Der Begriff des Kausalzusammenhangs

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Der Begriff des Kausalzusammenhangs natürlicher und adäquater Kausalzusammenhang, Unterbrechung, Kausalität der Unterlassung und hypothetische Kausalität Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Der Begriff des Kausalzusammenhangs natürlicher und adäquater Kausalzusammenhang Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Prof. Dr. iur. Walter Fellmann Kausalzusammenhang Kausalzusammenhang nennt man die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung. Im Haftpflichtrecht geht es bei der Frage des Kausal-zusammenhangs um die Beziehung zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Schaden, dem so genannten „Erfolg“. Im Schadenersatzrecht unterscheiden wir zwischen dem natürlichen Kausalzusammenhang und dem adäquaten Kausalzusammenhang. Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Natürlicher Kausalzusammenhang Zwischen einem bestimmten Ereignis und einem Schaden besteht ein natürlicher Kausalzusammenhang, wenn dieses Ereignis nicht weggedacht werden kann, ohne dass gleichzeitig der Schaden entfällt. Ein Ereignis ist demnach (Mit-) Ursache des Schadens, wenn es eine notwendige Bedingung dieses Schadens darstellt. Man spricht von einer „conditio sine qua non“. Der natürliche Kausalzusammenhang wird nach naturgesetzlichen Kriterien bestimmt. Ein absoluter wissenschaftlicher Beweis ist jedoch nicht erforderlich. Es genügt die überwiegende Wahrscheinlichkeit. Die Feststellung des natürlichen Kausalzusammenhangs ist Tatfrage. Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Adäquater Kausalzusammenhang Ein Schaden kann unzählige Ursachen haben, die alle nicht weggedacht werden können, ohne dass gleich-zeitig auch der Schaden entfiele. Der Zusammenstoss zwischen zwei Fahrzeugen um 20.31 Uhr ereignet sich nur, weil der fehlbare Lenker um 20.25 drei Strassenzüge entfernt von einem unvorsichtigen Fussgänger während 3 Minuten aufgehalten wurde. Es stellt sich daher die Frage einer rechtspolitisch vernünftigen Begrenzung der Haftung. Dazu soll die Adäquanzformel dienen: Der natürliche Kausalzusammenhang ist adäquat, wenn die betreffende Ursache nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Erfahrung geeignet ist, den eingetretenen Erfolg zu bewirken, so dass der Ein-tritt des Erfolgs als durch die fragliche Tatsache allgemein begünstigt erscheint. Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Adäquater Kausalzusammenhang Die Adäquanz eines Kausalverlaufes wird ex post beurteilt: Der Richter fragt, ob ein bestimmtes Ereignis als Ursache des eingetretenen Schadens erscheint. Man spricht von einer objektiv-nachträglichen Prognose (nicht nur in Bezug auf den Begriff ein Widerspruch in sich!) Auf die Erkennbarkeit ex ante kommt es nicht an; die Frage nach der Voraussehbarkeit hat allenfalls im Zusammenhang mit dem Verschulden eine Bedeutung. Die Aäquanz wird auch bejaht, wenn eine Ursache den Schaden nicht unmittelbar verursacht, sondern bloss andere Ursachen auslöst, die schliesslich zum Schaden führen (Sturz im Spital nach Einlieferung wegen eines Unfalls aufgrund eines Werkmangels [BGE 33 II 570 f.]). Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Adäquater Kausalzusammenhang Die Adäquanzformel bildet die Grundlage für ein Werturteil, das der Richter nach Recht und Billigkeit (Art. 4 ZGB) zu treffen hat. Bei der Adäquanztheorie geht es nicht um eine logische Kausalitätstheorie, sondern um eine wertende Zurech-nungstheorie. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts hat die Adäquanzformel im Sozialversicherungsrecht eine andere Tragweite als im Haftpflichtrecht, weil die rechtspolitische Zielsetzung eine andere ist. Die Anforderungen an die Adäquanz sind danach in der sozialen Unfallversicherung höher als im Haftpflichtrecht (BGE 123 III 113 f. [Begehrungsneurose]). Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Adäquater Kausalzusammenhang Gemäss dem Hinweis auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge und die allgemeine Erfahrung kommt es auf die generelle Eignung einer Ursache an. Das Kriterium der generellen Eignung kann dazu führen, dass der konkrete Ablauf ausser Acht gelassen und die Adäquanz trotz untypischem Kausalverlauf bejaht wird. Das Bundesgericht erklärt immer wieder auch singuläre und aussergewöhnliche Kausalzusammenhänge für adäquat (BGE 102 II 232 ff. [Kettenhund]). Die Adäquanzformel vermag daher die ihr zugedachte Funktion einer Beschränkung der Haftung oft nicht zu erfüllen, was seinerseits mit Billigkeitserwägungen begründet wird. Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Kritik an der Adäquanztheorie Der Adäquanztheorie wird entgegengehalten, sie ver-mische Verschulden und Adäquanz. Weiter wird der Vorwurf erhoben, diese Theorie schaffe keine sinnvollen Kriterien für eine Begrenzung der Haftung. Die statistische Wahrscheinlichkeit liefere nur quantitative, nicht aber die für ein Werturteil erforder-lichen qualitativen Merkmale. Die ex-post Beurteilung nach objektivierten Kriterien führe dazu, dass kaum je ein Kausalzusammenhang als inadäquat qualifiziert werde. Als Alternative wird die Normzwecktheorie vorgeschla-gen, die darauf abstellt, ob die angerufene Norm einen Schaden von der Art des eingetretenen verhindern soll. Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Der Begriff des Kausalzusammenhangs Unterbrechung des Kausalzusammenhangs Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Unterbrechung des adäquaten Kausalzusammenhangs Der adäquate Kausalzusammenhang zwischen einem Ereignis und dem Schaden gilt als unterbrochen, wenn eine andere Ursache (als „Unterbrechungsgrund“) im Kausalverlauf eine derart hohe Intensität aufweist, dass die andere (Mit-) Ursache bei wertender Betrachtung rechtlich als nicht mehr beachtlich erscheint. Grundlage für die Berücksichtigung des (groben) Selbstverschuldens als Unterbrechungsgrund bildet Art. 44 Abs. 1 OR. Zusätzlich werden die Unterbrechungs-gründe des groben Drittverschuldens und der höheren Gewalt berücksichtigt, auch wenn sie im Gesetz nicht genannt sind. Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Unterbrechung des adäquaten Kausalzusammenhangs Bei der Beurteilung sind die verschiedenen Ursachen hinsichtlich ihrer Intensität und Wesentlichkeit gegen-einander abzuwägen. Ihre Adäquanz bzw. Inadäquanz ist aufgrund eines Werturteils zu bestimmen. Bei den Gefährdungshaftungen, die den Schutz der Allgemeinheit bezwecken, werden Unterbrechungs-gründe nur mit Zurückhaltung bejaht. Einzelne Spezial-gesetze schliessen bestimmte Unterbrechungsgründe sogar ganz aus (z.B. Art. 33 RLG: grobes Drittver-schulden). Der Unterbrechungsgrund ist vom Haftpflichtigen zu beweisen. Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Unterbrechungsgründe Grobes Selbstverschulden Unterbrechungsgründe Grobes Drittverschulden Höhere Gewalt Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Grobes Selbstverschulden Ein schweres Selbstverschulden des Geschädigten, das (Mit-) Ursache des Schadens ist und dessen Intensität grösser ist, als die vom Haftpflichtigen zu vertretende Ursache, vermag den adäquaten Kausalzusammenhang zu unterbrechen. Die Anforderungen sind in der Praxis jedoch hoch. Ein gewöhnliches Verschulden führt nur zu einer Reduktion des Schadenersatzes nach Art. 44 Abs. 1 OR. Ein Selbstverschulden wird verneint, wenn es dem Geschädigten an der Urteilsfähigkeit fehlt (eine Konsequenz die unlogisch ist, wenn es nur auf die Intensität der Ursachen ankommen soll). Hier kommt allenfalls eine Schadenersatzreduktion in Analogie zu Art. 54 OR in Betracht. Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Grobes Drittverschulden Ein schweres Verschulden eines Dritten, das (Mit-) Ursache des Schadens ist und dessen Intensität grösser ist, als die vom Haftpflichtigen zu vertretende Ursache, vermag den adäquaten Kausalzusammenhang zu unterbrechen. Ein gewöhnliches Drittverschulden bildet keinen Unter-brechungsgrund, kann aber allenfalls zur solidarischen Mithaftung (Art. 50 oder 51 OR) des Dritten und später auf dem Regressweg zu einer Aufteilung des Schaden-ersatzbetrages zwischen den beiden Haftpflichtigen führen. Kein Drittverschulden stellt das Verschulden von Hilfs-personen dar, für die der Haftpflichtige einstehen muss. Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Prof. Dr. iur. Walter Fellmann Höhere Gewalt Als höhere Gewalt gilt ein unvorhergesehenes, unvorhersehbares, aussergewöhnliches Ereignis, das mit unabwendbarer Gewalt von aussen hereinbricht. Man spricht von einem zu hoher Intensität gesteigerten Zufall (als einem von menschlichem Verhalten unabhängigen Ereignis). Zu denken ist etwa an ausserordentliche Naturereignisse wie Erdbeben oder kriegerische Ereignisse. Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Prof. Dr. iur. Walter Fellmann Zufall Als Zufall gilt ein von menschlichem Verhalten unabhängiges Ereignis. Für den Zufall haftet in der Regel niemand: „nemo pro casu tenetur.“ Kausalhaftungen könne jedoch auch eine Haftung für Ereignisse umfassen, die von menschlichem Verhalten unabhängig sind, aber zum Risikobereich des Kausal-haftpflichtigen zählen. So kann sich der Halter des Motorfahrzeuges nicht mit dem Hinweis entlasten, er habe wegen Nebel nichts mehr gesehen (Rey, N 583). Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Konstitutionelle Prädisposition als besondere Art des Zufalls Als konstitutionelle Prädisposition bezeichnet man eine Anlage des Organismus des Geschädigten, die ihn für Körperschäden oder für anormale Reaktionen auf Schädigungen besonders anfällig macht. Grundsätzlich hat der Haftpflichtige den Geschädigten so zu nehmen, wie er ist, mit seinen ungünstigen Anlagen und bestehenden Leiden. Wer „einen gesund-heitlich geschwächten Menschen verletzt, hat kein Recht darauf, so gestellt zu werden, als ob er einen gesunden geschädigt hätte“ (BGE 113 II 90). Selbst wenn sich unverhältnismässige Folgen einstellen, bleibt der Unfall wesentliche (Mit-) Ursache. Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Konstitutionelle Prädisposition als besondere Art des Zufalls Die konstitutionelle Prädisposition kann aber als Um-stand, für den der Geschädigte nach Art. 44 Abs. 1 OR einstehen muss, bei der Schadenersatzbemessung als Reduktionsgrund berücksichtigt werden. Hat sich diese Prädisposition bereits ausgewirkt oder hätte sie sich auch ohne das schädigende Ereignis aus-gewirkt, wird sie bereits bei der Schadensberechnung berücksichtigt. Ein Teil der Lehre will nur noch Prädispositionen (bei der Schadensberechnung) berücksichtigen, die sich auch ohne den Unfall ausgewirkt hätten und lehnt sie im Übrigen als Reduktionsgrund ab. Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Der Begriff des Kausalzusammenhangs Kausalität der Unterlassung Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Kausalität der Unterlassung Trotz dem Grundsatz „ex nihilo nihil fit“ kann zwischen einer Unterlassung und einem Schaden ein Kausalzu-sammenhang bestehen. Voraussetzung ist jedoch, dass eine Pflicht (sog. Garantenpflicht) bestand, den Schaden zu vermeiden. Eine Pflicht zum Handeln kann sich aus dem Gefahren-satz ergeben. Hätte pflichtgemässes Handeln den Schaden verhindert, wird ein hypothetischer Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und der Unterlassung bejaht. Dass pflichtgemässes Handeln den Schaden verhindert hätte, hat der Geschädigte zu beweisen. Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Kausalität der Unterlassung Bei der Kausalität der Unterlassung wird nicht zwischen natürlicher und adäquater Kausalität unterschieden. Die Wertung erfolgt bereits bei der Prüfung des hypothe-tischen Zusammenhangs. Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Der Begriff des Kausalzusammenhangs hypothetische Kausalität Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Hypothetische Kausalität Von hypothetischer Kausalität spricht man, wenn neben der realen Ursache noch eine zweite, jedoch hypothetische (Reserve-) Ursache vorhanden ist. Das Problem konkretisiert sich im Einwand des Haft-pflichtigen, der Schaden wäre (beispielsweise aufgrund einer konstitutionellen Prädisposition) ohnehin ein-getreten. Es sind verschiedene Fallgruppen zu unterscheiden: Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Prof. Dr. iur. Walter Fellmann Die Fallgruppen Wenn der hypothetische Erfolgseintritt im Zeitpunkt des Schadenseintrittes schon zu wirken begonnen hat, ist der Einwand des Haftpflichtigen in der Regel schon bei der Schadensberechnung (durch Aufteilung) zu berücksichtigen. Wenn die hypothetische Ursache im Zeitpunkt des Schadenseintrittes zwar vorhanden war, aber noch nicht zu wirken begonnen hat, ist der Einwand des Haft-pflichtigen in der Regel bei der Schadenersatzbe-messung zu berücksichtigen. Bei Körperschäden ist eine Berücksichtigung schon bei der Schadensberechnung denkbar, wenn sich die hypothetische Ursache z.B. in Bezug auf eine verkürzte Lebensdauer ausgewirkt hätte. Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Prof. Dr. iur. Walter Fellmann Die Fallgruppen Ein Fall, der in diese Gruppe gehört, ist die überholende Kausalität. Der Pfleger spritzt ein tödliches Medikament. Noch bevor dieses wirkt, wird der Patient überfahren (Rey, N 609a). In diesem Fall haftet derjenige, der die reale Ursache gesetzt hat. Die hypothetische Ursache kann allenfalls bei der Schaden-ersatzbemessung oder - berechnung (Lebensdauer) berücksichtigt werden. War eine hypothetische Ursache im Zeitpunkt des Schadenseintrittes inexistent (Beispiel bei Rey N 612a), ist sie ohne Einfluss auf die Schadenersatzpflicht des für die reale Ursache Verantwortlichen. Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Konkurrenz von Gesamtursachen Eine Konkurrenz von Gesamtursachen liegt vor, wenn mehrere Ursachen vorhanden sind, die jede für sich allein den eingetretenen Schaden zu bewirken vermag. Kumulative Konkurrenz von Gesamtursachen liegt vor, wenn der Schaden von mehreren - unabhängig vonein-ander - bewirkt wird, aber bereits das Verhalten eines Einzelnen genügt hätte. In diesem Fall haftet jeder für den ganzen Schaden. Bei der alternativen Konkurrenz von potentiellen Gesamtursachen kommen mehrere Ursachen in Frage, es steht aber fest, dass nur eine zum Schaden geführt hat, es lässt sich aber nicht feststellen welche. Solange nicht bewiesen ist, wer den Schaden verursacht hat, haftet nach h.M. keiner. Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Konkurrenz von Gesamtursachen Ein Teil der Lehre will bei alternativer Konkurrenz von potentiellen Gesamtursachen Schadenersatz mittels der Annahme von auf Wahrscheinlichkeit beruhender Verursacherquoten zusprechen. Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Konkurrenz von Teilursachen Konkurrenz von Teilursachen liegt vor, wenn mehrere Ursachen zusammen den Schaden bewirken, eine von ihnen aber nicht genügt hätte. Haben mehrer Schädiger zusammengewirkt, haftet im Aussen-verhältnis jeder für den ganzen Schaden. Schädiger und Zufall wirken zusammen. Solange der Zufall nicht die Intensität eines Unterbrechungsgrundes hat, haftet der Schädiger für den ganzen Schaden. Berücksichtigung allenfalls bei der Schadenersatzbemessung. Schädiger und Geschädigter wirken zusammen. Solange kein grobes Selbstverschulden vorliegt, das den Kausalzusammen-hang unterbricht, haftet der Schädiger. Das Verhalten des Geschädigten wird als Herabsetzungsgrund berücksichtigt. Prof. Dr. iur. Walter Fellmann

Rechtmässiges Alternativverhalten Als rechtmässiges Alternativverhalten bezeichnet man den Einwand, der Schaden wäre auch bei recht-mässigem Verhalten eingetreten. Bei Unterlassungen deckt sich der Einwand mit der Behauptung, die pflichtwidrige Unterlassung sei keine notwendige Bedingung des Schadens. Bei Handlungen liesse sich allenfalls einwenden, Schäden die gleichermassen durch erlaubte und unerlaubte Handlungen herbeigeführt würden, würden vom Schutzzweck der Norm nicht erfasst. Beispiel: hypothetische Einwilligung des nicht aufge-klärten Patienten. Prof. Dr. iur. Walter Fellmann