Wilhelm Heitmeyer 05.06.2012, Berlin Entwicklung im Rechtsextremismus Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und die Antwort von Staat und Politik Wilhelm Heitmeyer 05.06.2012, Berlin
Perspektive: Soziologische Rechtsextremismusforschung
Analytisches Prozessmodell von Wechselwirkungen Gesellschaftliche Struktur- entwicklungen – Integrations-/Desintegrations- dynamik Gruppenbezogene menschenfeindliche Mentalitäten in Bevölkerungen Politik- und Mobilisierungsangebot des organisierten, subkulturellen Rechts- extremismus und des Rechtspopulismus 5 6 3 4 2 1
Prozess 1 Politische Entscheidungen, die soziale Desintegration für Gruppen in der Gesellschaft erzeugen, verstärken gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in der Bevölkerung
Theorie Sozialer Desintegration Konzept Anhut/Heitmeyer 2000
Theorie Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit Konzept Beispiel Deutschland Ideologie der Ungleichwertigkeit Islamophobie Abwertung von Behinderten Abwertung von Langzeitarbeits-losen Rassismus Fremdenfeind-lichkeit Antisemitismus Homophobie Etabliertenvor-rechte Abwertung von Obdachlosen Sexismus Quelle: Heitmeyer, W. (Hg.): Deutsche Zustände, Band 6, Suhrkamp Verlag, Frankfurt.
IKG Wieder ansteigende Zustimmungen zur Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit
Relativ Gleichbleibend IKG Relativ Gleichbleibend
IKG Relativ abnehmend
Prozessmodell Gesellschaftliche Struktur- entwicklungen – Integrations-/Desintegrations- dynamik Gruppenbezogene menschenfeindliche Mentalitäten in Bevölkerungen Politik- und Mobilisierungsangebot des organisierten, subkulturellen Rechts- extremismus und des Rechtspopulismus 5 6 3 4 2 1
Prozess 2 Menschenfeindliche Mentalitäten verändern negativ das soziale Klima und die demokratische politische Kultur in den Sozialräumen von Städten und Gemeinden
Empirische Zusammenhänge Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit nach Regionentrend (GMF-Survey 2007)
Prozessmodell Gesellschaftliche Struktur- entwicklungen – Integrations-/Desintegrations- dynamik Gruppenbezogene menschenfeindliche Mentalitäten in Bevölkerungen Politik- und Mobilisierungsangebot des organisierten, subkulturellen Rechts- extremismus und des Rechtspopulismus 5 6 3 4 2 1
Prozess 3 Menschenfeindliche Mentalitäten schaffen Legitimationen für den organisierten oder subkulturellen Rechtsextremismus und rechtspopulistische Aktivitäten
Radikalisierte Milieus
Empirische Einblicke Beispiel Deutschland Rechtspopulismus und Einstellungen zur Gewalt bei den Befragten in den Bundesländern (Prozentangaben (%) und Mittelwerte, kumulierter GMF-Survey) Quelle: Christian Babka von Gostomski/ Beate Küpper/ Wilhelm Heitmeyer: Fremdenfeindlichkeit in den Bundesländern. Die schwierige Lage in Ostdeutschland. In: Heitmeyer, W. (Hg.): Deutsche Zustände, Band 5, 2007, Suhrkamp, S. 120. (N=9968/2006) *ohne Saarland, da zu geringe Fallzahlen
Prozessmodell Gesellschaftliche Struktur- entwicklungen – Integrations-/Desintegrations- dynamik Gruppenbezogene menschenfeindliche Mentalitäten in Bevölkerungen Politik- und Mobilisierungsangebot des organisierten, subkulturellen Rechts- extremismus und des Rechtspopulismus 5 6 3 4 2 1
Prozess 4 Organisierter Rechtsextremismus bietet ein Wahlangebot und knüpft an den Zusammenhang von Desintegration und Demokratieentleerung. Von besonderer Bedeutung: Rechtspopulistisches Mobilisierungspotenzial
Empirische Zusammenhänge Individuelle politische Reaktion Rechtspopulistische Einstellungen Demokratiezweifel Sozio-emotionale Desintegration Institutionelle Sozialintegration Funktionale Systemintegration Demokratiemißachtung durch politische Eliten .34 .26 .24 .17 Politische Machtlosigkeit .21 .15 .29 .16 .13 .37 .33 .19 .22 .18 .12 .14 Model Fit: Chi²/df=1,8, agfi=,99, rmsea=,02, pclose=,77 Desintegration Beurteilung des politischen Systems
Prozessmodell Gesellschaftliche Struktur- entwicklungen – Integrations-/Desintegrations- dynamik Gruppenbezogene menschenfeindliche Mentalitäten in Bevölkerungen Politik- und Mobilisierungsangebot des organisierten, subkulturellen Rechts- extremismus und des Rechtspopulismus 5 6 3 4 2 1
Prozess 5 Organisierter Rechtsextremismus skandalisiert gesellschaftliche Entwicklungen der Desintegration und der Effekte eines autoritären Kapitalismus. Dies führt zu einer „Normalisierung“ rechtsextremistischer Parteien in Teilen der Bevölkerung.
Normalisierung der NPD Quelle: Heitmeyer (2009): Deutsche Zustände. Folge 7. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Prozessmodell Gesellschaftliche Struktur- entwicklungen – Integrations-/Desintegrations- dynamik Gruppenbezogene menschenfeindliche Mentalitäten in Bevölkerungen Politik- und Mobilisierungsangebot des organisierten, subkulturellen Rechts- extremismus und des Rechtspopulismus 5 6 3 4 2 1
Prozess 6 Staatliche Repression und zivilgesellschaftliche Intervention müssen in komplexerer Dynamik gedacht werden als dies bisher geschieht.
Das Problem der Reproduktion. Ein Modell Entscheidungen ökonomischer und politischer Eliten Öffentliche Diskurse von Eliten / Produktion von Bildern durch Medien GMF-Mentalitäten in der Bevölkerung „Schweigespirale“ Unterstützung / Übernahme von Positionen Austauschprozess Populistisches Aufgreifen von Stimmungen Initiierung von Identitäts-Kampagnen Legitimationsbeschaffung für Abwertung und Ausgrenzung Wahlangebote Organisationsangebote / Anerkennungspotential Normalisierung von Abwertung und Ausgrenzung Intergenerationale Sozialisation, Rolle der Bezugsgruppe Desintegrationsrelevante Folgeentscheidungen/ Erfahrungen und subjektive Verarbeitungen von Desintegration „Vervielfältigung“; Kanalisierung von Themen 1 2 3 4 5 6 7 8 Jugendliche Organisierte Gruppen / Parteien des rechtsextremen Spektrums Ältere Generation / Eltern Reproduktionsmodell von Einstellungsmustern zur Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit Quelle: Wilhelm Heitmeyer: Unthematisierte Reproduktionsprozesse. Zur Selbststabilisierung eines feindseligen Klimas. In: ders. (Hg.): Deutsche Zustände, Band 5, 2007, Suhrkamp, S. 283.