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Interdisziplinäre Chancen der Sozialpsychologie im Bereich Interaktion und Kommunikation Wolfgang Scholl Humboldt-Universität zu Berlin DGPs Bremen, 26.-30.

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Präsentation zum Thema: "Interdisziplinäre Chancen der Sozialpsychologie im Bereich Interaktion und Kommunikation Wolfgang Scholl Humboldt-Universität zu Berlin DGPs Bremen, 26.-30."—  Präsentation transkript:

1 Interdisziplinäre Chancen der Sozialpsychologie im Bereich Interaktion und Kommunikation Wolfgang Scholl Humboldt-Universität zu Berlin DGPs Bremen, 26.-30. 9. 2010

2 2 Gliederung Kernthese und Ziel des Beitrags Die soziale Konstruktion der Wirklichkeit Paradigmatische Ergänzung der psychologischen durch die soziologische Sozialpsychologie Die Affect Control Theory als quantifizierter symbolischer Interaktionismus Sozio-emotionale Basisdimensionen Die Logik der Interdependenz Anwendungsbeispiele für fruchtbare interdisziplinäre Anregungen Fazit

3 Kernthese und Ziel des Beitrags Interaktion und Kommunikation sind in der Psychologie relativ vernachlässigt (Scholl, 2007); nur 4% der Artikel in den sozialpsychologischen Top-Journals (2001-2005) ana- lysierten beides (Zeitschrift für Sozialpsychologie: 0%). Wenn überhaupt, dann werden I & K meist individuenzen- triert behandelt, unter Verkürzung des Sozialen. Interaktion und Kommunikation werden auch in anderen Disziplinen (partiell) erforscht, besonders in Soziologie, Ökonomie und vielen angewandten (Sub)Disziplinen. Eine wechselseitige Beachtung, Bezugnahme und Über- nahme von Erkenntnissen würde nicht nur die Forschung zum Thema voranbringen, sondern besonders auch die (Sozial)Psychologie. Dazu müssen allerdings inhaltliche und methodische Paradigma-Hürden überwunden werden; Der Vortrag will dazu einen Beitrag liefern. 3

4 The Social Construction of Reality (Buchtitel von Berger & Luckmann, 1966) Aus einer phänomenologischen Betrachtung (ähnlich der von Heider) entwickelten die Soziologen Berger & Luck- mann die These, dass Menschen nicht in einer natur- gegebenen Welt leben, sondern in einer in Wort und Tat sozial konstruierten. Daher könne man menschliches Handeln und die durch Menschen geschaffenen sozialen Verhältnisse auch nur verstehen und erklären, wenn man bei ihren Konstruk- tionsmechanismen ansetzt. Zwei Annahmen der soziologischen Sozialpsychologie sind der zentrale Ausgangspunkt: –„If men define situations as real, they are real in their consequences“ (Thomas & Thomas, 1928) –„Self and society are twin born“ (Cooley, 1902), d.h. die Wechselwirkungen sind das Entscheidende. 4

5 1.Beherrschung 2.Zugehörigkeit 3.Positive Bewertung von “Mir und den Meinen” 1.Konservativismus 2.Zugänglichkeit 3.Oberflächlichkeit vs. Tiefe Die Konstruktion von Realität nach Smith & Mackie (2007) Person Umwelt Sozialer Einfluss Konstruktion von Realität Drei motivatio- nale Prinzipien Drei Verarbei- tungsprinzipien 5 Ökonomen und Soziologen könnten hier viele Anregungen bekommen!

6 Paradigmatisch: Von Lewin bis Social Cognition  V = f (P, U) Person Umwelt: Kognition Situation, Mitteilung Bezugs- personen Sozialer Einfluss Konstruktion v. Realität Verhalten 6

7 Soziale Konstruktion von Realität (in Anlehnung an Joachim Israel) Person Umwelt: Gemeinsame Taten Kognition Soziale Struktur, Kultur, Sprache Psych. SozialpsychologieSoziale Ergänzung Bezugs- personen Situation, Mitteilung en Natur, Bezugs- personen, Kultur Geteilte Konstruktion v. Realität Kommunikation Sozialer Einfluss 7 Psychologen könnten hier viel von soziolog. Sozialpsychologen lernen! V = f (P 1, P 2, P 1 x P 2, U)

8 Personal preferences Definition of the situation Symbols activate certain cultural „models“, which govern behavior regardless of individual preferences/incentives Soziale Definitionen - Ein Beispiel (Liberman, Samuels & Ross, 2004) 8 Sozial konstruiert, nicht individuell

9 9 Grundprämissen des Symbolischen Interaktionismus (nach Blumer, 1973, S. 81) Die erste Prämisse besagt, dass Menschen "Dingen" 1 gegenüber auf der Grundlage der Bedeutung handeln, die diese Dinge für sie besitzen.... Die zweite Prämisse besagt, dass die Bedeutung solcher Dinge aus der sozialen Interaktion, die man mit seinen Mitmenschen eingeht, abgeleitet ist oder aus ihr entsteht. [Ergänze: Gemeinschaftliche und gesellschaftliche Inter- aktionen normieren im Laufe der Zeit die Bedeutung der Dinge weitgehend (Heise, Stryker)] Die dritte Prämisse besagt, dass diese Bedeutungen in einem interpretativen Prozess von den Personen in ihrer Auseinandersetzung mit den ihnen begegnenden Dingen benutzt, gehandhabt und abgeändert werden. 1 "Dinge" können alles sein, Gegenstände, Menschen, Ideen; durch Wahrnehmung und Überlegung werden sie zu "Objekten". 3. vertieft: Echterhoff, Higgins, & Levine (2009). Shared reality.

10 10 Affect Control Theory als quantifizier- ter symbolischer Interaktionismus Heise (1979, 2007): „People try to experience events that con- firm their fundamental sentiments (kulturelle Bedeutungen)“ ACT ist eine Quantifizierung der Hauptideen des symbolischen Interaktionismus. Die sprachliche Konnotation liefert die gesell- schaftliche Bedeutung der Handlungen und der Rollenidentitä- ten der Akteure und Partner, und daraus lassen sich die emo- tionale Stimmigkeit ihres Handelns, die erzeugten Gefühle und die wahrscheinlichen Reaktionen mathematisch ableiten. ACT ist eine sozio-emotionale Konsistenztheorie, die besagt: Wir versuchen uns zu orientieren und unser Leben zu gestalten im Einklang mit den gesellschaftlichen Bedeutungen. Heise operationalisiert diese kulturbedingten Bedeutungen mit Hilfe des semantischen Differentials (Osgood et al., 1957), d.h. den drei Dimensionen Evaluation, Potency und Activity.

11 11 Eine Mutter lobt ihr Kind (2.8 / 2.3 / 0.2). eine Mutter (2.6 / 1.2 / 0.2) eine zufriedene Mutter (2.9 / 1.7 / -0.3) Eine Mutter, die ihr Kind lobt, bestätigt ihre soziale Identität. Zu dieser sozialen Handlung passt das Gefühl „zufrieden“ zu sein. Ein einfaches ACT-Beispiel

12 12 Eine Mutter schlägt ihr Kind. (-1.2 / 2.5 / 1.8) eine Mutter (2.6 / 1.2 / 0.2) eine zornige Mutter (-1.6 / 1.6 / 1.9) Eine Mutter, die ihr Kind schlägt, verletzt ihre soziale Identität. 3. Prämisse: Zu dieser sozialen Handlung passt das attribuierte Gefühl „zornig“, verändert die Identität der Mutter. Als passen- de Persönlichkeit bietet ACT „autoritär“ (-1.2 / 2.5 / 1.8) an. Ein anderes ACT-Beispiel + + QS: Fundamentaler – vorübergehender Eindruck Konsistenzdynamik  ACT Mathematik: Minimiere die Abweichung (QS) durch Handeln oder Uminterpretation

13 13 Aufgabe: Gegenüber drei Untergebenen mit unterschied- lichen Persönlichkeiten konnten autoritär versus demokra- tisch geprimte Vpn verschiedene vorformulierte Führungs- handlungen wählen. Anhand der Formulierungen wurden ACT-Hypothesen für Handlungen und Gefühle errechnet. Ergebnis: Die ACT-Vorhersagen korrelierten signifikant mit der Häufigkeit der gewählten Handlungen und der berich- teten, aus einer Liste ausgewählten Gefühle. TerhorstClevesEsch Handlungen Gefühle.30*.86**.33*.38*.57**.23 + (Spearman-Rangkorrelationen: ** = p<.01, * = p<.05, + = p<.10) Experimenteller Test von ACT (Schröder & Scholl, 2009) Mit ACT kann man einzelne Handlungen bzw. kommunikative Akte vorhersagen!

14 14 Affect Control Theory: Soziale Konstruktion von Realität ACT als Handlungstheorie: Handlungen, die die sozialen Identi- täten der Beteiligten bestätigen, sind wahrscheinlicher (für die handelnde Person in der Selbstverifikationstheorie enthalten) ACT als Emotionstheorie: Emotionen zeigen an, inwiefern Identitätsbestätigungen gelungen sind und sie steuern die weiteren Handlungen. ACT als Kognitionstheorie: Kulturell „unpassende“ Ereignisse lassen sich durch emotional besser passende Kognitionen um- interpretieren ACT als Sozialtheorie: Während die gesellschaftlichen Bedeu- tungen zunächst vorgegeben sind, sind wir alle doch in unse- ren täglichen Interaktionen daran beteiligt, diese Bedeutungen mit unseren Erfahrungen in Einklang zu bringen und so die emotionalen, kognitiven und praktischen Konstruktionen zu verändern (s. die 3. These von Blumer).

15 15 Die Basis von ACT: Dimensionen sozialer Wahrnehmung Die Wahrnehmung aller sozialen Aspekte basiert auf drei Dimensionen: 1. Affiliation: Ist er/sie/es freundlich, sympathisch oder feindselig? 2. Macht: Ist er/sie/es stark, dominant oder schwach? 3. Aktivierung: Ist er/sie/es aktiv, erregt oder passiv? Diese drei Dimensionen fin- den sich in der Wahrnehmung der Gefühle, in nonverbaler & verbaler Kommunikation, in Verhalten &. Persönlichkeit (Scholl, 2008).

16 16 Geneva Emotion Wheel (Scherer, 2005) Die dritte Dimension Aktivierung ist durch die Größe der Kreise ange- deutet.

17 17 Dimensionen Nonverbaler Kommunikation Typen nonverbaler Botschaften nach Mehrabian, 1969. 1.Unmittelbarkeitsreize (zur Kommunikation von Sym-/Antipathie) Berühren / Positiver Gesichtsausdruck / Geringe räumliche Distanz / Vorwärtsneigung des Körpers / Hinwendende Körperorientierung / Häufiger Blickkontakt / Kopfnicken im Gespräch. 2.Entspanntheitsreize (zur Kommunikation von sozialer Kontrolle) Unangenehmer Gesichtsausdruck (Stirnrunzeln, Ärger, Hohn) / Arme asymmetrisch / Seitwärtsneigung des Körpers / Mehr Bein- und Fußbewegungen / Beine übereinandergeschlagen oder asym- metrisch / Entspanntheit der Hände und des Oberkörpers. 3.Aktivitätsreize (zur Kommunikation von Reaktionsbereitschaft) Größeres Stimmvolumen / Variablere Intonation / Sprechge- schwindigkeit / Aktivität des Gesichts / Ausmaß der Gestik

18 good x  x  x  x  x  x  x bad kind x  x  x  x  x  x  x cruel beautiful x  x  x  x  x  x  x ugly positive x  x  x  x  x  x  x negative happy x  x  x  x  x  x  x sad strong x  x  x  x  x  x  x weak hard x  x  x  x  x  x  x soft masculine x  x  x  x  x  x  x feminine severe x  x  x  x  x  x  x lenient tenacious x  x  x  x  x  x  x yielding active x  x  x  x  x  x  x passive fast x  x  x  x  x  x  x slow excitable x  x  x  x  x  x  x calm hot x  x  x  x  x  x  x cold sharp x  x  x  x  x  x  x dull 18 Dimensionen der affektiven verbalen Bedeutung (Osgood, Suci, & Tannenbaum, 1957) Evaluation Potency Activation

19 19 SYMLOG = SYstematic Multi-Level Observation of Groups Bales, Cohen & Williamson, 1979 Dimensionen des (Gruppen-)Verhaltens

20 20 Persönlichkeit: Circumplex (Kiesler, 1983) I M A J K L N O P H G F E D C B DOMINANT SUBMISSIVE EXHIBITIONISTIC ASSURED SOCIABLE FRIENDLY WARM UNASSURED TRUSTING DEFERENT INHIBITED DETACHED HOSTILE COMPETITIVE COLD MISTRUSTING Zur Aktivierung passt als dritte Persönlich- keitsdimension „Trait arousal“ (Mehrabian, 1996) oder „Affect Intensity“ (Diener & Larsen, 1987).

21 Warum gerade diese 3 Dimensionen? 21 Fleißig Faul B A Fleißig Faul Soziales Dilemma 4 4 5 2 2 3 3 5 5 5 4 3 3 2 2 4 Affiliations- anreize: durch Kor- respondenz der Ergeb- nisse A Fleißig Faul 6 6 8 0 0 2 2 8 Aktivierung: Je größer die Ergeb- nisunter- schiede, um so größer die Akti- vierung. 3 5 4 2 4 4 5 Macht- differenz: Asymmetrie der Ergeb- nisse: Der weniger Be- troffene ist mächtiger 2 Verbindungen sind bisher ungenügend exploriert  zwischen ökonomischer Spieltheorie, soziologischer Austauschtheorie, psychologischer Interdependentheorie  zu der Art der Kommunikation, den Gefühlen (z.B. Ungerechtigkeit) sowie der Persönlichkeit  zur sozialen Definition der Situation (s. Beispiel oben) und zu den gefundenen Kulturunterschieden Es ist die Logik der Interdependenz

22 Die 3 Dimensionen als Inhalts- modell sozialer Kognitionen 22 Fiske et al. (2006): „Universal dimen- sions of social cognition: warmth and competence“ untersucht am Bei- spiel von Stereoty- pen. Kritik: Dimensionen sind korreliert. Circumplex ist bewährter. Dritte Dimension fehlt.  ACT  Mell, Scholl & Schröder Weitere Modelltests wären sinnvoll, um von „Uni- versal dimensions“ zu sprechen, z.B. zu Führungs- und Erziehungsstilen, zu Konflikthandhabung etc.

23 23 Nonverbale Akt-zu-Akt-Vorhersage mit ACT (Schröder, Netzel, Schermuly & Scholl, in Vorb.) H: Je größer die Abweichung, desto gerin- ger die Häufigkeit  Rho: -.55, p<.001 Hier bieten sich viele weitere Untersuchungen an, z.B. zu Dilemmastudien, Persönlichkeitsdimensionen etc.

24 Fazit Die Orientierung an den drei sozio-emotionalen Dimensionen eröffnen ein intra- und interdisziplinär fruchtbares, Theorien integrierendes Forschungs- feld, von der Psychologie (inkl. Neuro- & Bio-) über die Sozial- zu den Wirtschaftswissenschaften. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, ich freue mich auf die Diskussion! 24


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