Herausforderung und Chance

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 Präsentation transkript:

Herausforderung und Chance Plattform für Innovationsmanagement Zukunft der Innovation Wien, 22. Juni 2010 Soziale Innovation Herausforderung und Chance Josef Hochgerner Zentrum für Soziale Innovation

PROBLEMLÖSUNGSBEDARF IN VERSCHIEDENEN BEREICHEN

Alle Innovationen sind sozial relevant Innovationen betreffen Individuen und soziale Gruppen in ihren jeweiligen Eigenschaften, Kompetenzen und Rollen, z.B. als Konsumenten, Manager, in Verwaltung, Politik, Familien ... Zum Begriff Innovation wird allgemein „Technologie“ und wirtschaftliche Bedeutung assoziiert. Aber auch „nur“ explizit technische Innovationen haben soziale Voraussetzungen und Wirkungen. ► Akzeptanzfragen, Technology Assessment, Usability, User- participation, Open Innovation Soziale Aspekte von Innovationen in Technik und Wirtschaft werden zunehmend beachtet; darüber hinaus rücken aber auch immer mehr explizit soziale Innovationen in den Vordergrund. ► Nicht nur in Sozialprojekten, Staat und Zivilgesellschaft, sondern auch in Unternehmen. Traditionelles Verständnis, erfassen und benchmarking von Innovationen berücksichtigt die soziale Relevanz von Innovation zu wenig, soziale Innovation in aller Regel überhaupt nicht.

AUF DEM WEG ZU EINEM UMFASSENDEN VERSTÄNDNIS VON INNOVATION 1911: Joseph A. Schumpeter formuliert erstmals das Konzept von „Innovation“ – verschieden von „Erfindung“ 1922: William Ogburn beschreibt unterschiedliche Geschwindigkeiten der technischen und gesellschaftlichen Entwicklung („cultural lag“) 1930-er bis 50-er Jahre: Schumpeter‘s Ansatz wird in den Wirtschaftswissenschaften wahrgenommen; parallel gibt es vereinzelt Innovationsdefinitionen, die Neuerungen in Ritualen, Bauchtum, Verhalten („manners and mores“) umfassen (Horace Kallen, 1949) 1960-er Jahre: Die wirtschaftliche Bedeutung von (technischen) Innovationen wird zunehmend anerkannt, Studien zur Verbreitung und Durchsetzung von Innovationen zeigen die Prozesshaftigkeit von Innovationen (Rogers 1962) 1970-er Jahre und danach: Einführung der Konzepte von „Basisinnovationen“ (Gerhard Mensch, 1975), Diskussion der Rolle von Innovationen in Kondratieff-Zyklen (u.a. Leo Nefiodow 2001), von Innovationssystemen (regional, sektral, national ...; u.a. Richard Nelson 1993) 1990: Gründung ZSI in Wien; 2000: Stanford University (Grad. Business School); 2004: Toronto; 2009: Australien; ebenfalls 2009: Office of Social Innovation im Weißen Haus (USA); Erklärung von EK-Präsident Barroso zur Bedeutung von sozialen Innovationen; Herbst 2010: Grundsatz-Paper zum Thema Soziale Innovation (BEPA, Bureau of Policy Advisers, Brüssel)

„Soziale Innovationen DEFINITION „Soziale Innovationen sind neue Konzepte und Maßnahmen, die von betroffenen gesellschaftlichen Gruppen angenommen und zur Bewältigung sozialer Herausforderungen eingesetzt werden.“ Zentrum für Soziale Innovation, 2008: Impulse für die gesellschaftliche Entwicklung; ZSI-Discussion Paper 9 (S. 2) http://www.zsi.at/de/publikationen/346/4953.html

SYSTEMATIK Soziale Innovation: Eine neue, gezielte und erfolgreiche Lösung für ein soziales Problem „Erfolgreich“ heißt: Die Lösung funktioniert, wird angenommen und findet Verbreitung. Erfolgreiche Lösung (Methode) Alt Neu Soziales Problem [Erfahrungen] Innovations-potential: Adaptierung Innovation [Keine Erfahrungen] Erweiterte Anwendung: Imitation ... aber: nichts beginnt ganz neu ... ist ein verteilter gesellschaftlicher Prozess

SPEZIFISCHE MERKMALE Soziale Innovation ist eine neue gesellschaftliche Praxis, die sich an bestimmten, in einem gesellschaftlichen Diskurs über sozialen Wandel definierten Werten, Problemen und Zielen orientiert. Sie ist intentional, wird von einer Gruppe von Akteuren getragen und wird gesellschaftlich wirksam. Soziale Innovation entsteht in einem „3-I-Prozess“, nämlich von Invention (Idee [„Erfindung“] einer neuen Form sozialer Praxis), über Intervention (i. e. intendiertes Handeln, das zu neuer Praxis führt, die sich von etablierten Routinen abhebt und Widerstände überwindet), zur Institutionalisierung (Verfestigung einer neuen sozialen Praxis durch kulturelle Normen, Regelsysteme, Rollen, Organisationsstrukturen und der Einbettung in institutionelle Kontexte. Institutionalisierung ist verbunden mit Verbreitung (Diffusion), die auf Bewertung und Akzeptanz der Auswirkungen der neuen sozialen Praxis durch Zielgruppen und Betroffene beruht.

KONFORMITÄT VON SOZIALEN UND TECHNISCHEN INNOVATIONEN Im Fall von sozialen Innovationen übernehmen gesellschaftliche Gruppen die Rolle, welche der „Markt“ für Prozesstechnologien, Produkte und andere wirtschaftlich bedeutende Innovationen spielt: Die „soziale Akzeptanz“ der Innovation führt zur Verbreitung, zur Institutionalisierung und dem schließlich folgenden Verlust des Neuheitscharakters (entsprechend der Marktsättigung und dem Ende des Lebenszyklus‘ bei Produkten). Ausbreitung (Diffusion), Übernahme und Adaptierung von sozialen Innovationen erfolgen definitionsgemäß nicht in ausschließlich individuell, sondern immer in sozial geformten Lebenswelten – also beeinflusst von Wechselwirkungen in gesellschaftlichen Netzwerken („Figurationen“, Elias 1972).

BEISPIELE Soziale Innovationen in wichtigen Bereichen gesellschaftlicher Entwicklung: Bereiche gesellschaftlicher Entwicklung Beispiele von sozialen Innovationen Arbeit, Beschäftigung, Wirtschaft Bildung und Weiterbildung Technologien, Maschinen Demokratie und Politik Sozialsystem und Gesundheitswesen Diversity Management Gewerkschaften, Betriebsräte, Kollektivverträge, Sozialpartnerschaft, Managementkonzepte, Franchising, … Schulpflicht, Schulformen, pädagogische/didaktische Konzepte, technologie-unterstütztes lernen, micro-learning, ... Normen, Durchsetzung von Standards, Verkehrsregeln, Führerschein, Straßenampeln, technology assessment, … Der Staat als juristische Person, (allgemeines) Wahlrecht, Verwaltungsprozeduren, Kontrolleinrichtungen, ... Soziale Vorsorgesysteme, Formen ihrer Finanzierung (Versicherungsprinzip vs. Steuern), Gemeinschaftspraxen, … Unternehmenstheater in einem Großbetrieb zur Verbesserung von Kommunikation und Effizienz

DER ERWEITERTE INNOVATIONSBEGRIFF Die Oberfläche („primäre Wahrnehmung“) von Innovationen Mehr ↔ weniger, schneller ↔ langsamer, Wachstum ↔ Niedergang Innovationssysteme (sektoral, regional, national, international) geschlossen ↔ offen Typologie von Innovationen, inklusive sozialer Komponenten Technische Innovationen Nicht-technologische innovationen Produkte *) Verfahren *) Organi-sation*) Marke-ting*) Soziale Innovationen in Wirtschaft, öffentlichen Institutionen, Zivilgesellschaft, sozialen Milieus Stakeholder beteiligung ◊] Entscheidungs- findung (Regeln) ◊] Verhalten, Lebensstil ◊] Dominante Innovationsmuster Wirtschaftliche Zielsetzungen ↔ soziale Zielsetzungen Sozio-Kulturelle Formierung von Innovation durch zivilisatorische Grundströmungen (Wertsysteme, Gleichheit/Ungleichheit, Inklusion/Exklusion) *) „Innovation“ nach Schumpeter →„Oslo-Manual“: OECD/EUROSTAT, 2005. -- -- ◊] Indikative Beispiele

Kulturmuster, Bewusstsein und soziales Handeln Verhalten Verhaltens- änderung Handeln ... Einstellung Bewusstsein Meinung Referenzrahmen [„shifting baselines“] *) Wahrnehmungen Kulturmuster - - - Wertebasis *) Sáenz-Arroyo u.a., 2005: Rapidly Shifting Environmental Baselines Among Fishers in the Gulf of California

HERZLICHEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT ! Univ. Prof. Dr. Josef Hochgerner Zentrum für Soziale Innovation Linke Wienzeile 246 A - 1150 Wien Tel. ++43.1.4950442 Fax. ++43.1.4950442-40 email: hochgerner@zsi.at http://www.zsi.at