Care aus theologischer Perspektive Vortrag auf der Frauensynode im Kirchenkreis Schleswig- Flensburg am 15. Oktober 2015.

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 Präsentation transkript:

Care aus theologischer Perspektive Vortrag auf der Frauensynode im Kirchenkreis Schleswig- Flensburg am 15. Oktober 2015

Was soll die Verbindung von Natur und Care? Ist die Resolution marxistisch-kommunistisch? Was ist die „Theologie der Geburtlichkeit“? Wie ist das mit der Schöpfung und unser Umgang mit ihr? Ist das alles finanzierbar? … Resümee: Alles Utopie? Anfragen an die Care-Resolution

1.Anfragen an die Care-Resolution 2.Alles Utopie? 3.Natur und Care 4.Ein Blick in die Geschichte 5.Autonomie 6.und die evangelische Ethik? 7.Theologie der Geburtlichkeit 8.Frau und Schöpfung / Geschlechterrollen 9.Der Marxismus-Vorwurf 10.Forderungen 11.Fazit Gliederung

Utopie Hinter Care (= Fürsorge, Versorge, Vorsorge von anderen und Selbstsorge) steht auch die Frage: Wie sieht das gute Leben aus? Der Schöpfungsbericht träumt vom guten Leben und behauptet, dass das gute, wahre Leben möglich ist. Das ist eine ethische Utopie. Und siehe, das ist gut so!

Natur und Care sind wie Schwestern, denen es ähnliche ergeht: Obwohl ohne sie Leben nicht möglich ist, werden sie nicht gesehen bzw. unsichtbar gemacht, „einfach so“ vorausgesetzt. Damit die Erde nicht zerstört wird, braucht es ein anderes Handeln: Orientierung am Lebensnotwendigen statt an monetären Größen Kooperation statt Konkurrenz Vorsorge statt Nachsorge (Netzwerk vorsorgendes Wirtschaften) So wie Care keine Ware ist, ist Natur keine Ware! Wer sich eine Meinung gebildet hat und informiert ist, macht halt nicht nur ja/nein Antworten, sondern antwortet differenzierter, bewusster. Natur und Care

1637 Descartes „Abhandlung über die Methode des richtigen Vernunftgebrauchs“: Beginn des modernen Denkens Trennung des Ichs / Subjekt vom Körper, von der Welt, der Natur Ich ist mit Verstand ausgerüstet, der die Natur beherrscht 17./18. Jahrhundert Rousseau: Frau-Sein wird Da-Sein für andere Heinrich Campe: Entwurf für die bürgerliche Frau, wirkt heute noch auf die Berufswahl aus systematischer Webfehler der europäischen Moderne Ein Blick in die Geschichte

Die Autonomie wird höher bewertet als die Angewiesenheit. Auch Frauen haben sich dieses Ideal angeeignet. „Der Mensch ist autonom und die Frau hilft ihm dabei“ (Christine Globig) Autonomie

alte theologisch-ethische Konzepte betonen die Hingabe von Frauen als biologische Bestimmung neuere Ethik lehnt dies an und möchte kein „altes Frauenbild“ reproduzieren; das führt zu einer Abwertung von Care-Tätigkeiten Die Resolution folgt einer anderen Weltsicht und einem anderen Menschenbild : „Das menschliche Miteinander als eine Welt verletzlicher, aufeinander bezogener Wesen zu erschließen, ist der entscheidende Ausgangspunkt und die wechselseitige Abhängigkeit von bedürftigen und fürsorgenden Menschen die Voraussetzung, von der her ethisch zu denken ist.“ (Christine Globig) Und die evangelische Ethik?

Es verändert die Wahrnehmung von Leben und der Welt, wenn Menschen nicht die Sterblichkeit, sondern das Wunder der Geburt in den Mittelpunkt des Denkens stellen. Geburt ist Symbol des Anfangs, eine Theologie der Geburtlichkeit macht sensibel für die Neu-Anfänge im menschlichen Leben und macht deutlich, dass ich nicht alles mir selbst zu verdanken habe. Dem eigenen Tun geht eine Fülle voraus, die jedem Menschen geschenkt wird. Martha Nussbaum: Das „Verbundensein mit anderen Menschen“ und das „Getrenntsein“ zeigt die Ambivalenz von Autonomie und Angewiesenheit im Leben aller Menschen Theologie der Geburtlichkeit

Auch heute wirkt noch ein hellenistischer Geschlechterdualismus – auch wenn biblische Sichtweisen eigentlich gegen diesen Dualismus stehen. Die Resolution betont: Es gibt keine natürlich Ordnung / keinen göttlichen Schöpferwillen, auf dass ausschließlich Frauen Sorgeaufgaben übernehmen müssen. Sorge / Care ist eine Aufgabe für alle Geschlechter. Frau und Schöpfung / Geschlechterrollen

Marxismus: Abschaffung des Privateigentum, Überhöhung der Erwerbsarbeit (im Marxismus konstituiert sich der Mensch durch die Produktionsarbeit) Reproduktionsarbeit spielt keine Rolle Die Resolution betont dagegen, dass der Mensch sich nicht allein über Erwerbsarbeit definieren kann, dass nicht Erwerbsarbeit den Menschen ausmacht. Marxismus?

Wir fordern eine geschlechtergerechte Verteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit. Menschen in sorgenden Tätigkeiten finanziell auszustatten ( ist gesellschaftliche Verantwortung) Bessere Arbeitsbedingungen und Bezahlung von Menschen, die professionell sorgen eine deutliche Verkürzung der Erwerbsarbeitszeit für alle, bei finanzieller Absicherung, damit mehr Zeit für Sorgearbeit/Care bleibt. Arbeit darf nicht zur Ausbeutung führen (Jes 65) Arbeit ist nicht nur Erwerbsarbeit, keine Trennung von Erwerbs- und Sorgearbeit (1. Kor 12) Forderungen

Care ist keine Privatangelegenheit, sondern eine gesellschaftliche Aufgabe. Die Entkopplung weiblicher Lebensläufe von Carearbeit ist eine historische Befreiung. Das heißt aber auch: Care bzw. die Sorge um Andere macht sich nicht (mehr) ‚von allein’, d.h. nicht mehr als weiblicher „Liebes-Dienst“, der im unsichtbaren Privaten der Familie einfach so vorausgesetzt werden kann. Mit der Forderung nach Gleichberechtigung und dem erfolgreichen Kampf um Bildung und Erwerbsmöglichkeiten für Frauen, wurde die Frage der Zuständigkeit für Care nicht gleichermaßen gesellschaftlich gestellt bzw. beantwortet. Die Resolution ist ein Schritt dahin, ein neuer Geschlechtervertrag ist wichtig! Dazu gehört auch ein anderes Menschenbild! Fazit

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!