Die Präsentation wird geladen. Bitte warten

Die Präsentation wird geladen. Bitte warten

Konversatorium zum Strafrecht BT I

Ähnliche Präsentationen


Präsentation zum Thema: "Konversatorium zum Strafrecht BT I"—  Präsentation transkript:

1 Konversatorium zum Strafrecht BT I
(Grundkurs III) – Nicht-Vermögensdelikte – Dozentin: Dr. iur. Tamina Preuß Zeit und Ort: freitags 8 Uhr c.t. bis 9:45 Uhr bzw. 10 Uhr s.t. bis 11:30 Uhr in S 101 (Paradeplatz) Kontakt:

2 Allgemeiner Hinweis zur Klausurbesprechung
Bewertungskriterien u.a.: Schwerpunktsetzung u. Problembewusstsein (Erkennen der Klausurschwerpunkte; nur Problematisches im Gutachtenstil, ansonsten Urteilsstil o. verkürzter Gutachtenstil) Benennung der korrekten Tathandlungen in den Obersätzen Korrekter Prüfungsaufbau korrekte Subsumtionen übersichtliche Gliederung (Tatkomplexbildung u.a.) Schwerpunkte: Akzessorietätslockerung nach § 28 StGB Auslegung der Mordmerkmale Abgrenzung v. dolus eventualis u. luxuria Prüfung v. unechtem Unterlassungsdelikt

3 Probeklausur 1: Wilde Violinistinnen
Die 22-jährige Geigerin Annabel (A) bereitet sich auf den in Kürze stattfindenden Musikwettbewerb „Saitentalente im Mittelpunkt“ vor. Einem für ihre Karriere sehr wichtigen Wettbewerb, der zudem mit 5.000,– € für den ersten Preisträger dotiert ist. Bisher haben sich außer A nur Teilnehmer angemeldet, denen A mit ihrem tech-nischen Können und ihrer Virtuosität weit überlegen ist, so dass ihr der Preis als sicher gilt. Nun muss sie jedoch erfahren, dass sich noch eine andere Teilnehmerin nachgemeldet hat, nämlich die in der Presse vielgelobte Ottilie (O), die A „ihren“ Preis mit Sicherheit streitig machen wird. Nachdem A die O noch einmal hat spielen hören, wird ihr klar, dass sie bei dem Wettbewerb keine Chance haben wird, sollte es ihr nicht gelingen, O irgendwie auszuschalten. Den Preis und vor allem die damit verbundene Ehre will sie sich unbedingt sichern.

4 Probeklausur 1: Wilde Violinistinnen
In ihrer Bettlektüre „Der kleine Gartenchemiker. Tipps in Theorie und Praxis“ liest sie vom hochgiftigen Pflanzengift „D54“, das bei Einnahme zu schweren Erkrankungen, bis hin zum Tod, führen kann, gleichwohl aber leicht in jedem Baumarkt erhältlich ist. Das bringt A auf die Idee, die O, zumindest in der Woche, in der der Wettbewerb stattfindet, mit dem Pflanzengift außer Gefecht zu setzen; dass das Gift möglicherweise sogar tödlich wirkt, ist A angesichts der Dramatik der Situation gleichgültig. Sie besorgt sich im Baumarkt das Präparat „D54“. Auf der Flasche ist ein großer roter Warnhinweis angebracht. Darauf ist zu lesen, dass es sich um ein hochgiftiges Pflanzengift handelt, das wegen der Gefahr des Todes oder schwerer dauerhafter Gesundheitsschäden nicht mit Schleimhäuten in Kontakt gebracht werden darf.

5 Probeklausur 1: Wilde Violinistinnen
Am nächsten Morgen beschafft sich A bei ihrer Kommilitonin und engen Freundin Birgit (B) die Telefonnummer von O, um O zum Kaffee einladen zu können. A erzählt B kurzerhand von ihrem Vorhaben, O für den Wettbewerb außer Gefecht zu setzen und notfalls auch zu töten, um sich selbst das Preisgeld, aber vor allem ihre Ehre zu sichern. In weitere Details weiht A die B jedoch nicht ein. Insbesondere erwähnt sie nicht, dass sie vor hat, O den vergifteten Kaffee zu reichen. Auch B selbst kommt der Plan der A insgeheim sehr gelegen, da ihr O vor einigen Monaten ihren Freund Victor (V) ausgespannt und sich mit ihm verlobt hat. Sie will sich an O rächen und ist der Meinung sie habe den Tod verdient, da V nur ihr gehöre. Deshalb gibt sie A die Telefonnummer von O.

6 Probeklausur 1: Wilde Violinistinnen
So setzt A drei Tage später den gefassten Plan in die Tat um. Noch während des Kaffeetrinkens bemerkt O, dass es ihr nicht gut geht. Sie verabschiedet sich und eilt nach Hause. Dort bricht sie im Wohnungsflur bewusstlos zusammen. Ihr Verlobter V erkennt, dass sie sterben wird, wenn er nicht sofort ärztliche Hilfe herbeiholt. Weil O ihm aber tags zuvor bei einem Streit um seinen Fahrstil angedroht hat, ihn bei der Polizei wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit anzuzeigen, entschließ er sich sie sterben zu lassen. Er traut ihr zu, wirklich zur Polizei zu gehen und möchte eine Anzeige wegen der Ordnungswidrigkeit, die er tatsächlich begangen hat, unbedingt verhindern. Kurz darauf verstirbt die O.

7 Probeklausur 1: Wilde Violinistinnen
Bearbeitervermerk: Wie haben sich die Beteiligten nach dem StGB strafbar gemacht? Eventuell erforderliche Strafanträge sind gestellt.

8 Probeklausur 1 Lösung: Tatkomplex 1: Einladung zum Kaffee
A. Strafbarkeit der A I. §§ 212 I, 211 (25 I Alt. 2) StGB zum Nachteil der O A könnte sich des Mordes gem. §§ 212 I, 211 (25 I Alt. 2) StGB zum Nachteil der O strafbar gemacht haben, indem sie dieser vergifteten Kaffee reichte. 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand aa. Tathandlung P.: eigenen Tathandlung der A (Tatmittler als Werkzeug gegen sich selbst):

9 Probeklausur 1 Lit.: (-), Fall der mittelbaren Täterschaft nach § 25 I Alt. 2 StGB, Arg.: § 25 I Alt. 2 StGB ist auch in Zweipersonenverhältnissen anwendbar Rspr. (+), keine Anwendung von § 25 I Alt. 2 StGB, Arg.: Täter hat alle Faktoren des Kausalverlaufs vorgesteuert und nutzt bewusst die Regelhaftigkeit von Handlungsabläufen aus, sodass die Mitwirkung des Opfers bloßer Kausalfaktor ist Hinweis: Folgt man der Literatur müssten die Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft geprüft werden. Im objektiven Tatbestand wäre das Zwischenschaltungselement (Werkzeugqualität des Vordermanns) und das Steuerungselement (Tatherrschaft des Hin-termanns) zu prüfen gewesen. A ist nach beiden Ansichten grds. Täterin i.S.d. § 25 I StGB

10 Probeklausur 1 Kausalität (+)
Hinweis: Eine fehlende Erörterung des Streits war nicht negativ zu bewerten, eine Erwähnung in der gebotenen Kürze dagegen positiv. Kausalität (+) objektive Zurechnung (+) die fehlende Rettung durch V unterbricht den Zurechnungszusammenhang nicht, da kein neues, unabhängiges Risiko gesetzt wird Hinweis: Dieser Punkt konnte angesprochen werden, war aber nicht zwingend zu erwähnen. Heimtücke als tatbezogenes Mordmerkmal, § 211 I Gruppe 2 Var. 1 StGB:

11 Probeklausur 1 = Ausnutzen der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers, wobei einschränkend ein besonders verwerflicher Vertrauensbruch (Teil der Lit.) bzw. ein Handeln in feindlicher Willensrichtung (Rspr.) verlangt wird arglos = wer sich im Zeitpunkt des Beginns der Tat keines tätlichen Angriffs auf seine körperliche Unversehrtheit oder sein Leben versieht hier (+) O rechnet, als sie den Kaffee trinkt, mit keinem Angriff (möglicherweise vorhandenes latentes Misstrauen ggü. der A aufgrund der Konkurrenzsituation würde dies nicht ausschließen) wehrlos = wer infolge der Arglosigkeit zur Ver-teidigung außer Stande oder in seiner Abwehr stark eingeschränkt ist

12 Probeklausur 1 hier (+) da O sich keines Angriffs versieht, trinkt sie den Kaffee in feindlicher Willensrichtung: zu verneinen, wenn der Täter zum vermeintlich Besten des Opfers handelt – hier (+) besonders verwerflicher Vertrauensbruch: wenn die Arglosigkeit gerade auf einem dem Täter seitens des Opfers entgegengebrachten Vertrauen beruht hier (-) zwischen O u. A besteht kein Vertrauensverhältnis, die Einladung zum Kaffee reicht hierfür nicht aus (a.A. aufgrund der Weite des Vertrauensbegriffs vertretbar – in dem Fall keine Streitentscheidung vorzunehmen) gegen das Kriterium (vgl. ausführlich Schneider, in: MüKo-StGB, 3. Aufl. 2017, § 211 Rn. 204 ff.):

13 Probeklausur 1 Attentaten auf Fremde aus dem Hinterhalt gehören gerade zum klassischen Leitbild des „Meuchelmordes“ – Annahme niedriger Beweggründe unzureichend (Neumann, in: NK, 5. Aufl. 2017, § 211 Rn. 49) kein zwingender Zusammenhang zwischen Vertrauens-bruch u. gesteigertem Tatunrecht „Überbewertung sozialer Kontaktaufnahmen“: i.d.R. vertraut das Opfer dem Täter nicht „sein Leben“ an, sondern spekuliert nur auf Fortsetzung sozial-freund-lichen Verhaltens (anders z.B. allenfalls im Arzt-Pa-tienten-Verhältnis bei einer schweren OP), daher in Bezug auf das Rechtsguts Leben „keine ins Gewicht fallende Unwertsteigerung“

14 Probeklausur 1 Konturlosigkeit des Vertrauensbegriffs – Rechtsun-sicherheit (BGH NJW 1981, 1965 [1967]): e.A.: bewusste Herbeiführung des Vertrauenszustands zur Lebensvernichtung (≠ innerhalb bestehender Vertrauens-beziehungen) a.A.: nur Bruch missbräuchlich erlangten Vertrauens a.A.: Vertrauensbruch in menschenverachtender Gesinnung h. Lit.: Missbrauch eines sozial-positiven Verhaltensmusters (tat- und situationsbezogene Gesamtbetrachtung; ob die institutionalisierte Vertrauensbeziehung [z.B. Ehe] zerrüttet ist; ob ein besonderes Vertrauen o. nur die allgemeine Legalitätserwartung ausgenutzt wird [z.B. Tötung der Ehefrau durch Ehemann durch „schlichtes“ Anfahren]); teilweise bereits bei Herbeiführung sozialpositiver Reaktionen (Vortäuschen einer Autopanne, Frage nach Feuer o. der Uhr-zeit) angenommen

15 Probeklausur 1 b. Subjektiver Tatbestand
Hinweis: In der Klausur wurde nur das Erkennen des Problems erwartet. Insbesondere dienen die hier ausführlich wieder-gegebenen Ansichten zum Vertrauensbegriff nur dazu, die Konturlosigkeit dieses Einschränkungsversuch zu verdeutlichen. b. Subjektiver Tatbestand aa. Vorsatz bzgl. des objektiven Tatbestands des § 212 I StGB P.: Abgrenzung von dolus eventualis und bewusster Fahrlässigkeit (luxuria): bedingter Vorsatz liegt dann vor, wenn der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges für möglich halt u. in der Weise damit einverstanden ist, dass er die Tatbestandsverwirklichung billigend in Kauf nimmt

16 Probeklausur 1 lediglich bewusst fahrlässig handelt, wer ernsthaft u. nicht nur vage darauf vertraut, dass die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes ausbleibe hier: Wissenselement (+) A weiß, dass das Präparat tödlich wirken kann Willenselement (+), A will O zwar nur aus dem Gefecht setzen, notfalls aber auch töten; wegen der hohen objektiven Gefährlichkeit – hervorgehoben auch durch den Warnhinweis – auch unter Berücksichtigung der „Hemmschwellentheorie“: dolus eventualis (+) Hinweis: Die „Hemmschwellentheorie“ weist nach aktueller BGH-Rspr. (NStZ 2012, 384) auf das Gebot umfassender u. vollständiger Beweiswürdigung hin.

17 Probeklausur 1 cc. Täterbezogene Mordmerkmale
bb. Bewusstes Ausnutzen der Arg- und Wehrlosigkeit = wenn der Täter im Augenblick der Tat die Umstände der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers wahrgenom-men u. zur Tatbegehung instrumentalisiert hat dolus eventualis genügt hier (+) A gibt O bewusst den vergifteten Kaffee, ihr war bewusst, dass O nicht mit der Vergiftung rechnet Hinweis: Das bewusste Ausnutzen konnte ebenso bereits im objektiven Tatbestand geprüft werden. Es ist immer darauf zu achten, bei den objektiven Mordmerkmalen auch deren subjektiven Tatbestand zu prüfen. cc. Täterbezogene Mordmerkmale

18 Probeklausur 1 Habgier, § 211 II Gruppe 1 Var. 3 StGB:
= ungezügeltes und rücksichtloses Streben nach Gewinn um jeden Preis (mehr als nur Bereicherungsabsicht) unstr. nur Streben nach materiellen Vorteilen umfasst (vgl. Schneider, in: MüKo-StGB, 3. Aufl. 2017, § 211 Rn. 59 f. mit dem Bsp. der Wegnahme zur Vernichtung beweisrelevanter Gegenstände o. aus Affektionsinteresse heraus) – daher hier nicht nach Ehre, wohl aber grds. nach dem Preisgeld umfasst sowohl das Streben nach „größeren“ als auch „kleinen“ Vermögensvorteilen (offengelassen von BGH NJW 1981, 136 – bei wertlosen Gütern besonders großes Missverhältnis zwi-schen Tat u. Anlass)

19 Probeklausur 1 tatsächliche Zielerreichung – hier Sieg beim Musikwettbewerb – und Erreichbarkeit ohne Relevanz (vgl. Eschelbach, in: BeckOK-StGB, 36. Aufl. 2017, § 211 Rn. 23) P.: Tötung der O für A mit bloßer Gewinnaussicht verbunden: für die Erfüllung des Mordmerkmals ausreichend, dass aus Tä-tersicht die Aussicht auf eine unmittelbare Vermögensmehrung besteht (Eser/Sternberg-Lieben; in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 211 Rn. 17; Schneider, in: MüKo-StGB, 3. Aufl. 2017, § 211 Rn. 63) Hinweis: Hier ist der Gewinn A nach dem Sachverhalt ohne Teilnahme der O sicher; Obiges gilt jedoch genauso für unsichere Gewinnchancen, solange es dem Täter nur auf den (vermö-genswerten) Gewinn ankommt.

20 Probeklausur 1 P.: Motivbündel: Habgier muss nicht das einzige Motive sein – handelt der Täter aus mehreren Beweggründen muss das Vorteilsstreben bei der Tatausführung inner-halb des Motivbündels „bewusstseinsdominant“ sein – hier (-) A will sich zwar das Preisgeld, aber v.a. die Ehre sichern sonst niedrige Beweggründe, § 211 II Gruppe 1 Var. 4 StGB: = nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehende und deshalb besonders verachtenswerte Motive anhand einer Gesamtwürdigung unter Einbeziehung der Tatumstände, der Lebensverhältnisse u. der Persönlichkeit des Täters zu beurteilen (Rengier, Strafrecht BT II, § 4 Rn. 16) menschlich in keiner Weise mehr nachvollziehbare Motive

21 Probeklausur 1 2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld 4. Ergebnis (+)
i.d.R. gegeben bei Handeln aus krasser Eigensucht o rücksichtslosem Egoismus (Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 4 Rn. 17) hier (+) überzogenes Streben nach dem Sieg auf Kosten eines Menschenlebens (a.A. nur mit guter Begründung vertretbar) 2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld 4. Ergebnis (+) II. §§ 223 I, 224 I Nr. 1, 3, 5 StGB (+) Hinweis: Es ist natürlich nicht falsch die §§ 223 f. StGB zu prüfen. Einschlägig ist § 224 I Nr. 1, 3 und 5 StGB. Da aber Körperver-letzungsdelikte i. d. R. hinter Tötungsdelikten gleicher Verwirklichungsstufe zurücktreten ist es vollkommen ausreichend, sie kurz bei den Konkurrenzen anzusprechen (str.).

22 Probeklausur 1 B. Strafbarkeit der B I. §§ 212 I, 211, 27 StGB
1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand aa. Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat, § 11 I Nr. 5 StGB hier: §§ 212 I, 211 StGB zum Nachteil der O (s.o.) bb. Tathandlung: Hilfe leisten = jeder Beitrag, der die Haupttat ermöglicht o. er-leichtert hier (+) Erleichterung der Tat durch Herausgabe der Telefonnummer b. Subjektiver Tatbestand („doppelter Gehilfenvorsatz“)

23 Probeklausur 1 aa. Vorsatz bzgl. der Haupttat
= dolus eventualis bezogen auf den wesentlichen Un-rechtsgehalt u. die Angriffsrichtung der Tat (Hei-ne/Weißer, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 27 Rn. 29) bzgl. des Taterfolgs (+) B weiß davon, dass A O notfalls töten will u. billigt dies bzgl. der Heimtücke (-) B weiß nichts über die näheren Ausführungsmodalitäten bzgl. der niedrigen Beweggründe der A (+) B weiß um die Motive der A

24 Probeklausur 1 bb. Vorsatz bzgl. der eigenen Hilfeleistung
Hinweis: Uneinheitlich bewertet wird, ob sich der Teilnahme-vorsatz auch auf die täterbezogenen Mordmerkmale des Täters erstrecken muss. Während die Rechtsprechung auf Grundlage des § 28 I StGB insoweit Vorsatz verlangen muss, entnimmt die Literatur dem nach ihrer Auffassung anwendbaren § 28 II StGB – wonach täterbezogene Mordmerkmale nur für den Beteiligten gelten, bei dem sie in eigener Person vorliegen –, dass es auf den Vorsatz des Teilnehmer bzgl. der täterbezogenen Mordmerkmale des Täters überhaupt nicht ankomme. In der Klausur musste das Problem nicht angesprochen werden; es genügte Vorsatz hinsichtlich der niedrigen Beweggründe zu bejahen. bb. Vorsatz bzgl. der eigenen Hilfeleistung mindestens dolus eventualis hinsichtlich der För-derungswirkung für die Haupttat

25 Probeklausur 1 hier (+) B weiß, dass sie A durch Überlassung der Telefonnr. die Tat zumindest erleichtert Weiterführender Hinweis: An den Gehilfenvorsatz werden an diesem Punkt geringere Anforderungen als an den Anstiftervorsatz gestellt. Die Kenntnis von Einzelheiten der Tat o. ein besonderes Interesse an der Tat ist nicht erforderlich (Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 27 Rn. 22 f.). Nach einem aktuellen BGH-Urteil (NStZ-RR 2011, 177) ist sogar eine falsche rechtliche Einordnung der Tat un-schädlich, solange es sich nicht um eine grds. andere Tat handelt. cc. Mögliche Tatbestandsverschiebung nach § 28 II StGB P.: das täterbezogene Mordmerkmal der A (niedrige Beweggründe) wird von der B nicht geteilt, B verwirk-licht aber selbst u. U. ein subjektives Mordmerkmal:

26 Probeklausur 1 Hinweis: Die nun folgende Prüfung der divergierenden Mordmerkmale wurde in dieser Ausführlichkeit auch von überdurchschnittlichen Bearbeitern nicht erwartet, stellt aber dennoch einen Schwerpunkt der Klausur dar. P.: Rache als niedriger Beweggrund: ambivalente Tatmotive: nicht per se niedrig zu bewerten –es kommt darauf an, ob die tatauslösenden Motive ihrerseits auf einer niedrigen Gesinnung beruhen oder ob sie menschlich verständlich sind – hier (+) keine menschlich verständlichen Motive (wie Demütigung) ersichtlich subjektive Mordmerkmale sind besondere persönliche Merkmale i.S.d. § 14 I StGB (a.A. Schuldmerkmale gem. § 29 StGB) – str. ist, ob eine § 28 I StGB oder § 28 II StGB anzu-wenden ist – dies hängt von der dogmatischen Einordnung des § 211 StGB ab:

27 Probeklausur 1 Rspr. (Selbstständigkeits-theorie)
Überwiegende Literatur (Qualifikationstheorie) § 211 StGB ist im Verhältnis zu § 212 StGB ein eigenständiger Tatbestand (ebenso bzgl. § 216 StGB); vor-sätzliche Tötung aber ein not-wendiges Merkmal des § 211 StGB u. Unrechtsgehalt des § 212 StGB in § 211 StGB enthalten (BGH NJW 1989, 2826) - kritisch BGH NJW 2006, 1008 (1012 f.) in einem obiter dictum, das mög-licherweise einen Meinungswechsel ankündigt (so Rengier, Strafrecht BT I, 18. Aufl. 2017, § 4 Rn. 1) § 211 StGB ist eine Qualifikation des § 212 StGB (und § 216 StGB ist eine Privilegierung zu § 212 StGB).

28 Probeklausur 1 Argumente
- systematische Stellung (eine Qualifikation steht nicht vor dem Grunddelikt => keine zwingende Reihenfolge (allenfalls Indiz); für § 249 StGB und § 255 StGB beurteilt dies die Rspr. aber genau anders; Gesetzgeber wollte das gravierende Delikt an den Anfang stellen - Wortlaut („Mörder“ – „Totschlä-ger“) => beruht auf der überkommenen Lehre vom Tätertyp aus der NS-Zeit, die 1941 Gesetz wurde - unterschiedlicher Unrechtsgehalt; dass § 211 StGB den § 212 StGB ent-hält, ist irrelevant (auch § 249 StGB enthält Diebstahl u. Nötigung, ohne eine Qualifikation zu sein) - übliche Systematik: eine Qualifika-tion zeichnet sich dadurch aus, dass zum Grunddelikt erschwerende Umstände hinzutreten

29 Probeklausur 1 - die Anwendung des § 28 I StGB führt zu Wertungswidersprüchen (Mittäterschaft zwischen Mörder u. Totschläger wäre nicht möglich; Problematik der „gekreuzten Mord-merkmale“) Konsequenz Die besonderen persönlichen Merkmale wirken strafbarkeitsbe-gründend i.S.d. § 28 I StGB => Strafrahmenverschiebung nach § 28 I StGB i.V.m. 49 I StGB Die besonderen persönlichen Merkmale wirken strafschärfend i.S.d. § 28 II StGB => Tatbestandsverschiebung nach § 28 II StGB

30 Probeklausur 1 im vorliegenden Fall :
Lit.: die niedrigen Beweggründe der A sind für B irrelevant => Tatbestandsverschiebung nach § 28 II StGB vom Mord zum Totschlag; die eigenen niedrigen Beweggründe der B führen zu einer zweiten Tatbestandsverschiebung nach § 28 II StGB vom Totschlag zum Mord – grds. Strafbarkeit der B gem. §§ 211, 212, 27 StGB Rspr.: die Voraussetzungen des § 28 I StGB sind zwar erfüllt, da bei B die niedrigen Beweggründe der A fehlen, sodass eigentlich eine Strafrahmenverschiebung nach § 28 I StGB i.V.m. § 49 I StGB vorzunehmen wäre – die Rspr. macht hiervon jedoch eine Ausnahme, wenn ein gleichartiges Mordmerkmal beim Teilnehmer vorliegt (BGH NJW 1969, 1181) – grds. Strafbarkeit der B gem. §§ 211, 27 StGB

31 Probeklausur 1 2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld 4. Ergebnis (+)
II. §§ 223 I, 224 I Nr. 5, 27 StGB (+) C. Ergebnis 1. TK Strafbarkeit der A gem. § 211 StGB §§ 223, 224 StGB treten subsidiär hinter den Tötungsdelikten zurück § 212 StGB tritt hinter § 211 StGB als lex generalis zurück Strafbarkeit der B gem. §§ 211, 27 StGB

32 Probeklausur 1 Tatkomplex 2: Bei B zu Hause Strafbarkeit des V
I. §§ 212 I, 211, 13 I StGB V könnte sich des Mordes durch Unterlassen gem. §§ 212 I, 211, 13 StGB strafbar gemacht haben, indem er keinen Arzt verständigte, als er die bewusstlose O vorfand. 1. Tatbestand Objektiver Tatbestand Taterfolg (+) O ist tot Nichtvornahme der erforderlichen und physisch-real möglichen Handlung: Tathandlung: Unterlassen (+), kein aktives Tun ersichtlich

33 Probeklausur 1 Erforderlichkeit (+) O hat weder auf Hilfe verzichtet, noch wurde von dritter Seite Hilfe geleistet physisch-reale Möglichkeit der Erfolgsabwendung (+) V hätte die Möglichkeit gehabt, einen Arzt zu rufen Quasi-Kausalität (conditio-sine-cum-qua-non-For-mell): = wenn der Erfolg in seiner konkreten Gestalt bei Hinzudenken der gebotenen Handlung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfallen wäre (Rengier, Strafrecht AT, 9. Aufl. 2017, § 49 Rn. 13) hier (+) O hätte noch gerettet werden können Garantenstellung, § 13 I StGB:

34 Probeklausur 1 V müsste rechtlich dafür einzustehen haben, dass der tat-bestandliche Erfolg nicht eintritt hier Garantenstellung aus enger persönlicher Verbundenheit wg. des Verlöbnisses, Arg.: die Betroffenen haben hier bewusst ein zwischenzeitlich eher unüblich werdender rechtlicher Rahmen in Form eines auf gegenseitigen Schutz angelegten Treueverhältnisses gewählt (Stree/Bosch, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 13 Rn. 18) Hinweis: Die Streitfrage, ob neben der Verlobtenstellung sonstige Faktoren (Festigkeit des Zusammenschlusses, räumliches Zusam-menleben, Alter der Verlobten etc.) entscheidend sind, kann mangels Angaben im SV dahinstehen (vgl. hierzu Stree/Bosch, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 13 Rn. 18 m.w.N.).

35 Probeklausur 1 Entsprechungsklausel, § 13 I HS. 2 StGB:
Hinweise dafür, dass durch den Streit zwischen V und O das Vertrauensverhältnis zerstört o. gar das Verlöbnis gelöst wur-de – zivilrechtlich ein sog. Rücktritt vom Verlöbnis, der jeder-zeit formlos, auch schlüssig, durch höchstpersönliche Erklä-rung ausgeübt werden kann (vgl. Hahn, in: BeckOK-BGB, 43. Aufl. 2017, § 1298 Rn. 3 m.w.N.) –, bietet der SV nicht Entsprechungsklausel, § 13 I HS. 2 StGB: das Unterlassen muss der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entsprechen (sog. Modalitäten-äquivalenz) (Heuchemer, in: BeckOK-StGB, 36. Aufl. 2017, § 13 Rn. 74) Hinweis: Die Entsprechungsklausel musste nicht unbedingt an-gesprochen werden, da sie bei reinen Erfolgsdelikten, welche nicht von einer spezifischen Begehungsweise abhängen, anders

36 Probeklausur 1 tatbezogene Mordmerkmal (-) b. Subjektiver Tatbestand
als bei verhaltensgebundenen Delikten (z.B. §§ 240, 263, 185 StGB) nach h.M. neben der Garantenstellung keine eigenstän-dige Bedeutung hat (vgl. Kühl, in: Lackner/Kühl, 28. Aufl. 2014, § 13 Rn. 16; a.A. Freund, in: MüKo-StGB, 3. Aufl. 2017, § 13 Rn. 202 ff. – aufgrund des Wortlauts bei allen Delikten zu prüfen; a.A. völlig funktionslos). tatbezogene Mordmerkmal (-) b. Subjektiver Tatbestand aa. Vorsatz bzgl. des objektiven Tatbestands des § 212 I StGB cc. Täterbezogene Mordmerkmale Verdeckungsabsicht, § 211 I Gruppe 3 Var. 2 StGB = die Tötung wird begangen, um eine andere Straftat oder auch nur Spuren daraus zu verdecken (dolus directus 1. Grades)

37 Probeklausur 1 Straftat: rechtswidrige Tat iSd § 11 I Nr. 5 StGB
P.: Begehung zur Verdeckung einer Ordnungswidrigkeit: nach dem klaren Wortlaut muss sich die Absicht auf eine mit Kriminalstrafe geahndete Tat beziehen (BGH NJW 1978, 2518 zu § 315 III Nr. 2 StGB) Ordnungswidrigkeiten reichen nach ganz h.M. nicht aus (ebenso wenig andere außerstrafrechtliche Verfehlungen) (Rengier, Strafrecht Strafrecht BT I, 18. Aufl. 2017, § 4 Rn. 48; a. A. Maurach/Schroeder/Maiwald, Strafrecht BT 1, § 2 Rn. 34 – „Straftat“ sei hier i.w.S. zu verstehen, wie in älteren Vorschriften [z.B. Art. 74 Nr. 1 GG], da der Grund der Strafschärfung in dem Missverhältnis zwischen Mittel u. Zweck liege)

38 Probeklausur 1 Weiterführender Hinweis: Es kommt bei der Beurteilung auf die Tätervorstellung, nicht auf die tatsächliche Qualifizierung des Ver-haltens an (vgl. Rengier, Strafrecht BT I, 18. Aufl. 2017, § 4 Rn. 48). hier (-) V will die Anzeige wegen einer nicht näher konkretisierten Verkehrsordnungswidrigkeit verhindern (er weiß auch, dass es sich hierbei nur um eine OWi handelt) sonst niedrige Beweggründe, § 211 II Gruppe 1 Var. 4 StGB: von der h.M. als „Auffangtatbestand“ zu den benannten niedrigen Beweggründen der 1. u. 3. Gruppe verstanden P.: „verdeckungsnahe Motive“: i.d.R. ist ein Motiv als niedrig zu beurteilen, wenn das Opfer zur Verdeckung einer Verhaltens-weise des Täters getötet wird, die er zwar nicht für strafbar, jedoch für verwerflich o. seinem Ansehen abträglich hält

39 Probeklausur 1 sogar verwerflicher, da die Folgen eines solchen Verhalten im Regelfall weniger gravierend als die einer Straftat sein werden (BGH BeckRS ; Rengier, Strafrecht BT I, 18. Aufl. 2017, § 4 Rn. 19 m.w.N.) hier (+) (a.A. vertretbar, insbesondere mit der Argumentation von Brunhöber, HRRS 2011, 513 [517 f.]; Neumann, in: NK, 5. Aufl. 2017, § 211 Rn. 37, der Verdeckungsabsicht nicht als Unterfall der niedrigen Beweggründe einordnet u. bei pauschalem Verweis auf die „Verdeckungsnähe“ der Motive von einer verbotenen täterungünstigen Analogie ausgeht) Hinweis: Auf das mögliche Vorliegen niedriger Beweggründe bei V wurde, nach Ablehnung der Verdeckungsabsicht, kaum einge-gangen.

40 Probeklausur 1 2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld 4. Ergebnis (+) II. § 323c StGB (+) Hinweis: Ein kurzer Hinweis i.R.d. Konkurrenzen war ausreichend. III. Ergebnis 2. TK Strafbarkeit des V gem. §§ 211, 13 I StGB § 212 StGB tritt hinter § 211 StGB zurück das echte Unterlassungsdelikt (§ 323c StGB) tritt nach h.M. hinter dem unechten subsidiär zurück, Arg.: schutzrichtungs-gleiches bloßes Gefährdungsdelikt (statt vieler Heintschel-Heinegg, in: BeckOK-StGB, 36. Aufl. 2017, § 323c Rn. 29; a.A. fehlende Tatbestandsmäßigkeit)

41 Probeklausur 1 Gesamtergebnis Strafbarkeit der A gem. § 211 StGB
Strafbarkeit der B gem. §§ 211, 27 StGB Strafbarkeit des V gem. §§ 211, 13 I StGB

42 Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung, § 217 StGB
(1) Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Als Teilnehmer bleibt straffrei, wer selbst nicht geschäftsmäßig handelt und entweder Angehöriger des in Absatz 1 genannten anderen ist oder diesem nahesteht. Einschränkung der grds. straflosen Suizidteilnahme Ziel: gesellschaftlicher Normalisierung des assistierten Suizids entgegenwirken („Suizidkultur“), da sich anderenfalls alte u. kranke Menschen gedrängt sehen könnten, geschäftsmäßige Suizidhilfe in Anspruch zu nehmen

43 Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung, § 217 StGB
geschützte Rechtsgüter: Leib u. Leben der Suizid-geneigten (a.A. kein Rechtsgüterschutz, sondern bloße Moralvorstellungen, vgl. Saliger, in: NK-StGB, 3. Aufl. 2017, § 217 Rn. 3) Rechtsnatur: abstraktes Gefährdungsdelikt u. reines Tätigkeitsdelikt (Brunhöber, in: MüKo, 3. Aufl. 2017, § 217 Rn. 20 f.) verselbstständigtes Teilnahmeunrecht P.: Verfassungsmäßigkeit (zum Ganzen: Oğlakcıoğlu, in: BeckOK-StGB, 35. Aufl. 2017, § 217 Rn. 11 ff.) betroffene Vereine (Art. 2 I, 9, 12 GG) u. Ärzte (Art. 12 GG) Gewissensfreiheit, Art. 4 I GG § 217 II StGB nicht mit Art. 3 I GG vereinbar (vgl. Gaede, JuS 2016, 385 [392])

44 Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung, § 217 StGB
(un)mittelbare Betroffenheit des Selbstbestimmungsrechts der Sterbewilligen aus Art. 1 I GG i.V.m. Art. 2 I GG (a.A. Recht auf selbstbestimmte Lebensbeendigung aus Art. 2 I GG) umfasst auch das Recht, sich der Hilfe Dritter zu bedienen § 217 I StGB zwingt zu einsamer, drittgefährdender, risikoreicher bzgl. möglichen Scheiterns u. qualvoller Tötung (Brunhöber, in: MüKo, 3. Aufl. 2017, Rn. 29) Suizidwilligen, die Niemanden haben, der ihnen hilft, u. die eine brutale Suizidmethode scheuen, wird faktisch eine Pflicht zum Weiterleben auferlegt (Gaede, JuS 2016, 385 [387]) Merkmal der Geschäftsmäßigkeit nicht mit Art. 103 II GG zu vereinbaren gesetzgeberischem Ziel (Verhinderung einer „Suizidkultur“) fehlt empirische Basis

45 Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung, § 217 StGB
verwaltungsrechtlicher Anspruch auf Erlaubnis zum Erwerb von Betäubungsmitteln in extremen Notlagen (BVerwG NJW 2017, 2215) vs. positive Bescheidung eines derartigen Antrags als § 217 I StGB Hinweis: Vor der Prüfung des § 217 StGB sind zunächst die Tötungsdelikte (§§ 211 f., 216 StGB) zu prüfen, wobei zu problematisieren ist, ob es sich um eine Fremd- oder Selbsttötung handelt. Bei fehlender Freiverantwortlichkeit der Selbsttötung können diese Delikte ggf. in Idealkonkurrenz zu § 217 StGB stehen (Saliger, in: NK-StGB, 3. Aufl. 2017, § 217 Rn. 11). Unrechtstatbestand (Abs. 1) u. persönlicher Straf-ausschließungsgrund (Abs. 2) Tatgegenstand:

46 Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung, § 217 StGB
Selbsttötung: bei Tatherrschaft über den unmittelbar lebensbeendeten Akt Gelegenheit zur Selbsttötung: konkrete Gelegenheit verlangt, d.h. bezogen auf einen individualisierten u. bestimmten Suizidwilligen (Saliger, in: NK-StGB, 3. Aufl. 2017, § 217 Rn. 13) Tathandlung: Gewähren, Verschaffen o. Vermitteln einer Gelegenheit zur Selbsttötung: Gewähren einer Gelegenheit: wenn dem Täter die äußeren Umstände, die die Vornahme der Suizidhandlung ermöglichen o. wesentlich zu erleichtern, schon zur Verfügung stehen Verschaffen einer Gelegenheit: Herbeiführen der äußeren Umstände, welche die Vornahme der Suizidhandlung er-möglichen o. wesentlich zu erleichtern

47 Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung, § 217 StGB
Vermitteln eines Gelegenheit: wenn der Täter den konkreten Kontakt zwischen einer suizidwilligen Person u. der Person, die die Gelegenheit zur Selbsttötung gewährt o. verschafft, herstellt Täter muss Außenstehender, nicht Angestellter eines Sterbehilfevereins, sein Hinweis auf allg. bekannte Organisationen genügt nicht Werbung für geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung ebenso wenig geschäftsmäßig: Absicht, die tatbestandsmäßige Handlung, in gleicher Art zu wiederholen u. sie dadurch zu einem dauernden o. wiederkehrenden Bestandteil seiner wirtschaftl. o. berufl. Betätigung zu machen Zweck: Straflosigkeit der in Ausnahmefällen erfolgenden Suizidhilfe

48 Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung, § 217 StGB
Ausgrenzung von Behandlungsabbruch u. indirekter Sterbehilfe schon beim ersten mit Wiederholungswillen vollzogenen Einzelfall Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich str. ob Ausübung als „Haupttätigkeit“ erforderlich (vgl. auch Gaede, JuS 2016, 385 [390] – entweder Ausübung als „Hauptaufgabe“ o. Leistung in einer Art u. Weise, die nicht mehr nur ultima ratio in einer Patientenbeziehung ist) str. ob gewisser Organisationsgrad o. Umfang des Ange-bots notwendig subjektiver Tatbestand: Vorsatz, § 15 StGB Förderungsabsicht: Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern (dolus directus 1. Grades)

49 Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung, § 217 StGB
persönlicher Strafausschließungsgrund, § 217 II StGB: Bsp.: Ehemann fährt Ehefrau zu geschäftsmäßigem Suizidhelfer Grund: da Geschäftsmäßigkeit strafbarkeitsbegründendes be-sonders persönliches Merkmal (§ 28 I StGB), wäre nicht geschäftsmäßiger Teilnehmer wegen Teilnahme am § 217 I StGB strafbar, nicht geschäftsmäßiger Täter straflos (Saliger, in: NK-StGB, 5. Aufl. 2017, § 217 Rn. 35) Handeln nicht strafwürdig, da typischerweise von tiefem Mitgefühl geprägt tatsächliche Konfliktlage nicht erforderlich Saliger, in: NK-StGB, 5. Aufl. 2017, § 217 Rn. 36) Angehörige, § 11 I Nr. 1 StGB

50 Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung, § 217 StGB
andere nahestehende Personen: wer in einem auf Dauer angelegten zwischenmenschlichen Verhältnis zum Suizidwilligen steht, das ähnliche Solidiaritätsgefühle wie im Angehörigenverhältnis auslöst u. von einer vergleichbaren psychischen Zwangslage geprägt ist str. bei längerfristigem Behandlungsverhältnis: nach h.M. keine Anwendung von § 217 II StGB (vgl. Saliger, in: NK-StGB, 5. Aufl. 2017, § 217 Rn. 37)

51 für eure Aufmerksamkeit!
Herzlichen Dank für eure Aufmerksamkeit!


Herunterladen ppt "Konversatorium zum Strafrecht BT I"

Ähnliche Präsentationen


Google-Anzeigen