VOLF Patrik, BAUBÖCK Rainer: Wege zur Integration – Was man gegen Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit tun kann. BMBWK 2001 (Drava-Verlag) Publikation.

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VOLF Patrik, BAUBÖCK Rainer: Wege zur Integration – Was man gegen Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit tun kann. BMBWK 2001 (Drava-Verlag) Publikation zu den aktuellen Zahlen: Integrationsbericht 2011 Weiss, Hilde: Leben in zwei Welten. VS 2007 Brizic, Katharina: Das geheime Leben der Sprachen. Waxmann 2007

Einleitung zu BMBWK 2001 von Rainer Bauböck (Akademie der Wissenschaften): Gleichheit, Vielfalt und Zusammenhalt – Grundsätze für die Integration von Einwanderern (S.11-41) Grundbegriffe (11-20) 1. Xenophobie, Assimilation, Integration (12-16) (2. Ausländer, Einwanderer, Minderheiten (16-20)) Leitideen (21-39) (1) Mitgliedschaft (21-24) (2) Gleichberechtigung (24-27) (3) Chancengleichheit (27-30) (4) Anerkennung (31-33) (5) Neuzuwanderung (33-37) (6) Selbstbeschreibung (37-39)

Generalthese (MS): Österreich ist längst eine Einwanderungsgesellschaft, will es aber nicht zur Kenntnis nehmen. („unerklärtes Einwanderungsland“; S.12) Ad 1. Xenophobie, Assimilation, Integration Xenophobie – „Fremdenfurcht“ (Angst vor kulturellen Unterschieden) Gibt es so was wie anthropologisches Fremdeln? Eher nein. Ein solches würde auch die institutionalisierten Diskriminierungen von Fremden nicht erklären. Ö: Fremd = ohne öst. Staatsbürgerschaft (§1 Fremdengesetz 1997) eher Fremdenfeindlichkeit, z.B. rechtliche Diskriminierung, soziale Aufstiegsbarrieren, … 2 typisch öst. Haltungen, die diese eher subtile Fremdenfeindlichkeit illustrieren: - „Integration vor Neuzuzug“ – stützt die Haltung des Nicht-Einwanderungslandes - Gelungene Anpassung bedeutet nicht Rechtsanspruch auf Staatsbürgerschaft.

Was ist Integration? Zwei Bedeutungen: Aufnahme und Zusammenhalt Ziel klar: (als vollwertig) anerkannte Mitglieder in der Aufnahmegesellschaft. Aus Fremden werden gleichberechtigte Bürger. Notwendige Begleiterscheinung: Veränderung der Aufnahmegesellschaft in ihren politischen, rechtlichen und kulturellen Institutionen. Zugegeben: kein symmetrischer Prozess! Was ist Assimilation? Einseitige Angleichung Extremste Form der Forderung nach Assimilation = Rassismus, d.h. die Exklusion bzw. Segregation all jener, denen nach Meinung der dominierenden Gruppe die Anpassung nicht gelungen ist oder nicht gelingen kann, z.B. auf Grund der Hautfarbe, … Assimilation und Segregation entlasten die dominanten Gruppen von der Zumutung sich selbst zu verändern.

ad Integration = Zusammenhalt Assimilation aber auch notwendiger und wichtiger Begriff: - individuelle Option (z.B. Verlassen der ursprünglichen Gruppe) - ungesteuerter sozialer Prozess über mehrere Generationen ad Integration = Zusammenhalt „In jeder demokratisch verfassten Gesellschaft stellt sich die Frage, wie die tiefen Gegensätze der materiellen Interessen, der Lebensweise, der ideologischen und religiösen Überzeugungen miteinander soweit versöhnt werden können, dass alle Bewohner eines Landes einander als gleiche Bürger respektieren.“ (S.15) Integration = Unterschiede als gleichwertig anerkennen (Pluralismus) Schwierige (eher unmögliche) „Versöhnung“ des Wunsches, einige Gruppen als „Fremde“ (= „Ausländer“) beizubehalten, und gleichzeitig für „Integration“ sorgen zu wollen. Indikator für ein Selbstverständnis als Einwanderungsland ist die Akzeptanz von gemischten (Bindestrich-) Identitäten; z.B. Turko- und Serbo-Österreicher (vgl. Italo-Amerikaner …)

(Ad 2. Ausländer, Einwanderer, Minderheiten) Problem der Vielfalt, auch der Begriffe Ö: „Ausländer“ als dominanter Begriff = „Fremder“ = Nicht-Zugehöriger unabhängig von Staatsbürgerschaft!!! Es gibt „Ausländer“ mit öst. Pass! Gegenforderung: Inländer ohne öst. Pass („Wohnbürgerschaft“) „Ausländer“ geht weit über die eigentliche Bedeutung hinaus; Differenz in der Staatsbürgerschaft ist aber primärer Rechtfertigungsgrund für Ungleichbehandlung

Kap. 2: Leitideen „Damit aus Zuwanderern „Landsleute“ werden, muss das Land selbst verändert werden.“ (1) Mitgliedschaft (S. 21-24) Traditionelles Konzept der Staatsbürgerschaft: entweder Geburtsort (ius soli) oder Abstammung (ius sanguinis) 5 Modelle der Mitgliedschaft 1. Klub (21f) – 2. Großfamilie (22) – 3. Kirche (22f) – 4. Gemeinde (23) – 5. Aktiengesellschaft (23f) Ad 1. Klub Die Mitglieder bestimmen, wer als neues Mitglied aufgenommen wird. Tw. in der Schweiz verwirklicht. Aber differenzierte Aufnahmeverfahren; z.B. festgeschriebenes Verfahren schränkt die Willkür ein – ungefähr öst. Verfahrensweise (kein Rechtsanspruch auf Staatsbürgerschaft!)

2. Großfamilie ius sanguinis (Abstammungsprinzip) – kein Anspruch auf St.b‘schaft trotz Geburt im Inland. Umgekehrt: Sichert den St.b‘schaft für Emigrantenkinder. Erleichtertete Einbürgerung von ausländischen Ehegatten. 3. Kirche Gemeinsames Glaubensbekenntnis; Einbürgerungsgelöbnis! Man kann nicht bei zwei Kirchen Mitglied sein! (Doppel-Staatsb‘schaften aber international üblich.) 4. Community – „Gemeindebürgerschaft“ ius soli… Radikalisierung: „Wohnbürgerschaft“: Wer hier seinen Lebensmittelpunkt hat, soll alle Rechte haben … unabhängig von der Staatsbürgerschaft! (tw. verwirklicht für EU-Bürger) 5. AG Man kann sich die St.b‘schaft kaufen … Ö: abschreckend hohe Gebühren! Kombiniertes Modell: Kombination aus ius sanguinis und ius soli; z.B. auch Tolerierung der Doppelstaatsbürgerschaft

(2) Gleichberechtigung (S. 24-27) EU und Nicht-EU macht entscheidende Differenz. Schwer zu rechtfertigen. Europäischer Wohlfahrtschauvinismus! Antwort: wieder „Wohnbürgerschaft“ (3) Chancengleichheit (S. 27-30) Marktmechanismen verschärfen soziale Ungleichheit. Ö: Soziale Mobilität der zugewanderten Gruppen erschreckend niedrig. „der blockierte Aufstieg“ (S.28) Gründe z.B. im Vergleich mit Deutschland: - niedriges Qualifikationsniveau - wenig Großbetriebe (diese ermöglichen innerbetrieblichen Aufstieg) Soziale Integration: Angleichung an soziale Statusverteilung der einheimischen Bevölkerung Niedriger Status und Armut der „Fremden“ verstärkt Tendenz zum Wohlfahrtschauvinismus. Gefahr: „Kulturalisierung“ von sozialer Ungleichheit. (MS: Besondere Gefahr in der Schule!)

Antidiskriminierungsmaßnahmen: z. B Antidiskriminierungsmaßnahmen: z.B. - Gesetze - Ethnic monitoring - genauere Erfassung der Daten: Geburtsort, Einwanderungsjahr und Herkunft der Eltern - Erhebung von Muttersprache, ethnische Zugehörigkeit u.ä. nur freiwillig! (4) Anerkennung (S. 31-33) Gefahr „Multikulturalismus“ ?? (u.U. S. 31 ganz vorlesen) Problem „Kulturalisierung“ (s.o.) – Mehrheitsbevölkerung kann durch „kulturelle“ Zuschreibungen de facto die individuellen Rechte und Freiheiten beschneiden. Man entkommt der Gruppenzugehörigkeit nicht! 3 Freiheiten: - kulturelle Muster neu interpretieren - gegen die dominante Interpretation opponieren - aus der Gruppe austreten und sich assimilieren Problematik des (staatlichen) Minderheitenschutzes – verkommt zur Förderung von Folklore; schreibt kulturelle Muster fest, die de facto nicht mehr gelebt werden. Diskussionsbeispiel: Türkisch als Unterrichtsprache? (z.B. in HTL)

zur Sprachproblematik: Forderungen - Sprachkurse (leicht erreichbar und leistbar) - Übersetzungs- und Dolmetschdienste - mehrsprachige Dienstleistungen (z.B. Krankendienste, Spitäler, Schulen: Muttersprachlehrer, … jenseits von Assimilationszwang und naivem Multikulturalismus (5) Neuzuwanderung (S. 33-37) „Die Kehrseite inklusiver Bürgerschaft heißt Kontrolle der Neuzuwanderung.“ (34) Humanitäre Forderung: Vorrang für Flüchtlinge und Familiennachzug. De facto in Ö nicht gegeben: - „Sichere Drittstaaten“ als Ort des Erstasylantrags verhindern mehr oder weniger legale Einreise von Asylsuchenden. - Kein Rechtsanspruch auf Familienzusammenführung – abhängig von Quote. Problem aller Staaten: Überhang an „illegalen“ Einwanderern. De facto nur durch Amnestie (von Zeit zu Zeit) zu lösen. (S.36) De facto Vorrang für wirtschaftliche Interessen mit der entsprechenden „Kriminalisierung“ auf beiden Seiten: „Illegale“ Arbeitskräfte und „kriminelle“ Arbeitgeber.

(6) Selbstbeschreibung Österreichs als Einwanderungsland (MS; S. 37-39) Problem der politischen Vertretung der Immigranten. Problem: In den Augen der „inländischen“ Bevölkerung bleiben „Ausländer“ „Ausländer“, auch wenn sie alle staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten als „Inländer“ erfüllen. Bedeutet: Ausschluss aus der nationalen Identität! „Österreich müsste … die Tatsache, dass es zum Einwanderungsland geworden ist, auch als Selbstbeschreibung akzeptieren.“ (S.38) 1. Bindestrich-Identitäten akzeptieren gemischte Identitäten akzeptieren – für Jugendliche im städtischen Milieu schon Normalität. Historische Dimension der gemischten Identität ist nicht die glorreiche Einwanderungsgeschichte wie in USA, Canada, … sondern die Erinnerung (Bewusst Machen der) an die historischen Katastrophen im Umgang mit ethnischen Minderheiten (Juden, Zigeuner, …) Vielleicht ein Grund für den überraschend großen Widerstand dagegen, Öst. als Einwanderungsland zu sehen.