MIGRATION UND GESUNDHEIT

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 Präsentation transkript:

MIGRATION UND GESUNDHEIT Die nationale und internationale Datenlage Josef Wallner, AK Wien 22.10.2015

Übersicht Hintergrund: Warum und für wen ist der Zusammenhang Migration und Gesundheit wichtig? Migration in Österreich (Exkurs: Asylmigration in Österreich und EU) - und ihre Bedeutung. AK-Wien Literaturstudie Migration und Gesundheit. Subjektiver Gesundheitszustand. Chronische Erkrankungen und Lebensqualität. Gesundheitslage bei Kindern und Jugendlichen. Migration und Zugang zum Gesundheitssystem. Einflussfaktoren auf Gesundheit (soziokultureller Hintergrund, Arbeitswelt, der Faktor Diskriminierung). Was nun tun?

Hintergrund: Warum und für wen ist der Zusammenhang Migration und Gesundheit wichtig? Lebensqualität und sozialer Frieden hängen wesentlich von sozialer Sicherheit in einer Gesellschaft ab. Funktionieren, Leistbarkeit von und Zugang zu Gesundheitssystem und Möglichkeit gesunder Lebensführung ist integraler Bestandteil der sozialen Sicherheit. In Gesellschaft mit 20%, in Ballungsräumen bis 40% MigrantInnenanteil ist auch für das Gesundheitssystem entscheidend, dass keine Spaltung der Gesellschaft stattfindet, um Gesamtfunktionalität aufrecht zu erhalten. Wenn sich jedoch Rahmenbedingungen (zB Qualität der Arbeitsplätze, Einkommenslage, Ausbildung, kultureller Hintergrund) für bestimmte Gruppen (zB generell sozial schlechter Gestellte, für bestimmte Berufe oder für MigrantInnen) anders gestalten, muss gesondert hingesehen werden, um Zusammenhalt des Gesamtsystems für alle weiterhin garantieren zu können.

Migration in Österreich (Exkurs: Asylmigration in Österreich und EU) und ihre Bedeutung 20 % der Bevölkerung hat Migrationshintergrund. MigrantInnen zählen überdurchschnittlich zu jenen, die sozial schlechter gestellt sind, in unsicheren Arbeitsverhältnissen stehen bei schlechterer Bezahlung und größerer Gesundheitsbelastung am Arbeitsplatz. Bildungslage ist stärker polarisiert: Hoher Anteil von nur Pflichtschule aber gleichzeitig bei manchen Gruppen auch hoher AkademikerInnenanteil. Unterschiedliche kulturelle Prägungen im Umgang mit Gesundheit. Asylzuwanderung bringt neue Herausforderungen: Hoher Anteil schwer traumatisierter Personen. Erfordert Behandlung, sonst folgt daraus auch soziales und wirtschaftliches Problem.

AK-Wien Literaturstudie Migration und Gesundheit 1 AK Wien und BM für Gesundheit haben 2014 gemeinsam die „Gesundheit Österreich“ mit einer Literaturstudie zum Thema „Migration und Gesundheit“ beauftragt. Ziel: Übersicht über (ausgewählte) internationale und nationale Daten- und Forschungslage zum Thema. Daraus sollten - soweit möglich - erste Handlungsempfehlungen für die Praxis und für weiteren Forschungsbedarf abgeleitet werden können. Gleichzeitig wurden auch österreichische Gute-Praxis-Projekte zu Migration und Gesundheit gesammelt. http://wien.arbeiterkammer.at/interessenvertretung/arbeitsmarkt/Migration_und_Gesundheit.html

AK-Wien Literaturstudie Migration und Gesundheit 2 Definition Migrationshintergrund: idR: Eigene Migrationserfahrung oder Migration der Eltern. Internationale und nationale Datenlage: Verwendet unterschiedliche Definitionen. Der Begriff „MigrantInnen“ und „Migrationshintergrund“ folgt in der ausgewerteten Literatur daher auch unterschiedlichen Definitionen. Achtung: „MigrantInnen“ sind keine homogene Gruppe. Es gibt große Unterschiede je nach sozio-ökonomischer oder auch kulturell-religiöser Zugehörigkeit oder auch nach Migrationsmotiv– sozio-kulturelle Inhomogenität gilt auch für Nicht-MigrantInnen.

Subjektiver Gesundheitszustand (Selbsteinschätzung: sehr gut/gut) in % Quelle 2006/2007: Statistik Austria1 - Österreichische Gesundheitsbefragung 2006/2007; Darstellung: GÖG/ÖBIG Anmerkung: Altersstandardisierte Werte; Personen ab 15 Jahren. *Geburtsland und Staatsbürgerschaft,**Geburtsland oder Staatsbürgerschaft.

Chronische Erkrankungen * Personen aus Ex-YU** und Türkei** haben im Vgl zu jenen ohne Migrationshintergrund*** ein relativ höheres Risiko in Bezug auf folgende Beschwerden: Wirbelsäulenbeschwerden Bluthochdruck Migräne,häufige Kopfschmerzen Arthrose,Arthritis,Gelenksrheumatismus Chronische Angstzustände/Depression Diabetes Das relative Risiko für Allergien ist im Vergleich geringer. Quelle: Statistik Austria – Österr Gesundheitsbefragung 2006/2007 – Darstellung GÖG*; altersstandardisierte Werte: Personen ab 15 J. **Geburtsland oder Staatsbgschft, *** Geburtsland und Staatsbgschft: Österreich.

Gesundheitslage bei Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund Kinder und Jugendliche bewerten ihren eigenen Gesundheitszustand seltener als sehr gut und gut. Zahngesundheit: Überdurchschnittlich hohe Betroffenheit von Karies. Unterschiede resultieren großteils aus sozioökonomischer Situation.

Lebensqualität: Ausgewählte Aspekte (Mittelwerte) nach Migrationshintergrund und Geschlecht 2006/2007 Männer Frauen Ohne Migrations-Hintergrund* Ex-YU und Türkei** Allgemeine Lebensqualität 77 69 75 68 Psychisches Wohlbefinden 82 78 71 Soziale Beziehungen 76 Quelle: Statistik Austria - Österreichische Gesundheitsbefragung 2006/2007;Darstellung: GÖG/ÖBIG Anmerkung: Personen ab 15 Jahren. Die Werte können zwischen 0 (Minimum) und 100 (Maximum) variieren. Dargestellt sind Mittelwerte für den jeweiligen Bereich. *Geburtsland und Staatsbürgerschaft: Österreich, **Geburtsland oder Staatsbürgerschaft.

Migration und Zugang zum Gesundheitssystem Im Vergleich zu Nicht-MigrantInnen… Bevorzugen MigrantInnen Spitalsambulanzen (statt HausärztInnen). Unterlassen MigrantInnen notwendige (Fach-)Arztbesuche häufiger. Beanspruchen MigrantInnen Vorsorgeuntersuchungen seltener. Haben MigrantInnen seltener aufrechten Impfschutz. (Ausgewählte) Quellen: Hoffmann et al. (2013), (Daten: Österreichische Gesundheitsbefragung 2006/2007), Statistik Austria (2014), (Daten: EU-SILC 2010-2012 bzw. Österreichische Gesundheitsbefragung 2006/2007

Zugangsbarrieren zum Gesundheitssystem Kulturelle, Sprach-, Kommunikations- und Informationsbarrieren Sprachliche und kulturelle Missverständnisse, unterschiedliche Gesundheitsauffassung. Fehlende, inadäquate Informationen. Finanzielle, rechtliche organisatorische Barrieren Fehlender Versicherungsschutz für manche (undokumentiert Beschäftigte). Eigenkosten (Selbstbehalte/Kostenbeiträge, Selbstmedikation). Soziale Barrieren Krank durch prekäre Arbeitssituation. Mittelschichtorientierung gesundheitsfördender Angebote. Niedriger sozioökonomischer Status.

Einflussfaktoren auf Gesundheit (soziokultureller Hintergrund , Arbeitswelt, der Faktor Diskriminierung) Sozioökonomische Bedingungen - Bedingungen am Arbeitsplatz. (Sozio)kultureller Hintergrund. Gesundheitskompetenz – Laienversorgung, Gesundheitsressourcen, Gesundheitsverhalten. Migrationstypische Faktoren (Bedingungen im Herkunftsland und während der Migration). Diskriminierungserfahrung als Gesundheitsfaktor. Zugang zum Gesundheitssystem.

Was nun tun ? Forschungsbedarf in Österreich laut GÖG Verbesserung Datenlage (Differenzierung nach Gesundheit, Herkunft und sozialer Lage usw), Vertiefende Analysen ( stationäre Versorgung, migrationsspezifische Angebotsstruktur, Diskriminierungsfaktor, Gesundheitskompetenz ua). Handlungsempfehlungen GÖG Verbesserung von Bildungschancen, Gesundheitskompetenz, Informationsangebot und interkultureller Zugang. Erste weitere Schritte AK Wien, BM Gesundheit, Gemeinde Wien und GKK Auftrag AK Wien, BM Gesundheit, Gemeinde Wien an GÖG: Praxisleitfaden für AnwenderInnen um Zielgruppe besser zu erreichen (kultursensibel). Auftrag AK Wien an GÖG ua: Leitfaden für Hilfe zur Selbsthilfe für Zuwanderungs-Communities.