Klima- und Umweltveränderungen (9) Abrupte Klimaänderungen

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 Präsentation transkript:

Klima- und Umweltveränderungen (9) Abrupte Klimaänderungen

Abrupte Klimaänderungen Eine der größten Überraschungen für die Klimaforschung in den vergangenen Jahren war die Entdeckung abrupter Klimaschwankungen im Bereich des Nordatlantiks, bei denen die Temperaturen innerhalb weniger Jahrzehnte um 10°C gestiegen sind. Ursache dafür waren höchstwahrscheinlich tiefgreifende Veränderungen der Meeresströme.

GRIP–Eisbohrkern aus Grönland Klima 230 GRIP–Eisbohrkern aus Grönland Schwankung des 18O Gehalts (und damit der Temperatur) im grönländischen Gletschereis (Summit) mit zunehmender Tiefe (links). Durch die zunehmende Verdünnung der Jahresschichten repräsentieren die oberen 1500 m des Bohr-kerns (links) ~10,000 Jahre, die unteren 1500 m dagegen über 200,000 Jahre. Die ersten 115,00 Jahre sind daher oben noch einmal in linearem Zeit-Maßstab aufgetragen. Besonders auffällig sind die stabilen Temperaturen während des Holozäns und die abrupten Änderungen zwischen kalten Stadialen und wärmeren Interstadialen während der letzten Kaltzeit (1‰ 18O  1.5°C). Der niedrigste 18O-Wert von -43 entspricht einer Temperatur von -44°C, der höchste (-35) einer Temperatur von -32°C.

Ein besonders kaltes Stadial Klima 231 Ein besonders kaltes Stadial http://volcano.und.nodak.edu/vwdocs/volc_images/ southeast_asia/indonesia/toba.html Das ausgeprägt kalte Stadial vor etwa 74 000 Jahren folgt auf den Ausbruch des Toba-Vulkans in Sumatra, mit einer Förderung von etwa 2800 km3 Tephra der bei weitem größte Vulkanausbruch des gesamten Quartärs (VEI = 8, M = 8.8) (Bildung der Sibandung Caldera) Quelle: VolcanoWorld.

Klima 232 Klimazeugen Neogloboquadrina pachyderma s. (die linksgewundene Form), eines der Lieblingstiere der Paläoklimatologen mit etwa 0.25 mm Durchmesser. Diese planktonische Foraminiferenart lebt nur in Wasser, das kälter als 10°C ist, bei einer Temperatur von weniger als 5°C bildet sie etwa 95% der gesamten Planktonfauna. Die Gehäuse bestehen aus Kalzium-karbonat. Rechts: Eine lebendes Exemplar (Quelle: University of California).

Klima 233 Klimazeugen Dryas octopetala die „Silberwurz“ kommt heute z.B. in Grönland und in den Alpen vor. Während der Kaltzeiten war sie in Europa weit verbreitet, sie ist charakteristisch für die Flora von Tundren und Kältesteppen. Nach der Erwärmung am Ende der letzten Kaltzeit (mit Rückkehr der Wälder nach Mitteleuropa) taucht sie während einer abrupten Abkühlung, der Jüngeren Dryas (für die sie namensgebend ist) wieder in ganz Europa in Pollenprofilen auf. Zu dieser Zeit verschwanden die Wälder wieder fast vollständig aus Mitteleuropa.

DOZ und Heinrich–Events Klima 234 DOZ und Heinrich–Events Die abrupten Schwankungen zwischen Stadialen und Interstadialen (links) werden nach ihren Entdeckern als Dansgaard-Oeschger-Zyklen (kurz DOZ) bezeichnet. Die kalten Phasen in Grönland korrelieren mit einem hohen Gehalt an Neogloboquadrina pachyderma s. in atlantischen Sedimentbohrkernen (rechts), sie waren also offenbar nicht auf Grönland beschränkt. Während der kältesten Stadiale müssen ganze Flotten von Eisbergen über den Nord-atlantik gedriftet sein. Sie haben ihre Spuren in Form von drop-stones am Meeres-boden hinterlassen (Mitte). Diese Ereignisse wurden (wieder nach ihrem Entdecker) Heinrich-Events getauft.

Der Nordatlantikstrom (1) Klima 235 Der Nordatlantikstrom (1) Meeresströme im Nordatlantik und deren Temperatur. Oberflächenströme (durchgezogen) und Tiefenströme (strichliert), Quelle: Science.

Der Nordatlantikstrom (2) Klima 236 Der Nordatlantikstrom (2) Der Nordatlantikstrom transportiert ~15 Millionen m3 Wasser pro Sekunde (der Amazonas ~0.2 Millionen m3/s). Der Wärme-strom nach Norden (vgl. IR Bild, oben rechts) beträgt unglaubliche 1015Watt (1 Million Gigawatt), das entspricht 30 % der Sonneneinstrahlung im Nordatlantik, nördlich von 30°N. In Norwegen sind die Jännermittel dadurch um bis zu 20°C erhöht.

Der Nordatlantikstrom (3) Klima 237 Der Nordatlantikstrom (3)

Der Nordatlantikstrom (4) Klima 238 Der Nordatlantikstrom (4) Der Nordatlantikstrom ist Teil einer weltumspannenden Zirkulationszelle, die durch das Absinken von kaltem und gleichzeitig stark salzhaltigem Wasser in Gang gehalten wird. Diese „Thermohaline Zirkulation“ reagiert empfindlich auf kleine Veränderungen des Salzgehaltes im Oberflächenwasser. Wird das Oberflächenwasser zu stark mit Süßwasser verdünnt (z.B. nach dem Ausbruch des baltischen Eisstausees), dann stoppt die Produktion von Tiefenwasser und es wird kein warmes Wasser mehr aus dem Süden angesaugt, das sonst unter Mithilfe der Westwinde Europa wärmt. Während der kalten Stadiale und auch beim „Rückfall“ in die Jüngere Dryas war diese Warmwasserheizung Europas offenbar außer Betrieb, der Golfstrom erreichte nur noch Portugal.

Klima 239 Die Jüngere Dryas Beim Über-gang von der Jüngeren Dryas zum Präboreal verdoppelten sich die Niederschlags-mengen in nur 3 Jahren. Abrupt Climate Change, R. B. Alley, J. Marotzke, W. D. Nordhaus, J. T. Overpeck, D. M. Peteet, R. A. Pielke Jr., R. T. Pierrehumbert, P. B. Rhines, T. F. Stocker, L. D. Talley, J. M. Wallace, Science, 299, 2005-2010, 2003. Beim Übergang Allerød - Jüngere Dryas sank der Methangehalt der Atmosphäre (global) von 700 auf 450 ppb. Auch im Cariaco – Becken, vor der Küste von Venezuela änderte sich das Klima drastisch (Quelle: Science). Die Jüngeren Dryas fällt in eine Zeit mit hoher Sonneneinstrahlung.

Pleistozäne Megafauna (1) Klima 240 Pleistozäne Megafauna (1) Noch vor 12,000 Jahren lebten in Europa Wollnashörner, Mammuts und Riesenelche (links oben). Mammuts wurden nachweislich von Menschen häufig gejagt (rechts oben). Säbelzahnkatzen, wie Smilodon (links), waren mit eindrucks-vollen Zähnen ausgestattet.

Pleistozäne Megafauna (2) Klima 241 Pleistozäne Megafauna (2) Vor 19,000 – 13,000 gab es in Osteuropa eine blühende Kultur von Mammut-Jägern. In Mezhirich, ~100 km südöstl. von Kiew wurden mehrere Hütten aus Mammutknochen gefunden. Dieses Exemplar hatte ein Fundament aus 43 Schädeln und „Mauern“ aus 95 Unterkiefern (links oben: J. Jelinek, links unten: Rekonstruktion im Naturkundl. Museum in Kiew). Die Knochen stammen aber nur z. T. von erlegten Tieren, sie wurden offenbar gezielt gesammelt – anderes Bau-material war nur spärlich vorhanden.

Pleistozäne Megafauna (3) Klima 242 Pleistozäne Megafauna (3) Auch in Australien war die Pleistozäne Megafauna vertreten, hier auch mit riesigen Waranen (oben, Quelle: Nature). Hier starb sie aber schon vor der Jüngeren Dryas (aber nach der Ankunft de Menschen) aus. Das Riesenwombat (Diprotodon australis), oben das Opfer, war bedeutend größer als seine heute lebenden Verwandten, wie z.B. das Nacktnasenwombat (Vombatus ursinus), rechts unten mit Kind.