A. Univ. Prof. Dr. Wolfgang Marktl

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Dr. Peter Dobmeier Lech-Mangfall-Kliniken gGmbH
Advertisements

Akutes Nierenversagen vermeiden
Dipl.-Psych. Christoph Ehlert Psychologischer Psychotherapeut
Curriculum komplementäre Augenheilkunde
Chinesische Medizin in Bremen
Bewegungstherapie bei psychischen Erkrankungen Köln
Dr. med. Samuel Pfeifer Komplementärmedizin zwischen Heilungsanspruch und Okkultangst -- gibt es einen dritten Weg?
Naturheilverfahren: Was ist sinnvoll? Josef Beuth
„Netzwerk Medizin und Geschlecht“ an der Medizinischen Hochschule Hannover Projektleitung: Dr. phil. Bärbel Miemietz Projektkoordination: Larissa Burruano,
Seminar Medizin-Soziologie: „Komplementärmedizin“
Medizinische Psychologie
Medizinische Psychologie
WA(H)RE ALTERNATIVMEDIZIN Dr. med. Stefanie Joos Dr. med
Aversive Gegenkonditionierung
Antibiotika – Einnahme
Errungenschaften der letzten 200 Jahre
Gesund durch richtige Ernährung
TRAININGSLEHRE TRAINING.
So vermeide ich den Herzinfarkt
Erfahrungsbericht EX-IN-Praktikum auf einer Beschützten Akutstation
Arthritis Datenbank II. Med. Abteilung Krankenhaus Lainz Rheumatologie
Prof. Dr. Tilman Steinert Landespsychiatrietag Stuttgart,
Mehr Lebensfreude durch 5-Tibeter YOGA
Komplementäre Ansätze am Lebensende
VO , 2 SStd Einführung in die TCM (Traditionelle Chinesische Medizin)-Theorie und Praxis (I) Für Mediziner und Naturwissenschaftler Vortragende:
BURNOUT Mag. Ingeborg Saval
Dissoziation: Definition
Carl-von-Linde-Akademie der TUM Die Universitätsmedizin aus der Sicht der Universität Peter Henningsen Dekan der Medizinischen Fakultät der TUM.
die Wohlfühlklinik/praxis
BMH Consulting Ganzheitliche betriebswirtschaftliche Beratung
Down-Syndrom / Trisomie 21
Anwendungsgebiete der TCM
WECHSELWIRKUNG GYNÄKOLOGISCHER SYMPTOME UND WEIBLICHER SEXUALITÄT
Ganze Begutachtung für ganze Menschen. Allergien?Allergien? Haut- probleme? Haut- probleme? Müdigkeit?Müdigkeit? Schmerzen? Schlaf-störungen?Schlaf-störungen?
Essenz-Therapie® nach Elfi Oswald
® PhysioNetzwerk 2 Copyright :PhysioNetzwerk 2007 C O P D REHA Dies ist nur eine verkürzte Demo Version !! Die komplette Version stehen die Praxen im PhysioNetzwerk.
Einführung in die klinische Medizin
Praxis für klassische Homöopathie
Status Quo und Perspektiven für
Informationen zur HRV-Analyse Herzrythmusvariabilität
Ethische Aspekte der Diagnostik und Therapie depressiver Störungen
Psychotherapie bei MS P. Calabrese.
Projektkurs Physiologie, Pathophysiologie und Pharmakologie 2013 August- Dicke- Schule.
Kann man Brustkrebs vorbeugen?
Prof. Dr. Hertha Richter-Appelt
Vortrag Heilpraktikerin Manuela Ott Wiesbaden
Grundlagen der Homöopathie (aus der Sicht des Pharmakologen) Block 3, KV H. Porzig Pharmakologisches Institut.
+ Praxis/ Clinic Dr.Brenner Diagnostik/Therapie/Präve ntion Klassische Dermatologie Venenkrankheiten Lymphkrankheiten Proktologie Ästhetische Dermatologie.
Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie
„Hängen Gesundheit und Leistungs-fähigkeit unweigerlich zusammen?“
Projektpräsentation von Dr. med. Peter Hegemann
Was ist Qigong? Qigong auch (Chi Kung) genannt hat seinen Ursprung in China und wird dort seit mehr als 1500 Jahren erfolgreich praktiziert Qigong gehört.
Medizinische Schule Cottbus K13/H3 Jenna, Christin, Anne, Oliver
Arzt-Patienten-Beziehung
Oder: Wie lange dauert es, bis es mir wieder gut geht ?
Lymphtherapie im Sport
Bewegungstherapie aus der TCM – auch für Europäer sinnvoll?
Behandlungsprinzipien
„Fairness“ Auswertung des Jahresthemas 2014 / 2015
Herzgesundheit und Genetik (Cardiovascular Sensor)
18. Mai 2015 Dr. med. Cyrill Jeger-Liu, Olten
 KBS-Plätze für psychisch behinderte Menschen mit ausserordentlichem Betreuungs­­bedarf: Wie präzis kann diese Zielgruppe erfasst werden?
Institut Dunja Hauchstein – Tuina-Massage nach Traditioneller Chinesischer Medizin Erläuterungen zur TUINA-Massage Therapieform, bei der man mit besonderen.
Kann seltsam erscheinen, aber nach unserer Meinung, das Rauchen hat etwas Vorteile. Deshalb geben viele rauchende Menschen nicht Rauchen auf. So, wir.
 Sprechtherapeut/-innen sind wichtige Ansprechpartner/-innen für HNO-Tumorpatient/-innen und stellen deren psychosoziale Grundversorgung sicher.  HNO-Tumor-Patient/-innen.
Studentischer Arbeitskreis Prävention
Marktpotenzial für privaten Ergänzungsschutz (1/2)
 Präsentation transkript:

A. Univ. Prof. Dr. Wolfgang Marktl Notwendigkeit eines Dialoges zwischen Schulmedizin und Komplementärmedizin Ringvorlesung A. Univ. Prof. Dr. Wolfgang Marktl

Ganzheitsmedizin ist ein Signal für Integration von universitärer, naturwissenschaftlich ausgerichteter Medizin und Komplementärmedizin (Erfahrungsheilkunde) unter besonderer Berücksichtigung psychischer und geistiger Aspekte Signal für die Behandlung von Kranken und nicht von Krankheiten Signal für verstärkte Wahrnehmung und Erforschung komplexer und regulativer Prozesse des Organismus auf allen möglichen Erkenntnisebenen

Ganzheitsmedizin = Integration Naturwissenschaftliche Medizin Universitätsmedizin Schulmedizin Lehrmedizin Technokratische Medizin Apparatemedizin Organmedizin Experimentelle Medizin Konventionelle Medizin Erfahrungsheilkunde Naturheilkunde Komplementärmedizin Alternativmedizin Biologische Medizin „Sanfte“ Medizin Regulationsmedizin Empirische Medizin Unkonventionelle Medizin psychische und geistige Aspekte

Indikationsschwerpunkte Naturwissenschaftlich ausgerichtete Medizin Erfahrungsheilkunde (komplementäre Methoden) Psychosomatik im weitesten Sinn Lebensbedrohende, akute Erkrankungen Chronische Krankheiten Rehabilitation Befindensstörungen, funktionelle Erkrankungen Leidenszustände

Akute, schwere Erkrankung Chronische Erkrankung Chronische Leiden Befindensstörungen Klinik, Krankenhaus ———— Praxis, Ambulanz Erkrankung plötzlich Erkrankung langdauernd Kausalität meist klar Kausalität oft unklar Vorwiegend somatische Probleme Häufig auch psychische Probleme Abhängigkeit des Patienten gegeben Aktivität des Patienten nötig Professionalität des Arztes wichtig Menschlichkeit des Arztes wichtig Zeitdruck Zeitüberschuss Oft Einwegkommunikation Dialogische Kommunikation Arzt im Team Arzt als Partner Naturwissenschaftliche Medizin Dialogischer Prozess Erfahrungsheilkunde

Naturheilkundliche Basistherapie Normalisierung (Regeneratio) z.B. Regulationstraining (Regularisierung) autoregulativer Prozesse Kreislauf Atmung Bewegungsapparat Wärmehaushalt Stoffwechsel Endokrinium Sexualität Bewältigungstrategien Rhythmisierung von Lebensprozessen (Chronotherapie) Schonung (Detoxicatio) z.B. Erholung Schlaf Entspannung Vermeidung von Disstress Umweltgiften falsche Ernährung Konflikten zivilisationsbedingte Noxen (Rauchen, Alkohol, UV-Strahlung, Überernährung) Entgiftung Ausscheidungs-prozesse (Niere, Haut, Lunge) Darmsanierung Ausleitungsverfahren Fastentherapie Schwitzkuren Trinkkuren Kräftigung (Alteratio) z.B. Abwehrsteigerung durch Sauna, Eigenbluttherapie oder echinaceahaltige Immunmodulatoren Leistungssteigerung Wachstums- und Fortpflanzungsprozesse fördern Motivationssteigerung Selbstbestimmung und Zuversicht steigern

Determinanten des Reiz - Reaktionsprinzips Reizqualität/Modalität (taktil, thermisch, arzneilich) Reizintensität (Größe, Reizfläche) Reiztopographie (Ort, Verteilung) Reizdauer (permanenter Reiz usw.) Reizintervall (Reizfolge) Reizzeitpunkt (Tageszeit) Reaktion Reaktionsausgangslage Reaktionstyp konstitutionelle Merkmale genetische Merkmale Persönlichkeitsfaktor Lebenszeit (Alter) Geschlecht Reaktionsstruktur Reaktionsebene nach: D.Melchart et al: Naturheilverfahren, S. 40, Schattauer Verlag 2002

„Klassische“ Naturheilverfahren Ernährungstherapie, hierzu zählen: Vollwertkost und ihre Verwandten Rohkost einschließlich Teilfasten totales Fasten nach Buchinger Mayr-Fasten Schroth-Kur Sonderdiäten Atem- und Bewegungstherapie, einschließlich Massageverfahren wie: klassische Massage manuelle Lymphdrainage Reflexzonenmassage (Bindegewebsmassage, Segmentmassage, Periostbehandlung, Kolonbehandlung) Unterwasser-Druckstrahlmassage Hydro- und Thermotherapie, hierzu zählen: Waschungen Güsse Wickel und Packungen Kräuterbäder Luftbäder Überwärmungsbäder Sauna Dampfbäder Phytotherapie, einschließlich der Wirkungsweisen und Heilanzeigen der wichtigsten Heilpflanzen und der Behandlung mit Wirkstoffkomplexen Ordnungstherapie (Gesundheitstraining), einschließlich Entspannungverfahren

„Erweiterte“ Naturheilverfahren ausleitende Verfahren (Aderlass, Schröpfen, Blutegeltherapie, diaphoretische, diuretische, laxierende und emmenagoge Verfahren) Symbioselenkung, besser mikrobiologische Therapie Neuraltherapie Thalassotherapie (Klimatherapie) Lichttherapie (Heliotherapie) Elektrotherapie

Überblick über komplementärmedizinische Verfahren Akupressur Akupunktur Alexander-Technik angewandte Kinesiologie Anthroposophische Medizin Aromatherapie Autogenes Training Ayurveda Chirotherapie kraniale Osteopathie Umweltmedizin »Healing« Pflanzenheiltherapie Homöopathie Hypnose Massage Meditation »Naturopathy« Ernährungstherapie Osteopathie Reflextherapie Reiki Relaxation und Visualisierung Shiatsu »therapeutic touch« Yoga

„Erfahrungsheilkunde“ I Bewegung: Manuelle Medizin (Chirotherapie), Osteopathie, Physiotherapie, Gymnastik, Tuina, Tai Ji, Qi Gong, Feldenkrais, Ismakogie etc. Ernährung: Nahrungszusammensetzung, Diätetik, Vitamine, Spurenelemente, Enzyme, F.X.Mayr-Kur, Symbioselenkung, ein- und ausleitende Verfahren etc. Pflanzen: Phytotherapie, Bachblüten „Energetische“ Methoden: Physikotherapie, Elektrotherapie, Magnetfeldtherapie, niederenergetische Bioinformation (Bioresonanztherapie), Kinesiologie, Physioenergetik, Biofeedback Homöopathie, Homotoxikologie

„Erfahrungsheilkunde“ II Regulation: „Heilanästhesie“, Neuraltherapie, Akupunktur, Elektroakupunktur, Reflexzonentherapie etc. Kneipp-Therapie, Hydrotherapie, Balneo- und Klimatherapie, Sauerstoff- Ozontherapie. Chronobiologische Verfahren Traditionell: Anthroposophisch erweiterte Medizin, Traditionelle chinesische Medizin, indische Medizin (Ayurveda), tibetische Medizin

Einteilung komplementärmedizinischer Verfahren nach Wirkfaktoren nach Melchart biochemische Wirkfaktoren (z.B. Ernährungstherapie, Phytotherapie) biomechanische Wirkfaktoren (z.B. Massage) bioenergetische Wirkfaktoren (z.B. Homöopathie, Kinesiologie, Bioresonanz) lebenstilbezogene Wirkfaktoren Bei manchen komplementärmedizinischen Verfahren kommen mehrere Wirkfaktoren zum Einsatz (z.B. TCM oder Ayurveda)

Interesse an Naturheilverfahren weibliches Geschlecht überrepräsentiert bevorzugt jüngere Familien und Menschen in der Lebensphase von 30 - 40 Jahren Patienten mit chronischen Erkrankungen Patienten mit gutem Gesundheitsverhalten Menschen mit höherem Bildungsniveau als der Bevölkerungsdurchschnitt

Auswertung gepoolter Antworten von 211 Patienten (Wien, München, Exeter) Nr. Frage: Warum lassen sich Menschen Ihrer Meinung nach naturheilkundlich behandeln ? % positiver Antworten 1 Weil sie von der Schulmedizin enttäuscht sind 31,8 2 Weil sie darin ihre letzte Hoffnung sehen 37,9 3 Weil sie nicht wirklich krank sind 4,3 4 Weil sie einen Hang zum Mystischen haben 8,1 5 Weil sie sich besser verstanden fühlen wollen 28,1 6 Weil sie von allen Möglichkeiten Gebrauch machen wollen 57,8 7 Weil sie bereits gute Erfahrungen damit gemacht haben 8 Weil sie nebenwirkungsfrei behandelt werden wollen 47,9 9 Weil es extra kostet 3,8 nach E.Ernst

Anwendungshäufigkeit komplementärmedizinischer Verfahren durch Ärzte Komplementäre Heilmethoden Tatsächliche Anwendung (%) Gewünschte Anwendung (%) Phytotherapie 51,9 12,9 Neuraltherapie 40,3 11,0 Homöopathie 39,7 18,7 Akupunktur 36,1 33,9 Chirotherapie 27,1 19,7 Aderlass 22,3 0,6 Eigenblutbehandlung 21,0 4,5 Spezialdiäten 16,5 6,8 Fußsohlenreflexmassage 8,1 7,4 Besprechungen 6,1 1,3 Ozontherapie 3,2 Zytoplasmatische Therapie 2,9 Trockenzelltherapie 2,3 Regenerationstherapie 1,9 Homotoxinbehandlung 1,6 1,0 Schröpfkuren

Komplementäre Heilmethoden Befürwortung vs Anwendung komplementärmedizinischer Verfahren durch Ärzte Komplementäre Heilmethoden Befürwortung (%) Anwendung (%) Orthopädie 81,8 73,7 Arbeitsmedizin 80,0 - Nervenheilkunde 77,5 36,6 Dermatologie 76,2 57,1 Allgemeinmedizin 70,6 56,7 Gynäkologie 64,6 47,9 HNO 64,0 44,0 Anästhesie 63,9 30,6 Innere Medizin 61,7 36,9 Augenheilkunde 60,5 25,6 Kinderheilkunde 55,0 30,0 Radiologie 52,0 4,0 Chirurgie 43,8 23,6 Urologie 26,7 13,3 in: D.Melchart et al: Naturheilverfahren, S. 20, Schattauer Verlag 2002