Deskriptive Entscheidungstheorie

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 Präsentation transkript:

Deskriptive Entscheidungstheorie 10 Ausgewählte Ergebnisse der empirischen Entscheidungsforschung

Gliederung 10 Ausgewählte Ergebnisse der empirischen Entscheidungsforschung 10.1 Das Allais-Paradoxon 10.2 Fehler bei der Bildung subjektiver Wahrscheinlichkeiten 10.3 Fehler bei der Bewertung und Entscheidung 10.4 Vermeiden von Entscheidungen 10.5 Soziale Effekte

Rationales Entscheidungsverhalten Als zentrale normative Rationalitätsforderungen wurden genannt: - die Zukunftsorientierung - die Transitivität - die Invarianz der Entscheidung gegenüber der Darstellungsweise - die Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen.

Reales Entscheidungsverhalten Die meisten Menschen verstoßen bei ihren Entscheidungen gegen eine oder mehrere dieser Forderungen. Sie können weder mit mehreren Zielen noch mit Unsicherheit so rational umgehen, wie gefordert.

Reales Entscheidungsverhalten Die Menschen verlassen sich beim Entscheiden auf ihre Intuition, eine Art unbewusstes, automatisches System, welches schnell und relativ mühelos entscheidet. Dabei benutzen sie Heuristiken (heuristics) (Problemlöseverfahren, Daumenregeln) und unterliegen bestimmten Vorurteilen (biases) und Irrtümern (fallacies).

Reales Entscheidungsverhalten Menschen sind in der Realität mit sehr komplexen und unsicheren Entscheidungen konfrontiert, müssen sich mit anderen Menschen abstimmen und stehen häufig noch unter Zeitdruck. Daher ist es in gewisser Weise rational, sich von den Forderungen der normativen Theorie zu lösen. Manchmal führt die Intuition aber auch zu eindeutig schlechten Entscheidungen und das reflektierende System sollte die Intuition korrigieren.

10.1 Das Allais-Paradoxon Eine Prämisse der Risikonutzentheorie ist das Unabhängigkeitsaxiom. Die Präferenz zwischen zwei Lotterien oder einer Lotterie und einem sicheren Betrag darf sich nicht ändern, wenn ich zu den Alternativen etwas Identisches hinzufüge.

Das Allais-Paradoxon Ich lege einem Entscheider zwei Alternativen vor: a) mit Sicherheit 3000 € b) mit einer Chance von 80% 4000 € und mit einer Chance von 20% gar nichts Die meisten Entscheider bevorzugen die Alternative a), sind also risikoscheu.

Das Allais-Paradoxon Dann lege ich ihm folgende Alternativen vor: a´) 3000 mit 25% Wahrscheinlichkeit und 0 mit 75% Wahrscheinlichkeit b´) 4000 mit 20% Wahrscheinlichkeit und 0 mit 80% Wahrscheinlichkeit Jetzt entscheiden sich die meisten für die zweite Möglichkeit, also b´.

Das Allais-Paradoxon Das ist deshalb nicht rational, weil die Alternativen a´und b´ aus den Alternativen a und b hervorgegangen sind, indem ich beide mit einer dritten Alternative c kombiniert habe. a´und b´wurden aus a und b hergestellt durch die folgende Erweiterung: 0,25 x a oder 0,75 x c 0,25 x b oder 0,75 x c, mit c = sicherer Betrag von 0

Das Allais-Paradoxon a´ist damit also 0,25 x 3000 oder 0,75 x 0 b´ist 0,25 x (0,8 x 4000 oder 0,2 x 0) oder 0,75 x 0 kürzer: 0,2 x 4000 oder 0,8 x 0 4000 3000 0,8 0,25 0,25 0,2 0,75 0,75

Das Allais-Paradoxon Der Entscheider ändert also seine Präferenz, obwohl die beiden Ursprungsalternativen nur in identischer Weise umgeformt wurden. Beim ersten Alternativenpaar kommt es zum Sicherheitseffekt. a wird bevorzugt, weil diese Alternative sicher ist. Beim umgeformten Alternativenpaar sind beide Möglichkeiten unsicher. Dann wählt der Entscheider lieber den höheren Gewinnbetrag. Das widerspricht dem Unabhängigkeitsaxiom.

10.2 Fehler bei der Bildung subjektiver Wahrscheinlichkeiten Verfügbarkeitsfehler (availability bias) Die Wahrscheinlichkeit/Häufigkeit eines Ereignisses wird höher geschätzt, wenn man schnell Beispiele präsent hat. Präsent ist bspw., was in den Medien eine Rolle spielt oder was mit Emotionen verbunden ist oder wofür wir ein effektiveres Suchverfahren kennen. Man stützt seine Schätzungen häufig auf viel zu kleine Stichproben, oft auf nur ein Beispiel.

Fehler bei der Bildung subjektiver Wahrscheinlichkeiten Rückschaufehler (Hindsightbias) Wenn ein Ereignis bekannt geworden ist, überschätzen Menschen in der Rückschau die Vorhersehbarkeit dieses Ereignisses. Man kann sich ex post nicht mehr in die Situation des „Nichtwissens“ zurückversetzen und objektiv schätzen, für wie wahrscheinlich man selbst dieses Ergebnis gehalten hätte.

Fehler bei der Bildung subjektiver Wahrscheinlichkeiten Repräsentativitäts-Heuristik Beispiel: Linda ist 31 Jahre alt, sie ist überdurchschnittlich intelligent und hat in Philosophie promoviert. Während des Studiums hat sie sich gegen die Diskriminierung von Minderheiten eingesetzt und an Anti-Atom-Demos teilgenommen. Welche Aussage halten sie für wahrscheinlicher: a) Linda arbeitet in einer Bank b) Linda arbeitet in einer Bank und setzt sich aktiv für Frauenrechte ein?

Fehler bei der Bildung subjektiver Wahrscheinlichkeiten Repräsentativitäts-Heuristik Die meisten Menschen halten b) für wahrscheinlicher, obwohl rein logisch die Wahrscheinlichkeit für zwei zusammengesetzte Ereignisse nie größer sein kann als die für eines dieser Ereignisse alleine. Wir denken in Mustern, Schemata, Idealtypen und schließen von einzelnen Merkmalen auf dieses Muster, ergänzen im Kopf Merkmale, die wir gar nicht wissen können. Ein oder wenige Merkmal(e) sind in unseren Augen repräsentativ für eine Grundgesamtheit.

Fehler bei der Bildung subjektiver Wahrscheinlichkeiten Das sog. Szenariodenken beschreibt ein ähnliches Phänomen. Für uns ist oft ein Gesamtszenario von mehreren Ereignissen plausibler und erscheint damit wahrscheinlicher als die Einzelereignisse je für sich. Dabei müssten die Einzelwahrscheinlichkeiten eigentlich multipliziert werden, was zusammengesetzte Ereignisse auf jeden Fall unwahrscheinlicher macht.

Fehler bei der Bildung subjektiver Wahrscheinlichkeiten Ebenfalls in diese Fehlergruppe passt der Spieler-Irrtum (gambler´s fallacy). Die meisten halten die Wahrscheinlichkeit für „Kopf“ beim Münzwurf für höher, wenn zuvor einige Male „Zahl“ gefallen ist. Sie haben ein Muster vor Augen, wie eine zufällige Abfolge aussehen sollte, und in diesem Muster kommt es nicht vor, dass bspw. 5 mal hintereinander „Zahl“ fällt. Mathematisch ist die Wahrscheinlichkeit bei jedem neuen Wurf wieder 0,5.

Fehler bei der Bildung subjektiver Wahrscheinlichkeiten Basisraten-Fehler (base rate fallacy) Die Statistik besagt, dass in den USA 85% der Beschäftigten Verkäufer sind. Jetzt soll ich die Wahrscheinlichkeit dafür schätzen, dass Lucy Bibliothekarin oder Verkäuferin ist und bekomme noch folgende Informationen über sie: Sie ist schüchtern und hilfsbereit, trägt eine Brille, lebt alleine und ist sehr ordnungsliebend.

Fehler bei der Bildung subjektiver Wahrscheinlichkeiten Die meisten tippen auf Bibliothekarin und vernachlässigen die a priori-Wahrscheinlichkeit oder Basisrate von 85% Verkäufern. Unsere Vorstellung von einer typischen Bibliothekarin wirkt stärker als die statistischen Daten.

Fehler bei der Bildung subjektiver Wahrscheinlichkeiten Umkehrung bedingter Wahrscheinlichkeiten Wenn man heroinsüchtig ist (Bedingung), dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass man auch schon Erfahrungen mit sog. weichen Drogen (z.B. Haschisch) gemacht hat. Daraus kann nicht gefolgert werden: Wenn jemand Haschisch konsumiert (Bedingung), dann wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit heroinabhängig. Viele Menschen machen aber genau diesen Fehler.

Fehler bei der Bildung subjektiver Wahrscheinlichkeiten Verankerung und Anpassung Soll man irgendeine Größe schätzen, dann fängt man oft mit einem Wert an, den man gerade zur Verfügung hat (Anker) und tastet sich dann durch Veränderung dieses Wertes an den Schätzwert heran. Schätzen Sie, wie viele Einwohner Köln hat. Ankerwert: Trier mit ca. 100.000 E; Köln ist um einiges größer, also ca. 500.000 E. Ankerwert: Berlin mit ca. 3,4 Mio. E.; Köln ist um einiges kleiner, also ca. 1,5 Mio. E.

Fehler bei der Bildung subjektiver Wahrscheinlichkeiten Verankerung und Anpassung Tatsächlich sind es ca. 1 Mio. Einwohner. Geht man von einem kleinen Ankerwert aus, fällt die Schätzung häufig zu klein aus. Bei einem großen Ankerwert ist die Schätzung oft zu hoch. Der Fehler liegt darin, dass der (zufällige) Anker einen zu großen Einfluss hat und zu wenig angepasst wird.

Fehler bei der Bildung subjektiver Wahrscheinlichkeiten Solche Anker können bewusst gesetzt werden, etwa als unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers. Von dort ausgehend sieht der Ladenpreis oft günstig aus.

10.3 Fehler bei der Bewertung und Entscheidung Präsentations- oder Framing-Effekte Die Menschen lassen sich durch die Darstellung, die „Rahmung“, von Informationen stark in ihren Entscheidungen beeinflussen. Bei der Entscheidung für oder gegen eine Operation kann man das Risiko verschieden darstellen: a) Von 100 Patienten sind 90 nach 5 Jahren noch am Leben. b) Von 100 Patienten sterben 10 innerhalb von 5 Jahren. Bei welcher Darstellungsweise entscheiden sich wohl mehr Personen für die Operation?

Fehler bei der Bewertung und Entscheidung Präsentations- oder Framing-Effekte Für die Zuverlässigkeit von Daten aus Befragungen ist sehr kritisch, dass schon die Formulierung der Frage einen erheblichen Effekt auf die Antwort hat: a) Leiden sie häufig unter Kopfschmerzen? (Durchschnittliche Antwort: Ja, ca. 2,2 x die Woche). B) Leiden sie gelegentlich unter Kopfschmerzen? (Durchschnittliche Antwort: Ja, ca. 0,7 x die Woche)

Fehler bei der Bewertung und Entscheidung Präsentations- oder Framing-Effekte kann man sich gezielt zunutze machen, bspw. bei der Präsentation von Preisen. Kreditkarte 20 € Aufschlag Normalpreis Barzahlung 18 € Rabatt

Fehler bei der Bewertung und Entscheidung Referenzpunkt-Effekte Die Menschen bewerten Dinge und Ereignisse nicht absolut, sondern relativ zu einem Referenzpunkt. Eine Gehaltserhöhung von 50 € kann bspw. als gut gewertet werden, wenn man nicht damit gerechnet hat oder als schlecht im Vergleich mit einer erwarteten Erhöhung von 100 €. Ein als gut empfundenes Gehalt kann auf einmal schlecht erscheinen, wenn man erfährt, dass eine Kollegin deutlich mehr verdient.

Fehler bei der Bewertung und Entscheidung Referenzpunkt-Effekte Als Unterfall der Referenzpunkt-Effekte gilt der Besitztumseffekt. Die meisten Menschen bewerten Dinge, die sich in ihrem Besitz befinden deutlich höher als die gleichen Dinge, wenn sie sich nicht in ihrem Besitz befinden.

Fehler bei der Bewertung und Entscheidung Besitztumseffekt Nach der ökonomischen Theorie messe ich einer Sache einen bestimmten Wert zu. Wenn mir eine Tasse bspw. 10 € wert ist, dann muss es mir egal sein, ob ich für eine Tasse, die ich besitze, 10 € bekomme oder mir für 10 € eine Tasse kaufen kann. Kauf- und Verkaufspreis müssten nach ökonomischer Theorie eigentlich identisch sein. Tatsächlich liegt der Verkaufspreis oft um das Doppelte höher als der Preis, den der Entscheider selbst maximal für die Sache ausgeben würde. Die Sache ändert ihren Wert alleine durch den Besitz.

Fehler bei der Bewertung und Entscheidung Ebenfalls zu den Referenzpunkt-Effekten zählt die Verlustaversion. Menschen hassen i. A. Verluste viel mehr als sie Gewinne schätzen. Ob etwas ein Gewinn oder Verlust ist, wird vom Referenzpunkt aus bestimmt.

Fehler bei der Bewertung und Entscheidung Beispiel: Wieviel würden sie höchstens zahlen, um die Gefahr einer schweren Erkrankung um 1% zu senken? Wieviel müsste man ihnen geben, damit sie eine 1%ige Erhöhung des Risikos einer schweren Erkrankung auf sich nehmen? Typischerweise verlangen die Menschen ca. 10mal mehr für die 1%ige Erhöhung des Risikos, als sie selbst für eine 1%ige Senkung zahlen würden. Die Risikoerhöhung wird vom Referenzpunkt ausgehend als Verlust empfunden, die Risikosenkung als Gewinn. Es gibt keinen festen Wert für „1% Krankheitsrisiko“.

Fehler bei der Bewertung und Entscheidung Verlustaversion Die Verlustaversion hat auch Einfluss auf die Risikofreude. Bei einem möglichen Gewinn sind die meisten risikoscheuer als bei einem möglichen Verlust. Die Verlustaversion kann man sich beim Framing von Entscheidungen zunutze machen.

Fehler bei der Bewertung und Entscheidung Intransitive Bewertungen Eine Grundforderung an eine rationale Bewertung ist die Transitivität, also wenn a > b und b > c dann a > c. Vergleicht man A und B, dann ist der Unterschied im IQ nicht deutlich. Augrund der Berufserfahrung ist B besser. Vergleicht man B und C gilt C als besser. Bei einem Vergleich von A und C wird dann aber der IQ-Unterschied fühlbar und A gilt auf einmal als besser im Vergleich mit C. Kandidat IQ Berufserfahrung A 120 1 Jahr B 110 2 Jahre C 100 3 Jahre

Fehler bei der Bewertung und Entscheidung Berücksichtigung von sunk costs Die normative Theorie fordert eine reine Zukunftsorientierung. Es darf nur zählen, was ich durch die Entscheidung noch ändern kann. Die meisten Menschen entscheiden auch danach, was sie bereits in eine Alternative investiert haben und halten bspw. zu lange an wenig aussichtsreichen Projekten fest.

10.4 Vermeiden von Entscheidungen Unterlassungseffekt (omission-bias) Den meisten Menschen erscheint es riskanter, etwas zu tun als nichts zu tun. Auch bei der moralischen Bewertung von Handlungen wird eine Unterlassung weniger kritisch beurteilt als eine Aktivität. Praktische Auswirkung: Kaum jemand verändert die Standardeinstellungen bei technischen Geräten.

Vermeiden von Entscheidungen Status-Quo bias Viele Menschen behalten gerne bei, was sie kennen (Markentreue, Wiederwahl des Amtsinhabers, Ausbildung von Routinen,…). Das kann wiederum mit dem Unterlassungseffekt zusammenhängen (Änderungen sind Aktivitäten), mit dem Besitztumseffekt, der Verlustaversion und/oder der Aversion gegen Unsicherheit.

Vermeiden von Entscheidungen Bestätigungstendenz (confirmation-bias) Viele Menschen behalten gerne ihre einmal gebildete Meinung bei. Sie nehmen selektiv nur bestätigende Informationen wahr und glauben diese ohne weitere Prüfung. Gegenteilige Informationen werden ausgeblendet, bezweifelt und abgewertet. Die einmal gültige Meinung hat sozusagen Bestandsschutz.

10.5 Soziale Effekte Während die normative Theorie den Menschen intellektuell überschätzt, wird er zugleich „charakterlich“ unterschätzt. Reale Menschen sind weit weniger auf die Maximierung ihres Eigennutzes fixiert, als es die normative Theorie unterstellt. Ihr Handeln ist (auch) am sozialen Miteinander orientiert.

Soziale Effekte Investitionen in Gerechtigkeit Die meisten Menschen haben ein starkes Gespür für Fairness und eine Aversion gegen Ausbeuter. Sie sind bereit, Geld in die Bestrafung solcher Ausbeuter zu investieren.

Soziale Effekte Vertrauen Reale Menschen verhalten sich vertrauensvoller und vertrauenswürdiger als es die ökonomische Theorie vorsieht.

Soziale Effekte Öffentliche Güter Viele Menschen investieren entgegen der ökonomischen Theorie auch in öffentliche Güter und kooperieren zur Hebung des Gemeinwohls, insbesondere wenn Trittbrettfahrer entlarvt und bestraft werden können. Reziprozität Reale Menschen handeln sehr stark nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit. Entscheidungen sind in einen sozialen Kontext eingebunden.

Soziale Effekte Herdentrieb Sowohl die Wahrnehmung von Daten als auch Bewertungen und Entscheidungen sind sehr stark davon geprägt, was unsere Mitmenschen sehen, wie sie urteilen und was sie tun. Was „alle“ meinen oder tun hat großen Einfluss auf unser Denken und Handeln.