Psychologisch-psychiatrische Sichtweisen der Klientel

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 Präsentation transkript:

Psychologisch-psychiatrische Sichtweisen der Klientel Dr. med. Thomas Knecht Psychiatrisches Zentrum Appenzell Ausserrhoden 9101 Herisau

Was fällt uns zu „Jugend“ ein? Viel Problematisches! Kriminalität Gewalt Banden Drogenkonsum Medienkonsum Verschuldung Indoktrinierbarkeit Verführbarkeit Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Wir realisieren: Der Entwicklungsweg kann in dieser Phase viele (unerwünschte) Abzweigungen nehmen. Warum dies? Es ist die Kehrseite einer umfassenden Lernfähigkeit, welche in dieser Phase ihr Allzeit-Maximum erreicht. Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

In der Tat: Mit 12 – 14 Jahren besteht im jugendlichen Gehirn das grösste Angebot an funktionstüchtigen Neuronen und Synapsen (bei Mädchen 1- 1 ½ Jahre früher als bei Jungen). Danach setzt das „Pruning“ ein (use them or lose them) In dieser Phase kann alles Mögliche gelernt werden, leider auch Unsinn (Aberglauben, Ideologien etc.) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Wofür ist denn die Jugend gut? Es ist die Phase des Lernens. Sie dauert beim Menschen länger als bei allen anderen Tierarten. Der Mensch hat mehr zu lernen: in Schule und Beruf über sich selbst über seine oekologische Nische (d.h. die ganze Welt) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Warum der Mensch so ein grosses Gehirn hat Werkzeuggebrauch? Soziales Navigieren in der Grossgruppe? Maximale Gruppengrösse proportional zum Hirnvolumen Dunbar‘s Number 150 (- 200) Für grössere Verbände sind „soziale Klammern“ notwendig, welche kulturelle Errungenschaften sind (Sprache, Religion, Gesetze etc.) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Hirnreifung = Verkabelung der höchst entwickelten Hirnareale (v. a Hirnreifung = Verkabelung der höchst entwickelten Hirnareale (v.a. Frontalhirn) Zwei gegenläufige Prinzipien im Gehirn: „Bottom-up“-System: Aggressive sexuelle Impulse etc. aus dem Hirnstamm beruhen auf dem Dopamin-System (Lustzentrum) „Top-down“-System (Kontrollsystem): Die Impulskontrolle muss von höheren Zentren (v.a. Stirnhirn) aus erfolgen. Selektive Hemmung und Enthemmung der nachgeordneten Hirnstrukturn (erst mit ca. 25 Jahren komplett)  Der Adoleszente hat ein natürliches Frontalhirndefizit! Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Die Jugend – eine wilde, turbulente Zeit J.J. Rousseau: Jugend als „zweite Geburt“ „Wir werden sozusagen zweimal geboren; einmal um zu existieren, das zweite Mal um zu leben, einmal für die Gattung und einmal für das Geschlecht ….. Wie das Meeresgrollen den Sturm ankündigt, so kündigt sich diese stürmische Umwandlung durch das Raunen der erstarkten Leidenschaften an; eine dumpfe Gärung zeigt die nahende Gefahr an. Stimmungswechsel, häufige Zornausbrüche, ständige geistige Erregung machen das Kind fast unlenkbar…. Es wird empfindlich, ohne zu wissen was es empfindet. Es ist ohne Grund unruhig…… .“ aus: „Emile“, Erziehungsroman Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Jugend als „psychosoziales Moratorium“: Ringen um Identität Gesellschaft gewährt einen Aufschub der Erwachsenenverpflichtungen; es ist jedoch nur ein selektives Gewährenlassen Der Jugendliche soll Zeit haben, sich selbst zu finden, resp. etwas aus sich zu machen. Auf diesem Weg macht er viele Erfahrungen, positive wie auch negative: - Erfahrungen mit seiner eigenen Entwicklung (Gestaltwandel, Trieberwachen etc.). - Erfahrungen mit der Aussenwelt (unvermeidlich, da er nun aus der sozialen Nische des behüteten Kindes heraustritt) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Entwicklungsaufgaben des Jugendalters (Havighurst 1953): Neue Beziehungen zu Altersgenossen beiderlei Geschlechts Übernahme der männlichen/weiblichen Geschlechtsrolle Akzeptieren der eigenen körperlichen Erscheinung emotionale Unabhängigkeit von Eltern, etc. Vorbereitung auf Ehe- und Familienleben Vorbereitung auf berufliche Karriere Erlangung eines ethischen Wertesystems Erreichen eines sozial verantwortlichen Verhaltens Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Jugendzeit als „sensible Phase“ (i. S. von Montessori) Der/die Jugendliche ist krisenanfällig aufgrund seiner/ihrer emotionalen Labilität und relativen Impulskontrollschwäche. Prototypisch ist die „narzisstische Selbstwertkrise“ Verschärfend wirken: Hohe Ideale, hohe Selbstansprüche Starke Gegenwartsorientierung Augenblicksbestimmtheit Starker Wunsch nach Unmittelbarkeit, Spontaneität, Echtheit Ausgeprägte Subjektivität (persönliche Betroffenheit); Abhängigkeit von momentaner Befindlichkeit Starkes Bedürfnis nach sozialer Nähe und Bestätigung durch Andere („Peer Group“) Gruppenabhängigkeit  Gruppendruck/-zwang Sehnsucht nach Rauscherlebnissen, nach ozeanischen Selbstentgrenzungserlebnissen und Verschmelzung Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Beglückend oder bestürzend: Die Erfahrung des eigenen sozialen Stellenwertes Heutiger Erkenntnisstand: Säuglinge sind noch weitgehend hierarchiefrei Spätestens im Kindergartenalter: „Aufmerksamkeitshierarchien“ Spätestens mit 10 oder 11 Jahren: Kameraden werden nach ihrem sozialen Status gewählt (potentieller Wert als Bündnispartner) Phänomene wie Cliquenbildung, Mobbing, etc. treten auf Später schichtspezifische Bandenbildung (vgl. Drapes vs. Squares, Punks vs. Mods) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Identitätsfindung über Gruppenzugehörigkeit Auch menschheitsgeschichtlich von Bedeutung: vgl. Stammesreligionen  Hochreligionen Gruppenidentität von Jugendlichen wird gestärkt durch: Stabile Hierarchie Initiationsrituale z.B. Mutprobe Szenesprache Kleidung Frisuren Körperschmuck Fahrzeuge Graffiti (v.a. wo Banden territoriale Ansprüche erheben) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Der Versuch von Gopnik zum Einfluss der Peer Group Gopnik liess Jugendliche mit einem Fahrsimulator riskante Strecken fahren, derweil ein MRI aufgenommen wurde. Das Belohnungszentrum in ihrem Gehirn wurde deutlich stärker aktiviert, wenn sie sich vorstellten, dass sie von ihren Freunden beobachtet würden. Gleichzeitig begannen sie, grössere Risiken einzugehen. Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Subkultur der Jugendlichen auch in der Institution Subkultur der Insassen Drogenkonsum/-schmuggel Handel und Geldverleih unter-einander Alkoholproduktion/Konsum Gassengespräche (gewalt- und drogenverherrlichend) Kampfbünde Latente Rangordnungen Gewalt, illegaler Waffenbesitz etc. Institutionskultur Mehrheitskultur Hierarchie Hausordnung Arbeitsverpflichtung Urlaubsreglung Freizeitangbote Stufenpläne etc. Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Nebenwirkung von Gruppenbildung und Hierarchisierung: Ausgrenzung von Aussenseitern Bei den subjektiv Deklassierten sind verschiedene Reaktionen, allenfalls Anpassungsstörungen möglich: Mitläufertum Anschluss an Randständige Affektive Störungen: Depression, Schulangst, etc. Suizidalität Suchtbildung (stofflich, nicht-stofflich) Antisoziales Verhalten Entwicklung in Richtung Amok / autogenes Massaker Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Brandgefährlich: Entwicklung hin zum autogenen Massaker Fünf Faktoren sind hier fast regelhaft von Bedeutung: Kritischer Reifungszustand: vgl. Altersgipfel für Gewalttätigkeit Frustriertes Statusstreben: Man erhält in der Gruppe tiefere Rangposition als angestrebt Ressentiments: Hass auf die Gruppe, der oft generalisiert wird („Welthass“) Isolation: Rückzug führt zu Serotoninmangel mit Zustandsverschlechterung Modell-Lernen: Mit Killer-Spielen und Waffengebrauch wird Rachefeldzug vorweg genommen Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Häufige Merkmale bei jugendlichen Amok-Kandidaten 95% männlich keine soziale Integration bei gesundem Selbstwertgefühl Underachiever: Soziales Versagen trotz genügender Intelligenz Tendenz zum Aggressionsstau Pessimistische Zukunftserwartung (z.B. Lehre abgebrochen) Narzisstische Selbstwertproblematik Apokalyptisches Outfit (z.B. schwarze Mäntel) Nebenrealität, wo man sich in Rächerrolle sieht Kränkungserlebnis, oftmals Auslöser für Amokvorstellungen „Wegfall der letzten Hoffnung“ durch schwere persönliche Niederlage Sog- oder Modellwirkung durch ähnlich gelagerte Fälle Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Aggression: Allgemeine Definition (von lat.: aggredi, herangehen, angreifen) Aggression ist jegliche Verhaltensform, die das Ziel hat, andere Lebewesen zu schädigen oder zu verletzen, oder Dinge zu beschädigen bzw. zu zerstören, insofern dies nicht ihre gesellschaftlich zugewiesene Aufgabe ist. Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Erklärungsansätze Triebtheoretisch: Aggression ist ein Trieb, der ab und zu befriedigt werden muss. Frustrations- Aggressions- Hypothese Aggressivität tritt auf, wenn vitale Strebungen blockiert werden. Lernen am Modell: Aggressives Verhalten orientiert sich an Vorbildern. Lernen am Erfolg: Operante Konditionierung. Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Aus: „Das sogenannte Böse“ von Konrad Lorenz (1963): „Vor allem aber ist es mehr als wahrscheinlich, dass das verderbliche Mass an Aggressionstrieb, das uns Menschen heute noch als böses Erbe in den Knochen sitzt, durch einen Vorgang der intraspezifischen Selektion verursacht wurde, der durch mehrere Jahrzehntausende, nämlich durch die ganze Frühsteinzeit, auf unsere Ahnen eingewirkt hat.“ Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Was ist für K. Lorenz das „sogenannte Böse“? Die Aggression Im Sinne von dem auf den Artgenossen gerichteten Kampftrieb von Tier und Mensch = innerartliche Aggression Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Aggressionsauslösende Bedingungen (kleine Auswahl) G. Medicus (1994) nennt rund 40 Beispiele: Behinderung beim Hungerstillen Behinderung des Sexualtriebs Komment- und Beschädigungskampf (Rivalen) Verhinderte Flucht („Angstbeisser“) Behinderung des Besitzstrebens Behinderung von Gewohnheiten Behinderung des Bewegungsdranges Unterschreiten einer kritischen Individualdistanz Überforderung Raufspiele Behinderung des Anschlussbedürfnisses Eifersucht (sozial und sexuell) Bedrohung von Frauen, Kindern, Verwandten oder Freunden Mobbing, etc. Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Die legendären Hirnreizversuche von W.R. Hess Experimente am lebenden Tier (Katze) Zur Abklärung der Beziehung zwischen Zwischenhirn und vegetativen Funktionen Wenig überschwellige elektrische Reizung des Diencephalons und angrenzender Hirnstrukturen (gewöhnlich mit 3 Spannungsstufen) Reizwirkung von ca. 3000 Stellen erfasst. Quelle: Hess W.R. (1947): Vegetative Funktionen und Zwischenhirn, Schwabe Basel Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

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Subtypen aggressiven Verhaltens 1. Impulsiv-aggressives Verhalten Ungeplant, affektiv, expressiv, offen, eher reaktiv/ defensiv Leitaffekte: Ärger, Wut, Angst 2. Instrumentell-aggressives Verhalten Kontrolliert, geplant, verdeckt, offensiv Leitaffekte: Selbstvertrauen, Machtgefühl Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Innerartliche und zwischenartliche Aggression Beispiel: Hauskatze Reizung des medialen Hypothalamus: → hochgradige affektive Erregung, Angriff erfolgt nicht auf spezifisches Ziel gerichtet. Reizung des lateralen Hypothalamus: → ruhiger, „kaltblütiger“ Angriff auf typisches Beutetier (z.B. Ratte) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Aggressionsschwelle genetisch bedingt ? Durch gezielte Zuchtwahl lassen sich Haustierrassen recht schnell auf erhöhte Aggressivität hin verändern. (Lorenz 1963) Andererseits können wild gefangene Ratten über 20 Generationen hinweg so gezüchtet werden, dass sie handzahm werden („domestiziert“). Damit verbunden ist ein erhöhter Gehalt an Serotonin und Metaboliten im Gehirn (Naumenko 1989). Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Aggressives Verhalten stärker genetisch determiniert als delinquentes Verhalten Edelbrock et al. (1995): Zwillingsstudie Aggressives Verhalten: Genetik • 60 Gemeinsame Umwelt • 15 Nicht gemeinsame Umwelt • 25 Delinquentes Verhalten: Genetik • 35 Gemeinsame Umwelt • 37 Nicht gemeinsame Umwelt • 28 Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Monoaminooxidase-A-Gen: Gen-Polymorphismen mit Auswirkungen auf Aggressivität Monoaminooxidase-A-Gen: Serotonin-Abbau Low Activity (MAO-L-Variante) → gesteigerte Aggressität COMT-Gen: auf Chromosom 22 Val 108/158 Met-Polymorphismus Falls Met statt Val: 3-4-fach reduzierte enzymatische Aktivität → mehr Dopamin im synaptischen Spalt → daneben morphologische Veränderungen (V.a. ACC) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Geschlechtsunterschiede bezüglich Aggressivität Sind Männer wirklich das aggressivere Geschlecht ? Bei physischer Aggression Ja (Ausnahme: Partnerschaftsaggression?) Bei verbaler Aggression Ja Bei indirekter Aggression Nein (üble Nachrede, sozial-manipulativ) Was macht den Unterschied? Grosse Körperkraft versus frühentwickelte soziale Intelligenz Frauen erleben ihre expressiven Aggressionsdurchbrüche schamhaft (als Kontrollverlust) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Testosteron und Aggression: Geschlechtsspezifität Beispiel: Rhesusaffen: Männchen werden auf Testosteron- Injektion deutlich angriffsbereiter. Männliche Jungtiere kämpfen spontan mehr als weibliche. Beispiel: Mäuse: Spritzt man weiblichen Neugeborenen 1 Tag nach Geburt Testosteron, findet eine Sensiti- vierung des Gehirnes statt. Spritzt man diesen Tieren später erneut Testosteron, werden sie ebenfalls hoch aggressiv. Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Testosteron, Aggression und Dominanz Bei weiblichen Strafgefangenen: Höchste T-Werte bei Frauen mit unprovozierten Gewalttaten Normale Werte bei Täterinnen mit defensiver Gewalt (Dabbs et al. 1988) Testosteron beeinflusst verbale Aggression, Maskulinität und Dominanzverhalten (Virkkunen et al. 1996) Bei Affen: Anführer einer Gruppe haben höhere T-Werte als die anderen Gruppenmitglieder Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Serotonin und Aggressivität Beim Menschen scheint Serotonin aggressionshemmend zu wirken ähnliche Befunde bei Gefängnisinsassen mit Gewaltdelikten „Serenica“-Forschung verminderter Serotonin-Spiegel bei aggressiven, antisozialen und hoch risikobereiten Rekruten Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Pheromone steuern aggressives Verhalten Männliche Mäuse attackieren fremde Männchen, die in ihr Territorium eindringen, nicht aber Weibchen Trennt man bei ihnen die sog. vomeronasalen Nerven durch, attackieren sie auch weibliche Tiere Zerstört man den Bulbus olfactorius, attackieren sie weiterhin nur Männchen Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Entwicklung der menschlichen Aggression Alter Aggressionsphänomene 4-5 Monate 2-3 Jahre anschliessend bis 10 Jahre bis 12 Jahre 12-20 Jahre Wutanfälle beobachtbar Maximum der gewalttätigen Handlungen kontinuierliche Abnahme Aggressionszunahme bei ca. 1 Drittel weitere Aggressionszunahme bei Problemgruppen Beginn der Gewaltdelinquenz (Maximum 16-18 Jahre) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Neue Einteilung: Formen von Aggression und Gewalt (Howard 2010) Appetitive impulsive violence* Appetitive controlled violence ** Aversive impulsive violence Aversive controlled violence *) Bsp. spontane Zusammenstösse zwischen Hooligans **) Bsp. Happy Slapping, Bum Hunting, Schwulenklopfen Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

FBI index arrests per 100‘000 population Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Die Hirnreifung – ein langwieriger Prozess Primär mot. Areal Primär sens. Areal Myelinisation Abschluss erst mit ca. 25 J. Ab 25 J. allmählicher Hirnzellverlust (graue Substanz) Jedoch Zunahme der Vernetzung (weisse Substanz) bis ins AHV-Alter! Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Taxonomy of antisocial behavior Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Häufige Aggressionsdelikte jugendlicher Straftäter (n. Freisleder) (Schwere) Körperverletzung eines Einzeltäters (Schwere) Körperverletzung eines Gruppentäters Tötungsdelikte Sexualdelikte (Vergewaltigung, Nötigung, Missbrauch von Kindern Brandstiftung Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Konsum von medialen Gewaltdarstellungen Faktoren, die zur Jugenddelinquenz-Zunahme in den letzten Jahrzehnten geführt haben: Konsum von medialen Gewaltdarstellungen Migration: Zwei Drittel durch Ausländer verübt Drogen und Alkohol Bildung von Jugendbanden: Bandenmitglieder verüben bis zu 10 mal mehr Delikte Rückgang der elterlichen Kontrolle Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Kinder- und jugendpsychiatrische Störungen mit aggressivem Verhalten ADHS Impulskontrollstörungen Spezielle hirnorganische Störungen Expansive Sozialverhaltensstörungen Persönlichkeitsentwicklungsstörungen Borderline-Syndrom Depressiv-suizidale Syndrome Akute schizophrene bzw. manische Psychosen Alkohol- und Drogenmissbrauch Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

64% hatten ein psychiatrische Diagnose Neuropsychiatrische Störungen bei institutionalisierten Jugendlichen (Stahlberg 2002) 64% hatten ein psychiatrische Diagnose Ohne Drogenprobleme waren es noch 53% ADHS 33 % Depression 15 % Tics (incl. Tourette-Syndrom) 3 % Geistige Retardierung 12 % Asperger Autismus 5 % Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Aufmerksamkeitsdefizits-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) Prävalenz: Kinder 6-8% Erwachsene 3-4% : 4:1 Familiäre Häufung: nachgewiesen Besondere Merkmale: Distanzlosigkeit in sozialen Beziehungen Unbekümmertheit bezüglich Gefahren Missachtung sozialer Regeln Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden Bildquelle: http://www.zuonline.ch

aufmerksamkeitsgestört Prognose:  1/3 remittieren in Adoleszenz Subtypen: hyperaktiv-impulsiv aufmerksamkeitsgestört Prognose:  1/3 remittieren in Adoleszenz  1/3 leichtere Handicaps als Erwachsene  1/3 Vollbild im Erwachsenenalter Komplikationen: Tics, Tourette-Syndrom Affektpsychosen Zwangserkrankungen Suchtleiden Cluster-B-Persönlichkeitsstörungen Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

ADHS als gewaltfördernder Faktor ADHS = Risikofaktor für Delinquentenlaufbahn! Prävalenz ADHS in Untergruppen: College Studenten 4% Eigentumsdelinquenten 40% Gewaltdelinquenten 60% Sexualdelinquenten 70% Betrüger keine Häufung! Hyperaktiv-impulsiver Typ für Forensik wichtiger. ADHS bedeutet: Delinquenz beginnt bis zu 10 Jahren früher Rückfallrisiko ist höher Typische Delikte im Adoleszentenalter Raserunfälle Drogendelikte Kreditbetrug Sexualstraftaten Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Merkmale für persistierendes dissoziales Verhalten bei Jungtätern Früher Beginn (Grenze ca. 10 Jahre) „Schwieriges Temperament“ Kindliche Störung des Sozialverhaltens (Je mehr, desto mehr) Inadäquate Erziehung Neuropsychologische Probleme (POS, ADHS, Teilleistungsstörungen) Suchen aktiv problematische Umwelten auf Dissoziale Persönlichkeitsstörung Körperliche Auseinandersetzungen schon im Kindergartenalter Ominös: Frühes aggressives Verhalten (stabiles Merkmal, vergleichbar mit Intelligenz 1 Jahr .76 5 Jahre .69 10 Jahre .60 Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Suizidalität bei Adoleszenten Suizid ist die zweithäufigste Todesursache in der frühen und späten Adoleszenz bei beiden Geschlechtern In den USA: Suizidrate Jugendlicher ist in den letzten 40 Jahren um das Dreifache angestigen Schweiz: Kein anderes Land hat unter den Adoleszenten eine höhere Suizidrate Bei den Adoleszenten überwiegen die männlichen Suizidanten um das Fünffache! Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Weitere Daten zur Suizidalität Bei Suizidversuchen überwiegen die jungen Frauen um einen Faktor 4 Rückfallsrate liegt bei Adoleszenten bei 20 - 30% innerhalb von drei bis vier Jahren (bei 10 - 15% mit tödlichem Ausgang) Höhere Gefährdung der Männer wird z.T. dadurch erklärt, dass sie sich unter Druck nicht öffnen Tiefer Gehalt an Serotonin-Metaboliten im Liquor unterstützt die Theorie der „Aggression gegen die eigene Person“ Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Phänomene der Suizidalität Vollendeter Suizid Suizid- Versuch Parasuizidale Geste definitiv appellativ manipulativ Geschlecht eher männlich eher weiblich ? Alter eher alt eher jung Methode eher hart eher weich Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Missbrauchsquoten unter jungen Menschen Nach Halperin, Bouvier, Jaffé et al. Br. Med.J. (1996) männlich ohne Körperkontakt 10,9% mit Körperkontakt 3,3% weiblich 33,8% 20,4% ABER: 40% der Missbräuche sind selbst Minderjährige! Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Paraphilien (von gr.: para=abseits, philia = Liebe) Def.: Wiederkehrende, intensive, sexuell erregende Fantasien, dranghafte Bedürfnisse oder Verhaltensweisen, die sich im allgemeinen auf folgende Items beziehen: 1. Nicht-menschliche Objekte 2. Das Leiden oder die Demütigung von sich selbst oder eines Partner 3. Kinder oder andere nicht einwilligende oder nicht- einwilligungsfähige Personen Und die über einen Zeitraum von mind. 6 Monaten auftreten Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Zeitlicher Beginn von Paraphilien Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Altersbedingte Grenzen der Pädophilie bei Adoleszenten DSM-IV, das ‚Diagnostische und statistische Manual Psychiatrischer Störungen‘ (1996) legt für die Diagnose einer Pädophilie fest: . Mindestalter 16 Jahre . Betroffener muss mindestens 5 Jahre älter sein als das Kind Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Schorsch (1973): Einige Risikomerkmale, die bei Paraphilen gehäuft sind uneheliche Geburt wenig emotionale Zuwendung in der Familie frühe Gefühle der Isolation Ängstlichkeit und Scheu in der Kindheit gehäuft sexuelle Schlüsselerlebnisse in der Kindheit und Pubertät grosse sexuelle Bedürftigkeit bei geringem sozialem Kontakt Masturbation als prädominante postpubertäre Praktik später Beginn heterosexueller Beziehungen Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Dissexualität – ein neueres Konzept Konzeptschöpfer, Klaus Michael Beier, Professor an der Charité, Berlin 1995 Seine Definition: Dissexualität ist ein im Sexuellen sich ausdrückendes Sozialversagen, gemessen an der Norm durch-schnittlich zeit- und soziokulturell erwartbarer Partnerinteressen. Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Dissexualität – sozial störendes Sexualverhalten Dieser Begriff wird in zwei Bedeutungen gebraucht (partielle Überschneidungen mit „Paraphilie“) Analog zur Dissozialität: Eine Sexualität, gleich welcher Art, die keine Rücksicht auf körperliche oder seelische Belange des Partners nimmt, dabei werden dessen Würde und Integrität verletzt. Unausgelebte Paraphilien: Diese hindern den Betroffenen daran, die von (potentiellen) durchschnittlichen Sexualpartnern gestellten Ansprüche zu erfüllen. Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Von welchem Alter an ist die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung angemessen? Dazu das ICD-10: „Persönlichkeitsstörungen treten häufig erstmals in der Kindheit oder in der Adoleszenz in Erscheinung und manifestieren sich endgültig im Erwachsenenalter. Daher ist die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung vor dem Alter von 16 bis 17 Jahren wahrscheinlich unangemessen.“ Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Diagnostische Kriterien für eine Persönlichkeitsstörung gemäss ICD-10 Deutliche Unausgeglichenheit in den Einstellungen und im Verhalten in mehreren Funktionsbereichen wie Affektivität, Antrieb, Impulskontrolle, Wahrnehmen und Denken sowie in den Beziehungen zu anderen. Das auffällige Verhalten ist andauernd und gleichförmig und nicht auf Episoden psychischer Krankheiten begrenzt. Das auffällige Verhaltensmuster ist tiefgreifend und in vielen persönlichen und sozialen Situation eindeutig unpassend. Die Störungen beginnen immer in der Kindheit oder Jugend und manifestieren sich auf Dauer im Erwachsenenalter. Die Störung führt zu deutlichem subjektiven Leiden, manchmal jedoch erst im späteren Verlauf. Die Störung ist meistens mit deutlichen Einschränkungen der beruflichen und sozialen Leistungsfähigkeit verbunden. Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Drei Cluster von Persönlichkeitsstörungen gem. DSM-IV Cluster = Gruppierung von Elementen, die untereinander wesensähnlich sind, d.h. gewisse Merkmale teilen Cluster A: „weird“ (befremdlich, exzentrisch) Cluster B: „wild“ (emotional, impulsiv) Cluster C: „worried“ (ängstlich-besorgt) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Cluster A: Paranoide Persönlichkeitsstörung Schizoide Persönlichkeitsstörung Schizotypische Persönlichkeitsstörung Cluster B: Dissoziale Persönlichkeitsstörung Borderline Persönlichkeitsstörung Histrionische Persönlichkeitsstörung Narzisstische Persönlichkeitsstörung Cluster C: Vermeidend-selbstunsichere Persönlichkeitsstörung Zwanghafte Persönlichkeitsstörung Dependente Persönlichkeitsstörung Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Diagnostische Kriterien der Dissozialen Persönlichkeitsstörung (ICD-10) Dickfelligkeit Verantwortungslosigkeit gegenüber sozialen Normen Unvermögen zur Beibehaltung längerfristiger Beziehungen Geistige Frustrationstoleranz, niedrige Aggressionsschwelle Unfähigkeit, aus negativen Erfahrungen zu lernen, fehlende Strafempfindlichkeit Neigung, andere zu beschuldigen, Rationalisierung des eigenen Fehlverhaltens Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Diagnostische Kriterien der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung (ICD-10) Grössengefühl Phantasien über unbegrenzten Erfolg, Macht, Schönheit oder ideale Liebe Gefühl der Einmaligkeit Bedürfnis nach übermässiger Bewunderung Unbegründete Anspruchshaltung Ausnützung von zwischenmenschlichen Beziehungen Mangel an Empathie Neidgefühle oder Überzeugung, beneidet zu werden Arrogantes, hochmütiges Verhalten Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Was ist machiavellische Intelligenz? Eine sozial-manipulative Kompetenz Ältere stammesgeschichtliche Wurzeln als die Schulintelligenz (welche sich vom Werkzeug-gebrauch ableitet) Setzt eine „Theory of Mind“ voraus Ermöglicht eine Instrumentalisierung des Artgenossen als „soziales Werkzeug“ zur Befriedigung der eigenen Bedürfnisse Erkennen der Machtverhältnisse in der Gruppe Allianzbildung zwecks sozialem Aufstieg Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Entwickelt sich schon früh: Fähigkeit zur Täuschung und Manipulation (La Frenière, 1988) Spielerisch: Bietet Spielzeug an, zieht es dann schnell weg (mit 19 Monaten) Defensiv: Verschüttet Milch, beschuldigt kleinen Bruder (mit 2 Jahren) Aggressiv: Beisst sich in die Hand, beschuldigt anderes Kind (mit 2 ½ Jahren) Kompetitiv: Mogelt beim Abzählspiel (mit 4 Jahren) Protektiv: Lächelt nach Erhalt eines enttäuschenden Geschenkes (mit 8 Jahren) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Prognostisch ominös: Die dunkle Triade Narzissmus Machiavellische Intelligenz Psychopathische Züge Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Psychopathy-Checklist - Youth Version: Ein breit anwendbares Prognoseinstrument Impression management Grandiose sense of self worth Stimulation seeking Pathological lying Manipulation for personal gain Lack of remorse Shallow affect Callous/lack of empathy Parasitic orientation Poor anger control Impersonal sexual behavior Early sexual behavior Lacks goals Impulsivity Irresponsibility Failure to accept responsibility Unstable interpersonal relationships Serious criminal behavior Serios violations of conditional release Criminal versatility Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Wechselwirkung Gen-Umwelt-Korrelation: passiv aktiv reaktiv Gen-Umwelt-Interaktion: Genetische Vulnerabilität, kommt durch spezifische Umweltreize zum Ausbruch (bsp. Schizophrenie) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Mütterliches Rauchen in der Schwangerschaft: Beispiel für das Wirken einer Umweltnoxe Epidemiologisch gesichert: Mehr dissoziales Verhalten, wenn Mutter in Schwangerschaft rauchte. Tatsächlich kann mütterliches Rauchen in der Schwangerschaft das Auftreten von ADHS und dissozialem Verhalten fördern ABER nur unter bestimmten Voraussetzungen: 7repeat-Allel des DRD4-Rezeptor-Gens 440-Variante beim Dopamin-Transporter-Gen (statt 480) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

Misshandelte Kinder = gewalttätige Kinder? Nicht unbedingt: Es kommt auf die genetische Ausstattung an! Der Fokus: Die Monoaminoeoxidase A (MAO-A) Falls niedrige MAO-A-Aktivität: Erhöhte Aggressivität Falls hohe MAO-A-Aktivität: Dieser Effekt wird „abgefedert“ Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

ENDE Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden