Rolle und Aufgabenverständnis des Vormunds nach der Reform 2011/12

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
des Pestalozzi-Fröbel-Verbandes 2011
Advertisements

Qualitätsmanagement, individuelle Behand- lung und Beratung
Kleine Kinder in stationären Hilfen – Forschungsergebnisse
Kinder- und Jugendhilfe-weiterentwicklungsgesetz KICK
Jugendhilfe Schule.
NetO³ - 3. Netzwerktag Osterode am Harz
Jugend für Berlin Jugendarbeit an Schulen Zusammenfassung
Integrierte Versorgung im Kontext Gemeindepsychiatrischer Verbünde
30. Sept. 2008Karl Gertler in der Fachtagung LAGF 1 Familienbildung in der örtlichen Jugendhilfe Potential und notwendige Weichenstellungen: Wie intensiv.
öffentlicher Gesundheitsdienst
Gemeinsam für junge Beschäftigte: JAV & Betriebsrat
Eltern- und Schülerpartizipation bei der Schulprogrammarbeit
Internationale Fachkonferenz zur Umsetzung der VN-Behindertenrechts- konvention in der Praxis Diakonie RWL und Evangelische Fachhochschule RWL, Bochum,
Jugendhilfe im Strafverfahren
professioneller Akteur
Herzlich Willkommen! Hort Mühlschule
Kindesschutz in der Jugendhilfe Ein grundsätzlicher Themenüberblick
Arbeitsgruppe 6: Tagesbetreuung für Kinder C. Katharina Spieß DIW Berlin und FU Berlin Professur für Familien- und Bildungsökonomie 22. Februar 2013.
FEEDBACK Kinder- und Jugendbericht 2010 Eine Initiative des Netzwerks Kinderrechte Österreich.
Was kleine Kinder brauchen, um stark zu werden
Präventionswegweiser e.V.
Elemente struktureller Prävention in der Jugendarbeit Entwicklung präventiver Strukturen in der Jugendarbeit der EKvW.
Es ist normal, anders zu sein
Quelle: stiftungfuerzukunftsfragen
Zentrum Bayern Familie und Soziales Bayerisches Landesjugendamt.
Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
Motivation Motivation begünstigt die Erreichung hochgesteckter Ziele, da motivierte Mitarbeiter sich zielstrebig, initiativ und ausdauernd verhalten. Ist.
Perspektive Gemeinwesen? Prof. Dr. Albrecht Rohrmann
„Der Blick des Jugendamtes auf Kindeswohlgefährdung bei häuslicher Gewalt und die Schnittstelle zwischen richterlichem Beschluss und jugendrechtlicher.
1 Perspektiven der Elternarbeit an Musikschulen Eltern als Partner, Helfer und Mitstreiter © Bundes-Eltern-Vertretung 2009.
Vielfalt tut gut – Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie und kompetent. für Demokratie – Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus Von 2007 bis.
Sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen
Genderorientierte Berufsorientierung – ohne Eltern geht das nicht!
Kinderschutzgesetz – Inobhutnahmen – und was dann?
Das neue FamFG – rechtliche Grundlagen
© Deutsches Rotes Kreuz, Kreisverband Rostock e.V. Familienbildungsstätte, Rostock, E.-Andre-Str – ,
Rat beschließt am „Neuen Übergangssystem“ teilzunehmen
Vortrag und Praxisbeispiel zum Fachtag: Gesellschaft macht Prävention!
Initiative Jugend und Chancen – Integration fördern Schulverweigerung – Die 2. Chance Informationsveranstaltung 16. Mai 2008, Berlin.
Erläuterung der Schnittstellenproblematik aus juristischer Sicht
1,2,3 – Die Jüngsten im Blick Ein Projekt zur Kompetenzstärkung von Fachkräften in Krippen und Kindertagesstätten Susanne Viernickel Sandra Richter Alida.
Die ambulanten Hilfen zur Erziehung (HzE)
Unsere Ansprüche an gute BR-Arbeit - wo stehen sie geschrieben?
„Erwartungen des Jugendamtes“
Interdisziplinäres Euregionales Symposium N.Miessen
ALTERNATIVEN ZUR GU GU UND KEIN ENDE? EXPERTINNENGESPRÄCH AM , MAINZ DR. FRIEDHELM HÖFENER.
„Eine eigenständige Jugendpolitik für Deutschland“
„ A u f g e f ä c h e r t “ : Öffentliche Soziale Leistungen im Landratsamt Würzburg
Home BAS – JugendhilfeHome Home BAS – JugendhilfeHome Betreutes Wohnen für Kinder, Jugendliche und junge Eltern Betreutes Wohnen für Kinder, Jugendliche.
Klaus Eichhorn Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht
Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken
Gemeinsam für junge Beschäftigte: JAV & Personalrat
Dr. Bettina Leonhard, Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V.
Barrieren der Inanspruchnahme von Hilfen und Leistungen der Behindertenhilfe in Deutschland Rechtliche Ansprüche und ihre Umsetzung aus Sicht des Landesbehindertenbeauftragten.
Netzwerkfachtag „Kinderschutz – (k)ein Thema für die Arbeit mit Schwangeren und werdenden Eltern?“ Strategien und Handlungsansätze des Jugendamtes zur.
Strukturen und Arbeitsweisen des Amtes für Jugend und Familie des Landkreises Würzburg H. Gabel, Sozialamtsrat Leiter 10/08 1.
Herzlich Willkommen! Hort Mühlschule
Intensiv betreute „Therapeutische Wohngemeinschaft“ der VILLA Störtebeker (Reintegration) Projekt des KARUNA Netzwerks für ambulante sowie stationäre Jugendhilfe.
1 Perspektiven der Elternarbeit an Musikschulen Eltern als Partner, Helfer und Mitstreiter © Bundes-Eltern-Vertretung 2009.
Referenten: Nicole Jahn Jan Krannich Marén Weisner Katja Wetzel
§ 72a SGB VIII erweiterte Führungszeugnisse
Herzlich Willkommen zur Informationsveranstaltung „Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Ausländern – Herausforderungen, Voraussetzungen und Chancen“
Prozessbeschreibung Stand:
Partizipation im Übergang – gemeinsam gestalten
Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher Ziele – Regelungen – Umsetzung Stand:
Integrierte Sozialplanung im Landkreis Bad Tölz – Wolfratshausen Seniorenpolitisches Gesamtkonzept Stabsstelle Integrierte Sozialplanung Landkreis.
Zusammenhänge zwischen eingreifender, leistender und “ermöglichender” Verwaltung: Am Beispiel des Jugendamtes Lt Koch; OFR Gerdeman.
Jugendhilfe wirkt nur als Ganzes gut
Fachtagung anlässlich des 15-jährigen Bestehens der Kinder- und Jugendschutzdienste in Thüringen am 16. Juni 2009 Kooperation Kinder- und Jugendschutz.
Herzlich Willkommen zum Workshop
 Präsentation transkript:

Rolle und Aufgabenverständnis des Vormunds nach der Reform 2011/12 Köln, den 05.07.12

Merkmale traditioneller Vormundschaftsführung Vormundschaft als Mündelverwaltung Kind als Objekt Amtsvormundschaft als vorrangiges Organisationsprinzip Hohe Fallzahlen Trennung von Betreuung/ Beziehung zum Mündel und administrativer Vormundschaft Ausblenden alternativer Formen des Führens einer Vormundschaft

Die Reform des Vormundschaftsrechts Ziel Persönlichen Kontakt zwischen Mündel und Vormund stärken _______________________________________ Einzeländerungen Monatlicher Kontakt mit dem Mündel (§ 1793 Abs. 1a BGB) Persönliche Förderung der Erziehung (§ 1800 S.2 BGB) Jährliche Berichtspflicht über Besuchskontakte ( § 1840 Abs. 1 S.2 BGB) Einbeziehung des persönlichen Kontakts in die Aufsicht durch das Familiengericht (§ 1837 Abs. 2 BGB) Fallzahlbegrenzung des Amtsvormunds auf 50 Mündel (§ 55 Abs. 2 SGB VIII) Anhörung des Mündels vor Bestellung des Vormunds (§ 55 SGB VIII) ________________________________________ Inkrafttreten: 05.07.2011 ( § 1837 Abs. 2 BGB und § 55 Abs.2 SGB VIII: 05.07.2012)

Wesentliche Folgerungen für die Vormundschaft Kinder und Jugendliche stehen mit ihren individuellen Bedürfnissen und Rechten im Mittelpunkt Persönliche Präsenz des Vormunds: Das Führen der Vormundschaft setzt eine kontinuierliche Beziehung zum Kind/Jugendlichen voraus Entwicklung eines konsistenten professionellen Rollenbildes Handeln als Fachkraft im Spannungsfeld zwischen eigenen Werten und Interessen des Mündels Fallverstehen und Erwerb von Deutungswissen

Die Bedeutung der Subjektstellung des Kindes/Jugendlichen Recht auf Beteiligung und Respektierung des kindlichen Willens Sicherung und Schutz des Kindeswohls Aufklärung des Kindes/Jugendlichen über seine Rechte und Verpflichtungen Durchsetzung der Interessen und Rechtsansprüche des Kindes/Jugendlichen Befriedigung der grundlegenden Bedürfnisse (basic needs) des Kindes/Jugendlichen Förderung der Erziehung des Kindes/Jugendlichen

Rollenelemente des Vormunds (Haupt)Bezugsperson und Ansprechpartner Schutzinstanz Interessenvertreter Leitinstanz im Blick auf die Förderung der Erziehung des jungen Menschen Sicherstellung der materiellen Versorgung Rechtliche Vertretung

Autorität im Hintergrund Kontrolleur und Wächter Mögliche Aufgabenverständnisse in der Vormundschaft (nach: Hansbauer u.a., Vormundschaft in Deutschland, S. 345ff) Autorität im Hintergrund Kontrolleur und Wächter Anwalt des Kindes Fürsorgliche(r) Freund(in) Zuverlässiger Verwalter

Merkmale einer Vormundschaftsgestaltung nach der Reform 2011/12 Das Kind als Subjekt eigener Rechte und Interessen Vormundschaft als Prozess der Beteiligung von Kindern Schwerpunkt der Vormundschaft die Beziehungsarbeit mit dem Kind Klares Rollen- und Haltungskonzept des Vormunds Amtsvormundschaft als eigenständiges, unabhängiges Fachgebiet im Kontext der Jugendhilfe Keine Aufgabentrennung und Verlagerung auf andere Fachdienste Zulassen von Einzel-, Vereins- und Berufsvormundschaften außerhalb des Jugendamts

Herausforderungen für die Vormundschaft nach der Reform 2011/12

Qualitätsentwicklung Strukturqualität Prozessqualität Ergebnisqualität Organisatorische Rahmenbedingungen für eine verantwortliche Aufgabenwahr-nehmung Geeignete und notwendige Aktivitäten, um das Ziel der Vormundschaft zu erreichen (hier vor allem: Beteiligungs-qualität) Erfolg oder Misserfolg aus der Perspektive der Beteiligten

Persönliche Grundeinstellungen des Vormunds Kooperationsbereitschaft Flexibilität Belastbarkeit Verantwortungsbereitschaft Fähigkeit zur interdisziplinären Zusammenarbeit Respekt vor der Person des Kindes/Jugendlichen Selbstverständnis als Interessenvertreter des Kindes/Jugendlichen Kongruentes, beteiligungsorientiertes Verhalten

Vormundschaft im Kontext fachlicher und rechtlicher Entwicklungen Kinderrechte Kinderschutz Inklusion Aufnahme eines Grundrechts für Kinder in die Verfassung (s. Entschließung des Bundesrates vom 25.11.2011) Umsetzung des Bundeskinderschutz-gesetzes vom 01.01.12 (Beschwerderechte, Qualitätsentwicklung, Recht auf Beratung) Umsetzung der UN-Behindertenrechts-konvention vom 26.03.2009 (Recht auf Entwicklung für alle Kinder in einem neuen § 27 SGB VIII)

Versuch eines Fazits Nach der Reform des Vormundschaftsrechts 2011/12 ist der Vormund unabhängiger Interessenvertreter von Kindern/Jugendlichen. Er fördert ihre Erziehung und Entwicklung im persönlichen Kontakt und beteiligt sie an seinen Entscheidungen. Der Vormund ist in seiner Amtsführung unabhängig und nur der Aufsicht des Familiengerichts verpflichtet. Er kooperiert mit den anderen Beteiligten und kennt seine Grenzen und Verantwortlichkeiten. Als Fachkraft für die Vertretung von Kindern/Jugendlichen hat er ein klares Rollenbild und eine Haltung, die von Respekt gegenüber Kindern/Jugendlichen geprägt ist.

Quellen Rüting, W., Qualifizierung für Vormundschaften, Weiterbildung der FH Münster, unveröffentl. Manuskript LJÄ Rheinland und Westfalen, Qualitätsstandards für Vormünder, 2010 Salgo,L./Zenz,G., (Amts-)Vormundschaft zum Wohle des Mündels – Anmerkungen zu einer überfälligen Reform, FamRZ 2009, S. 1378 Hansbauer,P./Mutke, B./Oelerich,G., Vormundschaft in Deutschland, leske+budrich Verlag, Opladen, 2004 Willutzki, S., Die Änderung des Vormundschaftsrechts ZKJ 5/6 2012