Dem Karpfen auf der Spur

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Dem Karpfen auf der Spur Radiotelemetrische Untersuchungen am Zuchtkarpfen, Cyprinus carpio carpio morpha domestica, während der Winterung Christian Bauer Mit der Leertaste oder per Mausklick bewegen Sie sich durch die Präsentation. Mit Esc können Sie die Präsentation jederzeit beenden. Ökologische Station Waldviertel

Untersuchung der Karpfenwinterung Was machen die Karpfen im Winter und warum ist es wichtig darüber Bescheid zu wissen? Zum einen ist der Winter eine Notzeit für unsere Zuchtkarpfen. Niedrige Wassertemperaturen, Sauerstoff- und Nahrungs-mangel können zur ernsten Bedrohung werden. Für den Karpfenzüchter und Teichwirt ist der Winter daher ein sensibler Abschnitt des Jahres, der das Risiko von hohen Verlusten unter den Fischen mit sich bringt. Eine optimale Winterung ist von großer praktischer Bedeutung für die Teich-wirtschaft. Zum anderen sind die Erkenntnisse über das Winterungs-verhalten der Karpfen spärlich und teilweise weit über hundert Jahre alt. Das dürfte nicht zuletzt an den schwierigen Beobachtungs-bedingungen in den zugefrorenen Teichen liegen. Moderne radiotelemetrische Methoden können hier neue Erkenntnisse liefern und zu einem eingehenderen Verständnis des Winterungsverhaltens von Karpfen beitragen. Bis heute wird weithin die Meinung vertreten, dass sich die Karpfen bei abnehmenden Wassertemperaturen am Grund der Teiche sammeln und dort nahezu reglos und bei ganz geringem Stoffumsatz den Winter überdauern. Man bezeichnet diese Sammelstellen als das Winterlager der Karpfen. Diese Vorstellung lässt sich mindestens bis ins Jahr 1869 zu Wenzel Horak zurückverfolgen und dürfte wohl noch wesentlich älter sein. Ökologische Station Waldviertel

Radiotelemetrie – eine hochentwickelte Technik Bei der Radiotelemetrie wird ein Versuchstier mit einem Peilsender ausgerüstet, dessen Signale über ein Empfangsgerät eine Positionsbestimmung ermöglichen. Im Zuge der Untersuchungen wurde 31 Karpfen von einem Tierarzt ein Peilsender in die Leibeshöhle eingepflanzt. Mit diesem Hilfsmittel kann während des Winters die Position jedes einzelnen Fisches zu jedem beliebigen Zeitpunkt ermittelt werden. Die Methodik der Senderimplantation kommt seit mehr als 20 Jahren weltweit bei Fischen zum Einsatz. Sie ist hochentwickelt und schonend, sodass die Fische in der Regel keinen Schaden nehmen. Der Sender selbst wiegt 10,3 g. Zu den Untersuchungen wurden dreisömmrige Karpfen mit einem durchschnittlichen Gewicht von 1700 g herangezogen. Die Arbeiten wurden selbstverständlich im Einklang mit dem Tierversuchsgesetz durchgeführt. Beim Peilen im Winter Der radiotelemetrische Sender: Dieses Modell wurde für den Einsatz bei Fischen konzipiert. Die Position des Senders in der Leibeshöhle des Karpfens. Die Antenne verlässt die Leibeshöhle durch einen eigenen Kanal. Ökologische Station Waldviertel

Verhalten der Karpfen in der ungestörten Winterung Die Rechtecke markieren die Aufenthaltsbereiche der besenderten Karpfen im jeweiligen Monat. Verhalten der Karpfen in der ungestörten Winterung Der ursprüngliche Zweck der Untersuchungen war das Aufspüren eines Winterlagers, in dem die Karpfen den Winter reglos am Grund des Teiches überdauern. Es stellte sich jedoch bereits im ersten Winter heraus, dass die Hypothese des Winterlagers zumindest überdacht werden muss. Sie sehen oben die Aufenthaltsbereiche der besenderten Karpfen während des ersten Untersuchungswinters von November bis Februar. Obwohl im Teich optimale Überwinterungsbedingungen herrschten, die Karpfen also ruhig im Lager stehen sollten, ist deutlich zu erkennen, dass die Karpfen einen großen Teil des Teiches auch während des Winters nutzten. Trotzdem kam es, verglichen mit der warmen Jahreszeit, natürlich zu einer Aktivitätseinschränkung der Fische. Gemieden wurden zum Beispiel die seichten Uferbereiche. Diese Einschränkung der Aktivität und des Lebensraumes waren jedoch als Hinweise für ein Winterlager im klassischen Sinn nicht ausreichend. In den anderen Beobachtungswintern war die Situation in diesem Teich entsprechend. Das klassische Winterlager, das ja meist als relativ stabile Ansammlung einer größeren Anzahl von Fischen beschrieben wird, könnte als eine Extremform der winterlichen Lebensraumeinschränkung interpretiert werden. Eine derart starke Einschränkung kommt wohl am ehesten in sehr kleinen Teichen und in Hälteranlagen vor. Ökologische Station Waldviertel

Die Reaktion der Karpfen auf Sauerstoffmangel Die Abwanderung von Karpfen in Bereiche mit besserer Frischwasserversorgung als Reaktion auf Sauerstoff-mangel wurde schon verschiedentlich beschrieben. Im Zuge der Untersuchungen des Winterungsverhaltens konnte während zweier Winter die Reaktion der Karpfen auf Sauerstoffmangel unter dem Eis radiotelemetrisch dokumentiert werden. Im Dezember 1999 als der Gehalt an gelöstem Sauerstoff nicht unter 8,2 mg/l lag, befanden sich die besenderten Karpfen im dammnahen tieferen Abschnitt des Teiches. Ab Ende Dezember 1999 bis Mitte Jänner 2000 sank der Gehalt an gelöstem Sauerstoff auf 0,6 mg/l. Die Karpfen reagierten mit einer Ausweichwanderung in den seichten Bereich in der Nähe des Zulaufes, wo frisches, sauerstoffreiches Wasser in den Teich floss. Der Bewirtschafter öffnete an mehreren Stellen die Eisdecke und begann mit Belüftungsmaßnahmen, was den Sauerstoffgehalt anhob. Bis Ende Jänner stieg der Sauerstoffgehalt auf 4,0 mg/l an. Im Februar erreicht der Gehalt an gelöstem Sauerstoff Werte bis 16,6 mg/l. Die Karpfen wanderten zurück in den mittleren Teichabschnitt. Zwischen den relativen Positionsdistanzen* und dem Sauerstoffgehalt besteht ein signifikant negativer Zusammenhang (r2 = 0,336; lineare Regression p < 0,05). Das bedeutet, wie auch aus der nebenstehenden Grafik ersichtlich ist, dass die Aktivität der Karpfen mit dem Absinken des Sauerstoffgehalts steigt. * Entfernung zwischen zwei aufeinander folgenden Positionsbestimmungen Ökologische Station Waldviertel

Mögliche Auswirkungen der Senderimplantation Ein besenderter Karpfen nach überstandenem Winter. Der max. Gewichtsverlust während des Winters betrug 4,0 %. Die Röntgenaufnahme zeigt die Lage des Senders im Körper des Karpfens. Sie hat sich während des Winters nicht verändert. Mögliche Auswirkungen der Senderimplantation Die Auswirkungen der Senderimplantation auf die Versuchs-fische wurden ebenfalls untersucht. Die Ergebnisse bestätigen die hervorragende Eignung der Methode. Von 31 Karpfen sind lediglich zwei verendet. In beiden Fällen ist die Ursache mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in der Besenderung zu finden. Vergleicht man die Gewichtsverluste der Versuchstiere von max. 4 %, mit den in der Literatur für Überwinterungen angegebenen Werten von 1,1- 15,6 %, so kann das als deutlicher Hinweis auf die gute Verträglichkeit der Senderimplantation durch die Karpfen gewertet werden . Der Sender verursachte im Körper des Karpfens keinerlei Schäden an den Organen der Leibeshöhle. Auch kam es zu keinerlei Senderverlusten oder Erkrankungen nach der Operation. Mikroskopische Aufnahme der Gewebskapsel um den Sender. Vergrößerung ca. 400fach, Färbung H&E; Der Sender wird im Körper des Karpfens von einer Gewebskapsel umschlossen. Das ist jenem Vorgang vergleichbar, der auch bei Implantaten in der Humanmedizin beobachtet werden kann (z.B. Herzschrittmacher). Die Kapsel enthält Fibroblasten, Erythrocyten, Leukocyten und Lymphocyten in einer Gewebsmatrix. Ökologische Station Waldviertel

Teichwirtschaft Kinsky, Heidenreichstein Danksagung Institut für Hydrobiologie, Fisch- und Bienenkunde der Veterinärmedizinische Universität Wien Klinik für Röntgenologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien Operateur: Dipl. Tzt. Mag. Thomas Weismann Teichwirtschaft Kinsky, Heidenreichstein Teichwirtschaft Fischer-Ankern, Kirchberg am Walde Finanziert wurde das Forschungsprojekt von BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft BM für Bildung, Wissenschaft und Kultur Land Niederösterreich Land Steiermark Ökologische Station Waldviertel

Ökologische Station Waldviertel Gebharts 33, Postfach 43, 3943 Schrems Tel.: 02853 / 78207, Fax: 02853 / 78463 E-mail: oekostat.waldv@aon.at http://members.aon.at/oekostat Copyright © 2003, Christian Bauer