gläubigern können die Verwalter die in ihrem Verfahren angemeldeten Forderungen im jeweils anderen Verfahren anmelden, soweit dies für die Gläubiger „zweckmäßig“ ist Zweckmäßigkeit? Anmeldepflicht besteht dann, wenn in Hinblick auf den Umfang der Masse die Anmeldung für alle Gläubiger seines Verfahrens oder zumindest für eine Gruppe „seiner“ Gläubiger generell zweckmäßig ist. Beurteilung erfolgt aufgrund vom anderen Verwalter erteilter Information, orientiert sich an Gegenüberstellung Kosten der Anmeldung – voraussichtlicher Quotengewinn gilt vorbehaltlich des Rechts des einzelnen Gläubigers, die Anmeldung abzulehnen bzw zurückzuziehen (soweit dies nach lex fori concursus möglich ist) beachte: Verwalter tritt bei Anmeldung als Vertreter der Gläubiger auf; es liegt keine Anmeldung im eigenen Namen aus eigenem Recht des Verwalters vor 49

50 II.8.3.2. Ausübung von Gläubigerrechten
Teilnahme am anderen Verfahren (Art 45 Abs 3) ist unabhängig von einer tatsächlich erfolgten Forderungsanmeldung gem Art 45 Abs 2 Gläubigerversammlung: Teilnahmerecht in Abs 3 ausdrücklich normiert Inhalt des Rechts auf Teilnahme: jedenfalls Informations- und Teilnahmerecht, ein Stimmrecht kommt ihm nicht zu, da er kein Gläubiger ist; nicht unstrittig Lösung: Verwalter lässt sich von seinen Gläubigern bevollmächtigen und nimmt dann deren Stimmrecht wahr 50

51 II.8.3.2. Ausübung von Gläubigerrechten
Gläubigerausschuss: idF kommt dem Verwalter ein Teilnahme- und Stimmrecht nur dann zu, wenn er als Mitglied gewählt wurde; hiezu muss das nationale Recht allerdings die Wahlmöglichkeit von Nichtgläubigern vorsehen (wie etwa §§ 67 Abs 3, 68 InsO) 51

52 II.8.3.3. Einflussmöglichkeiten des Hauptvw auf Verwertungshandlungen des Sekundärvw
Grundsatz: Jeder Verwalter verwertet seine Masse selbst (Art 21 Abs 1 und 2) Problem der widerstreitenden Interessen von Haupt- und Sekundärverwalter (Bsp Sekvw will Gegenstand verwerten, der für die vom Hvw geplante Unternehmensfortführung benötigt wird) 52

53 II.8.3.3. Einflussmöglichkeiten des Hauptvw auf Verwertungshandlungen des Sekundärvw
Antrag auf Aussetzung der Verwertung durch den Hauptverwalter (Art 46) drückt Vorrang des Hauptverfahrens aus, dadurch soll im Hauptverfahren eine Sanierung oder Verwertung des gesamten Unternehmens erleichtert werden die Aussetzung ist vom Hauptverwalter beim Gericht des Sekundärverfahrens zu beantragen die Aussetzung darf nur abgelehnt werden, wenn sie für die Gläubiger des Hauptverfahrens „offensichtlich nicht von Interesse“ ist einziger Hinderungsgrund sind somit nur evident fehlende Interessen der Gläubiger des Hauptinsolvenzverfahrens (OLG Graz , 3 R 149/05l) Gericht kann allerdings „alle angemessenen Maßnahmen zum Schutz der Interessen der Gläubiger des Sekundärverfahrens sowie einzelner Gruppen von Gläubigern“ verlangen (zB Garantien, Bürgschaftserklärungen, Kautionen), falls etwa aus der verzögerten Verwertung Schäden zu befürchten sind 53

54 II.8.3.3. Einflussmöglichkeiten des Hauptvw auf Verwertungshandlungen des Sekundärvw
irrelevant ist, ob mit der Verwertung im Sekundärverfahren bereits begonnen wurde bzw ob der Hauptinsolvenzverwalter bereits konkrete Verwertungs- oder Sanierungsvorschläge unterbreitet hat (OLG Graz , 3 R 149/05l)  vorsorgende Anordnung des Verwertungsstopps zulässig Aussetzung ist auf 3 Monate befristet, kann jedoch erneuert bzw verlängert werden; strittig ist, ob eine Erneuerung der Aussetzung beliebig oft erfolgen kann; dies wird in der Lit überwiegend bejaht zulässig ist nur Antrag auf Aussetzung der Verwertung, nicht des gesamten Sekundärverfahrens (OLG Graz , 3 R 149/05l) Art 46 Abs 2: Antrag des Hauptverwalters oder eines Gläubigers auf Aufhebung des Verwertungsstopps, wenn Maßnahme nicht mehr den Interessen der Gläubiger entspricht; hier sind auch die Interessen der Gläubiger des Sekundärverfahrens beachtlich 54

55 II.8.3.3. Einflussmöglichkeiten des Hauptvw auf Verwertungshandlungen des Sekundärvw
Kann der Hauptverwalter gegenüber dem Sekundärverwalter sein Verwertungskonzept durchsetzen? es besteht keine direkte Weisungsbefugnis, auch nicht über Auftrag des Gerichts faktische Weisungsbefugnis durch indirekten Haftungsdruck? nur der jeweilige Verwalter ist als Entscheidungsträger anzuerkennen, der potenziellen Haftungsansprüchen ausgesetzt ist  das einseitige Aufzwingen des eigenen Verwertungskonzepts ist in der VO nicht vorgesehen und de facto nur schwer bis gar nicht möglich 55

56 II.8.3.4. Gründe für Sekundärverfahren aus Verwaltersicht
Effizientere Verwaltung der Masse Verwertung insb auch in Hinblick auf die Verwertung mit dingl Rechten belasteter Sachen, vgl Art 8 Anfechtung Hauptverwalter sollte überprüfen, ob ein Anfechtungsanspruch nach lex concursus secundarii möglich wäre aber: Zuordnung der Ansprüche zu Haupt- od Sekundärverfahren im Einzelfall schwierig/strittig Folge der Eröffnung eines Sekundärverfahrens für einen vom Hauptverwalter begonnenen, nun der Sekundärmasse zuzuordnenden Anfechtungsprozess? beachte Statutenwechsel (Änderung des anzuwendenden Sachrechts) Unterbrechung des Verfahrens? Ablehnung des Eintritts durch Sekundärverwalter – Anspruch verbleibt bei der Hauptmasse Auflösung von Dienstverhältnissen/Behandlung von Dienstnehmerforderungen 56

57 II.9. Verteilungsfragen zwischen Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren
II.9.1. Ausdrückliche Regelungen in der EuInsVO II.9.2. Problemfälle II.9.3. Verfahrensteilnahme in Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren 57

58 II.9.1. Ausdrückliche Regelungen in der EuInsVO
Grundsatz: Verteilung des Verwertungserlöses richtet sich im Haupt- wie im Parallelverfahren nach der lex fori concursus: Art 7 Abs 2 lit l (Kostentragung) Art 7 Abs 2 lit g 1. Alt. (Forderungsanmeldung) Art 7 Abs 2 lit g 2. Alt. (nach Insolvenzeröffnung entstehende Forderungen) Art 7 Abs 2 lit h (Anmeldung, Prüfung, Feststellung) Art 7 Abs 2 lit i (Erlösverteilung; Fragen des Ranges, der Auswirkungen dinglicher Rechte aus denen (Teil-) Befriedigung erlangt wird und der Befriedigung durch Aufrechnung) Art 23 Abs 2 (Quotenanrechnung) und Art 49 (Überschuss in Sek-Verfahren zu berücksichtigen) , 17 S 556/05) 58

59 II.9.2. Problemfälle Behandlung von Masseverbindlichkeiten
Art 7 Abs 2 lit g: lex fori concursus entscheidet wie MF zu behandeln sind Masseverbindlichkeiten, die nach Eröffnung des Sekundärverfahrens vom Sekvw begründet wurden, sind aus der Sekundärmasse zu bedienen Masseverbindlichkeiten, die nach Eröffnung des Sekundärverfahrens vom Hauptvw begründet wurden, sind aus der Masse des Hauptverfahrens zu decken was geschieht mit bereits vom Hauptvw begründeten Masseverbindlichkeiten, wenn zeitlich später ein Sekundärverfahren eröffnet wird? 59

60 II.9.2. Problemfälle Lösungsmöglichkeiten in der Lit:
alleinige Haftung der Masse des Hauptverfahrens, auch wenn MF wirtschaftlich der (späteren) Sekundärmasse zuzuordnen sind anteilsmäßige Haftung: Bestimmung der Anteile nach dem Umfang der Teilmassen Bestimmung der Anteile danach, welcher Masse der Nutzen der Vwhandlung zugute gekommen ist Solidarhaftung beider Massen mit internem Ausgleich (Aufteilungskriterium siehe bei anteilsmäßiger Haftung) Solidarhaftung beider Massen ohne internen Ausgleich 60

61 II.9.3. Verfahrensteilnahme in Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren
Anmeldung durch den Gläubiger (Art 45 Abs 1, 54ff) jeder Gläubiger kann seine Forderung selbst in Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren anmelden (Art 45) Forderung kann in jedem Verfahren in voller Höhe angemeldet werden auch die außerhalb eines MS wohnhaften Gläubiger sind von der Eröffnung und Anmeldemöglichkeit zu unterrichten (Art 54), ihre Anmeldungsbefugnis richtet sich allerdings nach den jeweiligen national autonomen Normen des IIR Anmeldung hat schriftlich zu erfolgen, Standardformular für die Forderungsanmeldung; muss Art, Betrag und Entstehungszeitpunkt der Forderung sowie Angabe, ob die Forderung gesichert ist, enthalten Anmeldung durch den Insolvenzverwalter gem Art 45 Abs 2 61


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