Die Präsentation wird geladen. Bitte warten

Die Präsentation wird geladen. Bitte warten

Prof. Dr. Heiner Keupp „Salutogenese in der Psychiatrie“ Tagung der Evangelischen Akademie Tutzing vom 06. – 07. April 2005 Förderung salutogenetischer.

Ähnliche Präsentationen


Präsentation zum Thema: "Prof. Dr. Heiner Keupp „Salutogenese in der Psychiatrie“ Tagung der Evangelischen Akademie Tutzing vom 06. – 07. April 2005 Förderung salutogenetischer."—  Präsentation transkript:

1 Prof. Dr. Heiner Keupp „Salutogenese in der Psychiatrie“ Tagung der Evangelischen Akademie Tutzing vom 06. – 07. April 2005 Förderung salutogenetischer Ressourcen durch Empowerment Zusammenfassung und Ausblick Ludwig —— Maximilians- Universität— München——

2 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « Empowerment statt „fürsorglicher Belagerung „Wer erfolgreich mit uns arbeiten will, sollte (…) an unsere Fähigkeiten und Entwicklungsmöglich- keiten glauben. (…) Wer uns nichts zutraut, wird nur die in unseren Kreisen häufig anzutreffende Resignation vertiefen. (…) Entscheidend für die psychische Gesundheit ist es, ein gesundes Selbstbewusstsein zu entwickeln und zunehmend Verantwortung für sich und andere zu übernehmen.“ Joachim Brandenburg, Psychiatrie-Erfahrener, 2005

3 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 3 SALUTOGENESE IN DER PSYCHIATRIE Tagungseinsichten 1. Die Idee der „Heterostase“ passt zu einer komplexen und widersprüchlichen Welt, in der harmoniesüchtige homeostatische Modelle zum Realitätsverlust führen müssen. Aber diese Perspektive muss aktuell gesellschaftstheoretisch ausbuchstabiert werden.

4 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 4 SALUTOGENESE IN DER PSYCHIATRIE Tagungseinsichten 2. Bei der Salutogenese geht es um einen echten Paradigmenwechsel und nicht um ein paar salutogenetische Verzierungen an dem stählernen Gehäuse pathogenetischer Modellvorstellungen.

5 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 5 SALUTOGENESE IN DER PSYCHIATRIE Tagungseinsichten 3. Salutogenese bedeutet mehr als die Beachtung und Förderung jener Ressourcen, die aktiviert werden, wenn sich Subjekte mit Belastungen auseinandersetzen müssen. Es geht auch um positive Lebenskonzepte und – formen („euthymes“ Erleben und Verhalten) oder um Lebenskunst, Selbstachtsamkeit und Selbstsorge.

6 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 6 SALUTOGENESE IN DER PSYCHIATRIE Tagungseinsichten 4. Salutogenese richtet den Blick auf Ressourcen und Potentiale von Personen und ihre sozialen Bezüge, aber sie gehört nicht zu der naiven „Mensch, sei positiv“-Haltung. Sie lässt den Blick auf Leiden und Scheitern zu, ja gibt diesem sogar einen wichtigen Platz.

7 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 7 SALUTOGENESE IN DER PSYCHIATRIE Tagungseinsichten 5. Kohärenz kann gefördert werden und es gibt eine Reihe von „good practice“- Beispielen (wie das Herner Projekt des Jakobusweges). Ein Schwerpunkt in der psychosozialen Arbeit sollte Kohärenzarbeit sein.

8 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 8 SALUTOGENESE IN DER PSYCHIATRIE Tagungseinsichten 6. Das Modell von Antonovsky eignet sich nicht als Denkmal, um dann nur andächtig bewundert zu werden, sondern es muss kritisches weitergedacht und entwickelt werden: z.B. müssen stärker Beziehungsdimensionen einbezogen werden und die Annahme einer lebensgeschichtlichen Endform mit dem Ende des dritten Lebensjahrzehnts ist fragwürdig.

9 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 9 SALUTOGENESE IN DER PSYCHIATRIE Tagungseinsichten 7. Das zentrale Konzept der „Widerstandsressourcen“ fordert den Blick auf individuelle und auf gesellschaftliche Ressourcen, die unter Bedingungen wachsender Ungleichheit im Zugang zu Ressourcen gesellschaftspolitisch diskutiert werden müssen (Stichwort: Hartz IV).

10 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 10 SALUTOGENESE IN DER PSYCHIATRIE Tagungseinsichten 8. Das salutogenetische Modell entzieht der professionellen Selbstsicherheit bei der Beurteilung dessen, was psychisch gesund oder krank sei, die Basis und begründet eine subjektorientierte Perspektive, die auch die Professionellen einschließt. Sie leben nicht außerhalb, sondern auch im Fluss. Hier liegt ein wichtiger Ansatzpunkt für die Empowerment-Perspektive.

11 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 11 SALUTOGENESE IN DER PSYCHIATRIE Tagungseinsichten 9. Wir brauchen ein Konzept einer „Kohärenz in Übergängen“ („transversale Kohärenz“), also eine Idee von einer nie abgeschlossenen Identitätsarbeit, in der Erfahrungen mit neuen Einsichten und Veränderungswünschen jeweils in ein stimmiges Passungsverhältnis gebracht werden müssen und das meint eine Kohärenz in Übergängen.

12 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 12 SALUTOGENESE IN DER PSYCHIATRIE Tagungseinsichten 10. Die salutogenetische Perspektive kann als Antwort auf einen wachsenden „Hunger nach Sinn“ verstanden werden. Eine individua- lisierte Gesellschaft ist keine Gesellschaft der Sinnentleerung, sondern eine, in der einzelne Individuen ihren Lebenssinn zunehmend selbst herausfinden und sich dafür entscheiden müssen.

13 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 13 SALUTOGENESE IN DER PSYCHIATRIE Welche Punkte möchte ich vertiefen: 1.In welcher Gesellschaft wird heute Kohärenz gesucht? 2.Welche gesellschaftlichen Ursachen haben Erfahrungen des Scheiterns? 3.Beispiele für Kohärenzfindung 4.Förderung salutogenetischer Ressourcen durch Empowerment 5.Um welche Ressourcen geht es und was sind „Verwirklichungschancen“?

14 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 14 DIE GLOBALE NETZWERKGESELLSCHAFT Vor allem die Revolution der Informationstechnologien hat eine neue Ökonomie erzeugt, aus der sich eine neue historische Landschaft ergibt: Wissen/Information stellen die neue zentrale Produktivkraft dar. Die neue Ökonomie agiert global und höchst flexibel. Die neue Ökonomie agiert in Netzwerken, die jede Grenze überschreiten. Die neue Ökonomie ist kapitalistisch auf neuem Niveau. Die Wirkungen der Netzwerkgesellschaft „breiten sich über den gesamten Bereich der menschlichen Aktivität aus, und transformieren die Art, wie wir produzieren, konsumieren, managen, organisieren, leben und sterben.“ Quelle: Manuel Castells: The rise of the network-society. 1996/2000

15 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « Reflexive Moderne Reflexive Modernisierung: FLUIDE GESELLSCHAFT Wertewandel Pluralisierung Digitalisierung Disembedding Dekonstruktion von Geschlechtsrollen Individualisierung Globalisierung Grenzen geraten in Fluss, Konstanten werden zu Variablen. Wesentliche Grundmuster der FLUIDEN GESELLSCHAFT: Wechselnde Konfigurationen Flexible Arbeitsorganisation Patchwork-Familien, befristete Communities (z.B. Szenen) Modulare Konzepte (z.B. Technik) Sampling-Kultur (Musik, Mode) Fusion Arbeit~Freizeit (mobiles Büro) Hochkultur~Popularkultur (Reich-Ranicki bei Gottschalk) Crossover, Hybrid-Formate Medientechnologien konvergieren Durchlässigkeit Größere Unmittelbarkeit: Interaktivität, E-Commerce Fernwirkungen, Realtime Öffentlich/Privat (z.B. WebCams) Lebensphasen (z.B. ‚Junge Alte‘) Entgrenzung Globaler Horizont Wertepluralismus Grenzenloser Virtueller Raum Kultur/Natur: z.B. durch Gentechnik, Schönheitschirurgie ‚Echtes‘/‚Konstruiertes‘ Neue Meta-Herausforderung BOUNDARY-MANAGEMENT

16 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 16 WERTORIENTIERUNGEN UND LEBENSFÜHRUNG Individualisierung bedeutet vor allem die Freisetzung aus Traditionen und Bindungen, die das eigene Handeln im Sinne dieser feststehenden Bezüge in hohem Maße steuern. Die einzelne Person wird zur Steuerungseinheit und die Begründung ihres Handelns muss ihr sinnvoll und vernünftig erscheinen und darf sich nicht allein auf das „man“ traditioneller Normierungen berufen. Hier begegnen wir in radikalisierter Form dem „Ideal der Authentizität“, einer Botschaft der Aufklärung, die von Herder in klassischer Weise formuliert wurde: „Jeder Mensch hat ein eigenes Maß“, also „seine eigene Weise des Menschseins“.

17 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « Biographische Kernnarrationen Dominierende Teilidentitäten Identitätsgefühl Authentizitäts- und Kohärenzgefühl Geschlecht Arbeit Unterhaltung/ Freizeit Politik Konsum Handeln (= Viele einzelne situative Selbsterfahrungen) Ebene Meta- identität Ebene Teilidentitäten z.B. Ebene situative Selbst- thematisierungen IDENTITÄT ALS PATCHWORKING Identitätsprojekte Wertorientierungen

18 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « SALUTOGENESE UND EMPOWERMENT "Gesundheit wird von Menschen in ihrer alltäglichen Umwelt geschaffen und gelebt: dort, wo sie spielen, lernen, arbeiten und lieben. Gesundheit entsteht dadurch, dass man sich um sich selbst und für andere sorgt, dass man in die Lage versetzt ist, selber Ent- scheidungen zu fällen und eine Kontrolle über die eigenen Lebensumstände auszuüben sowie dadurch, dass die Gesellschaft, in der man lebt, Bedingungen herstellt, die allen ihren Bürgern Gesundheit ermöglichen." Ottawa-Charta

19 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 19 INDIVIDUELLE GESUNDHEITSPOTENTIALE Ein hohes Maß an Selbstachtung und ein Vertrauen auf die Chance, das eigene Geschick kontrollieren und lenken zu können. Veränderungen werden weniger als Bedrohung von all' dem erlebt, was das Leben stabil und berechenbar macht, sondern als eine Herausforderung. Engagement und Zukunftsorientierung führen dazu, sich auf Aktivitäten zu verpflichten, die über den unmittelbaren situativen Konsum hinausgehen. Beziehungsfähigkeit als Bedingung für den Aufbau vertrauensvoller und für sich und andere förderlicher sozialer Netze, in denen emotionale, kognitive und identitätsbezogene Unterstützung geholt und gegeben werden kann. Genussfähigkeit und eine positive Einstellung zum Leben wird gegen eine asketische Verzichtshaltung gesetzt.

20 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 20 WAS IST SALUTOGENESE?

21 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 21 Was ist Kohärenz? Kohärenz ist das Gefühl, dass es Zusammenhang und Sinn im Leben gibt, dass das Leben nicht einem unbeeinflussbaren Schicksal unterworfen ist. Der Kohärenzsinn beschreibt eine geistige Haltung: Meine Welt erscheint mir verständlich, stimmig, geordnet; auch Probleme und Belastungen, die ich erlebe, kann ich in einem größeren Zusammenhang sehen (Verstehbarkeit). Das Leben stellt mir Aufgaben, die ich lösen kann. Ich verfüge über Ressourcen, die ich zur Meisterung meines Lebens, meiner aktuellen Probleme mobilisieren kann (Handhabbarkeit). Für meine Lebensführung ist jede Anstrengung sinnvoll. Es gibt Ziele und Projekte, für die es sich zu engagieren lohnt (Bedeutsamkeit). Der Zustand der Demoralisierung bildet den Gegenpol zum Kohärenzsinn.

22 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 22 Kohärenzerfahrungen heute Wie könnte man die Kohärenzdimensionen unter Bedingungen des aktuellen gesellschaftlichen Strukturwandels umreißen? Verstehbarkeit: Unsere globalisierte Welt ist „unübersichtlich“ (Habermas), zunehmend „unlesbar“ (Sennett) und „fluide“ (Bauman) geworden, die es immer schwerer machen, Zusammenhänge zu begreifen. Handhabbarkeit: Wir wissen denn überhaupt, welche Ressourcen heute benötigt, um ein selbst bestimmtes Leben zu führen? Zeigen nicht gerade die PISA-Ergebnisse, dass in unserem Land die Kompetenzen zur Lebensbewältigung zureichend vermittelt werden? Bedeutsamkeit: Die traditionellen Sinnsysteme (die großen „Meta- Erzählungen“ nennt sie Lyotard) verlieren an Glaubwürdigkeit und wir werden von neuen Menschen- und Weltbildern ein- und überholt (z.B. vom allseits flexiblen, mobilen Menschenkonzept der Neocons). Demoralisierung nimmt zu!

23 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « SOZIOGENESE PSYCHISCHER STÖRUNGEN

24 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « STRUKTURELLE GEFÄHRDUNGEN VON GESUNDHEIT Was gefährdet Gesundheitspotentiale? Demoralisierung: Ich sehe keinen Sinn darin, mich für oder gegen etwas einzusetzen. Entfremdung, die begründet wird durch subjektive Erfahrungen von  Machtlosigkeit  Selbst-Entfremdung  Isolation  Sinnlosigkeit  Normverlust Ungerechtigkeit Autoritarismus

25 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 25 SALUTOGENESE UND LEBENSKUNST Kati (Ko niedrig)Alex (Ko mittel)Kevin (Ko hoch) Bewältigung von Unsicher- heit und Angst in einer uneindeutigen Welt „Du kannst niemals sicher sein vor Verletzungen und Krankheit.“ Sie versucht sich vor Stress zu schützen. Ihre ‚Sicherheits- strategien’: sie er- richtet hohe Mauern um sich, senkt ihre Erwar- tungen und be- klagt ihr Schicksal. „’In’ sein, ist alles!“ Um sich ‚sicher’ zu fühlen, braucht er strukturierte Si- tuationen. Er ver- sucht durch Anpas- sung an die Grup- pennormen seiner Clique dazu zu gehören. „Erwachsen werden ist nicht einfach, aber...“ Er ist selbst aktiv, um Lösungen zu suchen. In Phan- tasiespielen über- nimmt er die Rol- len, die ihm Angst machen. Er schafft Regeln für die Be- ziehung zu seiner Freundin.

26 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 26 IDENTITÄT UND KOHÄRENZ Kati (Ko niedrig)Alex (Ko mittel)Kevin (Ko hoch) Verstehens- ebene Sie ist oft unsicher darüber, was als Nächstes geschehen wird. Er wird oft durch Situationen und deren Bedeutung überrascht. Er hat sich aktiv Bereiche erarbei- tet, in denen er sich sicher fühlt. Bewältigungs- ebene Sie sieht nur ihre Defizite und kaum ihre Ressourcen. Er befürchtet, dass er seine Ziele nicht erreichen wird. Er ist überzeugt, dass er seine Ziele erreichen wird. Sinnebene Sie empfindet ihren Alltag lang-weilig und hat kei-ne Wünsche oder Träume Er empfindet sein Leben sinnlos. Die Realisierung seiner Pläne hängt nicht allein von ihm ab. Er ist davon über- zeugt, dass sein gegenwärtiges Le- ben sehr sinnvoll ist

27 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « EMPOWERMENT In Empowermentprozessen sollen Stärken von Menschen entdeckt und entwickelt werden; es sollen Möglichkeiten gefördert werden, Kontrolle über das eigene Leben zu gewinnen. Grundlagen von Empowerment: ° Von einer Defizit- oder Krankheits- zu einer Ressourcen- Kompetenzperspektive ° Statt ExpertInnenlösungen geht es um Selbstorganisation ° Überwindung von "Demoralisierung" und Ermöglichung von Selbstwirksamkeit ° Ressourcenvermehrung durch gemeinschaftliches Handeln (Netzwerkförderung) Empowerment kann auf der - Individuellen Ebene (Überwindung von Resignation und Demoralisierung) - Gruppenebene (z.B. Selbsthilfeinitiativen) - Strukturellen Ebene (politische Veränderungen) wirken.

28 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « EMPOWERMENT Erfahrungsknoten im Empowerment-Lernprozess: Von der Defizit- oder Krankheitsperspektive zur Ressourcen- oder Kompetenzper-spektive. Nicht professionelle Lösungen, sondern nur gelingende Selbstsorge kann handlungs-wirksam für ein Subjekt sein. Die Überwindung von Demoralisierung ist die Voraussetzung für Selbstsorge. Soziale Unterstützung in Selbsthilfe-Netzen ist eine zentrale Bedingung gelingender Selbstorganisation. Das Verhältnis von Professionellen und Betroffenen ist vielfach widersprüchlich. Genau in dem Austragen dieser Widersprüchen stecken Entwicklungspotentiale. Unser Klientel sind nicht nur „Kinder in Not“, sondern auch „BürgerInnen mit Rechten“ und gleichzeitig gilt: „Rechte ohne Ressourcen zu besitzen, ist ein grausamer Scherz“ (Rappaport).

29 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « EMPOWERMENT

30 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « EMPOWERMENT Julian Rappaport betont, „dass selbst Menschen mit wenigen Fähigkeiten oder in extremen Krisensituationen, genauso wie jeder von uns, eher mehr als weniger Kontrolle über ihr eigenes Leben brauchen.“ Quelle: Julian Rappaport (1985). Ein Plädoyer für die Widersprüchlichkeit. In: Verhaltenstherapie und psychosoziale Praxis

31 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « EMPOWERMENT Rappaport betont: Es bedeutet nicht „notwendigerweise, dass wir Bedürfnisse nach Hilfe vernachlässigen, wenn wir für mehr Selbstbestimmung votieren," denn: "Rechte ohne Ressourcen zu besitzen, ist ein grausamer Scherz." Quelle: Julian Rappaport (1985). Ein Plädoyer für die Widersprüchlichkeit. In: Verhaltenstherapie und psychosoziale Praxis

32 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « EMPOWERMENT Wolfgang Voelzke, Psychiatrie-Erfahrener: „Egal ob Diagnosen erstellt und entsprechende Therapien verordnet und durchgeführt werden, ob Defizite, Problemlagen oder Bedürfnisse festgestellt und dazu adäquate psychosoziale Dienstleistungen zur Lösung oder Besserung erbracht werden, immer haben Betroffene weitestgehend eine passive Rolle im Rahmen einer eines Über- bzw. Unterordnungsverhältnisses einzunehmen und auf die Problemdefinitionen und Hilfen durch Profis zu warten. Die Rolle der Betroffenen und die Machtverteilung erreichen nie die Qualität einer echten Partnerschaft. Dies muß sich ändern!“

33 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « PRIORITÄTEN DER SOZIALPSYCHIATRIE HEUTE Wolfgang Voelzke, Psychiatrie-Erfahrener: "Viele Psychiatrie-Erfahrene messen der Psychotherapie eine große Be- deutung zu. Deshalb darf sie nicht als 'Luxusgut' für einen beschränkten Personenkreis angeboten werden, der sich diese Leistungen einkaufen (bzw. entsprechend zuzahlen) kann. Psychotherapie als freiwilliges An- gebot muss für alle Menschen, die ihre psychischen Krisen und Probleme nicht alleine bewältigen können, (besonders für die Benachteiligten) als Krankenhilfe weiterhin finanziert werden. (...). Dabei hat die Hilfe zur Selbsthilfe im Sinne von Empowerment einschließlich der Förderung von Selbsthilfegruppen eine besondere Bedeutung. Dort kann der Weg, der in einer Klinik oder ambulanten Psychotherapie begonnen wurde, auch kritisch reflektiert und ggf. weitergeführt werden.“

34 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « STRUKTURELLE GEWALT: EXKLUSION Eine demokratische Wohlfahrtsgesellschaft muss seiner Auffassung nach "der Handlungsautonomie der Betroffenen und handlungsermächtigenden Strukturen (empowerment) stets Priorität ein- räumen, die auf die Selbstorganisation sozialer Dienste und Leistungen angelegt sind." Quelle: Günter Frankenberg (1997). Die Verfassung der Republik. Autorität und Solidarität in der Zivilgesellschaft. Frankfurt: Suhrkamp.

35 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « STRUKTURELLE GEWALT: EXKLUSION "Für den Fall, dass die Handlungskompetenz der Betroffenen infolge ihrer spezifischen Lebenslage eingeschränkt ist, konkretisiert sich die Pflicht zu ziviler Solidarität in unterstützenden Strukturen oder advokatorischen Formen der Sozialpolitik, die sich daran orientieren, die Betroffenen soweit wie möglich wieder zur Selbsthilfe zu befähigen" Quelle: Günter Frankenberg (1997). Die Verfassung der Republik. Autorität und Solidarität in der Zivilgesellschaft. Frankfurt: Suhrkamp.

36 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « STRUKTURELLE GEWALT: EXKLUSION Sozialpolitik: Empowerment "Sozialpolitik als empowerment reaktiviert verschüttete, verkümmerte und überlastete soziale Bindungen ebenso wie sie neue ermutigt und fördert. Sie knüpft damit ein - zugegeben dünnes - soziales Band, das den Adressaten vermittelt, welcher Gemeinschaft sie angehören: Einer Zivilgesellschaft, die ihren Mitgliedern die selbstorgani- sierte Bewältigung ihrer Probleme zumutet und ermög- licht, darin aber zugleich eine Gemeinschaftsaufgabe sieht" Quelle: Günter Frankenberg (1997). Die Verfassung der Republik. Autorität und Solidarität in der Zivilgesellschaft. Frankfurt: Suhrkamp.

37 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « Welche Ressourcen brauchen wir zur Lebensbewältigung?  Herstellung eines kohärenten Sinnzusammenhangs.  Die Fähigkeit zum „boundary management“.  Sie brauchen „einbettende Kulturen“.  Sie benötigen eine materielle Basissicherung.  Sie benötigen die Erfahrung der Zugehörigkeit.  Sie brauchen einen Kontext der Anerkennung.  Beteiligung am alltäglichen interkulturellen Diskurs.  Sie brauchen zivilgesellschaftliche Basiskompetenzen.

38 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « Empowerment statt „fürsorglicher Belagerung „Ein Netzwerk von Menschen ist unabdingbar, um sich stabilisieren zu können.“ Jürgen Blume, Psychiatrie-Erfahrener, 2005

39 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « VERWIRKLICHUNGSCHANCEN „Letztlich ist das individuelle Handeln entscheidend, wenn wir die Mängel beheben wollen. Andererseits ist die Handlungsfreiheit, die wir als Individuen haben, zwangsläufig bestimmt und beschränkt durch die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten, über die wir verfügen. Individuelles Handeln und soziale Einrichtungen sind zwei Seiten einer Medaille. Es ist sehr wichtig, gleichzeitig die zentrale Bedeutung der individuellen Freiheit und die Macht gesellschaftlicher Einflüsse aus Ausmaß und Reichweite der individuellen Freiheit zu erkennen.“ Quelle: Amartya Sen (2000). Ökonomie für den Menschen

40 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « VERWIRKLICHUNGSCHANCEN Unter Verwirklichungschancen versteht Amartya Sen die Möglichkeit von Menschen, „bestimmte Dinge zu tun und über die Freiheit zu verfügen, ein von ihnen mit Gründen für erstrebenswert gehaltenes Lebens zu führen“ oder an anderer Stelle bestimmt er sie als „Ausdrucksformen der Freiheit: nämlich der substantiellen Freiheit, alternative Kombinationen von Funktionen zu verwirklichen (oder, weniger formell ausgedrückt, der Freiheit, unterschiedliche Lebensstile zu realisieren).“ Amartya Sen (2000). Ökonomie für den Menschen

41 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « BEDINGUNGEN DES WOHLERGEHENS Quelle: Amartya Sen (2000). Ökonomie für den Menschen „Verwirklichungschancen“ hängen vom Realeinkommen, aber nicht nur, sonder auch von Persönlichen Eigenheiten Unterschieden in den Umweltbedingungen Unterschieden im sozialen Klima Unterschieden in den relativen Aussichten Verteilung innerhalb der Familie

42 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « BÜRGERSCHAFTLICHES ENGAGEMENT KOMMUNITÄRE GRUNDWERTE (nach Charles Taylor) (1) Solidarität als unteilbarer und insofern einheitsstiftender Wert, der mich mit meinen MitbürgerInnen verbindet. (2) Partizipation in selbstorganisierten Bewgungen entstehen ein "Sinn für zivile Macht" und "lebendigen Identifikationsgemeinschaften" (3) Sinn für gegenseitigen Respekt Demokratie ist davon abhängig, dass für alle Gruppen dieses Recht auf Respekt verteidigt wird. Eine zentrale Erfahrung dieses Respekts vermitteln die Institutionen einer demokratischen Wohlfahrtsgesellschaft


Herunterladen ppt "Prof. Dr. Heiner Keupp „Salutogenese in der Psychiatrie“ Tagung der Evangelischen Akademie Tutzing vom 06. – 07. April 2005 Förderung salutogenetischer."

Ähnliche Präsentationen


Google-Anzeigen