Chancen-gerechtigkeit im Bildungssystem Modul 4 Ungleichheiten am unteren Ende der Bildungsverteilung
Überblick Von der „Aufstiegsgesellschaft“ zu wachsender sozialer Spaltung: Ungleiche Lebensbedingungen als Bildungsbarriere Kellerkinder der Bildungsexpansion Konnten von einem allgemeinen Trend nicht profitieren Die alten Abschlüsse sind entwertet SchülerInnen mit Migrationshintergrund Berufsqualifikation der ‚Bildungsverlierer‘
Ungleiche Lebensbedingungen
Wachsende soziale Spaltung Sozialhilfe: von 90.692 (1996) auf 180.000 (2005) Armutsgefährdung liegt bei 60 % des Median-Pro-Kopf-Einkommens (in Österreich: 900 €) 420.000 Menschen (5% der Wohnbevölkerung) leben in einer verfestigten Armut (Q: Armutskonferenz) 113.000 Kinder/Jugendliche 98.000 Pensionisten/91.000 working poor 100.000 Menschen sind in Österreich nicht kranken-versichert
(60 Prozent des Medianeinkommens, das bei 1500 netto/Monat liegt). Armutsgefährdung: 900 Euro/Monat (60 Prozent des Medianeinkommens, das bei 1500 netto/Monat liegt). Quelle: Statistik Austria, 2007
GINI Index, unterschiedliche Wohlfahrtsregime
„Drei-Drittel-Gesellschaft“ Leistungsindividualisten (11 %) Etablierte Leistungsträger (15 %) Kritische Bildungseliten (9%) Engagiertes Bürgertum (10%) Zufriedenen Aufsteiger (13%) Bedrohte Arbeitnehmermitte (16%) Selbstgenügsamen Traditionalisten (11%) Autoritätsorientierten Geringqualifizierten (7%) Abgehängtes Prekariat (8%)
Bildungsarmut
Kellerkinder der Bildungsexpansion Phänomen der städtischen Ballungszentren Ländliche Regionen: 80% Hauptschule Wien: 30% Hauptschule Was vor der Bildungsexpansion „normal“ war, wird nun zum Stigma Bildung als Positionsgut Wachsende Diskrepanz zu den Anforderungen für anspruchsvolle berufliche Positionen Peer-Group Effekt: keine Rollenmodelle, die mit besserem kulturellem Kapital ausgestattet
Bildungsarmut Im 18.Jh war es noch ‚selbstverständlich’, ohne Kenntnis des Alphabets seinen Lebensunterhalt ver-dienen zu können. Im 19.Jh wird Lesen/Schreiben zu einer Einstiegsvoraussetzung. Im letzten Viertel des 20.Jhs reicht der Hauptschulabschluss allein immer weniger (Beck) PISA 2006: ca. 20% RisikoschülerInnen Schätzung: ca. 1 Mio ‚funktionelle Analphabeten‘
*) Vorgemerkte Arbeitslose einer Bildungs-ebene bezogen auf das Arbeitskräftepotential (= Arbeitslose + unselbständig Beschäftigte) der selben Bildungsebene Oktober 2008
SchülerInnen mit Migrationshintergrund
Migrationshintergrund 7% der SchülerInnen sprechen zu Hause eine andere Sprache als Deutsch; bei 10%: liegt das Geburtsland der Eltern im Ausland (2000) Kein Selbstverständnis als Einwanderungsgesell-schaft Integration vs Parallelgesellschaft 2 Problemgruppen: Inklusion Elitenkooption
Anteil SchülerInnen mit nicht-deutscher Erstsprache in Volksschule
12-jährige SchülerInnen, Staatsangehörigkeit der Eltern, VZ 2001 Haupt-schule AHS Sonder-schule noch in Volksschule Österreich 68,4% 29,6% 1,5% 0,5% Türkei 84,4% 6,8% 4,2% 4,6% Ehem. Jugoslawien 81,5% 14,2% 2,5% 1,8% Sonstige EU-15 Staaten 49,3% 48,6% 1,3% 0,8% Sonstige Staaten 59,1% 37,9% 1,2% Gesamt 69,1% 28,5% 1,6%
16-jährige SchülerInnen, Staatsangehörigkeit der Eltern, VZ 2001 Pflichtschule Lehre AHS BMS BHS Österreich 2,4% 34,3% 22,1% 13,2% 27,4% Türkei 24,4% 29,5% 10,0% 20,8% 14,0% Ehem. Jugoslawien 12,3% 34,6% 17,5% 20,2% Sonstige EU-15-Staaten 3,1% 19,6% 45,6% 10,7% 20,4% Sonstige Staaten 10,1% 13,7% 37,3% 16,8% 20,6% Gesamt 3,3% 33,8% 22,0% 13,5% 26,8%
Berufsqualifikation der ‚Bildungsverlierer‘
Sekundarstufe II Angelsächsisches Muster: ein Großteil der Altersgruppe in allgemeinbildenden Schulen Deutschsprachiges Muster: ein Großteil der Altersgruppe erhält berufliche Qualifikation Österreich: Sonderfall mit BHS A, CH, D: duales System der beruflichen Lehre
Probleme des dualen Systems Vorteil: Jugendliche aus bildungsfernen Milieu haben relativ gute Qualifikationschancen Lehrberufe sehr heterogen: Qualität der Ausbildung (z.T. billige Arbeitskraft) Chancen einschlägiger Beschäftigung Angebot an Ausbildungsplätzen von Konjunktur, Nachfrage von Demographie abhängig Sinkende Ausbildungsbereitschaft der Betriebe Ist die frühe berufliche Spezialisierung der Wissensgesellschaft angemessen?
Pause + Gruppenaufgaben Wie müsste der Mindestsockel an Bildung/Qualifikation zu Beginn des 21.Jhs definiert werden Welche Strukturreformen sind nötig, um ein Unterschreiten der Mindeststandards zu verhindern ?